Vorgeschichtliche Ausgrabungen im Rheinland




Aus unserm Leserkreise wird uns geschrieben:

„In Nr. 13 des Volksblatt wurde berichtet, daß Landesrat Dr. Apffelstaedt am vergangenen Dienstag über die von der Provinzialverwaltung im vergangenen Jahre in Angriff genommenen vorgeschichtlichen Ausgrabungen im Rheinlande berichtet habe, die sich auf zehn Jahre verteilen sollen. Freunde der Heimatgeschichte haben diesen Bericht mit großem Interesse zur Kenntnis genommen. Es liegt nahe, daß ein jeder fragt: Ob auch meine engere Heimat in den Kreis diese Ausgrabungen gezogen wird? Und diese Frage werfe auch ich auf, da ich über den Umfang des Grabungsplanes nicht unterrichtet bin.

Da ist natürlich in erster Linie der Gesichtspunkt maßgebend: Bietet die Gegend um Euskirchen die Voraussetzungen, die der ganzen großen Arbeit zugrunde liegen? Dr. Apffelstaedt hat in seinem Vortrage gesagt, das Ziel des Planes sei ein dreifaches, und zwar die Klärung der Fragen, die mit der germanischen Landnahme in den letzten Jahrhunderten vor Christus und mit der germanischen Landnahme durch die Franken nach der römischen Besatzungszeit zusammenhängen, weiterhin die Klärung der Fragen, die uns die im Rheinlande befindlichen Ringwälle aufgeben, und drittens die Feststellung der einheimischen Bevölkerung im Trierer Land, der sogen. Treverer.

Die beiden ersten Ziele scheinen mir in unserer engeren Heimat eine sehr geeignete Grundlage zu finden.

Die germanische Landnahme in den letzten Jahrhunderten vor Christus hat auch bei uns ihre Spuren hinterlassen. Der Grundgedanke der Vorgeschichtsgrabungen wurde schon in der vor 35 Jahren als Festschrift zum 600. Jahrestage der Verleihung der Stadtrechte an Euskirchen erschienenen Geschichte der Stadt Euskirchen von Karl Gissinger ausgesprochen. Dort ist Seite 14 zu lesen: „Es ist nun eine völlige irrige Ansicht, annehmen zu wollen, daß die Römer die Kultur nach dem Rhein gebracht hätten. Vielmehr waren die Germanen bereits im Anfertigen von Waffen aller Art aus Metall und Geschirren aus Ton, die sie vielfach mit den zierlichsten Ornamenten schmückten, wohl bewandert ... Auch die meisten Ansiedlungen und mithin die größte Zahl der Straßen bestanden schon, ehe die Römer den Rhein gesehen hatten“. Gissinger erinnert auch daran, daß im Jahre 1897 in einem Brandgrabe an der Kommernerstraße Scherben gefunden wurden, die nach den Verzierungen zu den einheimischen Gefäßen vorrömischer Zeit, etwa ins zweite Jahrhundert vor Christus, gehörten.

Von der germanischen Landnahme durch die Franken zeugen in unserer Gegend viel zahlreichere Spuren. Gissinger behandelte diese Periode unserer Vorgeschichte in mehreren Abschnitten: „Die Franken“, „Funde aus der Frankenzeit“, „Das Frankenreich“ sehr eingehend. Aus der Fülle der Funde aus jener Zeit seien nur as 1897 am Hofpfad freigelegte große fränkische Gräberfeld, ferner der Goldschatz von Enzen und die Hockebur bei Kirchheim hervorgehoben. Jedenfalls würde eine systematische Ausgrabung, wie sie von der Rheinischen Provinzialverwaltung jetzt vorgenommen wird, in unserer Heimat noch manches wertvolle Fundstück zu Tage fördern, das zur Klärung der Frage der germanischen Landnahme beitragen könnte.

Dasselbe gilt hinsichtlich der Ringwälle. Auch in unserer Heimat befindet sich ein solcher Ringwall, nämlich auf dem Burgberge bei Kreuzweingarten, der zwar in seinen Ausmaßen nicht an den Otzenhausener Ringwall heranreicht, aber doch zu dieser Art von Schutzwällen zu zählen ist.

Es dürfte deshalb nicht unbescheiden sein, wenn sich auch der Bezirk Euskirchen darum bemühte, in den großen Ausgrabungsplan für rheinische Vor- und Frühgeschichte mit einbezogen zu werden. Die zur Weitergabe und Vertretung dieser Anregung berufenen Stellen würden sich den Dank der Freunde der Heimatgeschichte sichern, wenn sie ihr nachgeben wollten“.

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Entnommen: Euskirchener Volksblatt vom 19. Januar 1937




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