| Das Ende 
				kam für uns am 6. März,
				einem Dienstag, wo gegen 10 Uhr die ersten amerikanischen
				langersehnten Panzer von Antweiler her am Oberdorf einrollten,
				geführt von W. B., der ihnen mit weißer Flagge
				entgegengegangen war, und von der Bevölkerung mit
				Händewinken begrüßt wurden.
				Die Tage und Wochen vorher waren
				aufregend gewesen. ..Die Nächte von Sonntag auf Montag und
				von Montag auf Dienstag brachten wir alle im Keller zu, wo wir
				gemeinsam Morgen- und Abendgebet beteten. Auch im Felsenkeller
				wurde der Rosenkranz gebetet. Wir hören, die Front steht bei
				Obergarzem, Ülpenich, Frauenberg, Zülpich ist umgangen,
				man kämpft an der Kaserne in Euskirchen, Billig wird
				beschossen. Hier Überlegung zwischen Mortier ( sc.
				Kreisdirektor ), Benden, Dr. Kessel und mir, was geschehen soll
				beim Nahen der Amerikaner. Eine Hissung der weißen Flagge
				vom Kirchturm wird abgelehnt, da es die Beschießung von
				deutscher Seite veranlassen könnte, dagegen soll man am
				Eingang des Ortes Posten mit weißer Fahne bereit halten,
				sobald das Militär abgezogen ist. Wir hören Montag
				nachmittag, die Amerikaner sind vor Billig auf Stotzheim, wir
				fürchten sie möchten uns liegenlassen.
				Die Aufzeichnungen von Pfarrer
				Reinartz werden hier unterbrochen,. chronologisch
				fügen sich die
				Erinnerungen von Robert Benden an, der am 30.12. 1986
				J. Bohnen die Vorgänge des 5. März, an
				dem Abend, bevor die Amerikaner im Dorf einmarschierten und die
				letzten deutschen Soldaten sich noch im Ort befanden, schilderte
				:
				Am Abend des 5. März 1945
				stand ich mit meinem Vater in unserer Haustür. Wir
				beobachteten, wie auf der Pfaffenhardthähe Soldaten
				herumgingen. Als von dort Leuchtspurmunition übers Dorf in
				den Burgberghang geschossen wurde, sagte mein Vater, daß
				dies Amerikaner seien, ein amerikanischer Spähtrupp. Hierauf
				begaben wir uns in unseren Keller, wo auch noch einige
				Nachbarsleute waren, in Sicherheit.
				Als es dunkel geworden war und
				wir auch keine Schüsse mehr härten, gingen wir auf den
				Hof. Da alles ruhig war und sich nichts rührte, begaben wir
				uns in den benachbarten Felsenkeller, in dem sich auch meine
				Mutter und Geschwister aufhielten. In Höhe der Schmiede
				Spilles begegneten uns zwei deutsche Soldaten, die eine
				Panzerabwehrkanone zogen und diese vor dem Pferdestall meines
				Onkels, Josef Gebertz, abstellten und schußbereit machten.
				Mein Onkel, der dies bemerkt hatte, geriet in Sorge und rief uns
				herbei, seine Pferde in Sicherheit zu bringen. Etwa 200 m von
				dieser Gefahrenstelle entfernt führten wir sie in die
				Stallungen von Landwirt Hubert Krebs und gingen anschließend
				wieder in unseren Keller.
				Gegen 22 Uhr gab es einen
				mächtigen Knall, daß die Erde erzitterte. Wir liefen
				erschrocken aus dem Keller auf die Hauptstraße und stellten
				fest, daß deutsche Soldaten die Mersbachbrücke
				gesprengt hatten. Hierbei war der Hausgiebel von Spilles
				herausgerissen, Fensterscheiben der umliegenden Häuser
				demoliert worden, Hauswände in der Umgebung geborsten.
				Ferner waren einige Dächer abgedeckt und Dachziegel im
				weiten Umkreis zerstört und verschoben. Von deutschen
				Soldaten sah man niemanden mehr, auch war die Kanone am Haus
				meines Onkels abgezogen worden.
				In völliger Dunkelheit
				gingen wir zum Felsenkeller, wo sich sehr viele Leute in
				Sicherheit gebracht hatten. Sie alle waren in großen
				Ängsten, denn niemand konnte ahnen, was für ein
				Schicksal noch auf sie zukommen würde. Mein Vater und ich
				gingen wieder nach Hause, um in unserem Keller zu schlafen.
