Kreuzweingartener Landwirtschaft im 20. Jahrhundert

Von den Schwierigkeiten der bäuerlichen Betriebe an der Grenze zwischen Börde und Mittelgebirge

Von Josef Lützeler


Kreuzweingarten liegt im Erfttal zwischen Euskirchen und Bad Münstereifel. Das Tal (207 m NN) wird begrenzt von zwei Bergrücken der auslaufenden Eifel. Das ist im Westen die "Pfaffenhardt" (237,6 m NN) und im Osten die "Hardt" bzw. der "Burgberg" (272 m NN). Der überwiegende Teil des Ackerlandes liegt nordwestlich der "Pfaffenhardt" auf etwa gleicher Höhe nach Westen ansteigend. Im Tal zwischen Kreuzweingarten und Rheder lag in den 20er Jahren nur Grünland (heute sind verschiedentlich Parzellen umgebrochen worden). Über die Verhältnisse in der Landwirtschaft soll in zwei Abschnitten berichtet werden:



1. Die landwirtschaftlichen Verhältnisse zwischen 1913 und 1945


Die Lage des Dorfes und die des Ackerlandes zum Dorf bereitete den Landwirten große Mühen und Schwierigkeiten. Im einzelnen waren folgende Gegebenheiten besonders bedeutsam :

a) lange und schlechte Anfahrtswege zu dem Ackerland
b) durchschnittliche und geringe Bodenqualität
c) starke Zersplitterung
d) Flurzwang.



a)

Der weitaus größte Teil des Kreuzweingartener Ackerlandes liegt westlich und
nordwestlich der "Pfaffenhardt". Um diese Felder zu erreichen, mußte der auslaufende Bergrücken immer umfahren werden. Mein Vater bewirtschaftete eine Parzelle "In der Wolfskaule", die in Luftlinie ca. 600 m vom Betrieb entfernt war. Um dorthin zu gelangen, mußten wir erst 500 m nach Norden, dann 250 m nach Nordwesten (von 205 m NN -218 m NN), dann 1.050 m nach Südwesten (218 m NN -251 m NN) und zum Schluß noch einmal 250 m nach Osten, insgesamt also 2.050 m fahren. Da in meiner Kindheit von 15 landwirtschaftlichen Betrieben nur zwei Pferde hielten und der Rest mit Ochsengespannen fuhr, dauerten die Anfahrtswege zum Feld oft sehr lange.

In den frühen 20er Jahren wurde mit der heutigen Straße "Am Römerkanal " eine direkte Verbindung bis hinter die "Pfaffenhardt" geschaffen, so daß man mit landwirtschaftlichen Geräten und leeren Wagen schneller in die Feldflur kommen konnte und kann. (Auch hatten nach 1945 nach und nach alle Betriebe einen Schlepper angeschafft.)



b)

Die Bodenqualität in der gesamten Gemarkung ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, durchschnittlich bis schlecht. 1

Kreuzweingarten und Rheder waren eine Gemeinde und wurden als eine Einheit angesehen, wobei man aber sagen kann, daß der größere Teil an besseren Böden im Raum Rheder zu finden ist. So beträgt die Bodenklimazahl der Gemeinde durchschnittlich 56 (von 35-70, ganz vereinzelt über 70).

Ferner muß beachtet werden, daß über die Hälfte der Felder naß und drainagebedürftig waren. Im Zuge der Flurbereinigung 1954 sind von 255 Hektar, die von der Flurbereinigung Kreuzweingarten-Rheder, Arloff-Kirspenich erfaßt worden sind, 160 Hektar drainiert worden. Das sind 63 % der landwirtschaftlichen Fläche (LF).



c)

Kreuzweingarten liegt, wie das gesamte linke Rheinland, nach der Französischen Revolution im Realteilungsgebiet, d. h. alle Grundstücke konnten bei einem Erbgang geteilt werden. Dabei entstanden dann Klein- und Kleinstparzellen. Mein Vater bewirtschaftete einen Betrieb von ca. 7 Hektar LF. Davon war die Hälfte gepachtet. Diese 7 Hektar verteilten sich auf 25 Parzellen, das Eigentum auf 18 Parzellen. Durch die Flurbereinigung erhielt er noch 4 Grundstücke. Die Kleinparzellen verursachten viel Mehrarbeit und waren unwirtschaftlich für eine maschinelle Bearbeitung. Auch die Randverluste waren beachtlich.



d)

Auch in Kreuzweingarten bestand in mancher Gemarkung Flurzwang: Ein Großteil der Grundstücke grenzte nicht an einen Weg; um auf die Grundstücke zu gelangen, mußten manchmal mehrere Nachbargrundstücke überfahren werden. Daß dabei Schäden entstanden, war nicht zu vermeiden. Dies war oft Ursache mancher Unstimmigkeiten und Streitereien. Damit die Schäden möglichst gering gehalten wurden, gab es den Flurzwang. D. h., wenn in einer solchen Gemarkung Sommerung (Sommerweizen, Sommergerste, Hafer oder Hackfrüchte) angebaut wurden, mußten alle Landwirte Sommerung anbauen, um zu verhindern, daß bei der Feldbestellung im Frühjahr die aufstehende Winterung beschädigt würde.



Im Jahre 1927 wurden in Kreuzweingarten, wie damals üblich, auf dem Ackerland angebaut: Roggen, Winterweizen, Sommerweizen, Sommergerste und Hafer. (Sommerweizen nur, wenn Winterweizen wegen schlechter Witterung nicht ausgesät werden konnte).

An Hackfrüchten wurden angebaut: Kartoffeln ( meist Spätkartoffeln), Futterrüben, Kohlrüben und, wenn es die Witterung erlaubte, Stoppelrüben.


Karte Nr. 3 Bodenqualitäten (Felder mit guten Böden sind abgesetzt) 1:10000


An Futterpflanzen auf dem Ackerland kannte man Rotklee, Luzerne, Esparsette, Weißklee, Gelbklee und Inkarnatklee.

Der erste Schnitt des Rotklees wurde meist als Grünfutter verfüttert. Vom zweiten Schnitt wurde oft Rotkleesamen für das nächste Jahr gewonnen. Der nicht für die Samengewinnung benötigte Teil wurde zu Heu getrocknet. In Jahren mit günstiger Witterung gab es einen dritten Schnitt, der wieder als Grünfutter verwandt wurde.

