Schule in Weingarten / Kreuzweingarten

Von Hans Regh


Ältere Nachrichten zur Geschichte des Schulwesens in der Euskirchener Gegend sind außerordentlich selten; wir sind in der Regel auf Visitationsprotokolle der einzelnen Pfarreien angewiesen, die im Archiv der Erzdiözese Köln oder auch in Pfarrarchiven vorhanden sind. In diesen Protokollen werden für das 16. Jahrhundert Schulen nur in Euskirchen, Münstereifel und Oberdrees erwähnt. Im allgemeinen war der Schulmeister nur nebenamtlich tätig, und in der Regel war er auf dem Lande fast bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zugleich auch Küster. Weil keine Schulpflicht bestand, besuchten namentlich in den Dörfern nicht allzu viele Kinder regelmäßig den Unterricht. Zudem fiel der Unterricht während der Sommermonate in ländlichen Gegenden ganz aus. Die Hauptursache für die Mängel des Volksschulwesens lag aber in der vielfach ungenügenden Besoldung der Lehrer. 1

Der Typus der Dorfschule einschließlich des schon sprichwörtlich gewordenen "Dorfschulmeisterleins" ist allgemein bekannt, doch wird er in der Regel mit den Zuständen des späten 18. Jahrhunderts in Verbindung gebracht, oder auch mit dem 19. Jahrhundert, in dem Wilhelm Busch den Schulmeister als armselige, zugleich aber auch skurrile Gestalt darstellt.

Das niedere Schulwesen war ganz und gar Sache der Kirchen. Der Typus der Küsterschule hat sich nachweislich in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts durchgesetzt. Die Verbindung der Ämter von Schulmeister und Küster war die Regel. Dabei galt, daß der Küster im Nebenberuf auch noch unterrichtete, und nicht etwa, daß der Lehrer nebenbei auch noch Küster war.

Die Elementarschulen der Pfarrgemeinden waren keine Volksschulen in unserem Sinne, sondern Lateinschulen. Heute mag diese Vorstellung einigermaßen überraschen. Die Vorstellung vom Amt des Schulmeisters entsprach auch nicht unserem heutigen Bewußtsein, das sich den Lehrer nur als eine Person vorstellen kann, die in möglichst perfekter Weise wissenschaftlich ausgebildet ist. Ebenso primitiv wie die Methode zur Aneignung des Stoffes war diejenige zur Aufrechterhaltung der Disziplin: Kopfnuß, Ohrenziehen oder Rute.

Da die Hauptaufgabe der Dorfschule die Unterstützung des Pfarrers bei der katechetischen Unterweisung der Kinder war, wird auch verständlich, warum der Küster als geeignete Unterrichtsperson angesehen wurde. Unter "Schule" im bisher geschilderten Zusammenhang ist eine Veranstaltung zu sehen, zu der nicht unbedingt auch ein eigenes Gebäude gehörte. 2

Die erste Schule in Weingarten verdankt ihren Ursprung einer Stiftung des Pastors von St. Lambertus Kuchenheim und Landdechanten der Christianität Zülpich Everhard Boßhammer. Er wurde am 17. September 1594 in Weingarten als Sohn des vom Stift Münstereifel auf dem Kapitelshof Weingarten eingesetzten Schultheißen Johann Boßhammer geboren. Am 17. September 1620 empfing er von der Hand des Kölner Weihbischofs Otto Gereon von Gutmann die Priesterweihe. Der junge Pfarrer wohnte als Stiftsvikar in Münstereifel und ging an Sonn- und Feiertagen zur Abhaltung des Gottesdienstes nach Weingarten. Hier war er von 1621 bis 1632 tätig und wechselte anschließend zu St. Lambertus Kuchenheim. Sein Lebensweg ist von Pfarrer Corsten, Köln-Raderberg, in einem Beitrag aus dem Jahre 1929 ausführlich gewürdigt worden. 3 Das im Jahre 1664 erbaute Schulhaus 4 (gleichzeitig Wohnhaus ) wurde dem Vikar mit der Verpflichtung überwiesen, daß dieser gegen angemessene Besoldung die Kinder - abgesehen von anderen Kenntnissen - vorzüglich in der Frömmigkeit unterrichte. Die Collatoren sollten darüber wachen, "daß fleißig Schule gehalten und die Kinder der Armen unentgeltlich unterrichtet werden". 5

Die Errichtung der ersten Schule in Weingarten fiel in die Zeit von Pastor Adam Ackermann (1649-1688), der als erster Pastor ständig in Weingarten residiert hat. In den letzten Lebensjahren von Pastor Ackermann hören wir auch von dem ersten Lehrer in Weingarten. Es ist der 1686 im Bruderschaftsbuch zu Kirspenich eingetragene Peter Brewer, Schulmeister zu Wingarden. 6 Wir haben keine Bestätigung dafür, daß Peter Brewer auch zu dieser Zeit gleichzeitig Offermann in Weingarten war, weil aus einem Protokoll vom 8. Mai 1674 des Notarius Petrus Geych hervorgeht, daß an einem Termin in Weingarten u. a. " Tilmann Bartscherer offermann daselbst" teilgenommen habe. 7

Damit ist der Wunsch des Stifters, daß der Inhaber der von ihm gestifteten Vikarie zugleich den Schulunterricht erteilen sollte, nicht in Erfüllung gegangen. In der Geschichte der ersten Schule von Weingarten hat es in über 200 Jahren einen Vikar als Lehrer nicht gegeben. 8 Aus dem Visitationsprotokoll der Pfarre Weingarten vom Jahre 1724 erfahren wir, daß die Schule von dem "achtbaren und ehrenfesten" Johann Theodor Goertz - zugleich Küster - gehalten wurde. Die beiden Ämter hat er 34 Jahre lang von 1693 bis 1727 versehen.