				Für den 16jährigen
				Johann Schneider stellte sich der Einmarsch der Amerikaner
				wie folgt dar..
				Am Spätnachmittag
				desselben Tages sah ich, wie zwei deutsche Soldaten zwei Kisten
				Dynamit zur Mersbachbrücke schleppten. Es wurde auch
				bekannt, daß diese Brücke abends um neun Uhr gesprengt
				werden sollte. Als um zehn Uhr eine gewaltige Detonation
				erfolgte, befand ich mich mit Josef Gebertz in dessen Elternhaus
				im Keller. Nach diesem Knall ahnte ich nichts Gutes und lief
				schnell nach Haus, um zu sehen, welchen Schaden die Sprengung
				angerichtet hatte. Ich stellte fest, daß das Dach besonders
				dort, wo das Mehl lagerte, vollkommen abgedeckt war und ging zu
				meiner Mutter in den Felsenkeller, aber auch gleich wieder
				zurück, um das Mehl notdürftig abzudecken, weil es
				regnete. Sodann mußte ich das Pferd aus dem Stall holen,
				weil das Fachwerk herausgerissen war und der Stall voller Steine
				lag. Das Pferd brachte ich zu Lützelers.
				Danach ging ich wieder zum
				Felsenkeller zu meiner Mutter.
				Der Bericht des bei
				Reinartz "W B. " genannten Wilhelm Benden,
				Jahrgang 1898, aufgezeichnet am 24.3. 1987; liest
				sich wie folgt:
				Am Abend des 5. März 1945
				bestellte mich unser Herr Pastor Reinartz gegen 10 Uhr zu sich
				ins Pfarrhaus. Sein Anliegen wußte ich nicht. Als ich die
				Haustreppe hinaufging, erfolgte unweit des Pfarrhauses eine sehr
				starke Detonation, die das Haus erschütterte, und ich ging
				auf dem Podest der Treppe fast zu Boden. Man wußte zunächst
				nicht, was passiert war, aber am nächsten Morgen hieß
				es, daß deutsche Soldaten die Mersbachbrücke gesprengt
				hätten. (Vgl. Bericht R. Benden.)
				Nun, das Anliegen des Pastors
				war, daß ich den Amerikanern entgegengehen sollte, und zwar
				vermutete er, daß sie von Billig aus auf uns zukommen
				würden, so daß ich ihnen vom Wasserbassin mit der
				weißen Fahne entgegengehen sollte. Ich teilte seine Sorge,
				mußte ihm aber vorerst den Wunsch ablehnen, weil noch
				deutsche Soldaten am Felsenkeller und im Dorf waren. Aber ich gab
				ihm zu verstehen, daß ich aufpassen werde, denn auch mir
				sei daran gelegen, daß unser Ort verschont bliebe.
				So ging ich wieder nach Hause und
				in meinen Bunker, welchen ich mir gegenüber in die Bergwand,
				die aus Lehmboden bestand, gegraben hatte. Meine Mitbewohner
				waren Dr. Kessel, Chefarzt des Euskirchener Marienhospitals,
				welches man in die Kirspenicher Burg ausgelagert hatte, und Herr
				Mortier, Kreisdirektor.
				Es war Mitternacht, als wir
				bemerkten, daß in unserer Nähe auf der Antweiler
				Straße eine Panzerabwehrkanone mit einem Mann Besatzung
				angefahren wurde. Wir überlegten nun, diese
				Geschützbedienung kampfunfähig zu machen und boten ihr
				Wein an, den der Soldat auch in reichlichem Maße zu sich
				nahm und zwar so viel, daß er einschlief. Dies war für
				uns das Zeichen, daß auch wir uns zur Ruhe begeben konnten.
				Gegen Morgen stellten wir freudig
				fest, daß dieses Geschütz und mehrere andere, welche
				im Dorf verstreut aufgestellt waren, in Richtung Hardtwald
				abgezogen wurden. Mit diesem Abrücken konnte man ahnen, daß
				die Amis bald hier sein würden.
				Wir waren noch im Bunker, als ich
				auf der Straße jemand sagen hörte: "Die Amis sind
				am Tannenwäldchen!" Schnell griff ich meine parat
				stehende weiße Fahne und laufe an den Ortsausgang in
				Richtung Antweiler bis zur Anhöhe vor dem Tannenwäldchen.
