Verkehrs- und Postgeschichte von Weingarten / Kreuzweingarten |
Von Hans Regh |
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Die verkehrsmäßige Erschließung von Weingarten war naturgemäß eng verbunden mit den Bemühungen der Stadt Münstereifel, eine zeitgemäße Anbindung von Straße und Schiene an die Stadt Euskirchen zu erreichen. Bereits nach der Gründung des Prümer Filialklosters um 830 n. Chr. und der Übertragung der Reliquien des römischen Märtyrer-Ehepaares Crysanthus und Daria am 25. Oktober 844 entwickelte sich aus der Wallfahrt zu deren Grab ein Warenaustausch zwischen Ebene und Bergland. Dieser "Markt" wurde im Jahre 898 durch den lothringischen König Zwentibold rechtskräftig, da das neue Kloster Markt-, Münz- und Zollrechte erhielt. Vor den Klostertoren entstand eine Marktsiedlung, in der sich neben den üblichen Handwerkern, welche die entstehende Gemeinde versorgten, auch Gewerbetreibende niederließen, die von überörtlicher Bedeutung waren: Wollweber, Gerber und Brauer. So kauften beispielsweise Kölner Handelsleute Münstereifeler Tuch auf und brachten es nach Köln und von dort auf die Messen in Frankfurt/Main, Brabant und Flandern. Da Münstereifel nicht an einer der mittelalterlichen Fernstraßen lag, war eine gute Straßenverbindung nach Köln von großer Bedeutung. Die Landesherren sorgten für diese Straße, die Euskirchen links liegen ließ und über Kuchenheim verlief. Die schlechte wirtschaftliche Lage Münstereifels in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts konnte u. a. nur durch einen Straßenausbau verbessert werden. Durch die Kriegszüge, aber auch durch Überschwemmungen der Erft, hatte die "Departementsstraße" von Köln nach Trier, die durch Münstereifel verlief, sehr gelitten. Als die preußische Regierung in Köln zu Beginn der zwanziger Jahre im vorigen Jahrhundert mit dem Bau der Bezirksstraßen begann, gab man der Verbindung von Köln nach Trier über Kommern den Vorzug; die ehemalige Departementsstraße über Münstereifel wurde zum Kommunalweg abgestuft. Der Stadtrat von Münstereifel war um die wirtschaftliche Belebung der Stadt bemüht und überbrachte 1833 dem Kronprinzen bei dessen Besuch in Prüm eine Bittschrift wegen des Kommunalwegebaues. Infolge dieses Bittgesuchs verfügte dann der Oberpräsident der Rheinprovinz 1835, die Hauptkosten des Kommunalwegebaues aus Staatsmitteln zu bestreiten. Daraufhin wurde von 1839 bis 1844 der Kommunalweg von Euskirchen bis zur Bezirksgrenze zwischen Eicherscheid und dem Weißen Stein "chaussiert". Das erforderliche Steinmaterial wurde u. a. den Brüchen bei Weingarten, Iversheim und Eicherscheid entnommen; den Deckkies entnahm man dem nahen Erftbett. 1 Bei den Straßenbauarbeiten in Weingarten stieß man 1839 auf den westlichen Teil einer römischen Villa. Die königl. Regierung in Köln fragte damals in Berlin an, ob und wie die Erhaltung eines so bedeutenden antiquarischen Fundes möglich zu machen sei, erhielt aber als Antwort den "Befehl", den Straßenbau "unbekümmert um die dadurch nothwendig zu zerstörenden Mauerreste durchzuführen, so dass Nichts übrig blieb, als, nach Aushebung der Mosaikreste den Fund theilweise zu zerstören und im Ganzen durch die Strasse zu verdecken". 2 Die ersten Einrichtungen zur Beförderung von Nachrichten dienten fast ausschließlich staatlichen Zwecken. Die Kaufleute großer Handelsstädte riefen besondere Botenanstalten ins Leben, lange bevor die eigentliche Post entstand. Kleinere Städte konnten jedoch eines ständigen Briefbeförderungsdienste nicht ganz entbehren. Sie suchten Anschluß an die nächstgelegene größere Handelsstadt und richteten einen ständigen Botengang ein, der zunächst für die Korrespondenz des Rates bestimmt war; später wurde auch die der Bürger mitgenommen. Eine solche Verbindung unterhielt Münstereifel mit der Stadt Köln. 1644 wurde bereits ein "Postbote" der Stadt Münstereifel namens Peter Rick erwähnt. Diese Verbindung hat bis zur Franzosenzeit Bestand gehabt. Im Jahre 1809 wurde ein "Postdirektor" (Directeur des postes) Fey in Münstereifel genannt. 3 |
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1. Januar 1828 |