Unsere weiteren Erkenntnisse über die Schule in Weingarten verdanken wir einem unrühmlichen Vorgang, der in der Stiftungsakte Boßhammer und den Akten von Kurköln behandelt wird. Er betrifft den Rechtsstreit der Geistlichen Heinrich Wilhelm Lieser und dessen Bruder Wilhelm Joseph Lieser mit dem Pastor Heinrich Ignatius Cazzuola. Dieser beginnt 1749 und endet erst 1835 mit den Erben Lieser. 9 In den umfangreichen Akten fällt wohltuend auf, daß in dem Streit zwischen den beiden geistlichen Herren, in dem die Bezeichnung "rappel Köpf" mehrmals vorkommt, die Gemeindemitglieder klare Aussagen treffen und Einsicht in die "Documenta aus der Bohshammer fundation" begehren," um weitere streitigkeit wegen des baulosen schulhauses zu verhüten ". Sie stellen fest, daß "von anno 1664 an" das Schulhaus "von allen offermännern und zugleich schulmeisteren in rühigem besitz ist beseßen worden" und, was aber "das bau-wesen und reparation des schulhaus anbelangt, ist allzeit Von denen Nachbaren angeschaffet worden".

Wir erfahren aus einer Aussage von Heinrich Piertz im gleichen Aktenstück aus dem Jahre 1788, daß
a) er 55 Jahre Offermann und zugleich Lehrer in Weingarten gewesen sei und
b) sowohl "zeitlicher Pastor" als auch ehemalige Pastöre als Deservitores des Boßhammer Altars "mir oft und mannigmal die Schulgebührnisse für die arme unVermögende schulkinder bezahlt haben." 10

Die Aussage von Heinrich Piertz unter a) deckt sich nicht ganz mit den Angaben im Sterbebuch der Pfarre Weingarten, da dort 1790 die Rede von 52 Jahren Küstertätigkeit ist.

In die Amtstätigkeit von Heinrich Piertz fiel eine Visitation vom 2. Dezember 1761. Bezüglich der Schule wurde bemerkt:

"Schulmeister wird seines ambts fleißig erinnert, und sollen alle und jeder Elternen - welche Kinder haben, so der lehr fähig seyend - nit unterlassen, ihre Kinder wenigstens vom 9ber an, bis zu end mertz Zur lehr in die Schull schicken; in ermangelungsfall sollen die Vermögende Zum gewöhnlichen schullgeld angehalten, die arm aber die umb gottes willen gelehrt werden. " 11

Zwischen den Küstern und Lehrern Goertz und Piertz wird ohne nähere Angaben 1732 ein "offermann Orth " erwähnt. 12

Am 7. Januar 1788 erklärten sich 22 namentlich genannte Einwohner von Weingarten und Rheder bereit, "gleichs unseren Vorfahren an unserem schul Haus die Nothwendige reparation zu Thuen". Es unterzeichneten: Joan Caspar Fortuner und Johann Elsig als Gerichtsscheffen, Wilhelm Flinck als Vorsteher von Weingarten und Lambertus Schaeffer als Vorsteher von Rheder. 13

Ein Verzeichnis der Lehrer im Amt Hardt aus dem Jahre 1792 besagt, daß in Weingarten Lehrer Heinrich Feuser tätig ist, der den Normalunterricht erhalten hat. 14 Die Zulassung zur "Normallehr" erteilte eine Schulkommission in Bonn.

Die Erkenntnis von der Notwendigkeit einer besseren Ausbildung der Lehrer führte im November 1783 zur Errichtung einer Normalschule in Bonn. 1786 fand der erste Normalkursus statt. Ein weiterer Kursus begann am 29. Mai 1787, an dem nach der Teilnehmerliste 25 Lehrer teilnahmen. Hierunter waren jedoch keine Stadtlehrer. Nach dem Prüfungsblatt wurden folgende Aufgaben gestellt:

Regeln zur Erweckung und Erhaltung der Aufmerksamkeit, katechetische Methode, deutsche Sprache, Lesemethode, biblische Geschichte, Rechenkunst, Pflichten und Eigenschaften eines Lehrers und Schönschreibekunst.

Eine Verordnung von 1787 brachte den Lehrern die Erleichterung, daß sie am Ende des Lehrgangs die Prüfung vor der Schulkommission ablegen konnten und danach approbiert wurden. 15

Heinrich Feuser stammte aus Todenfeld und bewohnte das Haus Weingartenstraße Nr. 15.

Eine Beschreibung des Schulwesens im Kreise Euskirchen 16 am Ende der französischen Herrschaft im Jahre 1814 enthält folgende interessante Aussagen.

"Die aus den Dörfern Wachendorf, Eschweiler, Weiler, Rißdorf, Lessenich, Antweiler, KaIkar, Weingarten und Rheder bestehende Bürgermeisterei Wachendorf hatte keine Primärschule; in Antweiler, Lessenich und Weingarten bestanden Küsterschulen. Die Küster sind sämtlich brave Menschen von gutem Charakter; ihre Bildung ist so gering wie ihr Vermögen, ihre Kenntnisse beschränken sich auf die Fähigkeit, den Kindern ihres Dorfes einen geringen Unterricht zu geben. An allen drei Orten besuchten nicht mehr als 20 Kinder die Schule; das Schulgeld betrug 6 bis 9 Stüber monatlich. "