				Nach einer Weile Beobachtung höre ich plötzlich
				Geräusche und als aus der Kurve am Tannenwäldchen ein
				Jeep auftaucht, gefolgt von mehreren Fahrzeugen, die langsam auf
				mich zukommen, gehe ich ihnen entgegen, die weiße Fahne
				schwenkend.
				Als das Führerfahrzeug auf
				meiner Höhe ist, hält es an, und ein Amerikaner lehnte
				sich aus dem Fahrzeug heraus und fragte mich nach meinen
				Wünschen. Ich gab ihm zu verstehen, daß ich im Auftrag
				vom Herrn Pastor käme, welcher herzlich bitten lasse, das
				Dorf zu verschonen. Darauf antwortete er nur kurz: "So."
				In gebrochenem Deutsch stellte er mir verschiedene Fragen, z. B.
				ob noch deutsche Soldaten im Ort wären und wann sie
				abgerückt wären. Da ich ihm sagte, in der vergangenen
				Nacht, etwa um ein Uhr, war er sichtlich zufrieden. Während
				er auf eine Karte zeigte, fragte er mich, wo es nach "Knirspenich
				" ginge. Da ich ihn verbesserte sagte er: "Ach ja,
				Kirspenich, wir wollen über diesen Ort nach Flamersheim,
				nach Bonn und der Rheinbrücke."
				Da ich ihm anbot, den Weg durch
				den Ort in Richtung Kirspenich zu zeigen, bot er mir einen
				hinteren Sitzplatz an. Hier saß bereits ein polnischer
				Landarbeiter, Vladislam Nowakowski, im Wagen; sie hatten ihn vom
				Broicher Hof mitgenommen, um ihnen den Weg zu zeigen.
				Die Fahrt durch den Ort, die in
				sehr langsamem Tempo vor sich ging, glich einer Geisterfahrt,
				denn nichts im Dorfe rührte sich, weder Katze noch Huhn
				passierte die Straße. Vereinzelt zogen die Bewohner die
				Gardinen vom Fenster zurück, auch einige winkten zaghaft.
				Die Leute hatten Angst und bangten um Hab und Gut. Vielleicht
				waren mein Begleiter und ich die einzigen in dieser Stunde in
				unserem Ort, die Hoffnung schöpften und ahnten, daß
				sich alles zum Guten wenden würde.
				Auf der Hauptstraße in Höhe
				der alten Volksschule läßt der Offizier die Kolonne
				anhalten; ich steige aus. Der Offizier fragte mich, was dies für
				Fahrzeuge seien, die dort auf dem Platz, auf dem Schulhof,
				stehen. Sie hatten ihn irritiert, weil es amerikanische Lastwagen
				waren. Ich konnte berichten, daß diese Fahrzeuge schon
				einen Monat hier stehen würden und aus den Kämpfen in
				der Eifel von der deutschen Wehrmacht hier abgestellt wurden.
				Offensichtlich zufrieden über diese Auskunft und meine
				Hilfestellung sagte er mir bevor er wieder in den Jeep stieg:
				"Ich danke Ihnen für Ihre Bemühungen." Ich
				antwortete: "Ich danke Ihnen im Namen der Bevölkerung."
				Ein paar Tage später sagte
				mir unser Pastor Reinartz: "Wilhelm, das hast du gut
				gemacht, ich habe es schon in die Chronik eingetragen." Man
				hatte ihm den Vorgang des Empfangs mit der weißen Fahne, so
				wie er sich dies gewünscht hatte, schon zur Kenntnis
				gebracht. 
			Die ersten Kontakte mit den
			Amerikanern erlebte jeder der Befragten anders. Zunächst
			Robert Benden: Schnell lief ich an
			den Panzern, auf denen sich mehrere Amis befanden, vorbei zu
			meinem Freund Herbert Spilles. Aufgeregt sagte der Onkel von
			Herbert: "Lauft mal schnell ins Feld und seht nach, ob die
			Feldscheune noch steht." Als wir aber an dem Sprengloch der
			Mersbachbrücke vorbei wollten, hielt uns ein amerikanischer
			Offizier an und forderte uns auf, das Sprengloch mit Rundhölzern
			zu verfüllen. Als weitere Helfer holten sie verängstigte
			Leute aus dem Felsenkeller. Die Rundhölzer lagerten in der
			Nähe der Mühle Klein und sollten als Straßensperre
			dienen. Die Landwirte Krebs und Bohnen hatten die Baumstämme
			mit Pferde- und Ochsenfuhrwerken im Auftrag des NSDAP-Blockleiters
			Gerhards, der in Satzvey seine Residenz hatte, aus dem Hardtwald
			heranfahren müssen. Nun dienten sie dem Feind als Hilfe. 
