Kreuzweingartens neue Glocke ersetzt die im Krieg stark beschädigte „Friedensglocke“
Am Sonntag geweiht - Insgesamt 16000 DM mußten an Spenden aufgebracht werden
Von Bruni Mahlberg

at Kreuzweingarten. Jeder, der wollte, durfte nach der feierlichen Weihe einmal „beiern“, um die neue Glocke der Pfarrkirche „Zum Heiligen Kreuz“ je nach Temperament mehr oder weniger voll zum Klingen zu bringen. Stellvertretend für den Bischof nahm Prälat Ernst Weyer die Segnung der neuen Glocke vor, die mit Blumen geschmückt an einem Gestell vor dem Altar hin. Mit ihren 1000 Kilogramm ist sie genau doppelt so schwer wie ihre Vorgängerin.

Diese aber, die „Friedensglocke“, die fast 330 Jahre lang die Gläubigen zum Gebet gerufen hatte, wird jetzt einen Ehrenplatz erhalten. Ihre Geschichte nämlich ist mit der des Ortes eng verbunden. Sie wurde 1649, ein Jahr nach dem Westfälischen Frieden, gegossen, der den 30jährigen Krieg abschloß (daher auch der Name).


Zahlreiche Kreuzweingartener nahmen am Sonntagnachmittag an der Weihe der neuen Kirchenglocke durch Prälat Ernst Weyer teil.
Foto: Magö

Viele Jahre hatte sie in der Pfarrkirche zu Kreuzweingarten schon zugebracht, als es im zweiten Weltkrieg für sie bestimmt schien, eingeschmolzen, in ihre Bestandteile Kupfer, Zinn und Wismut zerlegt zu werden, und als Kanonenrohre einem kriegerischen Zweck zu dienen. Doch ihr damals schon historisches Alter bewahrte sie vor diesem unrühmlichen Ende. Sie wurde gegen die weniger wertvolle Glocke aus Köln-Poll ausgetauscht. Ähnlich wurde mit der ebenfalls historisch wertvollen Marienglocke verfahren, die nach Stotzheim abgegeben wurde und später wieder nach Kreuzweingarten zurückkam.

Bombenschaden

Die Zukunft der „Friedensglocke“ schien aber auch in Köln-Poll noch nicht gesichert. Bei einem Bombenangriff auf die Kirche geriet der Dachstuhl in Brand, die Glocke stürzte glühend zu Boden. Einen Schaden in der Krone konnte man in der Kreuzweingartener Schlosserwerkstatt von Anton Dederichs zunächst wieder beheben, nachdem sich der damalige Pfarrer Nicola Reinartz erfolgreich um die Rückführung der Glocke in die Pfarrkirche „Zum Hl. Kreuz“ bemüht hatte.

Später wurden in einer Gelsenkirchener Werkstatt noch einmal mit einem Spezialverfahren feine Haarrisse beseitigt. In der Hoffnung, daß sie jetzt wieder für lange Jahre ihren Dienst tun würde, wurde die Glocke 1959 wieder in den Turm gezogen.

Aber unter den Kriegseinwirkungen hatte sie zu sehr gelitten. Ihr Ton wurde brüchig und unklar. 1963 stellte man das Läuten ein.

Eine besondere Bedeutung hat die „Friedensglocke“ für die 1964 gegründete St.-Hubertus-Schützenbruderschaft Kreuzweingarten-Rheder. In der auf der Glockeninschrift erwähnten „St.-Sebastiani-Bruderschaft“ sehen sie die indirekten Vorgänger ihrer Bruderschaft.

Daß derartige Inschriften den wert gesicherter Urkunden besitzen, bestätigte ihnen der Glockensachverständige der Erzdiözese Köln, Jakob Schaeben. Die Sebastianus-Bruderschaften der damaligen Zeit unterschieden sich jedoch wesentlich von den heutigen Schützenbruderschaften: Sie waren zum Schutz gegen feindliche Angriffe wehrtüchtig ausgebildet und dienten zur Abwehr der damals oft auftretenden Pest.

Mit der jetzt in Kreuzweingarten geweihten Glocke haben die Schützen also auch eine neue Bruderschaftsglocke erhalten, für die sie ebenso wie alle anderen Bürger der Gemeinde Geld spendeten, seit die alte Glocke verstummte. Insgesamt mußten 16000 DM aufgewendet werden, hinzu kommen noch die Kosten für eine automatische Läutvorrichtung.


Nach der Segnung der Glocke durfte jeder Kirchenbesucher - wie auf unserem Foto Jakob Bohnen, Präsident der St.-Hubertus-Schützen - den Klang einmal testen.
Foto: Magö

„Hl. Margaretha, Patronin der Pfarrgemeinde Kreuzweingarten, Hl. Hubertus, Patron der Schützenbruderschaft, bewahret den Gläubigen den Glauben, die Hoffnung und die Liebe. Vertreibt jeden teuflichen Angriff.“ So steht es in lateinischen Worten zu lesen. Durch Hervorhebung einzelner Buchstaben entstand ein Chronogramm, welches in lateinischen Schriftzeichen die Jahreszahl erkennen läßt. Die Glocke erklingt in f und bildet zusammen mit den beiden in as und b gestimmten Nebenglocken das „Tedeum“-Motiv.

Bei der Weihe wurde die Glocke zunächst mit Weihwasser gewaschen und gesalbt. Anschließend erfüllte man den Innenraum mit Weihrauch. Gestern sollte sie ihren zukünftigen Platz im Glockenstuhl erhalten, neben der Kreuzglocke aus dem Jahr 1298, einer der ältesten im linksrheinischen Gebiet, und der Marienglocke von 1477. Doch nicht nur die Glocke wird erneuert, sondern auch der über 300 Jahre alte Kirchturm der Pfarrkirche, die aus dem 12. Jahrhundert stammt.



Artikel-Sammlung Heinrich Veith Kreuzweingarten
Quelle: Kölnische Rundschau vom 14.2.78 *)

*) Anmerkung: Leider fehlen bei manchen Artikeln der Sammlung Heinrich Veith oftmals Quellenangabe und Erscheinungsdatum.
Die fehlenden Werte wurden so gut es ging, nachgearbeitet.
Für Irrtümer wird auf eine spätere Nachbesserung verwiesen; ggf. um Korrekturangaben gebeten.

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