„Opus Dei, das ist ein Weg der Heiligung mitten im Alltag. Ein Weg von vielen.“

„Wir bekennen uns ohne Einschränkung zu den Beschlüssen des II. Vatikanischen Konzils!“

„Außerhalb des Geistlichen ist jeder von Opus Dei in die persönliche Freiheit entlassen.“

„Opus Dei ist unpolitisch. Ob einer Regierungsmann ist oder Strafgefangener - das ist seine Sache.“

„Alle warten, daß ich Fehler mache. Meine Kraft ist jetzt das Gebet und die Solidarität der Pfarre.“



„Opus Dei ist keine Krake auf Menschenfang“
Pfarrer Dr. Irrgang bekennt sich im ®-Gespräch zu Opus Dei, ''geistlicher Leitung'' und körperlicher Buße
Von Manfred Lang

Kreuzweingarten. „Es ist doch Quatsch, daß Opus Dei jetzt hier wie eine Riesenkrake in die Pfarre einbricht und versucht, möglichst viele Leute als Mitglieder zu bekommen!“ Dr. Dr. Peter Irrgang will kein Buhmann im Priestergewand sein und er will auch nicht in erster Linie als Angehöriger von Opus Dei angenommen werden. Er will nichts weiter sein als der neue Pfarrer von Kreuzweingarten. Daß die Massenmedien und auch Glieder der katholischen Kirche ihm dabei Knüppel zwischen die Beine werfen, das belaste ihn ungeheuer, lasse ihn aber nicht resignieren.

Er weiß, daß viele Leute nur darauf warten, daß er einen Fehler macht. Er weiß, daß er mehr als als jeder „Durchschnittspriester“ kritisch beobachtet wird. Und er weiß, daß der Grund dafür nicht in seiner Person, sondern vielmehr in seiner Angehörigkeit zur umstrittenen Priester- und Laienorganisation Opus Dei liegt.

Pfarre zeigt Solidarität

Dennoch denkt Pfarrer Irrgang nicht im Traum daran, sich von Opus Dei in irgendeiner Form zu distanzieren. Er identifiziert sich mit den Zielen der Organisation, verteidigt sie und versucht, die Vorwürfe gegen sie zu entkräften. Das zeigte sich gestern in einem mehrstündigen Gespräch, das Dr. Dr. Irrgang mit der „Kölnischen Rundschau“ führte.

Einen Tag zuvor, am Sonntag, war ein Kamerateam des WDR in Kreuzweingarten aufgetaucht, um die Kirchgänger nach dem Hochamt zu befragen. Es war keine nackte Befragung, denn die Kreuzweingartener wurden auch mit Zitaten aus dem Buch „Der Weg“ von Opus-Dei-Gründer Escrivá de Balaguer konfrontiert. Wenn auch das eine oder andere Zitat nichts außerordentlich Schmackhaftes für die Gehörgänge eines normalen Katholiken war, so zeigte sich doch, daß die Kreuzweingartener hinter ihrem neuen Pfarrer stehen - auch wenn der dem Opus Dei angehört, wie gestern deutlich unterstrichen wurde.

Dr. Dr. Peter Irrgang freute sich ob der Solidarität seiner Pfarrangehörigen - obschon die Kampagne, die eigentlich gegen das Opus Dei gerichtet ist, ihn ungeheuer belastet. Zur ® sagte er: „Ich schöpfe meine Kraft aus dem Gebet und aus der Solidarität der Gemeinde!“

Dabei ist es nicht so, daß in Kreuzweingarten plötzlich ungeheure Sympathien für das Opus Dei entflammt seien. Die meisten wollten mit dem Opus Dei nichts zu tun haben, meinte gestern eine Frau gegenüber der ®, aber man sehe Peter Irrgang gerne als neuen Pfarrer - und das vorurteilsfrei.

Die Angehörigen der Heilig-Kreuz-Pfarre berufen sich in ihrer Unvoreingenommenheit gerne auf das Argument, Peter Irrgang sei vom Opus Dei für seine neue Aufgabe freigestellt worden. Dabei gibt es keine wirkliche „Freistellung“ vom „Werk Gottes“. Die Organisation umfaßt ihre Mitglieder allein in „rein geistigen Dingen“ - nicht zur Gänze. Sie verlangt vielmehr, daß jeder einzelne an dem Platz, wo ihn das Leben hinstellt, seine Aufgaben als Christ erfüllt. Insofern fühlt sich auch Pfarrer Irrgang nach wie vor als Opus-Dei-Mitglied.