In den Orten Brühl, Euskirchen, Münstereifel, Blankenheim, Kuchenheim, Flamersheim, Kommern, Zülpich, Lechenich und BlumenthaI wurden Post-Expeditionen errichtet. Zwischen Köln und Münstereifel wurde eine Fahrpost über Brühl und Euskirchen eingerichtet, die sowohl von Köln als auch von Münstereifel sonntags, dienstags und donnerstags um 6.00 Uhr abging und jeweils in Köln und Münstereifel an den vorgenannten Tagen um 14.15 Uhr eintraf. Mit der Eröffnung der Post-Expedition Münstereifel und Einrichtung der Fahrpost beendete die Familie Hamecher in Münstereifel ihren Privatfahrverkehr mit der Postkarre zwischen Münstereifel und Köln. |
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1. Juni 1836 |
Eine wöchentlich viermal verkehrende Schnellpost zwischen Münstereifel und Euskirchen mit Anschluß an die Schnellpost von Euskirchen nach Köln wurde eingerichtet, und zwar sonntags, dienstags, donnerstags und freitags um 5.00 Uhr. |
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1. Januar 1839 |
"Kariol" waren zweirädrige Fahrzeuge ohne Druckfedern, die vom reisenden Publikum nur notgedrungen in Anspruch genommen wurden, obgleich die Beförderungskosten bei diesem Verkehrsmittel bedeutend geringer waren. Nach der Ordnung von 1827 berechnete man pro Person und Meile bei Fahrten mit der Kariol 5 Sgr. bei 30 Pfd. Freigepäck. Ein Spaßvogel machte seinen leidenden Mitmenschen damals folgenden Vorschlag: "Denjenigen, welche an schlechter Verdauung und sonstigen Unterleibsbeschwerden leiden, ist, wenn es ihre Kräfte zulassen, eine Radikalkur zu empfehlen, sie besteht in folgendem: Man fahre 8 Tage hintereinander mit der Kariol von Euskirchen bis Iversheim und zurück. Diese Bewegung setzt den Magen instand, alles zu verdauen, was nur ein menschlicher Hals hinunterschlucken kann, ist das sicherste Mittel gegen Hypochondrie, macht das Blut leicht und die Geheilten vorsichtig. Es ist dem Patienten jedoch anzuempfehlen, daß er die ersten Tage am Berge zu Weingarten aussteigt, damit die Erschütterung nicht zu sehr überrasche." 4 |
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21. Juli 1840 |
Vom 1. August an wurden zwischen Euskirchen und Prüm über Münstereifel tägliche Personenposten eingerichtet, die im Hauptwagen bis 6 und in Beichaisen bis 4 Personen aufnehmen konnten. Die Post wurde durch Conducteure begleitet. Das Personengeld betrug pro Person 6 Sgr.; bis zu 30 Pfund Gepäck konnte frei mitgenommen werden. |
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1. August 1841 |
Zur größeren Bequemlichkeit und zum sicheren Fortkommen des Reisenden auf dem Kurs von Köln über Brühl, Euskirchen und Münstereifel nach Prüm wurden bequeme neunsitzige Personenwagen eingesetzt. |
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1. Juli 1843 |
Die Hebestelle Weingarten erhielt die Befugnis, bei den Wegebenutzern Richtung Münstereifel Wegegeld von den dazu Verpflichteten für eine Meile zu erheben. |
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10. Februar 1851 |
Auf dem Personenkurs von Köln nach Trier über Münstereifel konnten auch in Rheder und Weingarten Fahrgäste aufgenommen und abgesetzt werden. |
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15. Juni 1864 |
In Kuchenheim wurde eine Postexpedition II. Klasse eingerichtet. Ein einziger Orts- und Landbriefträger "belief" von hier nicht nur den Ort selbst, sondern täglich außerdem die Orte Roitzheim, Stotzheim, Weingarten, Rheder, Weidesheim, Büllesheim und Wüschheim einschließlich der dazwischen liegenden Gehöfte und Mühlen. |
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1. Februar 1865 |
Die Personenpost zwischen Euskirchen und Münstereifel verkehrte wie folgt: Euskirchen ab 9.30 Uhr, Münstereifel ab 17.30 Uhr. |
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3. Juni 1865 |
Der Gemeinderat von Weingarten -Rheder beschloß die Anbringung von Landbriefkästen. Die Anbringung erfolgte erst im Jahre 1867. |
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4. Oktober 1865 |
Eröffnung der Eisenbahnstrecke von Düren nach Euskirchen. Die erste Personenpost von Euskirchen nach Münstereifel sowie die beiden täglichen Personenposten von Münstereifel nach Euskirchen wurden über den Bahnhof Euskirchen geleitet. |
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18. November 1870 |
Zwischen Euskirchen und Münstereifel wurde eine zweite tägliche Personenpost eingerichtet. |
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15. Juni 1881 |