Das Grünland wurde 1927 nur als Wiese genutzt, da man bei der Rindviehhaltung nur Stallhaltung kannte. Das Gras wurde meist mit der Sense von Hand gemäht und nach mehrmaligem Wenden zu Heu getrocknet (Grasmäher gab es ab 1932 im Dorf).

Meist gab es auch einen zweiten Schnitt, da das gesamte Grünland mittels eines besonderen Grabensystems bewässert werden konnte. Die Erft wurde ca. 100 m oberhalb der Erftbrücke durch eine Wehranlage gestaut. Die Stauhöhe betrug ca. 80 cm. Wenn das Wasser der Erft eine gewisse Stauhöhe erreicht hatte, konnte es durch einen neben der Erft errichteten Graben in das Wiesengelände zwischen Kreuzweingarten und Rheder abfließen. Der Abfluß wurde durch eine Verschlußtafel (sogenannte Schütz bzw. Erk) geregelt. Zwischen den einzelnen Wiesenparzellen konnte das Wasser durch Verschlußtafeln (Erk) gestaut werden. Es wurde dann in angelegte Seitengräben geleitet und durchnäßte die umliegenden Flächen.

Die Bewässerung begann nach der Heuernte, Anfang Juli, und dauerte je nach Witterung bis September. Sie wurde nach einem Bewässerungsplan, der gemeinsam von allen Beteiligten aufgestellt wurde, durchgeführt. Dabei mußte natürlich auf die Interessen der unterliegenden Wiesenbesitzer aus Stotzheim Rücksicht genommen werden.

Nach der Flurbereinigung 1954 wurde die Bewässerung nicht mehr aufgenommen, weil der größte Teil des Grünlandes als Weide genutzt wurde. Einzelne Parzellen wurden auch umgebrochen und als Ackerland genutzt.

Ende der 30er Jahre gingen dann einige Betriebe dazu über, das Grünland auch als Weide zu nutzen. Bei der Beackerung des Ackerlandes wie auch bei der Bewirtschaftung des Grünlandes konnten bis zur Mitte der 30er Jahre nur wenige Maschinen eingesetzt werden. (Viele der heute bekannten Maschinen gab es damals noch nicht oder hatten sich im Einsatz noch nicht bewährt).


Handarbeit bei Getreide:


Das Getreide wurde mit der Hand gesät. Man benutzte dazu ein Sätuch, später einen Säkorb aus Metall. Mit letzterem wurde auch der Handelsdünger ausgebracht. An Handelsdüngerarten kannte man nur Branntkalk, Kali, Kainit, Thomasmehl, Superphosphat, schwefelsaures Ammoniak 9x9, Kalkstickstoff und Guano 2. (Der erste Düngerstreuer kam 1935 ins Dorf).

Pflanzenschutzmaßnahmen im heutigen Sinne kannte man nicht. Die weitest verbreiteten Unkräuter Hederich und Ackersenf sowie Windhalm, Ackerfuchsschwanz und Kamille wurden mit mehr oder weniger Erfolg mit Staubkalkstickstoff oder Kainit bekämpft. Diese beiden feingemahlenen Mittel wurden am frühen Morgen auf die taunassen Pflanzen ausgestreut. Sie wurden von den haarbewachsenen Blättern der Unkrautpflanzen festgehalten, während sie an den mit Wachs beschichteten Kulturpflanzen abglitten. Das Bekämpfungsmittel löste sich im Laufe des vormittags auf, und wenn die Sonne stark darauf schien, wurden die Blätter der Unkrautpflanzen verätzt, und die Pflanze ging ein.

Bei starkem Distelbefall wurden die Disteln mit einem besonders schmalen Spaten ausgestochen.

Die Quecke war auch ein weit verbreitetes Unkraut. Chemische Bekämpfungsmittel gab es für sie nicht. Nach der Ernte wurden die befallenen Parzellen mit Grubber oder Kultivator und Egge bearbeitet. Die losen und getrockneten Quecken wurden zusammengeschoben und verbrannt. Dieses Verfahren wurde in den ersten Jahren nach 1945 noch angewandt.

Große Verluste waren immer dann zu verzeichnen, wenn der Weizen vom Weizensteinbrand befallen war. Ein gewisser Schutz brachte das Beizen mit Kupfervitriol. Manchmal waren Weizen, Gerste und Hafer mit Flugbrand befallen. Dann war das gesamte anfallende Getreide des Betriebes verseucht und konnte nicht mehr als Saatgut für das kommende Jahr verwandt werden, so daß neues Saatgut gekauft werden mußte.

Das Getreide wurde von Hand mit dem Sicht oder Hafergeschirr ( eine Sense mit einem entsprechenden Zusatzteil, welches die Halme zusammenhielt) gemäht. Gegen Anfang der 30er Jahre wurden auch Grasmäher, die mit einem entsprechenden Zusatzteil für die Ablage der Getreidebündel ausgerüstet waren, eingesetzt. Die Getreidebündel mußten von Hand zu Garben zusammengebunden und dann auf Hocken zu 9 (meistens der Roggen) oder Gassen zu 12 oder 14 Garben zum Trocknen aufgesetzt werden. Nach einer gewissen Zeit wurden die Garben dann auf Wagen geladen und in die Hofscheune gefahren oder auf sogenannte Barmen oder Diemen im Feld zusammengelegt.


Handarbeit bei Hackfrüchten:



a) Kartoffeln

Die Saatkartoffeln wurden von Hand hinter dem Pflug in die Furche gelegt. Das Feld wurde in Abständen mehrmals geeggt, damit die keimenden Unkräuter möglichst früh und restlos vernichtet wurden. Später wurde mit einem entsprechenden Unkrautpflug das Unkraut zwischen den Reihen beseitigt und gleichzeitig der Boden aufgelockert. Das Unkraut in den Reihen zwischen den Kartoffelpflanzen mußte dann mit der Handhacke entfernt werden. Bei der Ernte wurden die Kartoffeln mit einem besonders ausgerüsteten Pflug ausgepflügt. Sie wurden dann von Hand aufgelesen und in Säcke gefüllt oder lose auf den Wagen oder die Karre gebracht und zum Hof gefahren. Dort wurden sie in einem möglichst dunklen Raum (Scheune oder Schuppen) gelagert und zusätzlich mit einer Plane oder Säcken abgedeckt. (Werden Kartoffeln unsachgemäß im Hellen gelagert, bildet sich Chlorophyll und die Schale wird grün. Dabei entsteht das Gift Sulanin. Solche Kartoffeln sollten nicht mehr verzehrt werden.)

