Kriegsverse XIV.
Von Max v. Mallinckrodt, Haus Broich, Kreis Euskirchen

Einst.

I.

Einst werden wieder all die Stimmen schweigen,
Die heute hoffen, fürchten, jubeln, klagen,
Einst wird von neuem, wie in alten Tagen
Das Leben gehn in dem gewohnten Reigen.

Aus Dämmerferne wird Erinn'rung zeugen
Noch von der Zeit, die heute wir ertragen,
Und kluge Geister werden dann es wagen,
Zu richten die, vor denen wir uns neigen.

In stillem Strome gleitet das Geschehn
Unstörbar hin nach ewigen Gesetzen,
Und was wir heute tief ergriffen sehn,
Wird einst ein Tag nach seinen Maßen schätzen.
Ob recht, ob falsch, ob groß und ob nur klein,
Es wird Geschichte einst, einst Episode sein.

II.

Mag auch das Angedenken dieser Zeiten
In Erz und Stein, in Lied und Schrift bestehn,
Mag auch der späte Enkel noch ein Wehn
Verspüren von dem grenzenlosen Streiten.

Er läßt die Blätter doch nur sinnend gleiten;
Vorauf sein Auge ruht, es ist geschehn,
Im Grabe schlummern, die es angesehn,
Die es gebucht auf ihres Lebens Seiten.

Uns kann ein Traum in Märchenfernen tragen,
Und Kunde kann uns tausendfältig werden
Von Dingen, die wir nie mit Augen sahn,
Doch unsres Herzens echtes Schnellerschlagen
Ist nur dem Augenblicke untertan,
Gewaltiger ist nichts als er auf Erden.




Entnommen: Eifelvereinsblatt 1915, Nr. 10, S. 149-150, Eifelverein Düren




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