Broich und Heudthausen.
Ein Beitrag zur Gütergeschichte des
kurkölnischen Amtes Hardt.

Von Max von Mallinckrodt.

Broich und Heudthausen, in der Gemeinde Antweiler des heutigen Kreises Euskirchen gelegen, waren einst zwei eng benachbarte, aber getrennte Siedlungen. Erst seit dem Jahre 1673 bilden sie ein einheitliches Gut, dem das feste Haus Broich den Namen gab. Der Name Heudthausen dagegen ist so vollständig verschwunden, daß heute nicht einmal eine Flurbezeichnung mehr an ihn erinnert, ja, daß sogar mit absoluter Gewißheit die Stelle nicht genannt werden kann, auf der sich einst die Heudthauser Höfe, drei an der Zahl, erhoben. Eine Karte des kölnischen Erzstiftes aus dem 17. Jahrhundert verzeichnet Heudthausen als etwas östlich von Broich am Unterlauf des Mersbaches gelegen. Diese Lage kann aber schon deshalb nicht stimmen, weil dann Heudthausen zur Arloffer Hoheit gehört hätte, was nachweislich nicht der Fall war. Außerdem ist das Gelände östlich von Broich völlig bruchig, so daß es niemals einer Hofsiedlung hätte dienen können.

Die an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit spricht vielmehr dafür, daß Heudthausen in nächster Nähe des Hauses Broich, aber südlich von ihm lag. So erklärt sich die Übertragung der Heudthauser abgebrochenen Baulichkeiten nach Broich und die Tatsache, daß beide Höfe zusammen verpachtet wurden. Und in der Tat, auf einer etwa zehn preußische Morgen umfassenden Fläche, die an die Broicher Burgweiher südlich anstößt, fand sich, als das Land noch beackert wurde - heute ist es Weide -, in trockenen Jahren der Grundriß einer großen Hofanlage in der jungen Saat durch heller gefärbte Linien hervorgehoben. Auch Ziegelreste und Mauertrümmer wurden vielfach dort ausgepflügt. Es ist nicht zu bezweifeln, daß diese Stelle der Boden ist, auf dem sie schon um die Mitte des 12. Jahrhunderts erwähnte Siedlung Heudthausen einst stand.

Das Haus Broich, ein ehemals zum kurkölnischen Landtage qualifizierte Rittersitz, hat seinen Charakter bis zum heutigen Tage bewahrt. Die rechteckige langgestreckte Hofanlage war früher von einem starken Hauptturm überragt. Von diesem Turme besteht das Mauerwerk nur noch bis zur Höhe der umgebenden Hofgebäude; Dachstuhl und Oberteil sind wahrscheinlich schon vor langer Zeit dem Abbruch verfallen. Von den beiden kleineren Ecktürmen der Ostseite ist der eine wiederhergestellt, während von dem anderen nur die Grundmauern noch vorhanden sind. Den Zugang bildete bis ins letze Viertel des vergangenen Jahrhunderts eine Zugbrücke, die aber verschwand und durch eine Steinbrücke ersetzt ward, als der altersschwach gewordene Torbau abgerissen wurde. Die Burggräben umschließen die Anlage von allen Seiten.

Heute dient die Burg als Pachthof; ein neues Herrenhaus wurde im Jahre 1898 am Rande des höher gelegenen Broicher Busches erbaut.

Die Nachrichten über Broich und Heudthausen beginnen nicht gleichzeitig. Während Heudthausen schon um die Mitte des 12. Jahrhunderts erscheint, wird Broich zuerst in einer Urkunde von 1405, allerdings schon als ererbter Besitz, erwähnt.

Broich war eine Siedlung für sich, Heudthausen aber bestand aus drei getrennten Höfen: dem Nesselroder- oder Marschallshof, dem Losheimer Gut und dem kleineren Thielengut. Marschallshof und Losheimer Heudthausen waren freiadlige Güter; das Thielengut, das schon früh mit dem Losheimer Hofe vereinigt worden zu sein scheint, war ein Bauerngut. Den ganzen Besitz Broich und alle drei Heudthausen erwarb im 17. Jahrhundert die Societas Jesu von Münstereifel.

Das Haus Broich und die von Losheim 1).

Im Jahre 1405 verkaufte Johann von Vlatten dem „Peter Gillis von Munster Eyfflen und Ailken syme eligen wyffe mit namen mynen houf zu deme Broich mit alle syme zubehoir, wie myn vader selige dem got gnade mir den gelaessen hait“. Zu Bürgen setzt der Verkäufer „mynen lieven neven ind gueden vrunt mit namen Wernher von Vlatten ind Teilmann von Pissenheim“ 2).

Die Herren von Vlatten entstammen dem Geschlechte der Merode. Welcher Johann von Vlatten von mehreren damals lebenden der hier genannte ist, steht nicht fest. E. Richardson, Gesch. der Familie Merode, 1877, aber erwähnt einen Johann, der Güter zu Pissenheim hatte. Sein Vater war Gotthard von Vlatten, Herr zu Astendonk, der 1391 bis 1398 urkundlich erwähnt wird und wiederum ein Sohn von Johann I. von Merode-Vlatten war.

Den Käufer des Gutes, Peter Gillis von Münstereifel, kennen wir auch aus einer Urkunde des Jahres 1411. Damals stiftete er mit seiner Gattin Aleit von Losheym 12 Mark kölnisch zu einer ewigen Lampe vor dem Marienbild „zo der noit Goitz“ in der Kirche zu Münstereifel. Den Betrag weisen die Stifter auf die fünf Morgen Benden (d. i. Wiesen), genannt „die Cuppe“, an, gelegen zwischen dem „hove ze Broiche ind den erlen“. Der Gillis hat sein Siegel an diesen Brief gehängt und mit ihm Otto von Metternich „vait zo Antwilre“, der letztere auf Bitten der dortigen Geschworenen.

Peter Gillis darf wohl als vornehmer Bürger von Münstereifel angesehen werden. Sein Siegel wirft ein gewisses Licht auf seine oder seines Geschlechtes Herkunft. Es zeigt den Schild der Merode-Vlatten, d. h. die roten Pfähle im goldenen Felde und im rechten Obereck den Stern unter Hinzuführung eines zweiten Beizeichens, nämlich eines aufrechten Pfeils unten rechts. Wir gehen angesichts dieser Wappenführung


Siegel des Peter Gillis von Münstereifel 1411 (Staatsarchiv Düsseldorf).

wohl nicht fehl, wenn wir Peter Gillis für einen nebenbürtigen Sprossen der Vlatten halten, so daß also zwischen Verkäufer und Käufer von Broich verwandtschaftliche Beziehungen bestanden.

Die Gattin des Peter Gillis aber entstammte einem Geschlecht, das in Münstereifel und später in Euskirchen begütert und angesehen war. In seinen Händen blieb sowohl Broich wie eines der Heudthauser Güter lange Zeit. Es war das Geschlecht „von Losheim“. Ob Peter Gillis und Alleit von Losheim kinderlos waren und deshalb ihr Besitz in Losheimer Hände kam, wissen wir nicht. Zu Ende des 15. Jahrhunderts finden wir jedenfalls Mathias von Losheim im Besitze von Broich.

Am 13. Juni 1941 richtet Peter Wolff von Metternich für sich und seine „mitgedelinge“ ein Schreiben an den Herzog von Jülich, dem eine Kopie seines Schreibens an die Statthalter des Erzbischofs von Köln anlag. Der Inhalt des Schreibens lehrt, daß Peter Wolff von Metternich und Thys von Losheim wegen Broich im Streite lagen. Dabei wird erwähnt, daß Broich „dat vorgenannte guet an dat gerichte zo Antwilre gehorich ist“, eine Behauptung, die immer wieder auftaucht und von den Besitzern bestritten wird, die ihrerseits behaupten, unmittelbar der Jurisdiktion des Landesherrn, d. h. des Erzbischofs von Köln, zu unterstehen. Die Rechtsansprüche Peter Wolff Metternichs dürften darin zu suchen sein, daß seine Gattin Idburg von Meller eine Verwandte jenes Heinrich von Meller war, der für die damalige Zeit 3) als Vogt in Satzvey und Antweiler überliefert ist und als solcher, wie alle Vögte in Antweiler, die mit Einkünften verbundene Gerichtsbarkeit über Broich beanspruchte. Ob die von Peter Wolff Metternich erwähnte Tatsache, daß das Gericht zu Antweiler „by lange zyt von jaren verslossen gestanden hait ind auch noch hude by tage verslossen stait“ mit der unsicheren Zugehörigkeit der Herrschaft Antweiler, um die Jülich und Kurköln stritten, zusammenhängt, steht dahin. Später besteht ein Hofgericht in Antweiler wieder wie es vordem auch bestanden hatte.