Nach einiger Zeit, wenn die gelagerten Kartoffeln ausgeschwitzt waren, wurden sie nach Verwendungszweck (Eßkartoffeln, Saat- und Futterkartoffeln) sortiert und, soweit sie nicht für den Eigenverbrauch benötigt wurden, an Kunden, meist in der Stadt, verkauft.

b) Futterrüben

In der Regel erscheinen die jungen Pflänzchen 10 bis 12 Tage nach der Aussaat. Mit ihnen zugleich zeigt sich das Unkraut. Dies mußte so schnell wie möglich entfernt werden (Reihenfolge wie bei Kartoffeln). Weil meist viel zuviel Pflanzen in den Reihen standen, mußten verschiedene Arbeiten durchgeführt werden, weil nur die kräftigsten stehen bleiben sollten: In einer Entfernung von ca. 20 cm wurden Lücken in die Reihen gehackt und die dort stehenden Pflanzen entfernt. Bald darauf wanderten Scharen von Frauen und Kindern auf das Feld und zogen die überzähligen Pflanzen aus, so daß nur eine, die größte und stärkste, zwischen den Lücken stehen bleibt. Diese Arbeit nennt man vereinzeln. Dies war eine mühsame Arbeit, und nach kurzer Zeit waren Rücken und Knie spürbar in Mitleidenschaft gezogen.

Bei der Ernte wurden die Rüben von Hand ausgezogen. Mit einem scharfen Hackmesser oder einer Sichel wurde das Laub von den Rüben getrennt. Letztere wurden dann von Hand auf den Wagen geladen und auf den Hof oder auf eine Rübenmiete gefahren.

c) Kohlrüben


Der Kohlrübensamen wurde an einer besonderen Stelle, meist im Hausgarten, ausgesät. Die Pflanzen wurden, wenn sie entsprechend stark waren, ab der zweiten Hälfte im Mai hinter dem Pflug in die Furche gepflanzt, soweit die Feuchtigkeit des Bodens dies zuließ. Die weitere Pflege und Bearbeitung war ähnlich der Arbeit bei den Futterrüben.

d) Handarbeit auf dem Grünland

Im Frühjahr mußte der Handelsdünger von Hand ausgebracht werden. Das Gras wurde mit der Sense gemäht. Nach mehrmaligem Wenden, Zusammenlegen, Ausbreiten und wieder Zusammenlegen wurde das Heu in die Hofscheune gefahren.


W. Klein bei der Frühjahrsbestellung um 1940


Joh. Benden bei der Feldarbeit auf der Unteren Heide, vor 1940 (Repro)


Ende der 20er Jahre wurden die ersten Maschinen im Dorf angeschafft. Im Jahre 1945 waren insgesamt folgende Maschinen im Dorf:


Maschine

Anzahl

erste Anschaffung

Drillmaschinen
Düngerstreuer
Gabelwender
Grasmäher
Mähbinder
Maschinenhacke
Pferderechen
Traktor

4
1
3
5 (z.T. mit Ablegevorrichtung für Getreide)
6
1
3
1

1925
1935
1932
1932
1925
1935
1932
1938




Mathias Klein - Deutz-Traktor um 1940
Ergänzungsfoto: Sammlung Klein *)




Der erste Traktor kam 1938 ins Dorf und blieb bis 1953 der einzige.

Im Laufe der 30er Jahre besserten sich die Verhältnisse in den landwirtschaftlichen Betrieben erheblich. Da vor allem bei Handwerk, Gewerbe und Industrie Arbeitskräfte benötigt und durch Anschaffung von Maschinen bei den Landwirten Arbeitskräfte frei wurden, wechselten viele Landwirtssöhne und -töchter den Beruf. Dadurch kam dann Geld in die Familie. Auch in der Hauswirtschaft wurden Arbeitskräfte frei, weil vor allem die Verarbeitung der Milch von der Molkerei übernommen wurde und für die Feldarbeiten Maschinen eingesetzt werden konnten. Ende der 20er Jahre konnte, während des Dritten Reiches etwa ab Mitte der 30er Jahre mußte die Milch an die Molkerei geliefert werden. Auch die Butter für den Eigenverbrauch bezogen die Landwirte von der Molkerei. Etwas Gutes hatte diese Maßnahme. Die Frauen oder Kinder der Landwirte brauchten die nicht für den Eigenverbrauch benötigte Butter nicht mehr auf dem Markt in Euskirchen zum Kauf anzubieten und dabei keine hämischen und oft beleidigenden Bemerkungen mehr anzuhören. Auch von der schweren Feldarbeit wurden die Frauen mehr und mehr entlastet.

Auf Berufsausbildung wurde großer Wert gelegt. In Kreuzweingarten wurde, wie auch in manchen Nachbarorten, in der 2. Hälfte der 20er Jahre eine ländliche Fortbildungsschule errichtet. Der Unterricht begann in den späten Nachmittagsstunden und wurde von dem örtlichen Volksschullehrer in der Schule abgehalten. Dadurch versuchte man die Berufsmöglichkeiten der Dorfjugend, vor allem der Landwirtssöhne, angesichts steigender Arbeitslosigkeit zu verbessern.

In Zülpich befand sich eine Landwirtschaftsschule, die bis 1945 von sechs Junglandwirten aus Kreuzweingarten besucht wurde. Die wichtigsten Lehrfächer waren Bodenkunde, Düngerlehre, Pflanzenschutz, Tierhaltung, Fütterung und Buchführung. Da auch neue Düngemittelarten und Pflanzenschutzmittel auf den Markt kamen, konnte deren Wirkung mit Erfolg erprobt werden. Hinzu kam, daß alle landwirtschaftlichen Erzeugnisse, die nicht im eigenen Betrieb benötigt wurden, verkauft werden konnten und sichere Abnehmer fanden. Mitte der 30er Jahre begannen die ersten Viehhalter, die nicht nur von der Landwirtschaft lebten, ihre Kuh abzuschaffen und einen Teil ihrer Ackerflächen zu verpachten. Dadurch konnten einige Landwirte ihren Betrieb in bescheidenem Maße vergrößern. Auch begannen einzelne Landwirte auf den wenigen guten Parzellen Zuckerrüben anzubauen. Sie hatten aus der Sicht der damaligen Verhältnisse einen guten Erfolg (Der Zuckerrübenanbau hat aber in Kreuzweingarten nie eine besondere Bedeutung gehabt).