Ein Aktenstück zum Weingartener Erbenwald enthält eine Aussage vom Jahre 1811, daß ein Gerhard Billig 1807 den letzten Kapitelshof in Weingarten gekauft hat. 17 Nach der Urkarte 18 des Jahres 1829 ist dieser jedoch nicht mehr Eigentümer des Wohnhauses; es gehört ihm lediglich ein Gebäude (heute auf dem Gelände von Herb. Spilles, Weingartenstraße ). Das Rechnungswerk der Pfarre Kreuzweingarten (1804 von Weingarten in Kreuzweingarten umbenannt) beinhaltete anfangs nie die Namen der Küster. Dies geschah zum erstenmal im Jahre 1834 mit dem vorgenannten Gerhard Billig. Es stellt sich die Frage, ob dieser nach dem Verkauf seines Wohnhauses (ehemaliger Kapitelshof) in das Schulhaus umgezogen ist und dort die Aufgaben der Küsterschule wahrgenommen hat. Eine Änderung der Schulverhältnisse trat ein, als der bisherige Lehrer zu Stotzheim im Kreis Rheinbach, Johann Peter Mies, am 17. März 1837 als Lehrer der Schule zu Weingarten an die Stelle des seinem Wunsch gemäß entlassenen Lehrers und Küsters Gerhard Billig ernannt wurde. 19 1840 wurde Lehrer Mies an die Knabenschule zu Heimerzheim versetzt. Zu diesem Zeitpunkt war Gerhard Billig noch Küster. Die Tochter Anna Elisabeth Billig, geb. am 12. 12. 1809, hatte 1837 den Lehrer Mies geheiratet.

11. April 1848

Schulvorstand, Kirchenvorstand und Gemeinderat von Weingarten berieten über das Schuleinkommen des künftigen Lehrers, nachdem der Lehrer Michael Custodis (aus Antweiler?) gekündigt hatte.

Custodis war von 1845 bis 1848 Küster. Da der künftige Lehrer gleichzeitig auch den Küsterdienst verrichten sollte, wurde sein jährliches Einkommen .auf 236 Thlr. Festgesetzt. 20

7. Juli 1848

Lehrer Franz Schulte trat den Dienst an der Volksschule Weingarten an. Er übernahm außerdem den Küsterdienst. Franz Schulte war möglicherweise der erste Lehrer in Weingarten, der den vorgeschriebenen dreijährigen Ausbildungskursus für Volksschullehrer absolviert hatte. Solche Ausbildungskurse hatte das Land Preußen bereits 1823 vorgeschrieben. Die Voraussetzungen für den Besuch der Seminare waren: Alter 16 Jahre, Pocken gehabt oder geimpft, gesunder Körper, gesunde Seele, verständliche deutsche Sprache, guter Menschenverstand, richtige Beurteilungskraft, haltbares Gedächtnis und fester Wille, sich dem Vaterland nützlich zu machen. Außerdem sollte der Seminarist Proben einer ungeheuchelten Gottesfurcht abgelegt und zum Schulamt unentbehrliche Geduld, Sanftmut und Liebe zu Kindern gezeigt haben. 21


17. Dezember 1857

An diesem Tage wurde die neu errichtete Schule in Billig eröffnet. Damit schied die Gemeinde Billig aus dem Schulverband Weingarten/Rheder, Calcar, Billig aus.


5. April 1863

Lehrer Franz Schulte wurde Kirchenrendant.


24. Juni 1866

Grundsteinlegung zum neuen Schulgebäude (heute Weingartenstraße Nr. 12 und 12 a).


9. Oktober 1868

Lehrer und Schulkinder versammelten sich zum letzten Mal im bisherigen Schullokal am Aufgang zur Kirche. Der Lehrer Franz Schulte, dem wegen der beschränkten und ungesunden Wohnung im alten Schulhaus schon seit einigen Jahren eine andere Wohnung im Dorf zugewiesen war, bezog die Lehrerwohnung im neuen Schulhaus.

3. November 1868

Am heutigen Tage, dem Beginn des neuen Schuljahres, begann der Unterricht in der neuen Schule. Pfarrer Peter Burger weihte das neue Schulhaus in Anwesenheit des Bürgermeisters Hilarius Stolz und der Vorstandsmitglieder Esser und Zingsheim ein. 22 Hilarius Stolz war am 1.12. 1815 geboren. Nachdem er mehrere Jahre als Vorsteher der Gemeinde Weingarten tätig gewesen war, wurde er 1846 von der Königlichen Regierung zum Bürgermeister der Bürgermeisterei Wachendorf ernannt und wirkte als solcher 30 Jahre zur vollsten Zufriedenheit seiner vorgesetzten Behörde, bis er durch ein hartnäckiges Gehörleiden sich veranlaßt sah, am 1. Januar 1876 sein Amt niederzulegen. Hilarius Stolz war zeitweilig mit seinen Geschwistern Eigentümer beider Weingartener Mühlen. 23


9. April 1876

Lehrer Franz Schulte gab die Küsterstelle, die er seit dem 7. Juli 1848 bekleidet hatte, auf.


4. April 1882

Lehrer Franz Schulte leistete seinen letzten Schuldienst und trat in den Ruhestand.



17. April 1882

Aspirant Hubert Stiefmacher aus Sinzenich trat auf unbestimmte Zeit die Lehrerstelle in Weingarten an.


4. Oktober 1882

Hubert Stiefmacher schied aus dem Schuldienst in Weingarten aus. Zum 1.10. 1882 wurde der Lehrer Theodor Kastenholz von der einklassigen Volksschule Mahlberg an die einklassige Volksschule Weingarten versetzt. Er nahm dort am 4.10. 1882 den Dienst auf. Theodor Kastenholz war am 24. 4. 1858 in Iversheim geboren und besuchte die dortige Volksschule und von 1875 bis 1878 das Lehrerseminar Brühl.

