Weißer Sonntag im kleinen Dorf
Erhebende Stunden in Kreuzweingarten

Kreuzweingarten. Diesmal wollten wir am Weißen Sonntag einmal da mitfeiern, wo keine große Kirche ist, kein großer Kirchenchor und keine große Orgel und wo doch auch Kinder zum ersten Male zum Tisch des Herrn geführt werden, denen man diesen Tag auch äußerlich so schön wie nur eben möglich machen möchte. So gingen wir ins stille ländliche Kreuzweingarten, wo Pfarrer Jakob Wammers sechs Mädchen und sechs Jungen für den Tag vorbereitet hatte.

Jeder weiß, daß die kleine Kirche in Kreuzweingarten alljährlich das Ziel des Euskirchener Männerbußganges ist. So kennt mancher den schönen und frommen Kirchenraum in dem uralten Gemäuer auf dem Dorfhügel, kennt auch den baumbestandenen Aufgang zum alten Kirchenportal, den es so schön nicht sobald noch einmal gibt im Euskirchener Land.

Hier standen wir, um auf den Zug der Kinder zu warten. Vom Turmluk her hörten wir die bunte Kirchenfahne knattern, der Tag war kalt und windig, und Regen drohte. Aber wer wird denn die Kinder naß werden lassen an einem solchen Tag? Nein, es kam sogar die Sonne eine Weile durch, als sie heranzogen. Hinter dem Kirchenchor die Fahnen, und dann leuchteten die weißen Kerzen und das festtägliche Rochett des Pfarrers unten in der alten Dorfstraße. Nicht viele standen am Straßenrand, denn viele gibt es nicht in Kreuzweingarten, aber so angerührt von einem Zug von Erstkommunikanten waren wir bei kaum einer anderen Gelegenheit.


Pfarrer Wammers dankt mit seinen Erstkommunikanten für das erste Brot, das sie vom Tische des Herrn empfangen haben.

Man gerät als Großstädter in ernste Gedanken, ob man bei uns nicht zuviel des Guten tut an festlicher Verbrämung. Wie wohltuend die glückliche Einfachheit der Messe, die einfachen Worte des Pfarrers, der schlichte Chorraum um die kleine Schar. Wir dachten an die Worte des Evangeliums vom ungläubigen Thomas, der sehen mußte, um zu glauben, der fühlen mußte, um zu erkennen. Nun, wir hörten die tadelnden Worte und wissen, daß sie an uns alle gerichtet sind.

Jetzt sprechen die Kinder am Altar das Taufgelübde „Wir widersagen“. - Wie schwer ist das uns allen heute geworden, dieses Widersagen.

W.S.



Artikel-Sammlung Heinrich Veith Kreuzweingarten
Quelle: Kölnische Rundschau (?) vom 26.4.1960

*) Anmerkung: Leider fehlen bei manchen Artikeln der Sammlung Heinrich Veith oftmals Quellenangabe und Erscheinungsdatum.
Die fehlenden Werte wurden so gut es ging, nachgearbeitet.
Für Irrtümer wird auf eine spätere Nachbesserung verwiesen; ggf. um Korrekturangaben gebeten.

Zeitungsartikel ab 1955 - Sammlung Heinrich Veith

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