Ein Maispiel der alten Zeit




Die in Nummer 99 und 100 erschienene heimatliche Skizze „Das Maispiel“ hat eine treue Leserin veranlaßt, uns aus dem Nachlasse ihres Vaters, eines alten Heimatfreundes, folgende Auszüge aus dem „Anzeiger für die Kreise Rheinbach und Euskirchen“, Jahrgang 1833, zur Verfügung zu stellen, aus denen hervorgeht, daß man vor hundert Jahren die Schönheiten des Maimonates auch über das Maispiel hinaus noch in besonderer Weise zu feiern verstand. Es handelt sich um ein großes Volksfest auf den Bergen der Hardt, das von dem Unternehmer in folgender Form angekündigt wurde:

Anzeige.

Einem vielseitig geäußerten Wunsche zu entsprechen, wollte der Unterzeichnete am ersten Sonntag im Monat Mai ein Scheibenschießen auf der Hardt veranstalten. Da jedoch vorauszusehen ist, daß zu dieser Zeit der Wald noch wenige Reize darbieten wird, so ist das Vergnügen um vierzehn Tage hinausgeschoben worden. Aber Sonntag, den 19. Mai, soll auf der Hardt, bei der Försterwohnung, ein solennes Scheibenschießen abgehalten und dabei für eine gute Harmoniemusik Sorge getragen werden. Frische Maikräuter aus dem Walde und ein guter Moselwein sollen die Gäste erquicken, für übrige Erfrischungen wird ebenfalls Sorge getragen werden, und abends soll ein Ball in der Wohnung des Unterzeichneten stattfinden.

Die angenehme Frühlingszeit, die Schönheit des Ortes und die Aussicht, Bekannte von allen Seiten zu finden, geben die erfreuliche Hoffnung zu einem recht zahlreichen Zuspruch.

Stotzheim, 26. April 1833.

Joh. Jos. Schorn, Gastwirt



Der Verleger der Zeitung, der Buchdrucker Friedrich Neel, der sich als Propagandachef bei solchen Veranstaltungen fühlte, schwang sich aus Anlaß des bevorstehenden Festes eigens auf den Pegasus und dichtete folgendes:

Mai-Lied,

dem Hardtschen Feste gewidmet.

Zu singen nach der Melodie: Noch ist Polen nicht verloren.

Freunde, auf zum schönen Feste,
Vogelschuß und Ball!
Schon willkommen heißt die Gäste
Hain und Nachtigall.

Eilt herbei, singet frei
Eures Herzens frohe Lieder:
Das Fest zu erhöhn
Ist mailich und schön!

Zieht mit uns in Luft und Freude
Ueber Berg und Flur!
Schon geschmückt in buntem Kleide
Zeit sich die Natur.

Refrain: Eilt herbei!

Frisches Grün belebt die Bäume
In erneuter Pracht,
Blütenduft erfüllt die Räume,
Waldes-Sänger wacht.

Bei der Lüfte mildem Blasen
Steigt die Sonne auf,
Und auf blumenreichem Rasen
Endet sie den Lauf.

Neiget sich der Abend nieder,
Reiht sich unser Tanz,
Und es hallt im Tale wieder
Froher Liederkanz.

Frühling auf der Liebe Flügel
Stimme fröhlich ein!
Führe an der Tugend Zügel
Liebchen zum Verein!

Hier, wo Jubeltöne klingen
Jedem braven Mann,
Der mit uns gelobt zu singen,
Und sich freuen kann.

Auch die Frauen sollen leben,
Die an treuer Hand
Reiner Freude Ruhm erheben,
Sind mit uns verwandt.

So verrinnen uns die Tage
Schöner Maienzeit,
Ziehen wieder ohne Klage
Ein zur Häuslichkeit.



Kurz vor dem Fest, in der Nr. 39 vom 15. Mai 1833, wurde die Einladung wie folgt wiederholt:

Einladung zum Fest auf der Hardt.

In Beziehung auf meine frühere Anzeige habe ich die Ehre, meinen geehrten Gönnern und Freunden ganz ergebenst zu wiederholen, daß ich am 19. ds. Mts. (also am nächsten Sonntag) auf der Hardt ein Scheibenschießen abhalten lassen werde. Der Preis, um den geschossen wird, ist ein schönes doppeltes Jagdgewehr, neuster Art. Die übrigen Bedingungen werden auf dem Platz bestimmt werden.

Zu bemerken ist, daß nur solche Schützen zugelassen werden, die mit sicheren Gewehren versehen sind; wie überhaupt die möglichste Sorge getragen werden soll, daß alle Unglücksfälle vermieden werden.

Ich werde mit Erfrischungen jeder Art: Maiwein, Kaffee, Tee usw., sowie auch mit kalten Speisen zu den billigsten Preisen meine hochgeehrten Gästen aufwarten. Für gute Harmonie- und Tanzmusik ist gesorgt, und zur größeren Bequemlichkeit ein Zelt gebaut.

Der Wald steht jetzt in der schönsten Pracht, hoffentlich gibt der Himmel schönes Wetter, und ich hoffe nunmehr, daß meine Einladung Gäste aus der ganze Umgegend herbeiführen wird. An mir soll es wenigstens nicht liegen, wenn jemand unbefriedigt das Fest verläßt.

Stotzheim, 14. Mai 1833.

Der Gastwirt Schorn.



Der Verlauf des Festes muß wohl allseitig befriedigt haben. Der Wirt fand sich sogar veranlaßt, folgende Danksagung an seine Gäste zu richten:

Danksagung.

Der Unterzeichnete fühlt sich verpflichtet, seinen hochgeehrten Gönnern, die ihn vergangenen Sonntag mit ihrem Besuche zum Feste auf der Hardt erfreuten, hierüber den aufrichtigsten Dank abzustatten. Er glaubt sich für seine Mühe doppelt belohnt, indem ihm von allen Seiten die Zufriedenheit seiner Gäste und eine nie zu erwartende Lösung zuteil geworden ist. Bei einer so zahlreichen Versammlung (wohl gegen fünfhundert Personen) aus allen Ständen, unter freiem Himmel, muß der Wirt in seiner Spekulation darauf rechnen, daß manches zerbrochen wurde und abhanden kommen könnte. Bei diesem Feste sind im Ganzen nur drei Gläser, und zwar durch einen komischen Zufall, zerbrochen worden; übrigens wird nichts vermißt. Dergleichen Fälle mögen selten vorkommen.

Sollte es nicht eher geschehen, so wird doch der nächste Mai die Gelegenheit zu einer ähnlichen Zusammenkunft bieten. Der Unterzeichnete wird dann im Stande sein, seinen hochgeehrten Gästen mehr Bequemlichkeit verschaffen zu können.

Stotzheim, 21. Mai 1833.

Der Gastwirt Schorn



Wir sind der verehrten Einsenderin für diese Beiträge, die als Kulturbilder aus der Vergangenheit unserer lieben Heimat wertvoll sind, von Herzen dankbar. Jedenfalls ist diese Danksagung eines Wirtes ein Dokument ihrer Zeit.


Entnommen: Euskirchener Volksblatt vom 7. Mai 1935




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