				Als wir mit der Verfüllung
				fertig waren, kam der bis dahin tätige Land- und
				Ortspolizeibeamte Zacheus, um auch hier nach dem Rechten zu
				schauen. Er hatte sich dort kaum umgesehen, als ein Ami auf ihn
				zuging und ihm seine Kopfbedeckung, den Tschako, herunterschlug,
				ihn packte und in einem Jeep abführte. Man sah Zacheus
				wochenlang nicht mehr, bis er wieder in Zivil auftauchte.
				Da wir so herumstanden, wurden
				wir von den Amis gefragt, ob wir Pistolen hätten. Wir
				bejahten die Frage und mußten diese zu Hause holen. Statt
				einen Verweis oder eine Strafe erhielt jeder 100 Ami-Zigaretten,
				was für uns eine besondere Freude war.
				Schließlich setzten wir
				unseren Weg nach der Feldscheune fort und gingen auf Rheder zu.
				Wir kamen an der Feldscheune von Wilhelm Benden vorbei, die fast
				vollständig abgebrannt war. Dort lag auch ein verbrannter
				Soldat, der die Erkennungsmarke noch anhatte. Die Scheune von
				Spilles stand noch, und wir kamen nach Rheder, denn wir wollten
				zu Lotts. In Rheder war alles sehr ruhig. Zivilpersonen waren
				nicht zu sehen. Einige Amis winkten uns zu und riefen: "Komman!
				" Schnell liefen wir fort. Zunächst wußten wir
				nicht, weshalb kein Zivilist zu sehen war. Später stellte
				sich heraus, daß in Rheder geschossen worden war. Darauf
				hatten die Amis die Bevölkerung zusammengetrieben und in
				Scheunen eingesperrt.
				Als wir von unserem
				Rhederausflug wieder im Unterdorf ankamen, sah ich die beiden
				deutschen Soldaten, die am Abend die Kanonen vor das Haus meines
				Onkels gezogen hatten: sie wurden von Amis abgeführt.
				Berta Schütt gibt im
				April 1987 zu Protokoll:
				Am nächsten Morgen als alles
				ruhig war, begab ich mich aus dem Felsenkeller zur Bäckerei
				Schneider, um meine Torten abzuholen. Dabei begegnete mir Frau
				Gebertz, die im Hofeingang stand und meinte: "Da gehen Sie
				noch mitten durchs Dorf, derweil die Amerikaner schon in Billig
				sind." So lief ich, um der Gefahr zu entgehen, gleich wieder
				in den Felsenkeller. Kurze Zeit später, gegen Mittag, kamen
				zwei Amis in den Felsenkeller und schauten sich um. Sie sprachen
				mit niemandem. Als die Soldaten wieder fort waren hieß es,
				daß wir alle nach Hause gehen könnten.
				Kaum war ich zehn Minuten in
				meiner Wohnung, im Alten Brauhaus, kam ein Ami und sagte, daß
				ich in zehn Minuten aus dem Haus sein müßte, weil in
				dieser Wohnung die Ortskommandantur eingerichtet würde. In
				diesen zehn Minuten konnte ich alles mitnehmen, was ich
				benötigte. Hierbei half mir Karl Bohnen, der gerade bei mir
				vorbeikam und die Anweisung der Militärbehörde
				mitbekommen hatte. Viel konnte ich nicht mitnehmen, weil ich ja
				auch die Kinder bei mir hatte. 
			Aber ich wußte auch zunächst
			nicht, wo ich hingehen sollte, so daß ich weinend im Hof
			stand. Glücklicherweise kam Frau Schlösser und sagte,
			daß ich zu ihnen ziehen könnte. Bei Schlössers
			stellte ich fest, daß im rückwärts gelegenen
			Keller des Hofes etwa 20 deutsche Soldaten sich in Gefangenschaft
			befanden, obwohl der Keller teilweise unter Wasser stand. 