Seine Lehrtätigkeit in Weingarten war nicht besonders erfolgreich. Lehrer Kastenholz kündigte mit Schreiben vom 27. 7. 1886 den Dienst an der Volksschule Weingarten zum 15.9. 1886. Die Königliche Regierung zu Köln genehmigte am 4. 8. 1886 das Ausscheiden des Lehrers Theodor Kastenholz aus dem Schuldienst des Regierungsbezirks Köln.


1. Juni 1886: einklassige Volksschule mit Lehrer Theodor Kastenholz


Er verabschiedete sich von Weingarten am 15.9. 1886 mit folgendem Eintrag in die Schulchronik: "Nach beinahe vierjähriger Wirksamkeit hierselbst, verlasse ich heute die hiesige Schule, indem ich eine Stelle an dem Knabenwaisenhaus mit Pensionat Kemperhof bei Coblenz übernommen habe, die ich am 20. September antreten werde. Ohne meinen Nachfolger an hiesiger Stelle zu kennen, scheide ich mit dem Wunsche, daß es ihm gelingen möge, mehr als es mir gelungen ist, segensvoll in jeder Hinsicht zu wirken zur vollen Zufriedenheit der Schulgemeinde wie der vorgesetzten Behörde. Wolle Gott durch seine weise Fügung in der Erziehung ersetzen, was ich aus Unkenntnis oder mangelnder Thatkraft unterlassen habe. Gott schütze dich, liebliches Weingarten." 24

17. September 1886

Margarete Vilz übernahm vorübergehend den Dienst an der einklassigen Volksschule Weingarten.

Am 25.10. 1886 trat Heinrich Gebertz die Lehrerstelle an der einklassigen kath. Volksschule Weingarten an. Er war am 20. 8. 1866 in Bonn-Poppelsdorf geboren. Das Jahresgehalt war auf 1050 Mark festgesetzt. Am 3. 11. 1888 heiratete er Agnes Schröder aus Weingarten. Lehrer Heinrich Gebertz bewohnte die 1868 im Zusammenhang mit der neuen Schule erbaute Lehrerdienstwohnung.

Nach den Eintragungen in der Schulchronik belief sich die Schülerzahl 1896 auf 48 Knaben und 41 Mädchen. Das Gehalt des Lehrers wurde für die Volksschule Weingarten im Oktober 1897 auf nunmehr 1200 Mark zuzüglich 140 Mark an Alterszulage festgesetzt. Die Schülerzahl war zu dieser Zeit auf 95 gestiegen.

Mit Beginn des Winterhalbjahres (24. 10. 1898) wurde wegen der Überfüllung des Klassenzimmers Halbtagesunterricht eingeführt. Das bedeutete, daß morgens die Kinder des 1. bis 3. Schuljahres und nachmittags die Kinder des 4. bis 8. Schuljahres unterrichtet wurden. Die Schülerzahl ging 1902 auf 87 zurück und änderte sich in den folgenden Jahren nur unwesentlich. 25

Das Ehepaar Gebertz hatte 10 Kinder.

Die Einkommensverhältnisse der Lehrer und Lehrerinnen waren seit 1909 in ganz Preußen einheitlich und günstig geregelt worden. Sie bezogen bei endgültiger Anstellung mit vier Dienstjahren ein Jahres-Grundgehalt von 1400 Mark; dazu kamen Dienstalterszulagen nach drei Jahren im Gesamtbetrag von 1200 Mark, ferner eine Dienstwohnung oder eine entsprechende Mietentschädigung. Bei alleinstehenden oder ersten Lehrern und Lehrerinnen wurden außerdem 100 Mark Amtszulage gezahlt. 26

Am 7. 4. 1910 überreichte Kreisschulinspektor Keull in der festlich geschmückten Schule Lehrer Gebertz den Adler der Inhaber des Hausordens von Hohenzollern für langjährige verdienstvolle Tätigkeit unter schwierigen Schulverhältnissen.

Heinrich Gebertz legte im September 1913 den Grundstein für ein Eigenheim, das er am 14. Juli 1914 mit seiner Familie bezog (heute Weingartenstraße Nr. 23). Hierdurch wurde die große Dienstwohnung frei und die Einrichtung einer zweiten Schulklasse bei entsprechenden Umbauten ermöglicht. Lehrer Gebertz hatte außer dem Schuldienst im Laufe der Zeit noch mehrere Nebentätigkeiten übernommen. u. a. hat er über 50 Jahre lang musterhaft die Geschäfte des Kirchenrendanten geführt und war fast ebenso lang als Organist und Leiter des Kirchenchors tätig. Vom 16. 1. 1920 bis 8. 6. 1922 war er Gemeindevorsteher. Ab 1911 war er langjähriger Verwalter der Sparkassen-AnnahmesteIle der Kreissparkasse Euskirchen. Nicht zu vergessen sind seine Tätigkeiten im Vorstand des Darlehenskassen-Vereins Weingarten. Als die Königliche Regierung zu Köln am 3.7. 1901 neue Vorschriften für die Reinigung ländlicher Schulräume erließ, übernahm Heinrich Gebertz die Reinigung des Schulsaales "provisorisch" für 120 Mark im Jahr.

Die von Heinrich Gebertz geführte Schulchronik endet mit dem 6.8. 1914. Spätere Aufzeichnungen sind nach seinen Angaben bei der Besetzung der Schule durch französische und englische Besatzungstruppen nach dem 1. Weltkrieg in Verlust geraten. Er schrieb am 1.8. 1914: "Der Krieg ist da! Deutschland macht mobil, um Österreich beizustehen. In den nächsten Tagen müssen schon Jungen und Männer aus der Pfarre sich stellen." Viele hiervon waren von ihm unterrichtet worden. 27

Mit Wirkung vom 1. 1. 1925 wurde der Lehrer Heinrich Gebertz von der Regierung zu Köln in den dauernden Ruhestand versetzt. 28 Am 22.3. 1925 gestaltete die Gemeinde ihm im Jugendheim eine Abschiedsfeier mit einem umfangreichen Programm.

