Kriegsverse XVI.
Von Max v. Mallinckrodt, Haus Broich, Kreis Euskirchen.

Bußtag.

I.

Ein Tag zum Beten und ein Tag zum Büßen,
Was ist er uns in dieser düstren Zeit!
Ein jeder Tag dient ja dem bittren Leid,
Ein jeglicher läßt neue Tränen fließen.

Es gilt nicht mehr das friedliche Genießen,
Unscheinbar längst ward unser Freudenkleid,
Vor jedem „morgen“ fürchtet sich das „heut“,
Nichts will uns mehr mit reiner Luft begrüßen.

Zu Grabe ging gedankenloses Wandeln,
Kein Ruf tut not zu Buße und Gebet,
Kein Mahnen, still ans eigne Herz zu schlagen.

So lange noch die wilden Mächte handeln,
So lang der Sturmwind noch auf Erden weht,
Ist Bußtag jeglicher von unseren Tagen.

II.

Und wenn dereinst in strahlendem Geschmeide,
In Friedensglück die Welt will neu erstehn,
Einst wenn wir wieder hellen Himmel sehn
Und wieder unsre hoffnungsgrüne Weide,

Dann schmäht uns nicht, wenn nach dem langen Leide
Die Welt uns zwingt, zu jubeln, sie sei schön,
Dann schmäht uns nicht, wenn tiefstens wir verstehn,
Daß nichts so groß, so heilig ist als Freude.

Dann redet nicht von tief zerknirschtem Büßen,
Dann sei das Glück des Dankes bestes Maß,
Dann stammle selig zu der Gottheit Füßen

Das Menschenherz, daß es sein Leid vergaß.
Froh sein ist alles! Echtes Menschenglück
Ist aller Schöpfung Kron' und Meisterstück.




Entnommen: Eifelvereinsblatt 1915, Nr. 12, S. 182, Eifelverein Düren




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