				Bei Schlössers war auch
				keine Bleibe, denn kaum waren wir im Haus, als wieder Amis kamen
				und sagten, daß die Wohnung fürs Militär
				beschlagnahmt sei. So mußten wir auch hier heraus und
				irrten auf der Straße umher, bis ich bei Rulands eine
				Unterkunft auf kleinstem Raum fand. Nach Aufhebung der
				Dorfausgangssperre nach 14 Tagen hatte mein Bruder aus Lessenich
				die Möglichkeit, mich aufzusuchen, um bei mir nach dem
				Rechten zu sehen. Am nächsten Tag hatte er bei Landwirt
				Steinhausen erreicht, daß dieser mich mit dem Pferdewagen
				abholte und ich somit aus der Enge dieses Hauses kam.
				Ich blieb mit den Kindern einige
				Wochen in der Wohnung meines Bruders und kehrte dann wieder nach
				Kreuzweingarten zurück, als die amerikanischen Truppen
				wieder abgezogen und wieder Ruhe in den Ort eingekehrt war. 
			Für Johann Schneider
			sah der Tag der Befreiung wie folgt aus.. 
				Als es Morgen und hell
				geworden war, verließen wir beide den von ängstlichen
				Menschen überfüllten Felsenkeller. Vormittags hieß
				es: "Die Amerikaner sind da!" eiligst wurde ein
				Bettlaken an eine Stange gebunden und Josef Gebertz und ich
				gingen auf die Straße. Gleich kamen Amis auf uns zu, das
				Gewehr auf uns gerichtet und fragten nach deutschen Soldaten. Wir
				mußten voraus in den Keller gehen, wo sie sich davon
				überzeugten, daß keine Soldaten im Hause waren.
				Wegen des regnerischen Wetters
				mußte ich mich um Dachziegel bemühen, damit die
				Mehlvorräte nicht verdarben. Bei den Arloffer Thonwerken
				erhielt ich die Dachziegel. Für mich ging am nächsten
				Tag der Alltag in der Backstube weiter, denn die Leute brauchten
				zu Essen. 
			Wilhelm Trimborn, 1945
			Lehrling im 2. Lehrjahr in der Maschinenschlosserei
			Dederichs, berichtet.. 
				Im März 1945 hatte ich
				mein erstes arbeitsreiches Lehrjahr fast beendet. Arbeitsreich
				war dieses 1. Lehrjahr, da wir nach Ausrufung des Totalen Krieges
				als anerkannter kriegswichtiger Betrieb auch als Lehrlinge in der
				Woche 60 Stunden arbeiten mußten. Aus diesem Grunde
				brauchten Willi Emonds, Lehrling im 2. Lehrjahr, und ich
				allerdings auch nicht zum Westwall zum Schanzen.
				Am 5. März reparierten wir
				notdürftig das Dach unseres Hauses sowie die Dächer von
				Schmitz und Gemünd, die durch Bombeneinschläge in
				nächster Nähe fast vollständig abgedeckt waren.
				Am Nachmittag des 5. März
				hörten wir Kanonen und MG-Feuer von Wachendorf-Antweiler
				her. In unserem Keller übernachteten zwei Soldaten, die seit
				Tagen nicht mehr geschlafen hatten. Morgens kurz nach sieben Uhr
				verließen sie unser Haus und marschierten gemächlich
				in Richtung Kirchheim. Als sie weg waren, entdeckte meine Mutter
				entsetzt hinter der Haustür einen geladenen Karabiner. Mir
				gelang es, diesen Karabiner noch kurz vor dem Einzug der
				Amerikaner in den Mühlenbach zu werfen.
				Der Einmarsch verlief ruhig.
				Vereinzelt härte man Gewehrschüsse im Hardtwald und in
				Richtung Kirchheim. Auch wir machten bald Bekanntschaft mit den
				Amis, denn ein Panzer stellte sich in unsere Hofeinfahrt. Die
				Soldaten hatten Hunger, und meine Mutter mußte Kartoffeln
				mit Speck und Eiern servieren; den Speck lieferten die Amerikaner
				selbst.
				Gegen zwölf Uhr kamen zwei
				Amis mit einem Jeep und forderten mich auf mitzukommen, ebenfalls
				Emonds Willi, der in unserer Nähe wohnte. Unsere Mütter
				konnten das Geschehen nicht fassen und schrien und weinten, denn
				sie meinten, man würde uns abführen. Statt dessen
				fuhren uns die Soldaten in unsere vertraute Werkstatt zur Firma
				Dederichs. Wie und woher die erfahren hatten, daß wir dort
				beschäftigt waren und vor allem Strom erzeugen konnten,
				wurde nicht bekannt.
