Kriegsverse XLV.
Von Max v. Mallinckrodt, Haus Broich bei Weingarten, Kreis
Euskirchen.
Nebelspruch.
Der Nebel braut, der Regen
rinnt, Die Bäche schießen pfeilgeschwind.
Versteckt hat sich der Sonne Ball, Nebel, Nebel ist
überall. Er hängt im Wald an Zweigen, Die
tropfenschwer sich neigen. Aufkrächzen die Krähen am
Wege dicht, Der Nebel birgt sie, du siehst sie nicht. Der
Neben birgt alles ,des Weges Spur Auf Steinwurfweite winkt sie
nur.
Zum Schatten, zum Schemen wir Baum und Strauch, Zum
Schatten wird alles im Nebelhauch. Und der Nebel greift ins
Herz hinein Und mordet der Seele Sonnenschein; Auf
Steinwurfweite mehr sieht sie nicht, Herr Gott, wo bleibt dein
Himmelslicht!
Herr Gott, wo bleibt deine Welt
so klar, Wo bleibt die Freude, die einstens war! Herr
Gott, wann können wir wider stehn und leuchtenden Blicks
in die Ferne sehn! Wann endlich Herr nimmt deine Hand Den
Nebel Qual vom vom Vaterland! Den Nebel Qual, den Nebel Leid!
Kommt nie denn wieder die Sonnenzeit?! Kommt nie denn
wieder das Morgenrot und scheucht den Traum von Schlacht und
Tod?!
Der Nebel braut, der Regen
rinnt, Des Menschen Sinnen ist Spreu im Wind. Wo war denn
je ein Ding so schön, Das sprach: Mir kann kein Leid
geschehn! Wo war denn je ein Glück so groß, Das
sprach: Mir droht kein Erdenlos!
Der Nebel braut, der Regen
rinnt, Warst du nicht immer der Stunde Kind? Und sahst du
hoch vom Bergesrand Im Sonnenglanz ein goldnes Land, Und
mocht' es noch so nah dir sein Und noch so schön, war es
denn dein? Und dennoch schienst so glücklich du Und
sahst dem Leben lächelnd zu, Als ob in all dem bunten
Spiel Nicht auch dein eigner Würfel fiel.
Der Nebel braut, der Regen
rinnt, Auch heute bist du Gottes Kind. Mit Menschenmaß
mißt du das Leid, Mit and'rem mißt's die Ewigkeit.
Dein Heut ist klein, es scheint nur groß,
Erst dein Dereinst wird grenzenlos.
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