Heilig-Kreuz-Verehrung in Weingarten.




ru) Kreuz-Weingarten, 23. April. In dem Ausschreiben eines Heiligen Jahres zur 1900jährigen Gedächtnisfeier der Erlösung der Menschheit durch das Kreuzesopfer Christi hatte der Hl. Vater auch den Wunsch ausgesprochen, es möchten an den Orten, wo ehrwürdige Reliquien des Leidens unseres Herrn aufbewahrt würden, dieselben im Jubiläumsjahre mit besonderer Frömmigkeit verehrt werden. Diese Anregung hat auch die jahrhundertealte Wallfahrt zum Heiligen Kreuze auf dem Kalvarienberge in Weingarten wieder aufleben lassen. Die Verehrung daselbst reicht bis in die Zeit der Kreuzzüge, wahrscheinlich sogar in die christliche Frühzeit zurück. Sie hatte eine Hochblüte in der Zeit nach dem Dreißigjährigen Kriege, wo die Pfarrkirche vergrößert werden mußte, weil sie den Zustrom der Pilger nicht mehr fassen konnte. In der französischen Revolution ist dann die Wallfahrt eingegangen. Es ist ja wahr, Kreuz-Weingarten wurde und wird besonders in neuerer Zeit viel von Fremden besucht, die kommen der anmutigen Lage, des Römerkanals und dergleichen wegen, auch Krippe und Friedhof bewundern, aber das Heiligtum des Hl. Kreuzes wurde wenig beachtet und ein Hauch von Trauer und Wehmut geisterte durch die Hallen der alten, ehrwürdigen Wallfahrtskirche. Das ist nun heuer anders geworden. Außer privaten Pilgern kam unter Führung der Pfarrer eine Prozession von Kirchheim und bereits zum zweiten Male eine fast 300 Teilnehmer zählende Prozession von Antweiler-Wachendorf. Die Pilger verrichteten die Ablaßgebete und verehrten die hl. Reliquie - ein Teil einer großen Kreuzpartikel, die einst von Erzbischof Balduin von Trier, dem Bruder des deutschen Kaisers Heinrich VII. der Trierer Karthause geschenkt wurde. Auf die Bedeutung dieser Verehrung hatte vorher Pastor J. Kleinebrecht in zu Herzen gehenden Worten hingewiesen. - Es ist gewiß auch katholischerseits zu begrüßen, daß die staatlich gebotene Feiertagsruhe Gelegenheit gibt, die Feier des hl. Karfreitags eindrucksvoller zu gestalten und altes religiöses Brauchtum wieder aufleben zu lassen.


Entnommen: Euskirchener Volksblatt vom 23. April 1935




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