Daß Mathias von Losheim im Besitz von Broich war, geht auch daraus hervor, daß er dem Stifte Münstereifel von 1481 bis 1488 vier Mark jährlich „van deme mullenbende“ zahlt, wobei Broich als „domus Losheym“ bezeichnet wird.

Den genannten Thys von Losheim kennen wir auch aus einer anderen Urkunde. Am 2. März 1471 verkaufte er und sein Weib Griete dem Bürgermeister Richard Holzappell von Münstereifel für das dortige Spital eine Erbrente aus seinem Hofe zu Nöthen 4). Vielleicht ist der 1512 - 1513 in einer Hospitalrechnung genannte „Theis von Losheym“ derselbe 5).

Über die späteren Eigentümer von Broich sind wir nur durch eine Aufzeichnung unterrichtet, die wohl der Mitte des 17. Jahrhunderts angehört und sich auf vier zu Broich gehörige und in der Weingartener Flur gelegene Morgen bezieht, die ein Münstereiflisches Stiftslehen waren.

Aus dieser Aufzeichnung ergibt sich, daß 1562 wiederum ein Theys Lossen, scabinus, Broich besaß und in diesem Jahr starb. Nach seinem Tode erhielt das Lehn Brocher Johans, von dem wir wohl annehmen dürfen, daß er nach seinem Besitze so genannt wurde. Ob er noch ein Losheim war, steht allerdings nicht fest. Nach seinem Tode erhält den Besitz und das Lehn Augustinus Wicherling filius Henrici Wicherling. Es liegt nahe anzunehmen, daß Vater und Sohn Glieder der Münstereifler Schöffenfamilie Wislinck waren. Jedenfalls handelt es sich bei den vorgenannten Personen stets um Erben der Losheim, die als Anton von Losheims Erben bezeichnet werden. Im Jahre 1593 aber, „cum Augustinus Wicherlinck domum Broch com omnibus suis appertinentiis vendidisset Joanni Barnich ex Lommersdorf“ scheint der Besitz aus den Händen der Erben Losheim gekommen zu sein. Allerdings sagt 1599 das Deskripitionsbuch des Erzstiftes Köln noch: „Anthon von Losheims erben haben das hauß Broech im ambt Hardt“. Auch die Simpelbriefe der fünfziger und sechziger Jahre des 17. Jahrhunderts sind immer noch an Anthon Losheims Erben gerichtet. Es findet sich sogar einmal 1653 die Adresse: „dem wohlerwürdigen Patribus Soc. Jesu wegen Anthon Losheims Erben zur Halbscheid“. Daraus geht einmal hervor, daß die Bezeichnung „Anton Losheims Erben“ stehend geworden war, dann aber weist die Bezeichnung „zur Halbscheid“ darauf hin, daß Anton Losheims Erbe nicht nur in Broich, das die Patres seit 1637 besaßen, bestanden hatte, sondern daß die Bruderteilung, von der eine Aufzeichnung der Patres vom Anfang des 18. Jahrhunderts redet, sich eben auf das Erbe des Anton von Losheim bezog. Einer seiner Söhne erhielt damals Broich, der andere Losheims Heudthausen.

Wir gehen wohn nicht fehl, wenn wir diesen Anton von Losheim zwischen Mathias von Losheim von 1471 und 1513 und den anderen Mathias scabinus, der 1562 stirbt, ansetzen.

Wir haben oben bereits erwähnt, daß das Haus Broich von einem Erben der Losheim, Augustinus Wicherling, 1593 an eine andere Familie, die Barnich von Lommersdorf 6), verkauft wurde. Als der Erwerber Johann Barnich 1601 starb, ging der Besitz auf seine Tochter Sibylle über. Aber auch sie starb schon 1607, und ihr Bruder, ebenfalls Johann genannt, wurde Erbe. Im Jahre 1627 verstarb auch dieser jüngere Johann in „Böheimb“, und sein unmündiger Sohn Johann folgte im Besitze von Broich.

Es ist nicht gelungen, über die Barnich weitere Nachrichten zu ermitteln 7). Daß Johann Barnich der Jüngere in Böhmen stirbt, dürfte wohl mit den Kriegsläuften der Zeit zu erklären sein. Vielleicht hatte er Kriegsdienste genommen, vielleicht aber folgte er auch nur als reisender Kaufmann den Heereszügen. In seinen Vermögensverhältnissen war er sicher zurückgegangen, denn er und sein Weib Johanna Grave verpfänden „haus und hof zu Broich“ am 13. Januar 1622 an den Bürgermeister von Münstereifel Hilger Rheimbach und seine Gattin Catharina Iversheim für 1700 Reichsthaler. In dieser Urkunde bezeichnen sich die Eheleute Barnich als zu Lommersdorf 8) wohnend und erwähnen die „höchsten Nöte“, in denen sie sich befinden. Die Pfandinhaber sollen den „Koelhassen“ Erbfolgern 1095 ½ Taler und 23 Albus auszahlen. An die Verpfänder selbst sollen sogleich 150 Taler erlegt werden. Es wird ferner bestimmt, daß den Pfandinhabern anheimgegeben wird, daß sie, wenn sie wollen, „thurn, haus, fallbrücke und andere notturft zue Broich also accomodieren und mit nötigen baw versehen sollen, daß dieselbige nebst einem halfmann sich auch begebenden fall daselbst ehrlich mit haußlicher wohnung aufhalten können“. Die Verpfänder verpflichten sich, bei Wiedereinlösung die Kosten zu erstatten. Die Unterschrift der Gattin des Johann Barnich unter der Verpfändungsurkunde lautet: „par moy Johan Grave“. An anderer Stelle wird der Name „Gravet“ geschrieben.

Zu einer Wiedereinlösung von Broich kam es nicht mehr, denn die Eheleute Barnich sind 1628 bereits beide verstorben. Am 27. April 1637 aber verkaufen die „ahngeborenen“ Vormünder des jungen Johann Barnich und seiner Geschwister Gillis Limbourg und Bartholomäus Reinhard „ihrer ahnbefohlenen pflegekinder von (sic!) Barnich freyadliches hauß und hoff zum Bruch sampt dazugehörigen schewren, stallungen, garthen, baumgarten, dämmen, weyern, fischereyen und jachten auch ackerlands, bendten, hohen und niederen gewäldts und hawbuschen, fort ackerdrifften, schweinmastungen, pfachten, einkompfsten, recht- und gerechtigkeiten u.s.w.“ an der Superior der Societas Jesu in Münstereifel, den Pater Bernhardus von Metternich 9).

Die Sozietät löste das Gut von dem Pfandinhaber, Bürgermeister Hilger Rheimbach gegen Erlegung von 2100 kölnischen Talern ein. Daneben machen die Jesuiten verschiedene Forderungen geltend: Zunächst eine Obligation, die sie von dem verstorbenen Johann Hamburg erworben hatten, im Betrage von 1417 ½ Talern kölnisch; dann an vorgelegten Baukosten, Steuern und Abgaben 500 Taler kölnisch. Hieraus geht hervor, daß der Bürgermeister Hilger Heimbach den Patres das ihm verpfändete Gut unter der Hand überlassen hatte. Dies wird auch durch den Umstand bestätigt, daß die Sozietät schon 1635 Broich an Friedrich Zingsheim und ein Jahr später an Theis von Marmagen verpachtet.

Die minderjährigen Verkäufer erhalten angesichts dieser Forderungen gar nichts mehr, aber „ex pura Christiana pietate“ zahlte die Sozietät den Kindern Barnich 200 Taler kölnisch, behielt sich aber vor, daß, falls infolge des damals zehn Jahre etwa zurückliegenden Todes des Johann Barnich „Churmeda praetendiert“ würde, diese aus den oben erwähnten 200 Talern bestritten werden solle 10).

Am 8. Juni 1638 bestätigte dann der Kurfürst Ferdinand von Köln den Erwerb des „adlichen Hauses Broch“ auf Grund einer vor dem kurfürstlichen Gerichte in Antweiler am 12. April 1938 getätigten Verhandlung. Bei dieser leistete der Münstereifler Ratsverwandte Wilhelmus Wyri in Vollmacht der beiden verhinderten Vormünder den Eid, daß der Verkauf den unmündigen Kindern Barnich „baß“ getan. Die vermutete Kurmede wurde in demselben Jahre von Wilhelm von Ahr in Antweiler als Vogt erhoben und von den Patres bezahlt.

