Kriegsverse XLVI.
Von Max v. Mallinckrodt, Haus Broich bei Weingarten, Kreis
Euskirchen
Es grünt der Wald, in
tausend Formen zwingt Der Werdedrang das neue Leben ein, Und
überall, wohin dein Auge dringt, Ist Lust und Wollen,
Wachsen und Gedeih'n.
Gewaltig hallt die Predigt der
Natur Durch ihren Gottesdom: So lernet heut! Nie ging
verloren je des Lebens Spur, In jedem Saatkorn ruht
Unsterblichkeit.
Und wolltet ihr euch grämen
und verzagen, Blickt euch nur um, wo findet ihr Vergeh'n? Was
blühend stand in den vergang'nen Tagen, Seht ihr's nicht
wieder jetzt in Blüten steh'n?
Traut diesem Bilde, euerm
Zweifel nicht! Veralten kann die Form, niemals das Sein, Denn
immer wieder ringt es sich zum Licht, Was da verging, war nur
des Lebens Schein.
Das was ihr Sterben nenn, ist
nichts als Werden, Was euch entschwand, schuf nur die Form
sich neu, Was ihr bestattet wähnt zur kühlen Erden,
Es ward in Wahrheit von der Erde frei.
Frei von des Tages
tausendfachen Sorgen, Frei von der Angst und frei von jeder
Pein, Zu einem ward ihm Gestern, Heut
und Morgen Und hier und dort
ward gleicherweise sein.
Mit tausend Fäden knüpft
es frei sein Wesen An eures an und reicht in fernste Weiten
Und kann in eurer Herzen Enge lesen Und lesen in dem Buch
der Ewigkeiten.
Sein Frühling rief es auf
aus dunklem Raum Zu seines lichten, schönen Wesens Höhe;
Nur eine welk Blüte fiel vom Baum, Weint nicht um sie,
sie fiel, das Frucht entstehe.
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