Kriegsverse XX..
Von Max v. Mallinckrodt, Haus Broich, Kreis Euskirchen

Zukunft.

I.

Ihr, die ihr wähntet eine Frucht zu finden
Am Baume dieser unheilschwangren Zeit,
Ihr, die ihr wähntet, daß das alte Leid,
Der Dienst des alten Molochs, solle schwinden,

Frohlockt noch nicht. Wir wurden alt in Sünden.
Es webt kein Volk so schnell sich neu sein Kleid.
Das alte steht noch immer und bereit,
Das alte Kleid verbrämt mit tausend Gründen.

Wir wurden frei und bleiben frei, so lang
Ein Ziel, ein Müssen uns, ein Kämpfen winkt,
Dann aber sinkt die alte Dämmerung nieder.
Es kommt die Stunde, da kein Schwert mehr blinkt,
Dann schweigt auch all der Frühlingshoffnung Klang,
Und Deutschland wird das alte Deutschland wieder.

II.

Dann klopft es wie vordem von neuem an
Und ruft nach Einlaß laut mit keckem Munde:
„Ich bin der Nutzen, mir gehört die Stunde,
Ohn' mich ist alle Zeit und Kraft vertan.“

„Ihr lerntet wandern schon auf meiner Bahn,
Dem alten Träumen schlug ich Wund' um Wunde.
Mit mir ist eine Welt von Kraft im Bunde,
Mir eine Welt von Menschen untertan.“

„Fort mit den Alten, die mit weisen Mienen
An ihrer Traumwelt Hungertuche nagen,
Die trübe Schar, die rechtes nie vollbringt.“

„Sie sind zu alt, dem neuen Gott zu dienen,
Sie haben nicht gelernt in ihren Tagen,
Daß Wert nur hat, was bar im Kasten klingt.“

III.

Hört ihr den Fremden draußen vor dem Tor?
Drang er schon ein? Ward er schon Herr im Land?
Bot ihm das deutsche Volk schon Herz und Hand?
Ist's wahr, daß es sein Kleinod schon verlor?

Und dräng' herein ein tausendfacher Chor,
Du deutsche Welt halt diesem Gegner stand!
Er führt dich einst an deines Grabes Rand,
Du deutsche Welt des Geistes, sieh dich vor!

Mit Waffen kann kein Mensch dich überwinden.
Sieh, wie die Welt vergebens stürmt und dräut!
Vergebens braucht sie Kraft, vergebens List.

Doch jener Geist, der kühle Sohn der Zeit,
Ihm mag's beschieden sein, dereinst zu finden
Die Siegfriedsstelle, wo du sterblich bist.




Entnommen: Eifelvereinsblatt 1916, Nr. 4, S. 50-51, Eifelverein Düren




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