Roggenernte 1927 mit Bindemäher (Repro)


Joh. Benden beim Pflügen, September 1939



Der Ende der 30er Jahre begonnene Rapsanbau brachte in den ersten Jahren sehr gute Erträge. Nach einigen Jahren nahm aber der Schädlingsbefall (Rapsglanzkäfer) gewaltig zu. Da keine wirkungsvollen Bekämpfungsmittel zur Verfügung standen, waren Ertragseinbußen nicht zu vermeiden.

Die Landwirtschaft spielte in den Plänen des Dritten Reiches eine wichtige Rolle, damit die Ernährung des deutschen Volkes aus eigener Erzeugung soweit wie möglich sichergestellt werden könnte. Aus diesem Grunde flossen auch Förderungsmittel in die Landwirtschaft. Eine Maßnahme sollte die möglichst verlustlose Lagerung von Dung, Mist oder Jauche in allen Betrieben sein, um Stickstoffverluste zu vermeiden. Hochgestellte Persönlichkeiten von Partei und Landwirtschaftskammer kamen dann zur Besichtigung der Misthaufen, für die auch Prämien verliehen wurden. Für den Bau von Jauchegruben gab es Beihilfen, die im Gedächtnis der Landwirte so verwurzelt waren, daß noch lange nach Beendigung des Krieges nach diesen Zuschüssen gefragt wurde.

Die Verhältnisse hatten sich in der Landwirtschaft im allgemeinen verbessert. Z. B. waren aufgrund des Einsatzes von hochwertigem Saatgut, des gezielten Einsatzes von Düngemitteln und von im Eilverfahren entwickelten Pflanzenschutzmitteln und besserer Bodenbearbeitung die Erträge von 1920 bis 1939 bei Getreide um 10 bis 15% gestiegen. Als dann am 1. September 1939 der Weltkrieg begann, war Schluß mit der weiteren Entwicklung der Betriebe. Die Landwirtschaft stagnierte zunächst, dann ging es abwärts. Betriebsleiter und Arbeitskräfte fehlten, Düngemittel waren rationalisiert, Pflanzenschutzmittel wurden nicht mehr entwickelt, neue Maschinen gab es nur selten, Ersatzteile waren Mangelware. Konnte man welche kaufen, so mußte ein Teil der Kaufsumme in Naturalien bezahlt werden. Handwerker fehlten, und die landwirtschaftlichen Betriebe konnten nur mit Mühe und Not weitergeführt werden.

Bei Kriegsbeginn zählte man in Kreuzweingarten noch 10 Betriebe. (1913 waren es 15).



2. Die landwirtschaftlichen Verhältnisse von 1945 bis 1990


Als 1945 der Krieg beendet war, war der Nachholbedarf in der Landwirtschaft gewaltig. Die Felder befanden sich in einem schlechten Bearbeitungszustand. Sie waren stark verunkrautet. Vor allem hatte sich die Quecke stark ausgebreitet. Der Nährstoffgehalt des Bodens war gering. Die Viehställe waren längst nicht gefüllt, weil viel Rindvieh im Krieg abgegeben werden mußte. Die Landwirte begannen aber bald mit dem Wiederaufbau. Zum Glück war in Kreuzweingarten kein landwirtschaftliches Gehöft durch Bomben zerstört worden. Aber viele liegengebliebene Reparaturen mußten nachgeholt werden. Da ein Großteil der Bevölkerung, vor allem in den Großstädten und Industriegebieten, Hunger litt, kam der Erzeugung von landwirtschaftlichen Produkten eine große Bedeutung zu. Nicht nur die Landwirte, sondern alle waren an guten Ernten und hohen Erträgen interessiert. Von staatlicher Seite wurden Wirtschaftsberatungsstellen eingerichtet, die ihren Sitz bei den Landwirtschaftsschulen hatten und von allen Landwirten in Anspruch genommen werden konnten. Bei den Beratungen wurden nicht nur Fragen der Bodenbearbeitung, des Saatgutes, der Düngung, des Pflanzenschutzes, der Fütterung und des Stallbaues behandelt, sondern auch grundsätzliche betriebswirtschaftliche Probleme erörtert. (Bei den Stallumbauten gab es, zwecks Einsparung von Arbeitskräften und Arbeitserleichterung, Förderungsmittel).

Für die Weiterbildung haben von 1946 bis 1957 sechs Junglandwirte aus Kreuzweingarten und von 1955 bis 1964 vier Landwirtstöchter die Landwirtschaftsschule in Zülpich besucht.

Auch der Pflanzenschutz bekam eine besondere Bedeutung. Die Düngemittelindustrie brachte neue Düngemittel auf den Markt. Die Saatgutfirmen züchteten leistungsfähigere Getreidesorten. Durch neuartige Maschinen war eine bessere Bodenbearbeitung möglich. Von den zehn nach 1945 noch bestehenden landwirtschaftlichen Betrieben hatten bis 1979 bzw. bis zur Auflösung des Betriebes neun einen Traktor mit anfangs 18 PS, später 40 PS und mehr. Ein Betrieb hat aber bis zur Auflösung 1966 mit Pferden gearbeitet.

Eine große Erleichterung und Arbeitseinsparung bei der Getreideernte brachte der Mähdrescher, den vier Landwirte angeschafft hatten. Zwei Landwirte hatten einen Rübenroder zum Roden von Zuckerrüben. Diese Maschine hatte für Kreuzweingarten kaum Bedeutung, da wegen der schlechten Bodenverhältnisse wenig Zuckerrüben angebaut werden konnten. Erwähnenswert ist auch noch die Anschaffung von 4 Miststreuern, 2 Maschinenhacken, 3 Strohpressen, 4 Düngerstreuer, 5 Drillmaschinen.

Eine spürbare Erleichterung bei der Stallarbeit brachten die Melkmaschine, die in allen zehn Betrieben vorhanden war, und einige mechanische Mistladeanlagen, die auch von einzelnen Betrieben angeschafft worden waren.


