Kriegsverse XXXVII.
Von Max v. Mallinckrodt, Haus Broich bei Weingarten, Kreis Euskirchen

Drei Jahre.

Drei Jahre entblößt des Krieges Schwert,
Drei Jahre die Jugend von Haus und Herd.

Drei Jahre ein einziges Hoffen und Bangen,
Ein einziges sehnendes Heimverlangen.

Was einst nur Schemen, nur Schreckbild war,
Zum täglichen Brot ward die Gefahr.

Dem einst ein „Gott behüt uns“ erklang,
Nun ward es zur Wahrheit drei Jahre lang.

Wie griff die erste Kunde ans Herz!
Wie trug sie die Seelen himmelwärts!

„Barmherzigkeit! Barmherzigkeit!“
Das lernten sie beten in jener Zeit.

Da rodeten sie die Selbstsucht aus,
Da ging das Mitleid von Haus zu Haus:

„Nicht mich allein, nicht mich allen,
Sie alle laß, Herr, sich des Lebens freu'n!“

Drei Jahre gingen seitdem ins Land,
Die heißen Flammen sind ausgebrannt.

Drei Jahre spannt kein Bogen sich,
Daß ihn nicht Schlaffheit überschlich.

Nicht draußen! Da wankt nicht Herz noch Hand,
Doch drinnen, drinnen im Vaterland.

Die Welt war müde in währender Not,
Drei Jahre lang nur hören von Tod,

Drei Jahre, das ist lange Zeit,
Da wurden sie stumpf vor fremdem Leid.

Doch wen es trifft, den trifft's so schwer
Wie einst mit seinem „Nimmermehr“.

Da draußen in Sturm und Feuerstrahl,
Da schmiedet der Kampf die Männer zu Stahl.

Hier drinnen pflanzt' er im Widerschein
Des großen Sterbens das Mitleid ein.

Laßt's nicht verdorren, noch vergehn,
Laßt's blühend in unserem Garten stehn,

Und laßt es predigen, fort und fort
Den einen Sinn, das eine Wort:

„Nicht mich allein, nicht mich allein,
Sie alle laß, Herr, sich des Lebens freu'n!“




Entnommen: Eifelvereinsblatt 1917, Nr. 9, S. 131, Eifelverein Düren




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