Nach dem Ausscheiden des Lehrers Heinrich Gebertz übernahm dessen Sohn Clemens August Gebertz am 1. 1. 1925 die Oberstufe der kath. Volksschule Weingarten. Er war am 16. 7. 1898 in Weingarten geboren und an der Präparandie und dem Lehrerseminar zu Euskirchen ausgebildet worden. Durch die Teilnahme am 1. Weltkrieg vom Nov. 1916 bis Nov. 1918 mußte er sein Studium unterbrechen. Zu Ostern 1919 bestand er sein 1. Lehrerexamen und war bis zur Anstellung in Weingarten an verschiedenen Orten zur Vertretung eingesetzt. Nach kurzer qualvoller Krankheit (Darmleiden) starb Clemens August Gebertz am 23. 6. 1926. 29


Krankheiten im Schulalltag

Früher wie heute waren es in erster Linie Krankheiten, die Kinder daran hinderten, am Schulunterricht teilzunehmen. Die hauptsächlichsten Erkrankungen waren Masern, Röteln, Keuchhusten, Lungenentzündungen, Diphterie und Scharlach. Vielfach traten Epidemien auf, durch die der gesamte Schulbetrieb lahmgelegt wurde. In der Zeit von 1851 bis 1912 starben im Schulverband Weingarten/Rheder-Billig-Calcar 26 schulpflichtige Kinder. Es starben an folgenden Krankheiten:

Gehirnleiden 3, Schwindsucht 5, Diphterie 7, Röteln 1, Unterleibstyphus 2, Nervenleiden 1, Drüsenerkrankung 1, Blutarmut 1, Rippenfellentzündung 1, Keuchhusten mit Lungenkatarrh 1, Blinddarmentzündung 1, Scharlach 1, ungeklärte Erkrankung 1.

Hierbei ist zu berücksichtigen, daß mit Eröffnung der neuerrichteten Schule in Billig am 17. Dezember 1857 die Gemeinde Billig aus dem vorgenannten Schulverband ausgetreten war.

Ein- bis zweimal jährlich wurde die Elementarschule Weingarten durch den "Armenarzt" aus Euskirchen besucht; dabei wurden die Schüler auf ansteckende Krankheiten untersucht bzw. geimpft. Von 1849 bis 1883 war dies bis auf wenige Ausnahmen Dr. Lücke. Ab 1884 führte der "Armenarzt" Dr. Schlecht diese Tätigkeiten aus. 30


Einrichtung und Unterhaltung von Baumschulen

Zum Tätigkeitsfeld der Eifellehrer gehörten auch die Baumschulen, die bereits in französischer Zeit angeordnet wurden. In den Baumschulen sollten die Schüler, die ja fast alle aus dem landwirtschaftlichen Bereich kamen, alles Wissenswerte über Anbau, Pflege und Veredelung, vor allem von Obstbäumen, lernen. Der Baumbestand war Eigentum der Gemeinde. 31

Das Thema "Baumschule" wird in der Schulchronik Weingarten zum ersten Mal 1879 erwähnt. Am 27. 4. 1879 trafen sich die Lehrer des Inspektionsbezirks Euskirchen zum Thema "Obstbaumzucht". Hierzu hatte die Königliche Regierung zu Köln mit Datum vom 18. 1. 1879 Anweisungen über die Behandlung der Baumschulen erlassen. Am 15. 3. 1880 wurde für die Baumschule der Volksschule Weingarten festgestellt, daß a) ein Zehntel der Samenschule bepflanzt ist, b) 255 Wildlinge und c) 41 veredelte Stämme vorhanden sind. 1882 kaufte die Gemeinde 100 dreijährige Apfel- und 30 Birnen-Wildlinge für die Baumschule. Bis zum Jahre 1894 enthält die Schulchronik jährlich einmal Eintragungen über den Stand der Baumschule. Ab 1895 wird über die Baumschule der Volksschule Weingarten nicht mehr berichtet. 32


Alljährlich wiederkehrende Schulfeiern von 1865 bis 1914

RegeImäßig von 1865-1887 wurde in der Schule von Weingarten am 22. März der Geburtstag des Deutschen Kaisers und Königs von Preußen, Wilhelm I. (geb. am 22. März 1797 und gest. am 9. März 1888) feierlich begangen. Auf dem Programm standen u. a. Festspiele mit folgenden Titeln:

a) "Ich bin ein Preuße",
b) "Huldigung der Blumen" und
c) "Das Bild des Kaisers".