Die größte Umwälzung für die Landwirte brachte, neben den neuen und größeren Maschinen, die Flurbereinigung im Jahre 1953. Vorher gab es in der Gemarkung nur Klein­ und Kleinstparzellen (zum Teil bis 500 qm). Größere Grundstücke von etwa 1,00 ha konnte man an einer Hand abzählen. Die Zusammenlegung erfolgte im Verhältnis 1 :z Einige Landwirte, die am Dorfrand wohnten, hatten das Glück, daß sie eine größere hofnahe Parzelle erhalten konnten. Nach der Flurbereinigung änderte sich die Bewirtschaftung gewaltig. Auf den größeren Parzellen konnten die neuen, größeren Maschinen voll eingesetzt werden. Die Transportwege wurden wesentlich kürzer. Überwiegend alle Parzellen grenzten an zwei Wege. Durch Fortfall der vielen Grenzen wurden die Ertragsverluste geringer. Durch die Drainage wurden große vernäßte Teile der Gemarkung trockengelegt. Dadurch wurde im Frühjahr eine frühere Bestellung möglich, und die Erträge wurden verbessert.

Die größeren Grünlandparzellen wurden eingezäunt, und das Rindvieh, außer den Kälbern, konnte vom Frühjahr bis zum Herbst draußen bleiben (Mitte Mai bis Oktober). Früher kannte man nur Stallhaltung. Jetzt wurden die Kühe auch auf der Weide gemolken. Letzteres war zwar arbeitswirtschaftlich günstig, aber es war doch nicht ideal, weil zu Anfang die motorische Antriebsmöglichkeit für die Benutzung einer Melkmaschine fehlte und die Melkarbeit bei jeder Witterung unter freiem Himmel von Hand stattfinden mußte ( später konnte die Melkmaschine durch einen Traktor mit Energie versorgt werden). Für die Einzäunung und die Koppeleinteilung sowie für Anschaffung einer Selbsttränke gab es Beihilfen.

Die Landwirte haben in verhältnismäßig kurzer Zeit die durch die Kriegsverhältnisse auf dem Ackerland entstandenen Schäden weitgehend behoben und für die damaligen Verhältnisse gute Erträge erzielt. Es zahlte sich aus, die neuen Düngemittel richtig und gezielt einzusetzen, die Pflanzenschutzmittel nach Vorschrift zu verwenden und den Boden gut zu bewirtschaften.

Im Jahre 1927 wurden von einem Morgen Weizen 6-7 dt (früher dz) geerntet. 50 Jahre später betrug die Erntemenge mehr als das Doppelte. Dasselbe Verhältnis war beim Roggen und dem übrigen Getreide zu verzeichnen. Durch die höheren Erträge auf dem Grünland, gezielte Fütterung und gute Zuchtauswahl konnte das Einkommen aus der Rindviehhaltung gesteigert werden.

Die finanziellen Verhältnisse waren nach Beendigung der Aufbauphase als gut zu bezeichnen, zumal auch Landwirtssöhne und -töchter vermehrt andere Berufe ergriffen bzw. anderweitig eine Arbeit aufnahmen und dadurch Geld in die Betriebe brachten. Es ging aufwärts, bis die gewaltige Kostenexplosion den Aufbau bremste und schließlich ganz zum Erliegen brachte.

Während die Preise für einen Teil der landwirtschaftlichen Erzeugnisse vom Staat festgesetzt wurden und werden, stiegen die Kosten für sämtliche Betriebsmittel ohne Ende. Diese Kostenerhöhung abzufangen war Ende der 60er Jahre im bescheidenen Maße noch möglich durch kleinere Betriebsvergrößerungen und Vergrößerungen des

Viehbestandes und Spezialisierung auf einen Viehhaltungszweig (meist Rindvieh). Durch die gewaltige Steigerung der Getreideerträge und größere Viehverkäufe und Verkäufe von Milch und Milcherzeugnissen (Butter und Käse) war der Weltmarkt überfüllt, und es kamen für die Landwirtschaft schicksalsschwere Worte wie Getreideberg, Butterberg, Milchpulverüberschuß und Zuckerüberschuß ins Gespräch. Die Anbaufläche von Brotgetreide mußte beschränkt werden. Auch für Zuckerrüben gab es eine festgesetzte Ablieferungsmenge. Eine Erhöhung der Ablieferungen durch eine evtl. mögliche Vergrößerung der Ackerflächen hatte deshalb keinen Sinn. Jeder milchviehhaltende Betrieb bekam eine Quote. Bei Überschreitung der Quote wurde und wird die zuviel gelieferte Milch durch einen indiskutablen Preis bezahlt. Diese letztgenannten Verhältnisse haben aber die Kreuzweingartener Landwirte nur in den Anfängen erlebt. Ab 1961 haben die nach dem Krieg noch wirtschaftenden Landwirte bis auf einen die Landwirtschaft aufgegeben:

1961 1 Betrieb
1966 1 Betrieb
1967 1 Betrieb
1972 1 Betrieb
1973 1 Betrieb
1975 2 Betriebe
1979 1 Betrieb

Es muß bemerkt werden, daß in allen Betrieben kein Nachfolger vorhanden war bzw. keiner der Söhne oder Töchter bereit war, den Betrieb weiterzuführen.

Die Betriebe hätten somit in absehbarer Zeit ohnehin Schluß machen müssen. Durch die Verhältnisse wurde aber dieser Termin noch beschleunigt bzw. vorverlegt. Zur Zeit wirtschaftet in Kreuzweingarten nur noch ein Landwirt. In diesem Betrieb fehlt aber auch ein Nachfolger, so daß auch dieser Hof wahrscheinlich in absehbarer Zeit aufgegeben wird. Ferner wirtschaften hier noch ein Nebenerwerbslandwirt und ein Landwirtssohn, der einige tausend Hühner hält.



3. Die Verarbeitung des Weizens im Jahre 1927

In den 20er Jahren mußten die meisten Arbeitsgänge in der Landwirtschaft noch mit der Hand gemacht werden. Wie mühsam z. B. die Getreideernte für den Bauern in einer Zeit war, in der der Mähdrescher noch unbekannt war, soll an dieser Stelle einmal an einem Beispiel klargemacht werden:

Vom Schnitt des Weizenhalmes bis zur Lagerung des Weizenkornes auf dem Getreidespeicher brauchte man 21 Arbeitsgänge, bis zur Verwertung des Strohs durch Unterpflügen brauchte man in meinem Elternhaus sogar insgesamt 32 Arbeitsgänge.