Insgesamt hatte der Erwerb von Broich den Patres 4122 ½ Taler kölnisch gekostet. Es liegt aber eine Schätzung vom 3. August 1655 bei den Akten der Sozietät, nach der „das haus Broich mit stallung, vorhoff, weyern, garthen, sambt darzu gehoerender gerechtigkeit an weidgangh, fischeryen und jagt ist aestimiert ad 1500 thaler. Dazu gehoeren 63 morgen ackerlandts jeder undereinander ad 50, 60 und 70 thaler das mittels genommen thut zusammen 3780 thaler. Item 10 morgen benden jede ad 100 thaler 1000 thaler. Item an underscheidlichen oerthern etwa 27 oder 30 morgen gewäldts, darin viele schoene dicke Eichenstämme ad 1400 thaler, summa: 7680 thaler“.

Es läßt sich demnach nicht leugnen, daß die Societas mit dem Kauf von Broich, das sie zum halben Werte erwarb, ein recht gute Geschäft gemacht hat. Dagegen gewinnt die Handlungsweise der Vormünder Limburg und Reinhard sowie der Eid des „ehrenhaft wohlfürnehmen“ Ratsverwandten Wyri ein recht bedenkliches Ansehn, denn niemand wird behaupten können, daß dieser Verkauf den Kindern Barnich „baß“ getan habe.

Nach dem Verkaufe von Broich durch die Losheimer Erben blieb ein anderer Teil des ursprünglichen Losheimer Besitzes noch geraume Zeit in den Händen des Geschlechtes, Losheims Heudthausen, der eine der beiden größeren Heudthauser Höfe.

Zu Anfang des 17. Jahrhunderts finden wir einen Adam von Losheim als Herrn des Gutes. Dann wird 1618 dessen Sohn, der „ehrwürdige, wohlgelehrte Herr Martin Lossen“, der Bürgermeister von Euskirchen war, mit der auf dem Hofe ruhende Kurmede belehnt, und zwar empfängt er das Lehen für seinen Bruder Wilhelm, der mit Reinera Schnehagen, ebenfalls aus münstereiflischem Honoratiorengeschlecht, vermählt war. Von seinen Kindern werden ein Sohn Dietrich erwähnt und zwei Töchter, von denen die eine, Lucia, mit dem Bürgermeister von Andernach Johan Ludwig Strohe verheiratet, die andere Religiosa in Antonigartzem war. Dietrich von Losheim einerseits hatte nur Töchter, und es scheint mit ihm das Geschlecht im Mannesstamme erloschen zu sein.

Auch der Heudthauser Besitz zu Losheim glitt in die Hände der Societas Jesu. Zuerst verpachteten Dietrich von Losheim und seine Mutter Reinera im Jahre 1648 den Besitz an die Patres. Die Verpächter wohnten in Euskirchen. Dorthin hatte die Sozietät jährlich 16 Malter Korn, 14 Malter Hafer und 2 Malter Spelz sowie einen vierspännigen Wagen mit Heu zu liefern. Die Grundlasten trugen die Pächter, ausgeschriebene Steuern dagegen die Verpächter. Zu den Grundlasten gehörten Abgaben an die Kirche in Calcar 11), an den Herrn von Ahr in Antweiler als kurkölnischen Erbvogt und an die marianische Bruderschaft in Münstereifel, die aber dem Jesuitenorden inkorporiert war, endlich noch neun Hühner an den Steinerhof in Antweiler.

Im Jahre 1651 fand eine Generalabrechnung zwischen dem Collegium und den Losheim statt. Beide Parteien hatten sich um den Erlaß der Hälfte der dem Gute auferlegten „Simpel“, d. h. der landesherrlichen kurkölnischen Steuern, in Bonn, Brühl und Köln bemüht, auch waren mehrfach Abordnungen der Patres nach Bonn und zu den kurfürstlichen Generalkommissarischen Maßbucher und Becker nach Neuß gegangen wegen dauernder Streitigkeiten mit dem Vogte und dem Gericht in Antweiler. Man hatte auch Befehle gegen Antweiler erwirkt, aber da sei alters die Herrschaft Antweiler strittig zwischen Kurköln und Jülich war, bestand dauernd eine gewisse Rechtsunsicherheit. So kam es, daß die Patres auch darauf stehen mußten, für gutes Wetter bei den Jülichschen Behörden zu sorgen. Der Kommandant Drudiken zu Wachendorf hatte gedroht, die Patres wegen Antweiler zu exekutieren, so wurde ihm ein Hammel verehrt und ein Bett verschafft, worauf er sich beruhigte. Auch der Kommandant von Nideggen wurde durch das Geschenk eines Reichstalers besänftigt.

Aber auch die fremden Kriegsvölker, die damals die Gegend unsicher machten, scheinen sich in die Streitigkeiten zwischen Antweiler und der Societas gemischt zu haben. Wenigstens wird berichtet, daß die Hessen aus Wachendorf gegen Antweiler in Broich eingefallen seien, einen Knecht verprügelt, mancherlei Sachen gestohlen und alles zerschlagen hätten.

Zu Beginn der vierziger Jahre des 17. Jahrhunderts hatten die Hessen von ihrem Hauptstützpunkte Neuß aus unaufhörlich das Erzstift plündernd und raubend durchzogen. Ihr Kommandant, der Oberst und spätere General Freiherr Rabenhaupt von Soucha aus einem ursprünglich böhmischen Geschlecht - er starb als holländischer Generalleutnant -,befestigt die Burg zu Wachendorf, eine halbe Wegstunde von Broich gelegen, außerordentlich stark. Noch heute mahnen die mächtigen Bastionen an die Befestigungswerke, die Rabenhaupt schuf und bei seinem Abzuge nur teilweise wieder zerstörte. Unaufhörlich wechselten damals die Scharen von lothringisch-kaiserlichen und hessisch-französischen Truppen. Vor allem wurden die Edelsitze geplündert, und gerade Rabenhaupt liebte es, die Burgherren mit fortzuführen, um ihnen Lösegelder abzupressen. Kein Wunder, daß auch Broich und Heudthausen unter diesen dauernden Unruhen zu leiden hatten. Seufzend berichten die Patres, daß sie ihre Schweine nicht mehr austreiben könnten, sondern mit Hafer im Stalle mästen müßten, damit sie nicht den umherstreifenden Lothringern in die Hände fielen.

Erst im Jahre 1670 dachte die Societas daran, das Pachtverhältnis, unter dem sie Losheims Heudthausen besaß, in Eigentum umzuwandeln. Lucia von Losheim, Dietrichs Schwester und damals bereits Witwe des Andernacher Bürgermeisters Johan Ludwig Strohe, verkaufte am 23. November 1670 ihre Hälfte der Losheimer Güter an die Jesuiten 12). Der Kaufpreis betrug 1000 Reichstaler neben einem „verzeypfennig“ von einem „souverain“ und je einem „rosenobell“ für die drei Töchter Lucias. Und schon im folgenden Jahre fiel auch der Rest des Losheimer Gutes an den Orden. Denn Dietrich (Theodor) von Losheim verkaufte am 28. Dezember 1671 auch seinen Anteil, die andere Hälfte. Er bedang sich genau den gleichen Preis aus, den seine Schwester zuvor erhalten hatte.

