Kriegsverse III.
Von Max v. Mallinckrodt, Haus Broich, Kreis Euskirchen

Noch immer keine Kunde?
Ein ungeheures Ringen tobt.
Die Völker zittern in der Runde.
Wer ist's, der morgen diese Stunde lobt?
Sie weichen nicht, sie wollen sich nicht geben,
Sie kämpfen wohl mit der Verzweiflung Wut.
Was gilt da Eigentum, was Menschenleben!
Ein jeder Augenblick bedeutet Blut.
Noch immer nicht? Die Wage wird noch schwanken,
Noch ist der schwere Schiedsspruch nicht gefällt.
Im wilden Wirbel kreisen die Gedanken,
Die Hoffnungen der atemlosen Welt.

15. September 1914.

Im fernen Land in fremder Erde Schoß
Ruht nun so manches deutsche, junge Blut.
Das deutsche Leid ist grenzenlos;
So grenzenlos, als wie der deutsche Mut.

Ihr großer Frevler, steinernen Gesichts,
Einst zittert ihr, die ihr solche Leid gewollt.
Die dunkle Kugel der Verdammnis rollt,
Einst kommt der Tag, die Stunde des Gerichts.

Hüllt euch nur ein in eurer Lüge Kleid!
Daß es, will's Gott, bald fadenscheinig werde,
Und eure Schuld durchhall' die wilde Zeit,
Das schrei'n die Gräber klagend aus der Erde.

Daß schrei'n die Herzen, die verlassen sind,
Schreit wider euch das namenlose Leid.
Seht die Beraubten, Eltern, Weib und Kind
Und hüllt euch noch in eurer Lüge Kleid!

25. September 1914.

Was färbt nur Heide dein blasses Rot
So purpurtief?
Das machte der unbarmherz'ge Tod,
Das machte des Krieges schrei'nde Not,
Die über die Heide lief.

Was ließ dein Flüstern verstummen scheu,
Die tausend Stimmchen der Luft?
Das machte die wilde Melodei,
Das machte der jähe Todesschrei,
Der Schrei aus todwunder Brust.

Das machte der Schüsse dröhnender Knall
Und der Rosse stampfende Fahrt,
Das machte der Hörner schmetternder Hall
Und der eisernen Woge vernichtender Prall.
Der Herr in der Heide ward.

26. September 1914.

Herr, gib uns Kraft, daß wir den Feind bestehn,
Den Feind da draußen und den Feind hier drinnen,
Den stillen Feind, den wir nie sehn,
Gib uns die Kraft, daß wir den Sieg gewinnen.

Die Schwäche, die an unsere Herzen greift,
Die uns verführt, mit kleinem Maß zu messen,
Die gift'ge Frucht, die im Verborgnen reift,
Hilf, Herr, uns für immer zu vergessen!

Herr, gib uns Kraft, daß wir der großen Zeit
Auch wir nun würdig sind, wie jene Vielen,
Die Tag für Tag um Tod und Leben spielen,
Nimm von uns allen ab des Alltags Kleid!

Auch wir sind Kämpfer; mit dem guten Geist,
Dem Geist der Zeit, de wie auf Adlers Flügen
Den Weg hinaus aus jeder Enge weist,
Herr woll' auch uns mit diesem Geist besiegen!

27. September 1914.




Entnommen: Eifelvereinsblatt 1914, Nr. 11, S. 225, Eifelverein Düren




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