Daß das nichts grundsätzlich Negatives ist, das versuchte Irrgang im Gespräch klarzumachen. Das Opus Dei sei ein „Weg der Heiligung mitten im Alltag“ - einer von vielen. Opus Dei sei gegründet worden, weil es als Priester- und Laienorganisation nicht in „irgendeine andere Schublade gepaßt“ habe. 98 Prozent der 75000 Mitglieder seien Laien. Opus Dei umfasse Menschen aus den unterschiedlichen Gesellschaftsschichten. Strafgefangene gehören ebenso dazu wie einfache Arbeiter, Lehrer, Intellektuelle, Wissenschaftler, Wirtschaftsbosse oder sogar Regierungsmitglieder. Opus Dei selbst allerdings sei weder politisch engagiert noch habe es Einfluß und Macht auf die Wirtschaft.

Keine politische Macht

Gleichwohl ist Opus Dei wegen derartiger Vorwürfe ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Laut Pfarrer Irrgang nur deshalb, weil die Kritiker nicht zwischen Einzelperson und Organisation unterscheiden. Wenn ein Wirtschaftsmanager oder ein Regierungsmitglied gleichzeitig Opus-Dei-Mitglied sei, dann bedeute das für die Kritiker, daß Opus Dei seine Finger bei dessen Machenschaften mit im Spiel habe.

Das Gegenteil sei der Fall: Opus Dei selbst habe kein Vermögen (alles Hab und Gut laufe unter dem Titel zivilrechtlicher Organisationen, die jederzeit vom Finanzamt kontrolliert werden können) und der Einfluß des „Werk Gottes“ auf seine Mitglieder erstrecke sich nicht auf deren Privat- und Berufsleben. Hier handele jeder Opus-Dei-Mann ausschließlich eigenverantwortlich. Wer sich im Interesse einer politischen, kulturellen oder beruflichen Karriere auf Opus Dei berufen wolle, der fliege sofort aus der Organisation raus.

Die ersten Widerstände gegen Opus Dei seien aus den Reihen der Katholischen Kirche gekommen. Ein Orden - vermutlich denkt Irrgang an die Jesuiten - habe in Opus Dei ein Konkurrenzunternehmen aufkeimen sehen. Dabei wolle und werde sich das Opus Dei nicht mit anderen Orden „um Seelen streiten.“

Wer behauptet, das Opus Dei sei reaktionär, erzkonservativ und vorkonziliar, dem verpaßt Irrgang auch ein „Deckelchen aufs Töpfchen“. In der Begründung des Seeligsprechungsprozesses für Opus-Dei-Gründer Balaguer stehe ausdrücklich, daß der spanische Priester ein Initiator und Vorläufer des II. Vatikanischen Konzils war.

Voll und ganz bekannte sich Dr. Irrgang im Rundschau-Gespräch zu der engen Bindung der Opus-Dei-Angehörigen untereinander und der „geistlichen Leitung“ der Laien durch die Priester. Dabei weist er Vorwürfe wie Kadavergehorsam oder Gehirnwäsche weit von sich. „Eine Seele darf nicht an mir festkleben“, bringt er das Betreuungsprinzip auf einen Nenner und meint damit die Möglichkeit, daß jeder Laie jederzeit zu einem anderen Priester wechseln könne.

Pfarrer Irrgang räumt ein, daß auch Opus Dei nicht unfehlbar sei. Er wußte zwar von keinem konkreten Fall, räumte aber ein, daß auch Mißbrauch mit der „geistigen Leitung“ getrieben werden kann. Das Leitungsprinzip sei keine Opus-Dei-Erfindung, sondern ein seelsorgeriches Prinzip der Katholischen Kirche (Hirt - Herde).

Opus Dei nicht unfehlbar

Für Dr. Dr. Peter Irrgang hat das Sakrament der Buße große Bedeutung: „Es muß zu denken geben, daß mit der Verflachung dieses Sakramentes einhergeht die Überfüllung der Wartezimmer bei den Psychotherapeuten“. Die Sehnsucht des Beichtenden sei die Vergebung seiner Schuld - ein Anliegen, daß der Psychiater nicht erfüllen kann.

Irrgang bekennt sich auch offenherzig zur körperlichen Bußführung, schränkt deren Anwendung aber ein: „Als Priester ergeben sich ganz andere Konsequenzen, als für einen, der nicht so in der Verantwortung vor Gott steht. Als Priester habe ich ganz anders auf die Macht des Bösen einzugehen und von mir selbst mehr abzuverlangen, als ich von anderen jemals verlangen würde.“



Artikel-Sammlung Heinrich Veith Kreuzweingarten
Quelle: Kölnische Rundschau vom 27.11.1984

Zeitungsartikel ab 1955 - Sammlung Heinrich Veith

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