Der Verkaufsurkunde ist noch ein Entwurf der Beurkundung des „wirklichen Posseßergreifung“ durch die Jesuiten seitens eines Notars angefüg: „bin mehr gemeltem herrn requirenten (der Pater Christianus Cnaustius) mit den unten gemelten gezeugen bis uf vorgeschiebenen hoeff Heudthaußen gefolgt, dahe dann derselbe in das hauß eingetretten, in der küchen auf einen stuhl sich gesetzt, wieder uffgestanden, die feuerhaill geschuerzt, die hausthuer zu undt wieder aufgethan, in dem hoff etwaß strohe ufgehoben, in dem garthen neben der scheuer etwaß grases außgeropft, lebendiges baumzweichen daselbsten abgebrochen, uf ein stuek landt „zu den halben morgen“ geheischen grundt uffgenohmen, in den buisch „zu den sieben fierdel“ genannt gleichfallß von einem eichenbaum zweich abgebrochen, endlich in den dreyen benden bey dem hoeff Broich gelegen ufstehendes gras ausgeroppt und als wahrhaftigen possessionszeichen wieder dahin geworffen usw.“

So waren die Patres nunmehr in den Besitz des ganzen Losheimerbes gelangt, aber ein kleines für sie unerfreuliches Nachspiel der letzten Erwerbung sollte sich noch 36 Jahre später ereignen. Im Jahre 1706 tauchte nämlich ein gewisser Robert Krauß, ein Enkel Dietrich von Losheims, auf, der erklärte, daß er zur Zeit des Verkaufes minderjährig und ohne rechtlichen Schutz gewesen sei und seitdem 25 Jahre in der Fremde gelebt habe. Aus diesen Gründen ficht Robert Krauß den letzten Kauf der Sozietät nicht nur an, sondern erhob auch Anspruch auf die früher erworbene Hälfte der Lucia Strohe. Die Sozietät erklärte das angerufene Antweiler Gericht - wir fühlen wieder den Gegensatz zwischen dem Orden und Antweiler - für unzuständig und wollte beim Reichshofrat oder Reichskammergericht prozessieren. Am 30. Oktober 1708 kam aber ein Vergleich zustande, nach dem die Sozietät dem unbequemen Reflektanten für den endgültigen Verzicht 112 Reichstaler und ein Ohm Wein zahlte. Das entsprach etwa dem Erbanteil des Krauß.

Dieser Handel scheint die Patres recht geärgert zu haben. Es erwuchsen ihnen, wie wir weiter unten sehen werden, überhaupt aus allerlei Rechtsansprüchen noch mancherlei unerwartete Kosten, so daß der Pater Johannes Scheffers um 1676 in einem Brief an seinen Oberen schreibt: „O quanda nobis constitit villa Broich. Quis det ut pecunia millam recipiamus.“

Zum Schluß dieses Abschnittes sei eine Stammtafel der Losheim, wie sie sich aus den Archivalien des Jesuitenordens und aus Münstereifler Urkunden bei Katzfey und Scheins ergibt, aufgestellt.


13)

Das Wappen der Losheim kennen wir nur aus einem einzigen leider beschädigten Siegel des Mathias, das an der Urkunde vom 2. März 1471 hängt, die bei Scheins, Urkdl. Beiträge S. 26 gedruckt ist. Ebenda wird das Wappenbild S. 108 als Hausklammer blasoniert. Die erhaltenen Reste machen es wahrscheinlicher, daß es sich um eine Hausmarke handelt.


Siegel des Mathias von Losheim von Münstereifel 1471 (Gymnasialarchiv Münstereifel) nach einer vergrößerten Zeichnung des Kunstmalers A. Bloch.

Der Nesselroder- oder Marschallshof.

Außer dem Losheimsgute erwarben die Jesuiten auch das andere freiadlige Gut Heudthausen, den Nesselroder- oder Marschallshof. Über diesen Erwerb, der wahrscheinlich der erste der Sozietät war, also noch vor dem Erwerbe von Broich stattfand, wissen wir leider nur wenig. Aus die Patres Broich von dem Pfandbesitzer, dem Bürgermeister Rheimbach, erhalten hatten verpachteten sie das Gut mit Heudthausen zusammen im Jahre 1635 und 1636. Da die Sozietät damals das Losheimgut noch nicht im Besitz hatte, kann das erwähnte Heudthausen nur der Marschallshof gewesen sein.

Aus einer undatierten Aufzeichnung späterer Zeit geht hervor, daß die Jesuiten das Gut von einem Herrn von Nesselrode auf Rath gekauft hätten. Der Pächter, der damals darauf saß, hieß Hanns Backes, und so kommt es vor, daß das Gut in den Akten als „Hanns Backes Gut“ hin und wieder bezeichnet wird.

Rath, auch Marshallsrath genannt, war eine zwischen Strempt und Mechernich im Kreise Schleiden gelegene jetzt zerstörte, reichsunmittelbare Herrschaft 14). Sie stammte aus dem Besitz der Jülichschen Erbmarschälle Nyt von Birgel; und zwar heiratete Wilhelm von Nesselrode und zum Stein nach 1478 Elisabeth, die Tochter Heinrich Engelbrechts Nyt von Birgel. Sie war 1529 Witwe. Ihr jüngster Sohn Bertram von Nesselrode zu Rath usw., Erbmarschall, war mit Anna Stecke, Erbin von Herten aus dem Geschlechte der Grafen von Dortmund, vermählt. Ein Sohn aus dieser Ehe, ebenfalls Bertram genannt, Amtmann zu Münstereifel, Euskirchen und Tomburg, war kinderlos mit Agnes von Schöler verheiratet und starb am 10. April 1614. Seine Witwe 15) vermählte sich wider mit Karl von Baexen und starb kinderlos auch in zweiter Ehe 1623. Agnes von Nesselrode-Schöler hatte nun von ihrer Mutter, Elisabeth von Quadt, die Burg Veynau bei Satzvey ererbt. Die Burg und Herrschaft entstammte dem reichen Besitz des Dietrich von Bouscheidt, dessen Hinterlassenschaft am 1. Juli 1532 in vier Losen unter seinen Verwandten geteilt wurde 16). Hierbei erhielt Stefan Quadt mit dem zweiten Los auch den Hof zu „Heythuesen“. Bei der geringen Entfernung zwischen Veynau und Heudthausen ist mit Sicherheit anzunehmen, daß das letztere gemeint ist.

Ein Neffe und Erbe Stefan Quadts nun, Wilhelm Quadt, der Veynau besaß 17), hatte eine Tochter Elisabeth, die Rütger von Scholer heiratete 18). Dieser kam 1556 in den Besitz von Veynau. Seine Erbtochter 19) war Agnes, die Gattin Bertrams von Nesselrode zu Rath, + 1614. Auf diese Weise erklärt es sich zwangslos, wie der Marschallshof, der eben seit alters zu Veynau gehörte, an die Witwe Agnes von Nesselrode kam. So erklärt es sich auch, daß in einer Aufzeichnung des Jesuitenarchivs, die sich auf Verhältnisse des 15. Jahrhunderts bezieht, der zum Marschallshof gehörige Wald „Veyer Busch“ genannt wird. Von wem aber der Orden das Gut erworben hat, steht nicht fest. Der Marschall Bertram starb 1614, seine Witwe Agnes von Scholer 1623. Erst einige Jahre später aber kamen die Jesuiten von Münstereifel. Der Verkäufer war ein Nesselrode zu Rath. Es kann nur ein Bruder oder ein Neffe des kinderlosen Bertram gewesen sein. Nach dem Tode Agnes von Scholer's trat eine Teilung ein. Die von Baexen, die Sippe ihres zweiten Mannes, erbten Veynau, aber Heudthausen blieb offenbar den Nesselrode, die es dann bald veräußerten. Im Gedächtnis der Leute blieben der Marschall Bertram (Marschallshof) und Agnes von Scholer die früheren Herren, denn die Bezeichnung „zur Zeit der Witwe Nesselrode“ wird späterhin als Kennzeichnung des Rechtszustandes vor dem Erwerb durch den Orden gebraucht.

Das Thielengut.

Das dritte Heudthauser Gut war ein Bauerngut. Über den Erwerb dieses Hofes fehlt es den Patres später selbst an Nachricht. In einer Aufzeichnung aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts finden sich folgende Angaben: „In einem alten pergamentenen fragmento finden sich vestigia eines sicheren so genannten Thiel von Heudthausen. Also zu praesumieren, daß aus dessen Erb dieser Last (eine Kurmede zugunsten der Marienbruderschaft in Münstereifel) der 9 Malter Früchten gestanden so ex post von denen von Lossem cum onere et honore acquiriert worden.“ Demnach war nach Ansicht der Jesuiten das Bauerngut des Thiel von Heudthausen schon dem Losheims Gute einverleibt gewesen. Weiterhin aber sagt das Manuskript: „Sic enim Broich conluisset ex quattuor villis, quarum tres constat esse nobiles et liberas, de quarta hoc probari non posset“.

Die Vermutung der Jesuiten bezüglich des kleinsten Heudthauser Gutes wird bestätigt durch eine Notiz von 1697, nach der der Erbvogt von Ahr zu Antweiler ein Empfangsbuch seiner Vorfahren dem Gericht in Antweiler vorlegte, in dem es auf Blatt 43 heißt: „Noch wegen Weiler Thielengut gibt Heudthausen ahn Speltzen 2 Sester“.

