Kriegsverse XXXVI
Von Max v. Mallinckrodt, Haus Broich bei Weingarten, Kreis
Euskirchen
Die Glocken.
Wir hallen und schallen Dem
Himmel zur Ehre, Wir geben im Leben Den Menschen Geleit,
Wir klagen in Tagen Der Erdenschwere, Wir singen und
klingen In fröhlicher Zeit.
Wir singen und klingen Vom
ewigen Schönen, Es kommen die Frommen Und lauschen
uns gern, Wir dröhnen und tönen Den Erdesöhnen
Und wecken die Schrecken Vor Gott dem Herrn.
Es kam der Tag, da man die
Glocken rief. Geschäft'ge Hände trugen sie zur
Erden. Die Zeit befahl: Sie sollen Waffen werden! So kam
es, daß ihr frommes Lied entschlief.
Sie sollen dem nun Wunden
schlagen, Dem friedlich singend sie sich einst geweiht, in
Menschenherzen tiefsten Jammer tragen, So will's die Zeit.
Sie haben viel geseh'n. Es flog
ihr Dröhnen Seit hunderten von Jahren über's Land,
Ob Menschenernst und Menschentand Und Menschenwähnen.
Sie glaubten sicher sich, und
wundersam, Des Himmels Blitze durften stolz sie bannen. Nun
riß ein Sturmwind sie von dannen, Der aus der Tiefe kam.
Sie sind verstummt, die alten
Stimmen kehren nicht mehr zurück zu ihren Glockentürmen,
Doch werden einst nach all den Stürmen Sie
neugestaltet neues Wissen lehren.
Und dann, dann wird ein Klang
in ihnen sein, Den einst man nicht gehört in unsren Tagen,
Ein Klang erschüttert Mark und Bein, Ein Klang vom
Leid, das diese Zeit getragen.
Dem Enkel weist der Ahn das
Glockensingen: Hörst du sie mahnen, warnen ernst und
tief? Das ist von damals her, da man sie rief, Das ist von
damals, da sie von uns gingen.
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