Festreden, Deklamationen und Gesang durften nicht fehlen. Die Kinder erhielten einen "Kaiserwecken" aus Weißbrot. Von 1889 bis spätestens 1914 galten die Feiern dem am 27. Januar 1859 geborenen Wilhelm II., dem Deutschen Kaiser und König von Preußen von 1888 bis 1918. Der 27. Januar j.J. wurde stets "wie üblich" gefeiert. Von 1874-1897 wurde jährlich am 2. September der "Sedantag" (1./2.9. 1870 Entscheidungsschlacht und Kapitulation der französischen Armee) begangen. Im ersten Jahr trafen sich alle Lehrer und Schüler der Bürgermeisterei Wachendorf im dortigen Schulsaal. Der Ablauf dieses Gedenktages war mit geringen Abweichungen in den folgenden Jahren stets gleich. Ansprachen, Lebehoch auf Seine Majestät, den Deutschen Kaiser und König von Preußen, Singen des preußischen Nationalliedes "Heil Dir im Siegerkranz", Spiele der Kinder im Freien, Darreichen von Erfrischungen, Absingen eines zweiten patriotischen Liedes und nochmaliges Lebehoch auf Kaiser und König waren die erwähnenswerten Teile der Veranstaltung. An den Sedanfeiern nahmen auch regeImäßig Veteranen des deutsch-französischen Krieges von 1870/71 teil. 33


Schulentlassungsprüfungen

Bis zum ersten Weltkrieg wurden in den Volksschulen noch Entlassungsprüfungen durchgeführt. Schon in der "Allgemeinen Dienstinstruction für Landschullehrer" von 1822 ist die Rede von jährlichen öffentlichen Schulexamen, zu denen der Lehrer für den Ortspfarrer, der zugleich Ortsschulinspektor war, Lektions- und Zensurentabellen anzufertigen hatte. 34 Für Weingarten ist die jährlich durchgeführte Entlassungsprüfung durch die Schulchronik von 1849 bis 1914 belegt. An dieser Prüfung nahmen in der Regel der Ortspfarrer als Ortsschulinspektor, der Bürgermeister der Bürgermeisterei Wachendorf und Mitglieder des Schulvorstandes teil. 35


Einrichtung einer zweiklassigen Volksschule

Bei einer am 21. 6. 1913 durch Herrn Regierungs- und Schulrat Dr. Schaefer, Köln, und Herrn Schulrat Keull, Euskirchen, durchgeführten Revision der Schule in Weingarten wurde festgehalten, daß die Gemeinde Weingarten/Rheder zur Einrichtung einer 2. Schulstelle anzuhalten sei. Die Königliche Regierung zu Köln genehmigte am 4. 8. 1914 die Einrichtung einer zweiten Klasse vom Winterhalbjahr 1914 an. Um die ausgeschriebene Stelle bewarben sich 23 weibliche Kräfte. Der Schulvorstand des Schulverbandes Weingarten/Rheder und KaIkar entschied sich für die in Münstereifel wohnende Angelika Vallender. 36 Diese war am 27.3. 1893 zu Cues Kr. Bernkastel geboren und hatte 1914 ihr Lehrerexamen am Lehrerinnenseminar zu Münstereifel abgelegt. 37 1915 waren in der Unterstufe der Volksschule Weingarten 45 Schüler. Das Anfangsgehalt der Angelika Vallender belief sich auf 960 Mark jährlich. 38

Nach Räumung der Lehrerdienstwohnung durch die Familie Gebertz am 14. Juli 1914 konnte mit den Umbauarbeiten im Schulhaus und in der Lehrerdienstwohnung begonnen werden. Von der Lehrerdienstwohnung wurden 4 Zimmer über dem Schulsaal für die Einrichtung des 2. Schulsaales benötigt. Der frühere Gemeindesaal (Rittersaal) wurde in die Lehrerdienstwohnung einbezogen; an der Längsseite des Schulgebäudes wurde das Treppenhaus den neuen baulichen Anlagen angepaßt. 39

Die veränderte Dienstwohnung umfaßte 5 Räume; sie wurden von der Familie Vallender bewohnt (Eltern, 3 unverheiratete Töchter).

Nach ihrer Heirat am 20. 4. 1921 mit dem in Euskirchen geborenen und in Meinerzhagen, Kreis Altena, wohnenden Kataster-Landmesser Friedrich Lauscher 40 schied Angelika Vallender am 30. 6. 1921 aus dem Schuldienst aus. 41 Sie starb am 19.12. 1968 in Krefeld.

Am 6.7. 1921 übernahm Frl. Sibilla Weber aus Bonn auftragsweise die Unterstufe der Volksschule Weingarten. Sie wurde zum 1. 11. 1924 zur Volksschule Walberberg versetzt. 42


1924: Oberklasse mit Pastor Nik. Reinartz anläßlich des 25jährigen Priesterjubiläums (v.l.; Ka = KaIkar, R = Rheder): liegend: Heinz Schumacher (Ka), Josef Bergrath (R), August Stümper, Josef Glehn, Michael Stümper, Joh. Eschweiler (Ka), Jakob Schlösser, Josef Wolfgarten, Josef Lützeler, Franz Trimborn) Johann Bädorf, Johann Kronenburg;

knieend: Hubert Harzheim (R), Hubert Dissemond (R), Pfr. N. Reinartz, Sibilla Bühl (Ka), Agnes Schmitz, Katharina Ludes (K), Josef Hamacher (R), Anton Hack, Johanna Keip (Hardtburg), Toni Pitzen (R), Elisabeth Zinken (R), Josef Krein, Willi Trimborn, Adolf Bohnen, Jakob Bohnen, Bertram Spilles, Jakob Kranz (R), Heinrich Bädorf, Fritz Pitzen (R);

stehend: Josef Trimborn, Johann Gemünd, Michael Schmitz, Maria Bergrath (R), Gertrud Reichartz, Agnes Gemünd, Maria Emonds, Frl. Sibilla Weber, Gerta Keip (Hardtburg), Christine Hack, Luise Jonas, Maria Kühlechner (H. Broich), Katharina Strahser (R), Lehrer H. Gebertz, Gerta Höfle, Maria Pitzen (R), Eva Kronenburg, Anna Hamacher (R), Franz Weber (R).