Die Sozietät war bestrebt, nachdem sie den gesamten Besitz von Broich und Heudthausen in ihrer Hand vereinigt hatte, die Einheit des Gutes unter dem Namen „Haus Broich“ zu betonen. Der Hintergedanke hierbei war wohl der Wunsch, auf diese Weise leichter der lästigen Jurisdiktion des Erbvogtes in Antweiler zu entgehen.

So kam es, daß der Orden am 23. Mai 1673 dem Jacob Hündgen, Bürger zu Euskirchen, das zu Heudthausen stehende Haus auf Abbruch für 40 Taler Kölnisch verkaufte. Das Geld wurde an Lambert Dreymühlen verwiesen (ein Theys Dreymühlen ist damals Pächter), der es auf den Bau einer neuen Scheune in Broich verrechnete. Das Kollegium hatte sich außerdem „die Leyen auf dem Dag und die Steinlatzen“ vorbehalten. Es ist zu bemerken, daß nur von „dem“ Hause zu Heudthausen die Rede ist. Die Gebäude des Marschallhofes und des Thielengutes müssen also schon früher verschwunden, wahrscheinlich abgebrochen worden sein. Im Jahre 1636 bestand der Marschallshof noch, da er mit dem Gute Broich damals verpachtet wurde.

Verpachtungen

Im Archiv der Jesuiten befinden sich eine Reihe von Pachtverträgen, die sowohl über die Personen Aufschluß geben, an die Broich und Heudthausen verpachtet wurde, als auch über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Zeit.

Der älteste Pachtvertrag ist vom 11. August 1635. Damals wurden Broich und Marschallshof (Anm. Reinartz: Heudthausen) für 32 Malter Roggen und 2 Malter Gerste neben allen Grundabgaben an Friedrich Zingsheim verpachtet.

Schon im nächsten Jahre findet eine Neuverpachtung statt. Am 24. Februar 1636 tritt Theys von Marmagen zu etwas billigeren Bedingungen die Pacht an. Dann wird am 22. Februar 1638 das „freyadliche Haus Broich und dazugehöriger Hoff Heudthausen“ dem Wilhelm Esch und seiner Frau Maria auf zwölf Jahre verpachtet. Die Sozietät behielt sich die Fischerei in den Burggräben und Weihern, den Taubenflug und den Garten im Hofe von Broich zwischen den Mauern vor. An Pacht hatte der Halfe zu entrichten 27 Malter Roggen, auf Martini 25 Malter Hafer und 2 Malter Gerste, ferner 2 Schweine „vom Troghe“, eins zu Ostern und eins im Herbst, ferner 2 Kälber, von denen eins durch einen Hammel ersetzt werden durfte. Weiter hatte der Halfe 13 Quart Butter zu liefern und 1 Viertel Artlands d. h. Ackerlands für die „Küchennotturft“ des Kollegiums mit Rüben und Möhren zu besäen, wobei das Kollegium den Samen zu stellen hatte. Ferner mußte der Halfe dem Kollegium ½ Viertel Zuchtschafe und einige Mastschafe unentgeltlich unterhalten und jedes Jahr ein Fuder Wein von der Ahr nach Münstereifel fahren. Die Bienenhaltung ging auf gemeinsame Rechnung. An Steuern hatte der Halfe „alle Grundlasten, Kirchengeluchte und gewöhnlichen Schatz“ zu tragen, wohingegen das Kollegium die Simpla, d. h. die außerordentlichen Steuern bezahlte. Der Heudthauser Busch blieb ebenfalls dem Kollegium vorbehalten, aber der Halfe durfte aus ihm Dürrholz entnehmen, auch bei guter Mast drei Schweine und denen des Kollegiums hineintreiben, aber die Schweine des Kollegiums sind doch die „vorrechtlichen Verghelein“ Außerdem mußte der Halfe die Hut übernehmen. Endlich wurde bestimmt, daß, „weillen daß Hauß Broich jetzo laider ahn Gehuchtern, Schueren und Stallungen fast bawfälligh und ruinos worden“, die Sozietät möglichst bald Scheune und Stallungen wiederherstellen soll, wozu der Halfe Material und Fuhren stellen mußte.

Im Jahre 1643 finden wir schon wieder ein anderes Halfenpaar: Peter Metz und seine Hausfrau. Unter den Vorbehalten der Patres wird diesmal auch „die Kapel“ erwähnt, die, unscheinbar in der Südwestecke der Burganlage gelegen, wohl erst dem Bedürfnis der Patres ihr Dasein verdankte, die Broich häufig als Erholungsaufenthalt benutzten. Eine neue Pflicht für den Halfen war die Anweisung, jährlich 10 Weiden- und 10 Apfel- oder Birnbäume zu pflanzen. Die Flamersheimer Waldgerechtigkeit sollte Verpächter und Pächter zu gleichen Teilen zustehen. Diese Gerechtigkeit, d. h. ein Anteil an der Flamersheimer Waldgenossenschaft, war ursprünglich bei dem Marschallshofe gewesen, aber auf Antrag der Sozietät am 1. Juni 1638 vor dem Land- und Waldgericht Flamersheim auf Broich übertragen worden. Die Sozietät entrichtete einen Beitrag von 22 Reichstalern zur Waldgenossenschaft.

Am 22. Februar 1651 treten Theys Dreymüllen und sein Weib Entgen die Pacht an. Besondere Erwähnung findet der „Petersacker“, der, - heute noch - der Gemeinde Arloff gehörig, damals von „Scholtheiß Scheffen und gemeinen Nachbarn von Arloff“ für 300 Taler Kölnisch den Patres verpfändet ward. Die hohen Kontributionen hatten die Gemeinde in Schulden gestürzt. Erst 1745 löste sie den Acker wieder ein.

Am 3. Juni 1672 pachtete der Halfe Pankratius mit seinem Weibe Entgen neben Broich auch das neuerworbene Losheims Gut. Aus diesem Gute sind außer den Grundabgaben noch 20 Malter Korn, 10 Malter Spelz, 10 Malter Hafer, 1 Malter Gerste und ½ Malter Erbsen zu liefern, und der Halfe mußte den Erbzins von Kirspenich für die Patres einziehen.

Dieser Erbzins stammte aus dem Jahre 1484. Am 5. Februar dieses Jahres hatten Gym von Rodenbusch und seine Gattin Gertraud Mayrhof aus ihrem Hofgut zu Kirspenich genannt „der Baust“ (auch Bauist und Baist) dem Theys von Losheim eine Erbrente von zehn Mark und vier Hühnern für 61 Kaufmannsgulden verkauft. Für Gertraud hatte ihr Ohm und Gevatter, der Münstereifler Schöffe Friedrich von Vey, sein Siegel an den Brief gehängt. Am 3. März 1684 verglichen sich dann die Patres mit den damaligen Besitzern des Baustgutes, den Brüdern Peter und Philipp Hergersberg, durch Vermittlung des kurfürstlichen Kellners zu Hardt Thomas Brewer derart, daß die Schuldner statt der entwerteten 10 Mark einen Reichstaler zu 67 Albus und 4 Hühner liefern mußten.

In der Verpachtung des Losheimer Gutes wird auch der „Hempohl und schmale Weiher“ erwähnt, der heute noch unmittelbar bei Broich liegt. Auch hierdurch wird die oben erörterte Lage von Heudthausen dicht bei Broich erwiesen. Damals wird auch bestimmt, daß die Stallung von Heudthausen nach Broich gesetzt werden soll.

Am 14. November 1674 wurde dann Broich und Heudthausen dem Balthasar Birtz und Mergen Drimborn verpachtet. Der Halfe soll „Den Geyffel an der Burg mit unseren Leyen fuddern“. Am 16. August 1686 erhält derselbe Halfe die Pacht wieder. Am 20. August 1696 geht sie an Peter Elsig und Mergen Drimborns, Eheleute. Es handelt sich also um den zweiten Gatten der Pächterin. Diesmal wird dem Halfen der Neubau der hölzernen Zugbrücke auferlegt. Am 25. Februar 1710 pachten wieder Peter Elsig und dessen zweite Frau Barbara Münsters. Da Elsig alt und gebrechlich war, durfte für den Fall seines Todes sein Sohn, der Gerichts- und Stadtschreiber Elsig in Euskirchen, in das Pachtverhältnis eintreten. Peter Elsig starb 1717.