Bis zum Dreschen des Weizens mußten die Weizenhalme 18mal mit der Hand angefaßt werden:

1) Schneiden des Getreides von Hand mit Sicht oder Sense und Ablage zu Bündeln
2) Zusammenbinden der Bündel mit Strohband zu einer Garbe
3) Aufstellen der Garben auf Hocken oder in Gassen zum Trocknen
4) Aufladen der Garben auf den Wagen zum Transport in den Betrieb
5) Zurechtlegen der Garben auf dem Wagen
6) Abladen der Garben in der Scheune
7) Beiwerfen der Garbe in der Weich (oder Bansen)
8) Weiterbefördern bei Bedarf
9) Zurechtlegen der Garben in Bansen
10) Transport der Garben zum Dreschen an den Standort der Dreschmaschine
11) Weiterbefördern der Garben zum Wagen
12) Zurechtlegen der Garben auf dem Wagen
13) Abladen vor der Dreschmaschine
14) Zurechtlegen vor der Dreschmaschine
15) Legen der Garben auf das Podest vor der Dreschmaschine
16) Legen der Garben vom Podest auf den Einlegetisch der Dreschmaschine
17) Aufschneiden des Strohbandes (später Kordel)
18) Einlegen der Garbe in die Dreschmaschine = Füttern der Maschine

Sollte das Korn nach dem Dreschen auf dem Getreidespeicher gelagert werden, so waren noch folgende Arbeitsgänge nötig:

19) Korn (nach Rieselung über Reinigung) absacken und an die Seite stellen
20) 100-kg schwere Säcke auf den Wagen heben (für diese Arbeit wurden drei Personen benötigt )
21) Säcke auf dem Hof wieder abladen (Säcke mußten oft über zwei schmale und steile Treppen auf den Hausspeicher getragen werden. Dies war eine schwere und gefährliche Arbeit, die oft Schäden an Wirbelsäule und Hüften verursachte.)

Der Weg des Strohs von der Dreschmaschine bis zum Unterpflügen ging in folgenden Arbeitsgängen vor sich:

19) Stroh kommt aus der Maschine und wird aufgenommen
20) Strohbündel wurde mit vorbereitetem Strohband zusammengebunden (Büsch) und an die Seite gelegt
21) Büsch mußten zum Wagen getragen und angereicht werden
22) Büsch auf dem Wagen zurechtlegen und zum Hof fahren
23) Büsch abladen
24) Büsch in Bansen ( oder Weich) weiterbefördern
25) Büsch in Bansen beiwerfen
26) Büsch aus Bansen in die Tenne
27) Büsch zum Einstreuen oder Verfüttern in den Stall bringen
28) Stroh mit Dung auf den Misthaufen
29) Dung auf Wagen laden und auf das Feld bringen 30) Dung auf dem Feld ausbreiten
31) Dung unterpflügen.


Bei dieser Aufstellung wurde das Getreide durch eine standortgebundene Dreschmaschine (Breitdrescher) gedroschen.

Welche Erleichterung bei den Drescharbeiten der Mähdrescher brachte, wird deutlich, wenn man den Dreschvorgang im Jahre 1920 mit heute vergleicht:

In meiner Kindheit wurde das Getreide mit dem Flegel ausgedroschen. Die Garben wurden in der Tenne in einem Kreis mit den Ähren in der Mitte zusammengelegt. Dann wurden die Körner aus den Ähren ausgeschlagen. Anschließend wurde das Stroh mit einer Gabel stark geschüttelt, so daß alle Körner auf den Boden fielen. Das ausgedroschene Stroh wurde dann mit Strohbändern zu einer Büsch (Bündel) zusammengebunden und dann erst einmal an die Seite gelegt und später in die Scheune gebracht.

Das ausgedroschene Getreide war mit Stroh- und Ährenresten und Getreidespelzen vermischt. Das Gemisch mußte nun entsprechend behandelt werden, damit man nur noch Körner in einen Sack füllen konnte. Dazu gab es verschiedene Methoden, bei denen in jedem Fall künstlich erstellter Wind zu Hilfe genommen wurde.

Das einfachste Hilfsmittel war ein Wann. Das Körnergemisch wurde in eine entsprechend geformte, geflochtene Schale gebracht. Durch geeignete Bewegungen wurde das Gemisch hoch geworfen. Dabei fielen die Körner schneller wieder auf den Boden der Schale. Die leichten Teile des Gemisches wurden durch den entstehenden Luftzug weggeweht. Dieser Vorgang wurde so oft wiederholt, bis nur Körner übrigblieben. Da man mit Hilfe des Wanns nur eine geringe Leistung erzielte, wurde meist eine Windfege (Federschwung, Fauch) und eine Wannmühle (Windmühle) benutzt. Bei beiden Maschinen wurde mit Hilfe von künstlich erzeugtem Wind die leichten Teile des Körnergemisches weggeblasen. Zuzüglich wurden bei der Wannmühle die Körner über Siebe geleitet und die voll ausgebildeten Körner von den Schmachtkörnern und den Unkrautsamen getrennt.

Solange ich mich erinnern kann, waren aber auch schon Dreschmaschinen im Dorf. In vier Betrieben waren sogenannte Stiftendreschmaschinen. Bei zwei Maschinen erfolgte der Antrieb durch einen Göpel. Zwei Maschinen wurden von einem Elektromotor angetrieben.

Bei der Stiftendreschmaschine wurden die Getreidegarben mit den Ähren zuerst in die Maschine geschoben. Wenn die Dreschmaschine auf einem Gerüst oder Gestell, also etwa 3 m über dem Boden stand, konnten die ausgedroschenen Körner direkt in eine untergeschobene Wannmühle fallen und dann nach der Reinigung in die einzelnen Behälter geleitet werden.


Bei der Getreideernte am Wiesenweg nach Rheder, Sommer 1938


Jak. Schlösser bei Erntearbeit im Krieg 1945 (Repro)


Strohwagen und Strohmiete (Repro)


Arbeiten an der Dreschmaschine 1942 (Repro)



Das ausgedroschene Stroh wurde mit Strohbändern (Bängel) zusammengebunden und an geeignete Orte gebracht.