Josef Lagier wurde Nachfolger des Clemens August Gebertz

Für den am 23. 6. 1926 verstorbenen Lehrer Clemens August Gebertz wurde Josef Lagier, geb. am 8. 4. 1895 in Siegburg, am 1. 8. 1926 von der Volksschule Lommersum an die Volksschule Weingarten versetzt. Josef Lagier beschäftigte sich sehr mit heimischem Volkstum und hat uns hierzu auch einige Beiträge hinterlassen (siehe z. B. die Beilage zum Euskirchener Volksblatt Nr.8/1927: "Was die Heimatglocken sangen und singen"). Zum 1. 12. 1933 wurde er an die Volksschule Derkum versetzt. Nach Beendigung des Krieges wurde er nicht mehr in den Schuldienst übernommen. 43


Franziska Schmitt löst Sibilla Weber ab

Nach dem Weggang von Sibilla Weber übernahm am 1. 11. 1924 Frl. Franziska Schmitt die Unterstufe der Volksschule in Weingarten. Diese war am 4. 7. 1894 in Weibern (Brohltal) geboren. Sie besuchte das Lehrerinnenseminar in Münstereifel und legte dort im Jahre 1914 die 1. Prüfung für die Befähigung als Volksschullehrer ab. Frl. Schmitt hat nicht die Lehrerdienstwohnung bezogen, sondern in dem Haus Antweiler Straße Nr. 2 (neben Brauhaus) gewohnt. Die Lehrerdienstwohnung wurde zur damaligen Zeit von dem Lehrer Clemens August Gebertz bewohnt. Nach Einrichtung des Wohnhauses Hubertusstraße Nr. 7 durch den Provinzial-Wegewärter Karl Bohnen zog Frl. Schmitt in diesen Neubau und lebte dort mit ihrer Schwester Helene zusammen, die 1936 Johann Trimborn (heute Am Schellberg) heiratete. Am 15. 1. 1955 beging sie ihr 40jähriges Dienstjubiläum. Ehemalige Schülerinnen und Schüler bescheinigen ausnahmslos ihrer Lehrerin Schmitt ein korrektes und gütiges Verhalten. Besondere Erwähnung findet allgemein ihr Eintreten für den katholischen Glauben. Es darf nicht unerwähnt bleiben, daß sie die Kinder und Jugendlichen im Bund deutscher Mädchen (BDM) betreute, ohne selbst Mitglied der NSDAP gewesen zu sein. Mit dem damaligen Pfarrer N. Reinartz hatte sie sich hierfür abgestimmt, damit "Schlimmeres" abgewendet werden sollte. Am 1. 4. 1958 trat Franziska Schmitt in den Ruhestand. Fast 34 Jahre war sie damit in Kreuzweingarten als Lehrerin für die Unterstufe und vertretungsweise auch in der Oberstufe tätig. Bei ihrem Ausscheiden aus dem Schuldienst fanden ein Dankgottesdienst in der Pfarrkirche und eine Feierstunde im Schulsaal statt. Nach Fertigstellung des neuen Hauses Am Schellberg im Jahre 1952 war Frau Franziska Schmitt zu ihrer Schwester Helene und ihrem Schwager Johann Trimborn gezogen. Hier starb sie am 10. 6. 1979 im Alter von 84 Jahren. 44


Die Jahre des Nationalsozialismus

Der Nationalsozialismus versuchte in zunehmendem Maße, die Volksschulen mit seinen eigenen Organisationen (Jungvolk, NS-Lehrerbund) zu verzahnen -gleichzuschalten -, um seinen eigenen Einfluß zu stärken. Das Zurückdrängen kirchlichen Einflusses geschah nicht schlagartig, sondern als langsamer, sich mit immer drastischeren Maßnahmen zuspitzender Prozeß. Nach einem Erlaß des Preußischen Ministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom 1. Juli 1937 sollten nach den Sommerferien die dazu befugten Lehrer und Lehrerinnen den gesamten schulplanmäßigen Religionsunterricht übernehmen. Mit Schreiben vom 22. Juli 1937 wurde dem damaligen Pastor N. Reinartz vom Regierungspräsidenten in Köln die Erlaubnis zur Erteilung des Religionsunterrichts mit sofortiger Wirkung entzogen. Der Konflikt mit der Kirche spitzte sich zu, als per Erlaß vom 18. 4. 1939 die Bekenntnisschule aufgelöst und in "Deutsche Volksschule" umbenannt wurde. Aus den Volksschulen mußten die Kreuze entfernt und durch das Porträt Adolf Hitlers ersetzt werden. Der Schulunterricht begann mit dem Hitlergruß; das gemeinschaftliche Gebet entfiel.

Am 10. August 1937 erließ Karl Joseph Kardinal Schulte, Erzbischof von Köln, einen umfangreichen Hirtenbrief, der am 15. August 1937 in allen heiligen Messen verlesen wurde und sich ausschließlich mit dem Verbot des schulplanmäßigen Religionsunterrichts durch die Geistlichen beschäftigte.

Zu diesem Zeitpunkt sollte Vikar Schwarz noch in der Unterstufe und in der Oberstufe der Volksschule Kreuzweingarten wöchentlich je 2 Stunden Religionsunterricht erteilen. Nach dem Verbot schulplanmäßigen Religionsunterrichts durch die Geistlichen erhielt die sonntägliche Christenlehre eine besondere Bedeutung für die Unterrichtung der Kinder durch die Geistlichen. Auch die außerschulische Unterrichtung der Kinder in Religion, die regeImäßig durch die in Kreuzweingarten eingesetzten Kapläne (ab 1940 Kaplan Ernst Weyer) im Jugendheim stattfand, war eine Maßnahme, die geduldet wurde. Im übrigen kam es auf das Geschick der jeweiligen Lehrperson an, ihren Gesamtunterricht entsprechend zu lenken. Dabei sei insbesondere auf den Abschnitt verwiesen, der sich mit Franziska Schmitt als langjährige Lehrerin der Unterstufe beschäftigt. 45


Dienstaufnahme des Lehrers Heinrich Gasch

Nach dem Weggang des Lehrers Josef Lagier wurde am 1. 12. 1933 der Lehrer Heinrich Gasch von Bergheim/Erft an die Volksschule Kreuzweingarten versetzt. Dieser war am 3. 3. 1901 in Frechen, Landkreis Köln, geboren. Er besuchte von 1907 bis 1915 die siebenklassige kath. Volksschule in Frechen, von 1915 bis 1918 die Präparandenanstalt und von 1918 bis 1921 das Lehrerseminar in Euskirchen.