An Wochentagen wurde die Zustellung mittels Fuhrwerk durch den Landbriefträger von 7.00 Uhr bis 12.30 Uhr von Euskirchen nach Kessenich, Roitzheimerhof, Euenheim, Augenbroich, Billig, Broicherhof, Weingarten, Huppertsmühle und Rheder, zu Fuß von 14.30 Uhr bis 18.00 Uhr von Euskirchen nach Euenheim, Billig, Weingarten und Rheder ausgeführt. An Sonntagen wurde eine Zustellung nach Kessenich, Euenheim, Billig, Weingarten und Rheder eingeführt. |
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1. Juli 1882 |
In den Orten Rheder und Weingarten wurden Posthilfsstellen eingerichtet. |
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1. August 1884 |
In Weingarten wurde eine Telegrafenbetriebsstelle eingerichtet. 5 |
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6. Juli 1886 |
Der Gemeinderat der Gemeinde Weingarten-Rheder befaßte sich zum erstenmal mit dem Thema "Bau einer Eisenbahnstrecke Euskirchen - Münstereifel" über Stotzheim, Weingarten, Arloff und Iversheim. Er sprach sich gegen das Bauvorhaben aus und begründete dies pauschal damit, daß der Bahnbau der Gemeinde nur Nachteile bringen und selbst der Stadt Münstereifel ein schlechter Dienst erwiesen würde. Am 1. Oktober 1886 bat der Gemeinderat dringend, "dahin zu wirken, daß der zwischen Kirspenich und Arloff geplante Bahnhof in die unmittelbare Nähe des Ortes Weingarten verlegt würde. Er wies darauf hin, daß die Gemeinde Weingarten-Rheder, wenn keine "Haltestelle" bei Weingarten eingerichtet würde, vom Verkehr "vollständig abgeschnitten " sei. Am 31. Januar 1888 beantragte der Gemeinderat, in unmittelbarer Nähe der Ortschaft Weingarten, d. h. in einer Entfernung von 200 Meter unterhalb des auf die Hardtburg führenden Weges einen "Bahnhof" zu errichten. In einer Sitzung vom 30. Mai 1888 gab der Gemeinderat eine erneute Stellungnahme zu dem Bahnbau ab und verlangte, daß etwa in der Mitte zwischen Weingarten und Rheder innerhalb von drei Jahren nach Eröffnung des Bahnbetriebs ein Bahnhof mit Güterverkehr eingerichtet werden solle. Am 19. März 1890 beschäftigte sich der Gemeinderat ein letztes Mal mit dem Bau der Eisenbahnstrecke. Es wurde ein Haltepunkt, d. h. eine Verkehrsanlage ohne Weichen eingerichtet. 6 |
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30. September 1890 |
"Die lustigen schmetternden Weisen des Posthorns werden mit dem heutigen Tage zum letzten Male auf der Chaussee zwischen Euskirchen und Münstereifel erschallen; heute Nachmittag geht die letzte Postkutsche von hier ab. Morgen tritt das Dampfroß in seine Rechte. Die Hauderer freilich geben vorderhand den Kampf mit der Eisenbahn nicht auf. Täglich sollen nach wie vor Omnibusse den Verkehr zwischen den Städten Euskirchen und Münstereifel vermitteln; man darf indessen wohl einen gelinden Zweifel hegen, ob die Sache sich auf die Dauer bezahlt macht. Die gelbe Postkutsche aber wird fürderhin für immer verschwunden sein. " Die Inbetriebnahme der Eisenbahnstrecke Euskirchen - Münstereifel hat eine längere Vorgeschichte. Diese begann, als Rat und Verwaltung von Münstereifel sich dafür einsetzten, die 1861 geplante Bahnstrecke Köln-Trier über Münstereifel zu führen. Alle Versuche verliefen im Sande. Am 1. Oktober 1875 (nach Inbetriebnahme des Streckenabschnitts Kalscheuren - Euskirchen) war der gesamte Streckenabschnitt Köln-Trier fertiggestellt. 1878 begannen erneut die Bemühungen um den Bau der Nebenstrecke Euskirchen - Münstereifel. Das Münstereifeler Gewerbe, das wegen des Fehlens einer direkten Bahnverbindung Absatzschwierigkeiten hatte, sollte durch die so herbeizuführende Verbilligung der Transportkosten und die Beschleunigung des Verkehrs konkurrenzfähig werden. Man erwog damals eine Weiterführung der Strecke über Münstereifel hinaus nach Adenau, Mayen und Koblenz. Dieses Projekt kam nicht zur Ausführung, da Adenau Anschluß an die Ahrtalstrecke fand. Nach Ausräumung zahlreicher Schwierigkeiten wurde durch das Preußische Gesetz vom 1. April 1887 (Preuß. Gesetzessammlung Jahrg. 1887, Nr. 11, S.97) die Genehmigung für den Bau der hier in Rede stehenden Nebenbahn erteilt. Im November 1889 wurde mit dem Bau der Strecke begonnen. 7 |
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1. November 1903 |
Von Maurermeister Bömer aus Euskirchen wurde eine neue eiserne Brücke über die Erft in Weingarten fertiggestellt. 8 |
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1. April 1908 |
Umwandlung der Posthilfsstelle in eine Postagentur. Man unterschied damals die Postanstalten nach Postämtern I., II. und III. Klasse, Postagenturen und Posthilfsstellen.
