Lebende und Tote.

Gib nicht den Toten uferlosen Gram
Mit in ihr neues Sein, es muß sie schmerzen,
Nur was das Lebend von dir bekam,
Das gib auch jetzt ihm hin aus tiefstem Herzen.

Sie sind nicht tot, sie sind dir näher nun
Die Unsichtbaren, als sie's je gewesen;
Nun erst erkenne sie dein letztes Tun
Und dürfen tief in deiner Seele lesen.

Du bist ihr Eigen mehr als je zuvor;
Dein Ihrgedenken zieht sie mächtig an,
Sie wandern ein durch deiner Seele Tor,
Sobald dies Tor du selber aufgetan.

Sie bleiben dein, die dein vordem gewesen,
Sobald du selbst ihr Hoffen nur erfüllst;
Dann kann sie nichts von dir hinfort mehr lösen,
Es gibt kein Scheiden, das du selbst nicht willst.

Gib nicht den Toten uferlosen Gram
Mit in ihr neues Sein, es muß sie schmerzen,
Nur was der Lebende von dir bekam,
Das gibt auch jetzt ihm hin aus tiefstem Herzen.

Max v. Mallinckrodt.




Entnommen: Eifelvereinsblatt 1919, Nr. 3, S. 15, Eifelverein Düren




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