Nach demselben Prinzip arbeitete eine standortgebundene Dreschmaschine (Breitdrescher), die von allen Landwirten des Dorfes benutzt wurde, die keine eigene Maschine hatten. Das Getreide mußte dann zur Dreschmaschine gebracht und Stroh und Körner später in den Ursprungsbetrieb zurückgebracht werden.

Beim Breitdrescher wurden die Garben so eingelegt, daß die Ähren abwechselnd einmal links und einmal rechts in die Maschine kamen. Dadurch sollte eine einseitige Beanspruchung der Trommel verhindert werden. Der Dreschvorgang lief genauso ab wie beschrieben.

Da das Getreide einige Male hin- und hergefahren werden mußte, waren die Drescharbeiten sehr arbeitsaufwendig, zumal ein großer Teil der Arbeiten durch menschliche Arbeitskräfte erledigt werden mußte. Eine große Erleichterung und Arbeitsersparnis bei den Drescharbeiten brachte die fahrbare Dreschmaschine (Dreschkasten), die Ende der 20er Jahre auch in Kreuzweingarten eingesetzt wurde. Diese Dreschmaschine arbeitete zwar im Prinzip wie der standortgebundene Breitdrescher, aber das Getreide brauchte nicht mehr hin- und hergefahren zu werden.

Während anfangs die Dreschmaschinen nur mit Elektromotor angetrieben werden konnten, war ein Einsatz in der Feldflur nur so weit möglich, wie elektrische Leitungen gelegt waren oder gelegt werden konnten. Dies änderte sich aber schlagartig, als Traktoren für den Antrieb der Dreschmaschinen eingesetzt werden konnten. (Infolge der Kraftstoffkontingentierung während des 2. Weltkrieges wurden auch in Kreuzweingarten provisorische elektrische Leitungen bis weit in die Feldflur gelegt.

Eine weitere Vereinfachung brachte die Erfindung von Strohbindern und Strohpressen. Beim Strohbinder wurde das ausgedroschene Stroh zusammengepreßt und mit einer Kordel (Sisalbindegarn) mechanisch zusammengebunden. Bei Strohpressen wurden die Strohballen zunächst mit Kordel und später dann mit Draht zusammengebunden. Das Stroh blieb bei beiden Verfahren nach dem Ausdrusch im Feld und wurde je nach Bedarf in den Betrieb geholt.

In dieser Art wurden die Drescharbeiten mit fahrbaren Dreschmaschinen und Strohpressen von etwa Mitte der 20er Jahre bis 1953 in Kreuzweingarten durchgeführt. Im Jahre 1960 kam dann der erste Mähdrescher ins Dorf. Mit dem Mähdrescher wird das Getreide geschnitten, gedroschen, gereinigt und das Stroh in Schwaden abgelegt oder aber, wenn ein Strohbinder eingebaut ist, gebündelt abgelegt. (Letzteres hat sich anscheinend nicht gelohnt, denn heute wird das Stroh entweder gehäckselt und in diesem Zustand untergearbeitet oder durch eine besondere Maschine zusammengepreßt und gebunden. Es kann dann abgefahren werden.

Der erste im Dorf angeschaffte Mähdrescher mußte von einem Traktor gezogen werden. Man wollte einen Motor, der nur einige Wochen im Jahr beim Mähdreschen eingesetzt werden konnte, sparen. Dies hat sich aber anscheinend nicht bewährt, denn heute sieht man nur Mähdrescher mit eingebautem Motor (Selbstfahrer).

Ferner wurde das ausgedroschene Getreide über eine, bereits vorher beschriebene Reinigung direkt in Säcke gefüllt. Auf einem Podium mußten zwei Personen die Säcke wechseln. Heute wird das Getreide in einem Tank gelagert und, wenn der Behälter gefüllt ist, nach Bedarf durch einen Elevator und ein Gebläse auf einen neben den Mähdrescher gefahrenen Wagen geblasen.

Während bei den ersten, durch Traktor gezogenen Mähdrescher mindestens drei Arbeitskräfte benötigt wurden, kann heute die Bedienung der Maschine von einer Arbeitskraft erledigt werden.



4. Die Viehhaltung


Eine Abhandlung über die Kreuzweingartener Landwirtschaft wäre unvollständig, wenn nicht auch kurz über die Viehhaltung berichtet würde.

1913 wurden, wie bereits an anderer Stelle erwähnt, fast in jedem Haushalt die benötigten Grundnahrungsmittel wie Fleisch, Milch, Butter u. a. selbst erzeugt. Was man selbst nicht benötigte, wurde auf dem Markt verkauft und bildete somit einen Teil des Einkommens .

Der wichtigste Viehhaltungszweig war die Rindviehhaltung.

Ihr waren durch die Enge der vorhandenen Stallungen Grenzen gesetzt. Die damals übliche Bauweise und die vielfach ungünstige Lage der Stallungen zu den übrigen Wirtschaftsgebäuden bedingten viel Handarbeit, zumal arbeitserleichternde Maschinen noch nicht vorhanden waren.


Die Tiere standen vor dem Trog mit dem Kopf zur Vorderwand des Stalles. Das gesamte Futter mußte zwischen den Tieren nach vorne gebracht werden. Dies galt auch für das Tränkwasser. An heißen Tagen im Sommer war dies sehr mühselig, weil eine Kuh täglich ca. 50-70 l Wasser benötigt. In manchen Betrieben mußte das Tränkwasser sogar in Eimern über den Hof in den Stall getragen werden.

Vom Spätfrühjahr bis zum Herbst wurde Grünfutter gefüttert. Im Winter bestand das Futter aus Rüben, Heu und Futterstroh (Haferstroh). Die Rüben wurden mit einem Rübenschneider zerkleinert, dann mit Kaaf (Spelzen und Spreu von Weizen und Hafer) vermischt und mit Körben zwischen den Tieren her nach vorne in den Trog getragen. Wenn das Futter knapp war, wurden Heu und Grummet (zweiter Schnitt vom Grünland) mit Stroh, das vorher mit einer Häckselmaschine auf 3-4 cm Länge zerschnitten wurde, und mit zerkleinerten Rüben vermischt und so verfüttert.

Bei dieser Mischung konnte man auch Roggen- und Weizenstroh als Futtermittel verwenden, das sonst nur als Einstreu diente.

