Kriegsverse XXIII.
Von Max v. Mallinckrodt, Haus Broich, Kreis Euskirchen

Noch nicht!

Es reicht ein Tag dem andern still die Hand,
Und mit ihm scheidet eine Spanne Leben,
Und eine Spanne, die die Kraft nicht fand,
Der Welt ihr tiefersehntes Glück zu geben.
Und jeden Morgens ernste Stimme spricht:

„Noch nicht!“

Im Keim erstirbt die stille Frage: wann?
Kein Mund, kein Wissender, der Antwort spendet.
Kalt blickt der Ritter Krieg die Menschen an:
„Wann sich mein Antlitz wieder von euch wendet,
„In Schlummer wieder sinkt mein Weltgericht?“

„Noch nicht!“

„Ihr hießet mich das wilde Spiel beginnen.
„Gerufen bin ich schnell, entlassen schwer.
„Und mögt ihr hin und her die Fäden spinnen,
„Es erntet noch mein nimmersatter Speer.
„Wohl weiß ich, einmal droht auch mir Verzicht,“

„Noch nicht!“

„Noch reit' ich triumphierend durch die Lande,
„In West und Osten winkt mir noch Tribut.
„Und dünkt der Becher voll euch bis zum Rande,
„Noch immer faßt er neue Tropfen Blut.
„Noch strahlt euch keines neuen Tages Licht,“

„Noch nicht!“




Entnommen: Eifelvereinsblatt 1916, Nr. 7, S. 89, Eifelverein Düren




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