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1. Oktober 1929 |
Die Postversorgung im Kreis Euskirchen wurde bei den Leitpostämtern Euskirchen, Lechenich und Münstereifel zusammengefaßt; zweimal täglich verkehrten Kraftwagen auf einer Rundfahrt zwischen dem jeweiligen Leitpostamt und seinen Amtsstellen. Die weit ausgedehnten Landzustellbezirke gehörten der Vergangenheit an. Soweit die Landbriefträger nicht die Verwaltung von Postagenturen oder Poststellen übernahmen, wurden sie für andere Aufgaben bei den Leitpostämtern frei. |
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1929 |
Folgende Einwohner von Kreuzweingarten und. Rheder besaßen nach dem Adreßbuch von 1929 einen Postfernsprecher:
Baptist Kessel, Gastwirt, und |
Am 12. Mai 1945 ordnete Landrat Metternich im Auftrag der Militärregierung die Wiederaufnahme des Dienstbetriebs beim Postamt Euskirchen an. Das Postgebäude war zu 90 v. H. zerstört. Mit 17 Postlern begann am 14. Mai 1945 der Wiederaufbau des Postamtes; am 2. Juli 1945 wurde der Betrieb wiederaufgenommen. Der Postdienst erfuhr laufend Verbesserungen. Mit sechs Orts- und Landzustellern hat man begonnen. Die Post wurde zunächst von Bonn her zugeführt; Ende Juli 1945 wurde eine Postverbindung nach Köln eingerichtet. 10 Die am 1. Juli 1882 in Weingarten eingerichtete Posthilfsstelle war im Jahre 1900 in der Gastwirtschaft Wolfgarten (neben dem heutigen Haus Weingartenstraße Nr. 15) untergebracht. 11 Möglicherweise war dies der erste Standort. Am 1.4. 1908 wurde die Posthilfsstelle in eine Postagentur umgewandelt. Ab 1920 war die Postagentur im heutigen Haus Hubertusstraße Nr. 2. Am 1.6. 1950 übernahm Frau Maria Paul geb. Lützeler die sogenannte Poststelle 2 im heutigen Haus Weingartenstraße Nr. 10. Ab 1960 wurde die Poststelle 2 in eine Poststelle 1 umgewandelt. 12 Vom 1.4. 1992 bis zum 26.8. 1992 befand sich die Poststelle in Weingarten vorübergehend in einem dafür hergerichteten Bus auf dem Hof von Matthias Klein, Weingartenstraße Nr. 1. Vom 27.8. 1992 an ist sie in festen Räumen desselben Anwesens untergebracht. . Der Betrieb der Erfttalbahn Euskirchen - Bad Münstereifel verursacht der Deutschen Bundesbahn nach dem Stande des Jahres 1992 einen jährlichen Verlust von 2 Mio DM. Zunächst läuft der Versuchsbetrieb, der bisher durch die Zahlung von 80000 DM für die Fahrplanperiode Mai 1992 bis Mai 1993 durchgeführt wurde bzw. wird nach der zugesagten Zahlung von insgesamt 200000 DM durch den Kreis Euskirchen, die Stadt Euskirchen und die Stadt Bad Münstereifel bis zum Mai 1994 weiter. Wenn die Erfttalbahn nach Ablauf dieses Versuchsbetriebs nicht von der geplanten Kreisverkehrsgesellschaft übernommen werden sollte, droht wahrscheinlich eine Streckenstillegung durch die DB. 13 |
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Anmerkungen |
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Entnommen: 1100 Jahre Wingarden - Kreuzweingarten 893-1993 |
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Dorfbuch Kreuzweingarten - Rheder ©
Historische
Bahnhoffotos - von Rainer Krause
Fotos
- Sammlung Schulte
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Bahnhofsbilder 24. Mai 2001 - Teil 1
Digitale
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