				In der Werkstatt empfing uns ein
				deutschsprechender amerikanischer Sergeant, der uns bedeutete,
				daß einer von uns beiden immer da sein müßte, um
				Strom zu machen. Die Stromversorgung war zusammengebrochen, aber
				wir konnten mit unserer Wasserturbine, mit der sonst die
				Werkzeugmaschinen und Drehbänke betrieben wurden, durch
				einen 220 Volt Gleichstrom-Generator Strom erzeugen.
				Die Amis legten von den
				nahegelegenen Häusern, Altes Brauhaus, wo die
				Ortskommandantur war und von den Häusern Gebertz, Schlösser,
				Dederichs Stromleitungen in die Werkstatt, von wo wir sie mit
				Strom versorgen konnten. Unsere Aufgabe bestand darin, daß
				die Turbinen liefen, das Schmutzreff sauber zu halten sowie für
				den richtigen Wasserstand zu sorgen. Wir wurden gut behandelt,
				erhielten die ersten Kaugummis unseres Lebens und sonstige
				Zuwendungen.
				Nach 14 Tagen arbeiteten wir, als
				wäre kein Krieg gewesen, obwohl anderswo in deutschen Landen
				noch hart gekämpft wurde. Wir arbeiteten statt 60 Stunden
				jetzt 50; die Lehrlinge erhielten zum ersten April Lohnerhöhung,
				Emonds erhielt die Stunde 10 RM und ich 8 RM. Der Kaufwert war
				mehr als wenig, denn eine Ami-Zigarette kostete 7 RM.
				Über die Besatzungszeit
				Kreuzweingartens schreibt N. Reinartz weiter:
				Der Einzug der Amerikaner
				gestaltete sich zunächst in Weingarten reibungslos, bis im
				Laufe des Nachmittags zunächst einige Häuser, dann
				ganze Teile des Ortes von den Bewohnern, die ihr Bettzeug
				mitnehmen konnten, verlassen werden mußten. Die Wohnungen
				sollten den Soldaten eingeräumt werden, die keine
				Gemeinschaft mit der Bevölkerung haben durften. Die ganze
				Nachbarschaft kam ins Pfarrhaus, wo 33 Personen unterkommen
				wollten, darunter die todkranke Frau Nelles. Da kommt um halb
				neun der Vorsteher Gilles mit der Anzeige, auch das Pfarrhaus
				müsse geräumt werden. Ich gehe mit demselben sofort zu
				dem Kommandanten und berufe mich außerdem auf meine
				Stellung gegenüber den Nazi. "Ein Pfarrer, der da
				geschwiegen hat, ist ein Verbrecher." Er geht aber
				persönlich mit, untersucht genau die Lage des Hauses mit
				seiner Taschenlampe - wohl wegen der im Keller von Roggendorf
				untergebrachten Gefangenen - und sagt dann: "Sie können
				bleiben." Daraufhin große Erleichterung bei der
				verängstigten Menge, die Bettzeug herbeischleppt und sich
				für ein paar Nächte wieder im Keller einrichtet. Die
				erste Nacht seit langer Zeit, wo wir befreit vom nächtlichen
				Schrecken friedlich schlafen durften. Die ersten Tage dauerte der
				Durchzug und ständiger Wechsel der Soldaten und Geschütze
				an. Es kamen Verordnungen über die Ablieferung von Waffen,
				Radiogeräten, Ausgehverbot von 6 Uhr abends bis 7 Uhr früh,
				das dann noch verschärft wurde, indem nur die Zeit von 8-9
				und von 4-5 Uhr als Ausgangszeit bestimmt wurde, auch verboten
				wurde, außerhalb des Ortes zu gehen, woran aber sehr wenig
				sich gehalten wurde, zumal die Posten eingezogen wurden und auch
				der Ortskommandant, der im Hause des gefangen genommenen
				Gendarmen sich einquartiert hatte, abzog. Nur die Kommandanten
				der durchziehenden Truppen waren im Ort. Über das Verhalten
				der einquartierten Soldaten kamen viele Klagen. Nicht nur, daß
				betrunkene Soldaten Leute bedrohten, sie richteten auch besonders
				wo sie Nazizeichen vorfanden, eine gräuliche Verwüstung
				an, stahlen auch Silber, Uhren, Decken etc.