Am 3. Februar 1717 pachteten Philipp Völler und Margarethe Schiffmann, und am 17. Februar 1729 sowie am 1. Juni 1742 pachteten dieselben Eheleute wieder. Der Heudthauser „Bongert“ wurde gerodet und zum Ackerland gezogen. Am 28. Juni 1754 pachteten die Eheleute Völler noch einmal, aber ihre Tochter Maria und deren Gatte Daniel Meller durften als Pächter aufziehen, wenn Völler sterben sollte. Ein paar Waldstücke wurden gerodet, damit der damals wieder eingelöste Petersacker ersetzt ward.

In demselben Jahre, in dem dieser letzte Pachtvertag abgeschlossen wurde, der sich im Archiv der Jesuiten befindet, ließ die Sozietät eine genaue Aufstellung der Ländereien, die nunmehr zu Broich gehörten, durch den kaiserlich approbierten Landmesser Nicolaus Joseph Porrigniaux anfertigen. Dieses „Landmaß des freyadlichen Rittersitz Broich“ enthält unter Nr. 1, 2, 3 und 4 „die Burg, Halfenhauß, Pferdstall, Viehstall, Schaffstall, Schweinestall, Scheuer, Hoffplatz“, unter Nr. 5 „den Weyer umb das Hauß und einen kleinen Bleichplatz“, unter Nr. 6 „den Garten, Grasplatz und einen Damm umb den Weyer“, unter 7 „den kleinen Weyer samt dem Behälter“. Das Areal besteht aus 28 Morgen 108 Ruten 9 Fuß an Benden (d. h. Wiesen und Weiden), 151 Morgen 74 Ruten 10 Fuß Ackerlands, 98 Morgen 136 Ruten 8 Fuß Wald, zusammen 279 Morgen.

Das Verzeichnis gibt auch ein genaues Bild über die Grundabgaben jeder Parzelle. Frei von Lasten sind 131 Morgen und das Haus Broich selbst sowie der Wald, während 49 Morgen der kurfürstlichen Erbvogtei in Antweiler, 9 Morgen dem benachbarten Dorfe Calkar (wohl der Kapelle dort), 2 Morgen der Wachendorfer Burg und 6 ½ Morgen dem Pastor zu Weingarten den Zehnten schulden. In den meisten Fällen handelt es sich um den ganzen Zehnten, zuweilen um den halben, und in einem Falle gibt ein Stück die 15. Garbe. Es handelt sich bei dem Hause Broich um ein Allodialgut, das nicht zu Lehen genommen war. Der Zehnte, der auf rund 60 Morgen des Gutes lag, war wohl teils aus frommen Stiftungen entstanden, teils war es eine alte Kurmede, die auf Heudthausen lag.

Die Kurmede.

Unter Kurmede (Kurmuth), auch Besthaupt genannt, d. h. die gekürte - selbstgewählte Miete, versteht man das Recht des Herrn, aus dem Nachlaß des kurmedigen, ursprünglich wohl unfreien Grundbesitzers bei seinem Tode das beste Stück, Pferd (Pferdskurmuth) oder Vieh für sich zu nehmen. Grimm bringt 20) die Pferdekurmuth auch mit dem altgermanischen Totenopfer zusammen. Dieses Mortuarium verlor allmählich den Charakter der Last eines Unfreien und wurde zur Realbelastung. Zweifellos aber waren ursprünglich die belasteten Grundstücke einmal Eigentum unfreier Leute. Auf den vereinigten Gütern Broich und Heudthausen ruhten zwei Kurmeden, von denen aber nur eine von Erheblichkeit war. Es war dies die auf Losheims Heudthausen ruhende Last zugunsten des Damenstiftes Dietkirchen, dem die Grundherrschaft in Antweiler zustand.

Schon vor 1150 enthält ein Register der Einkünfte des Stiftes die Notiz: „Villicus in Antwilre solvit 12 maldros siliginis. Duo jornales in Hovethusen et decimam 20 jornalium.“ Daraus geht hervor, daß das Stift in „Hovethusen“ bei Antweiler zwei Morgen besaß und den Zehnten von 20 Morgen. Dieser Zehnte wurde dann von dem Stifte als Lehn vergeben, und zwar erscheint er als „der Zehnte zu Heudthausen mit einem Pferde“, also schon als Kurmedelehn. Es ergibt sich aus den Registern folgende Reihe von Lehnsträgern:

Otto von Wachendorf.
Gerlach, sein Sohn.
Otto, dessen Sohn, um 1430.
Emmerich Brent von Vernich auf Wachendorf, 1434.
Johann von Metternich, 1442, Erbvogt von Antweiler.
Johann v. Metternich, 1453.

Von 1480 ab kommt das Lehn an Johann von Ahr und bleibt lange bei diesem Geschlechte zugleich mit der Vogtei über den Dietkirchener Besitz in Antweiler.

Im Lehnsbuch von Dietkirchen wird unter der Überschrift „dit ist der zeinden von Heudthusen dat Johann von Ahr hat“ eine genauere Beschreibung der belasteten Grundstücke von Heudthausen gegeben. In Summa handelt es sich damals um 51 Morgen, also wesentlich mehr als im Jahre 1150.

Als die Jesuiten das Losheims Gut erworben hatten, war es ihnen eine unangenehme Überraschung, daß Frau Catharina Margaret, Witwe von Ahr, geborene von Spieß zu Antweiler, ihr Recht reklamierte. Sie beschwerte sich am 13. Dezember 1671 beim Rektor der Jesuiten, daß Heudthausen verkauft worden sei, ohne daß man ihr Mitteilung gemacht habe, daß niemand die Belehnung nachgesucht habe usw. Sie klagt dann vor dem Deutzer Gericht in Antweiler, weil Heudthausen als Deutzer Gut ihr kurmedig sei. Das war falsch. Das Lehn war dietkirchisch. Allerdings hatte auch die Abtei Deutz Besitz in Antweiler. Die Verwechslung kam wohl daher, daß zu jener Zeit die beiden Vogteien und wohl auch die Gerichte in eins verschmolzen waren.

In einem lateinischen Briefe der Zeit spricht ein Jesuit seinen Unwillen aus, daß die früheren Ordensbrüder beim Kauf von Heudthausen nicht an die Kurmede gedacht hätten: „oportuisset tum retinere tantum aeris ex summa Lossemiis soluta - quantum iidem debebant domino in censibus. Sed quare nostri tam simplices fuerunt, ut hoc non lacerent! Credo illos timuisse ne forsan emptio turbaretur“. Endlich erwägt der geärgerte Pater noch den Gedanken, ob nicht aus dem Besitz der Erben Losheim in Euskirchen noch etwas herauszuholen sei: „intellexi tamen superesse illis Euskirchii campum aliquem, ex quo solutio possit extorqueri“.

Und wirklich, im Jahre 1676 befiehlt der Euskirchener Schultheiß Peter Roeder den Erben Dietrich Losheims, die Kurmede an Frau von Ahr zu zahlen. Die Forderung belief sich auf 40 Taler - 26 Reichstaler 22 Albus -, aber die Ahr waren auch mit 22 Imperales zufrieden, für die ein Pferd gekauft wurde. Hierbei handelte es sich um die aus dem Tode Dietrich Losheims geschuldete Kurmede; ob die Patres später eine solche noch bezahlt haben, steht nicht fest. War der Grundbesitzer ein Kollegium, so konnte der Todesfall ja gar nicht mehr eintreten, aber es ist nicht zu bezweifeln, daß man für einen solchen Fall eine Kompromißlösung fand. Grimm 21) bezeugt ausdrücklich das Vorkommen der Kurmede bei Klöstern als Pflichtigen, und eine Notiz in den Akten des Stiftes Münstereifel scheint die Lösung anzudeuten 22): „In diesen churmüdigen Gütern hat auch die Patres societatis Jesu zu Münster Eyffel und gab in jeden Schatz 2 Alb.“ Es scheint demnach die Kurmede in solchem Fall in eine laufende Abgabe verwandelt worden zu sein.

Außer auf das Kurmedelehn erhoben die Ahr auch auf eine seit alters bestehende Grundabgabe Anspruch, die auf Broich und Heudthausen liegen sollte. Herr von Ahr legte 59 Jahre, nachdem die Jesuiten Broich erworben hatten, seine Forderung an Hand eines alten Einnahmebuches vor, und das Deutzer Hofgericht in Antweiler verurteilte den Orden prompt zur Zahlung. Man wird nicht fehlgehen, wenn man die Unparteilichkeit des Antweiler Gerichtes bei dem dauernden Streit zwischen Antweiler und Broich für zweifelhaft hält.