Als Milchleistungsfutter kannte man Weizenkleie, Sojaschrot, Leinmehl und Palmenkernkuchen.

Der Dung wurde von Hand auf die Dungstätte gebracht. Die Jauche wurde von Hand aus der Jauchegrube ausgepumpt.

Die Kühe mußten natürlich von Hand gemolken werden. Die Milch wurde so schnell wie möglich aus dem Stall gebracht und in kaltem Wasser gekühlt. Sie wurde entrahmt, und von dem Rahm wurde Butter hergestellt. (Die Verarbeitung der Milch entfiel mit der Ablieferung an die Molkerei.)

Die Ochsen wurden als Jungtiere im Alter von 1 ½ bis 2 Jahren vom Viehhändler oder auf den Viehmärkten der Umgebung (Münstereifel, Hillesheim, Daun, Prüm) gekauft. Sie wurden dann ungefähr 2, höchstens 3 Jahre als Zugtiere gehalten und vor allem im letzten Winter gemästet und als Mastochsen an einen Metzger verkauft oder bei Kauf eines neuen jungen Ochsen bei einem Händler verhandelt.

Stierkälber wurden nach 3-4 Wochen, seit den 50er Jahren nach 5-6 Tagen an einen Händler verkauft; ebenso verfuhr man mit den weiblichen Kälbern, die nicht für die Nachzucht verwandt wurden. Für die Nachzucht in der Rindviehhaltung sorgte ein Gemeindebulle, der von der Bullenhaltungsgenossenschaft, in der alle Viehhalter Mitglied waren, gekauft wurde. Die Haltung und Betreuung des Bullens wurde einem Landwirt übertragen. Dafür erhielt dieser den Fleischzuwachs und für jede Belegung von dem jeweiligen Kuhhalter eine Gebühr. Der Fleischzuwachs war die Differenz zwischen dem Einkaufspreis und dem Verkaufspreis des Bullen nach etwa 2 Jahren.

Der Gemeindebulle stand

vor 1927 bei Lambert und später bei den Gebrüdern Josef und Wilhelm Spilles,
von 1927 bis 1936 bei Jakob Lott (in Rheder),
von 1936 bis 1947 bei Gebr. Spilles,
von 1947 bis 1956 bei Jakob Lott und
von 1956 bis 1968 bei Wilhelm Benden.

1968 wurde die Genossenschaft aufgelöst. Gründe dafür waren:

1. Einige Landwirte hielten nun eigene Bullen.
2. Es wurden weniger Kühe gehalten.
3. Die künstliche Besamung wurde eingeführt.

Ende der 50er Jahre begannen einige Betriebe zu modernisieren. Die Rindviehställe wurden nach neueren Gesichtspunkten umgebaut, wobei aber die vorhandenen Grundstücksgrenzen eingehalten werden mußten. Dabei wurden arbeitssparende und erleichternde Maschinen und Einrichtungen angeschafft. Wenn möglich wurde die sogenannte Kopffütterung eingebaut. Vor den Tieren machte man einen breiten Futtergang, von dem das Futter bequem in den Trog gebracht werden konnte.

Milchleistungsfutter wurde manchmal aus eigenem Getreide und vor allem aus zugekauften Eiweißträgern selbst gemischt und verfüttert. Meistens wurde aber das Milchleistungsfutter vom Handel gekauft.

Das Tränkwasser konnten die Tiere nun, wann sie wollten und soviel sie wollten, aus Tränkebecken entnehmen, die vor den Trögen angebracht wurden. Einige Betriebe bauten auch Schubstangenentmistunge ein. In einzelnen Betrieben wurde der Dung oder Mist von der Dunggrube aus mit einem Frontlader oder Hecklader (beide an einem Traktor angebracht) oder einer Greiferumlage auf einen Miststreuer geladen, auf den Acker gebracht und mechanisch ausgebreitet.

Gemolken wurde mit einer Melkmaschine, die von einem Elektromotor angetrieben wurde. Die Milch wurde in große Kübel gefüllt und elektrisch gekühlt, bis das Molkereifahrzeug sie abholte.

Die Schweinehaltung war für die Versorgung mit Fleisch und Fett wichtig. Eine reine Getreidemast oder Fütterung mit Schweinemastfutter, wie sie heute üblich ist, kannte man nicht. Die Ferkel, die überwiegend von Händlern gekauft wurden, erhielten Magermilch und zerkleinerte Futterrüben und Kartoffeln. Die Jungschweine erhielten je nach Jahreszeit zusätzlich Grünfutter und Speisereste aus dem Haushalt.

Das Mastfutter bestand aus gedämpften Kartoffeln, eventuell mit etwas Futterrüben vermischt, und Roggenschrot. Für eine Mastperiode wurden benötigt: 10-12 dz Kartoffeln und 1,0 bis 1,2 dz Roggenschrot. Bei dieser Fütterungsmethode wurden die Schweine über 1 Jahr alt und erreichten ein Lebendgewicht von 120 bis 150 kg.

Diese Haltungs- und Fütterungsmethoden waren in den meisten Kreuzweingartener Betrieben bis 1945 üblich.

Nach 1945 verlor die Schweinehaltung immer mehr an Bedeutung. Auch die Landwirte mästeten nicht mehr selbst, sondern kauften sich das benötigte Fleisch beim Metzger oder beim Schlachthof.

Dies ist die Entwicklung der Kreuzweingartener Landwirtschaft, die Anfang des Jahrhunderts von ärmlichen Verhältnissen gekennzeichnet war, dann in den 30er Jahren einen bescheidenen Aufschwung verzeichnete, durch den Krieg 1939-1945 wieder zurückgeworfen wurde, dann wieder zielstrebig und erfolgreich aufbaute und anschließend durch die Flaute bzw. durch die allgemeine Krise in der Landwirtschaft fast ganz aus dem Dorfleben verschwunden ist.


Anmerkungen

1) vgl. Karte „Bodenqualitäten“
2) Guano ist ein Vogeldung, welcher aus Südamerika eingeführt wurde.


Säkorb aus Metall


Wannmühle, um 1900


Jos. Lützeler mit gefochtenem Wann


Laden von Getreidesäcken (100-kg-Sack)


*) Ergänzungsfoto woenge.de


Entnommen: „1100 Jahre Wingarden“ - Kreuzweingarten 893-1993


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