				Ich brachte die Beschwerden dem
				amerikanischen Feldgeistlichen vor, der sich bei mir vorstellte
				und Mittwoch morgen hier zelebrierte; er meinte daraufhin, zehn
				Prozent der Truppen taugten nichts. Ging auch zum Offizier, wo
				ich auf Kreuz-Nein-Garten hinwies und mein Bedauern über die
				Übergriffe der Soldaten äußerte. Ich erhielt zur
				Antwort, die Soldaten dürften das Eigentum der
				Zivilbevölkerung nicht angreifen. Dagegen sagte Oberst von
				Birkhahn, der seinen Schaden auf 20000 Mark taxierte, ein
				Offizier hätte erklärt, jeder dürfe ein Andenken
				mitnehmen! Schlimmer waren die Bedrohungen der Einwohner durch
				betrunkene Soldaten, die überhaupt sehr auf Alkohol aus
				waren. Auch wurden verschiedentlich Frauen belästigt, indem
				Soldaten unter dem Vorwand, nach versteckten Soldaten zu suchen,
				in die Häuser eindrangen. Allerdings scheinen auch manche
				nicht genügend sich zurückgehalten zu haben, indem
				dieselben Zigaretten mit den Soldaten rauchten. Als dieselben
				dann handgreiflich werden wollten, nahm der Kommandant auf
				Klageerstattung die Soldaten vor und verwarnte sie. Ein Fall
				wurde berichtet, wo betrunkene Soldaten jemand die Pistole auf
				die Brust gesetzt hatten, dafür aber auf Geheiß des
				Offiziers von anderen Kameraden verprügelt wurden. Besonders
				schlimm ging es in den Häusern zu, wo Hitlerbilder u. dgl.
				gefunden wurden, obwohl die meisten Fahnen etc. vorher verbrannt
				worden waren. Sehr anständig benahmen sich die Amis in
				KaIkar, wo sie die Schuhe sogar draußen reinigten, um
				keinen Schmutz in die Häuser zu bringen. Auch sonst blieben
				die Bewohner ganz unbehelligt, da hier auch drei Männer mit
				weißer Fahne den Panzern Dienstag morgen entgegengezogen
				waren. Dort hatte übrigens eine Abteilung Feldgendarmerie
				sich einnisten wollen, welche auch den Pastor von Schwerfen mit
				sich führte, unter der Anklage, die weiße Fahne auf
				dem Kirchturm gehißt zu haben. Sie wurden aber energisch
				abgewiesen. Hier war auch kein Vieh abgeliefert worden, während
				noch Ende der letzten Wochen hierselbst auch kleinen Viehhaltern
				bis zu drei Stück von den Deutschen abgetrieben wurden,
				dasselbe würde nach dem Krieg bezahlt werden ... 
			(Der Bericht befaßt sich
			im folgenden mit Angaben zum Wetter, Gottesdiensten, politischen
			Mutmaßungen über das Fortschreiten des Krieges,
			Lockerung der Ausgangssperre, der Stromversorgung, der
			allmählichen Normalisierung im Dorf und fährt dann
			fort:) Christi Himmelfahrt,
			10. Mai. Gestern Kapitulation und Waffenruhe! Die
			Aufzeichnungen von Reinartz gehen noch weiter und beschäftigen
			sich mit dem Neuanfang des kirchlichen, schulischen und zivilen
			Lebens; einige Abschnitte werfen ein Licht auf persönliche
			Probleme des Chronisten, der im letzten Abschnitt voraussagt: Im neuen Jahr (sc.
			1946) werden uns noch manche und harte Entbehrungen auferlegt
			werden, die uns heiligen können, wenn wir sie in der
			Nachfolge des kreuztragenden Heilands auf uns nehmen. Die größten
			Schäden an den Wohnhäusern sind jedoch bereits beseitigt
			und günstige Witterung hat die Bestellung der Wintersaaten
			gefördert. So wollen wir denn mit christlicher Geduld, Mut
			und Gottvertrauen weiter an die Arbeit gehen. Mit Gottes Hilfe
			werden vereinte Anstrengungen und die nun nicht mehr gehinderte
			harmonische Zusammenarbeit von Kirche und Gemeinde auch schwierige
			Aufgaben wie die Beseitigung von Notständen,
			Flüchtlingsfürsorge, Jugenderziehung erfüllen ... |