Außer der Dietkirchener Kurmede lag noch eine kleinere andere zugunsten des Stiftes von Münstereifel auf einigen Parzellen von Broich. In den Rechnungen des Stiftes aus alter Zeit wird 1484 die „domus Losheim Broich“ erwähnt, und daß die Losheim „von deme Mullenbende“ 4 Mark jährlich zahlten. Von der Kurmede aber redet erst ein Register des Stiftshofes in Weingarten aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts.

In den Jahren 1602 und 1608 werden die Barnich als Lehnsträger erwähnt, dagegen hat die Witwe Reinera v. Losheim vor dem Verkauf des Losheimgutes auf Betreiben der Patres die kurmedigen Parzellen 1637 an Hubert Schmiet in Weingarten verkauft. Als das Stift Münstereifel später noch von 1 ½ Morgen Kurmedepflichtigkeit behauptete - es waren das wohl die obenerwähnten Parzellen der Barnich -, verzichteten die Patres sofort auf die wenig wertvollen Ländereien zugunsten der Stiftsherren.

Territoriale Zugehörigkeit von Broich und Heudthausen.

Es möge noch von dem jahrhundertelangen Streit um die territoriale Zugehörigkeit von Broich und Heudthausen gesprochen werden. Dazu müssen wir einen Blick auf die Geschichte des Ortes und der Herrschaft Antweiler werfen 23).

Im Jahre 1003 schenkte Erzbischof Heribert der Abtei Deutz, deren Stifter er war, einen Hof in Antweiler. Diesen mitsamt der Kirche des Ortes hatte Heribert von dem aus der Geschichte Heinrichs II. bekannten niederrheinischen Grafen Balderich und seinem Weibe Adela, der Witwe des Grafen Immed und Mutter Bischof Meinwerks von Paderborn erhalten. Dieses Paar, riesenhaft in seiner urwüchsigen Kraft und riesenhaft in verbrecherischer Wildheit, wurde gleichwohl zum Begründer vieler geistlicher Stiftungen. Eine typische Erscheinung für jene Zeit.

Trotz dieser Übereignung wird die Kirche zu Antweiler in der Mitte des 13. Jahrhunderts dem Benediktinerinnenstifte Dietkirchen bei Bonn inkorporiert, dessen Besitzungen in Antweiler schon um die Mitte des 12. Jahrhunderts erwähnt werden und das bereits das Patronat der Kirche besaß 24).

Die Weistümer von Antweiler im Jahre 1401 und 1525 sprechen Dietkirchen deutlich die Herrschaft über das Dorf zu; das zweite allerdings vorbehaltlich der Rechte der Abtei. Es ist also anzunehmen, daß zu irgendeiner Zeit eine Teilung des Deutzer Besitzes stattgefunden hat. Noch heute gemahnt ein jetzt zu Broich gehöriger Acker, der den Namen „die Abtei“ führt, an den Deutzer Besitz.

Es bestanden in der Folge in Antweiler zwei Erbvogteien und zwei Gerichte, eines der Abtei Deutz, das andere des Stiftes Dietkirchen, und es ist nicht ganz klar zu ersehen, wie weit die Kompetenz der beiden ging, da sie in einer Hand vereinigt, wohl im Grunde einfach als Hofgericht der Herrschaft Antweiler fungierten. Diese Herrschaft umfaßte das Dorf mit den Rittersitzen „Untere und Obere Burg“, dagegen war die Zugehörigkeit von Broich von alters her strittig, und auch die der Heudthauser Höfe ist zum mindesten zweifelhaft. Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir den Grund des Streites darin suchen, daß die Herrschaft Antweiler selbst strittig zwischen Kurköln und Jülich war, und daß die daraus resultierende Rechtsunsicherheit es den Eigentümern des eine halbe Wegestunde entfernt gelegenen Gutes Broich und Heudthausen erwünscht erscheinen ließ, unter eine bestimmte Landeshoheit zu gehören. Es war die gegebene Lösung, daß die Güter sich zu Kurköln hielten, da das Amt Hardt, das sie zum größten Teil umschloß, seinen namengebenden Sitz in der nahegelegenen Hardtburg besaß.

Daß alle diese Bestrebungen zum Erbvogt von Antweiler als Gerichtsherrn bekämpft wurden, lag auf der Hand, da die Zugehörigkeit der Güter zu seinem Bezirk finanzielle Vorteile für ihn in sich schloß. Da nun die Dietkirchener Vogtei und das Dietkirchener Gericht in Antweiler im Anfang des 17. Jahrhunderts vom Kurfürsten von Köln erworben wurde - der damit in der strittigen Herrschaft Fuß faßte -, ergab sich seitdem die seltsame Konstellation, daß auf der einen Seite der Kurfürst darauf bestand, daß der Rittersitz Broich exempt, d. h. keiner Lokalgerichtsbarkeit, sondern nur dem landesherrlichen Gericht unterworfen war, daß aber andererseits derselbe Kurfürst als Oberlehnsherr der Antweiler Vogtei darauf bestehen mußte, daß das umgekehrte Verhältnis anerkannt wurde. Daß der Bonner Hof zu der ersten Auffassung neigte, ist klar, denn so behielt Kurköln den Gebietsteil „Broich“, während er im zweiten Fall zur strittigen Herrschaft Antweilers kam.

Eine eigentliche Entscheidung ist anscheinend niemals ergangen, vielmehr ist Broich als unzweifelhafter kurkölnischer und exempter Rittersitz zum Landtag qualifiziert gewesen, während die Teilnahme der Broicher Halfen an den Antweiler Gedingen dafür spricht, daß praktisch die Zugehörigkeit eines oder mehrerer der Heudthauser Güter zu Antweiler anerkannt wurde.

Schon 1495 besteht, wie bereits erwähnt, der Streit um die Zugehörigkeit zwischen Peter Wolff Metternich und Thys von Losheim. Im Jahre 1646 erklärten Reinera von Losheim und ihr Sohn Dietrich als Eigentümer des Losheimer Gutes in Heudthausen: „weilen die Nachbaren zu Antweiler mit dem Haus Broch und Heudthausen (welches ein ungeteilt Gut ist) einige unrechtmäßige Streitigkeiten anfangen, damitten unsere adeliche Freyheitten und Jurisdiction gedenken zu schwächen, solchen aber muhtwilligen und zankhafftigen Clegern zu resistieren von nohten sein wirdt, als globen wir obengemelte in solchen Sachen den Herren Patribus beyzuspringen und zu bevollmächtigen.“ Aber erst im Jahre 1738 kam es zu einem eigentlichen Rechtsstreit zwischen der Gesellschaft Jesu und den Schöffen und Geschworenen in Antweiler. Die Sozietät erklärte: daß „unser Rittergut Broich seit 200 und mehr Jahren dem Amt Hardt zugerechnet laut 1669 festgestellten Verzeichnis der erzstiftischen Rittersitze“. Zum Beweis erbringen die Patres eine Reihe von Unterlagen: Im Jahre 1651 hatte der Erbvogt durch erzstiftische Soldaten den Patres Schafe pfänden lassen, offenbar wegen verweigerter Abgaben. Die Bonner Regierung aber erteilte Befehl, die Schafe zurückzugeben. Im Jahre 1646 hatte Kurfürst Ferdinand ein recht energisches Schreiben an den Erbvogt Philipp Dietrich von Ahr gerichtet: „daß dannoch du uf ungereimtes Antreiben der Untertanen daselbst, mit Hintansetzung solcher adlichen Freiheit dich bevorstehen lasset ermelte Patres deines Gefallens nicht allein in deren Untertanen Kontribution mit einzuziehen, sondern auch darüber schriftlichen zu recessieren und sie mit der Execution zu bedrohen, welches gleich es in sich unbillig und wider adlicher Häuser Immunität strebend ist.“ Im Jahre 1665 befiehlt Kurfürst Max Heinrich dem Erbvogt von Eynatten: „dieses Gut gleich anderen dergleichen adelichen in hiesigen unserem Erzstift keinem anderen als unserere Immaediatjurisdiction und Execution unterworfen. Demun imperatur redditio des abgepfändeten Rinds.“ Die Antweiler Schöffen und Geschworenen unter Leitung des Erbvogtes aber pfändeten lustig weiter.

Nach einer alten Gewohnheit ritten die Antweiler Junggesellen Pfingsten nach Broich, wo ihnen vom Halfen eine Anzahl Weckplätze übergeben wurden. Infolge der Streitigkeiten weigerte der Halfe die Gabe, und die Antweiler pfändeten ihm einen Ochsen, „bis zur Ausgabung deren Plätzen“.

Endlich 25) reichte die Antweiler Partei, vertreten durch den Erbvogt, im Jahre 1762 einen langen Bericht ein, in dem sie die kurfürstlichen Bescheide als „erschlichen“ bezeichnete. Das Hauptargument ihrer Rechtsausführungen bleibt immer die Teilnahme des Broicher Halfen am Antweiler Gericht.

Der damalige Erbvogt J. C. von Lapp weist darauf hin, daß im Jahre 1649, als die Tochter des Broicher Halfen eine Dienstmagd beim „Murren“ ausmachen im Streite erstochen hatte und flüchtig wurde, das Antweiler Gericht als zuständig betrachtet worden sei. Die Tat ereignete sich aber zwischen Broich und Heudthausen, und zwar sehr wahrscheinlich auf Heudthauser Boden, so daß die Inanspruchnahme des Gerichtes sich nicht auf Broich bezog.

Im Grunde hatten beide Parteien recht. Die Patres hatten allerdings wohl den Versuch gemacht, durch Abbruch der Heudthauser Höfe diese Güter als selbständige Landkomplexe ganz verschwinden zu lassen, um sie dem zweifellos erzstiftlichen Rittersitz Broich einzuverleiben. Das scheint der Sozietät aber nicht gelungen zu sein, da die Qualität der Heudthauser Güter als exempter Güter nicht mehr zu erweisen war, wenn sie auch behauptet wurde. Jedenfalls ist ein Kompromiß zustande gekommen, denn 1782 nimmt der Broicher Halfe noch am Geding des Erbvogtes in Antweiler teil, während dieser die Tatsache, daß Broich ein zum kurkölnischen Landtag quailfizierter Rittersitz war, nicht aus der Welt schaffen konnte.

Von 1669 ab liegen zahlreiche Einladungen zum kurkölnischen Landtage im Archiv der Jesuiten, während die Simpelbriefe, d. h. die Veranlagung zu einer vom Landtag bewilligten außerordentlichen Steuer, von 1650 ab vorhanden sind. In dem genannten Jahre am 7. Juni war Broich zu 23 Gulden veranschlagt, am 4. September wiederum zu derselben Summe und am 31. Oktober zu 5 Gulden 18 Albus. Es handelte sich damals um Zahlungen, die der Kurfürst für die schwedischen und hessischen Kriegsvölker aufbringen mußte, die trotz des Westfälischen Friedens das Erzstift noch durchzogen.

Und auch in der Folge blieb Kurköln Kriegstheater und mußte schwere Kontributionen für Freund und Feind tragen. Zur Abdeckung dieser außerordentlichen Lasten beschloß der Landtag die Ausschreibung von Simpeln, die als gemeine Simpla auf das platte Land, als ständische Simpla auf die vier Stände Domkapitel, Grafen, Ritterschaft und Städte umgelegt wurden. Broich wurde von beiden Seiten betroffen, denn 1679 wird vermerkt, daß neben acht gemeinen Simpeln zwei Ritter-Simpla von ihm erhoben wurden.

Als erzstiftlicher Rittersitz gehört Broich zu denen, die zu den halben Steuern veranschlagt waren. Die Beschreibung des Erzstiftes Köln von 1783 (Frankfurt, bei Georg Fleischer) führt in der „Liste deren im oberen Erzstifte gelegenen adlicher Sitzen so zwar in perpetuum zur Halbscheid anzuschlagen, im übrigen aber ihre Prärogativ mit Landtagsbeschreibungen und sonsten behalten“, Broich als „per P. P. Sozietatis zu Münster Eiffel“ an.

Durch die päpstliche Bulle vom 31. Juli 1773 wurde der Jesuitenorden aufgehoben. Damit wurde auch der Besitz des Ordens herrenlos und fiel dem Landesherrn zu, in unserem Falle dem Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz als Herzog von Jülich. Karl Theodor verwandelte aber das Kollegium von Münstereifel in eine geistliche Kongregation und übertrug dieser das Gymnasium. Der Kurfürst überwies der Kongregation den größten Teil des früheren Ordensbesitzes, darunter auch den Broicher Busch. Dagegen zog er das Pachtgut mit dem Hause Broich zu den kurfürstlichen Domänen 26).

Diese neue Ordnung der Dinge sollte nicht allzulange dauern. Als die französischen Revolutionsheere das Rheinland überschwemmten, griffen die Fremden rücksichtslos zu. Auch Broich wurde zum Nationaleigentum erklärt und verkauft.

In Aachen, dem Vorort des Departement des la Roer, wurde das Gut bei der „vente de domaines nationaux“ am 20. Mai 1807 öffentlich unter dem Namen Broicherhoff (Arrondissement des Cologne, Mairie de Wachendorf, Paroisse de Weingard) verkauft. Der Erwerber war der „Sieur Adolphe de Ritz de Zülpich“, der das ganze Gut mit Ausnahme des Waldes, der Domäne blieb, für 10700 Frs. Erwarb. Es handelte sich um den bayrischen Generalmajor und Kämmerer Adolph Freiherrn von Ritz auf Wachendorf. Dieser hatte die Burg Wachendorf 1780 von der Freifrau von Hallberg erworben und bewirtschaftete in der Folge beide Güter Wachendorf und Broich selbst. Er erreichte das hohe Alter von 96 Jahren und starb im November 1840.












Anmerkungen

1) Die der vorliegenden Arbeit zugrunde liegenden Urkunden und Akten befinden sich, wenn nichts anderes gesagt ist, im Archiv der Jesuiten von Münstereifel, jetzt im Staatsarchiv in Düsseldorf.

2) Düsseldorfer Staatsarchiv: Jülich 559.

3) Clemen: Kunstdenkmäler Kr. Euskirchen S. 161 u. Fahne: Köln. Geschl. I 272.

4) Scheins: Urkundl. Beiträge zur Gesch. der Stadt Münstereifel, S. 26.

5) Ebenda, S. 156.

6) bei Blankenheim.

7) In Lauffelt in der Grafschaft Schleiden war unter Dietrich VI. von Blankenheim-Schleiden (1560-1593) ein Daniel Barnich evangelischer Prediger. Demmer: Reformation am Niederrhein S. 69.

8) bei Blankenheim.

9) Die Jesuiten hatten im Jahre 1628 zuerst in Münstereifel Fuß gefaßt.

10) Über die Kurmede siehe weiter unten.

11) Ein kleines Dorf in der Nähe von Broich.

12) Im Kirchenbuche (Pfarrarchiv Kreuzweingarten) wird 1669 das Gut auch Embovenshof genannt. Der Grund hierfür könnte darin bestehen, daß Lucia von Losheim, die Witwe des Andernacher Bürgermeisters, später vielleicht einen Emboven geheiratet hat. Auffallend ist, daß sie um 1670 in Linz lebt.

13) Es ist möglich, daß der bei Hürten: Gesch. der Stadt Münstereifel, 1926, S. 213 erwähnte Mathis Loesem, der 1597 vom Amtmann Bertram von Nesselrode gefangengesetzt wurde, ebenfalls zu dem Geschlechte gehört.

14) Rh. Antiqu. III. 3., S. 756.

15) Annalen 66, S. 91.

16) Annalen 66, S. 60 ff.

17) Kunstdenkmäler des Kreises Euskirchen, S. 174.

18) Fahne: Köln, Geschl. I 392.

19) Fahne: a. a. O.

20) Rechtsaltertümer I. 504.

21) Rechtsaltertümer I. 515.

22) Katzfey: Münstereifel I, 134.

23) Clemen: Kunstdenkmäler des Kreises Euskirchen, S. 13 ff.

24) Lacomblet II, S. 210; Annalen 35, S. 43.

25) Staatsarchiv Düsseldorf: Kurköln, Amt Hardt, Jurisdiktionsakten Nr. 16.

26) Schannat-Bärsch: Eifl. Illustr. III, 3.1. S. 166 u. 335.


Sc. Hochwürden
Herrn Pfarrer Reinartz
Kreuzweingarten
mit ergebensten
Grüßen
Broich 25. 1. 33


Anmerkungen Reinartz



Sonderschrift aus: Mitteilungen der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde, 1932, S 1 - 34,

© Copyright - Kreisarchiv Euskirchen Dek1Bro, 1953 K 234, Bestand/Exemplar Reinartz


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