Es bestand damals keine Möglichkeit, in den Schuldienst eingestellt zu werden; daher war Heinrich Gasch von 1921 bis 1929 bei der Rheinischen AG für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation Köln als Korrespondent und Statistiker tätig. Diese Tätigkeit betrachtete der zum Lehrer ausgebildete Heinrich Gasch gewinnbringend für die angestrebte Beschäftigung im Schuldienst. Sein Arbeitgeber gab ihm



Gelegenheit durch tageweise gewährten Urlaub und in Abendkursen zu einem germanistischen Studium an der Universität Köln im Zusammenhang mit einem intensiven Selbststudium. Außerdem besuchte er die Musikhochschule Köln.

Am 9. 3. 1934 legte Heinrich Gasch seine 2. Lehrerprüfung ab und wurde zum 1. 4. 1934 endgültig angestellt.

Die anschließenden Jahre bezeichnete er als "Ausbau eines reichen schulischen und musischen Lebens bei finanzieller Unterstützung durch einsichtige Gönner" .Er leitete eine weithin bekannte Kinder- und Laienspielgruppe und Sing- und Tanzkreise. Heinrich Gasch benennt als weitere Aktivitäten u. a. Herausgabe des bei Aug. Bagel, Düsseldorf, erschienenen Heimatlesebogens für den Kreis Euskirchen, Leitung der Kreis-Lehrer-Arbeitsgemeinschaften für Deutschkunde, Literatur und musische Bildung, Neuordnung, Einrichtung und Leitung der damals über 2000 Bände zählenden Kreis-Lehrerbibliothek Euskirchen und Berufung durch die Bezirksregierung Köln in den Arbeitskreis zur Schaffung eines neuen Lesebuches. 46

Im August 1942 wurde Heinrich Gasch an die Hauptschule Liblar (Oberliblar oder Liblar?) berufen; 47 1943 erfolgte die Einberufung zum Wehrdienst. Durch den Weggang von Kreuzweingarten wurde sein bisheriger Dienstposten frei; er konnte jedoch infolge Personalmangels nicht neu besetzt werden. Aus diesem Grunde wurde Vertretung durch die Lehrer an der dreistufigen kath. Volksschule Arloff-Kirspenich geleistet. Die Vertretung wurde über 3 Jahre lang nach dem Weggang von Heinrich Gasch recht unterschiedlich gehandhabt. Zunächst übernahm der Lehrer Stefan Barion 19 Stunden an der Oberklasse in Kreuzweingarten und pendelte zu diesem Zweck meistens mit dem Fahrrad zwischen Kirspenich und Kreuzweingarten. Stefan Barion war am 9. 1. 1903 in Großbüllesheim geboren. Nach dem Besuch der Präparandie und des Lehrerseminars Euskirchen war er 5 Jahre lang bei verschiedenen Firmen in Euskirchen tätig. Es folgten: 1929 Internatslehrer am Privatgymnasium Schweigert, Detmold; Hauslehrer Schloß Ulbersdorf, Sächsische Schweiz; 1930 Diasporalehrer und Organist an der Diasporaschule Weida (Thür.); 1934 Diasporaschule St. Elisabeth, Gera. 1935 folgte die Übernahme an die Mittelstufe der kath. Volksschule Arloff-Kirspenich. 48

Vom 3. 2. 1943 bis 3. 4. 1943 übernahm Lehrer Josef Hehnen von der kath. Volksschule Münstereifel die Vertretung in Kreuzweingarten. Nach dessen Wiederbeschäftigung in Münstereifel wurde das 7. und 8. Schuljahr von Kreuzweingarten mit der Oberklasse in Arloff vereinigt und dort von Hptl. Jakob Longerich unterrichtet. Als Lehrer Barion am 1.2. 1944 zum Wehrdienst einberufen wurde, übernahm Lehrer Wilhelm Röhrig aus Münstereifel die Vertretung. Dieser gab 4 Stunden in der Oberstufe in Arloff, 8 Stunden in der Mittelstufe in Kirspenich und 18 Stunden in der Oberstufe in Kreuzweingarten. Nach Ableistung des Kriegsdienstes und kurzer amerikanischer Gefangenschaft nahm Stefan Barion am 5. 12. 1946 den Dienst in Arloff- Kirspenich mit Genehmigung der britischen Militärregierung wieder auf. 49


Wiederaufnahme des Schulbetriebs nach dem 2. Weltkrieg

Der Tag der Wiederaufnahme des Schulbetriebs an der Volksschule Kreuzweingarten konnte nicht genau ermittelt werden, weil es hierzu sehr unterschiedliche Versionen ehemaliger Schüler gibt und eine Schulchronik für diese Zeit nicht geführt wurde. Einen ersten Hinweis liefert uns die Amtliche Verordnung für den Kreis Euskirchen Nr. 12 vom 6. 8. 45 (Stadtarchiv Euskirchen), in der es heißt: "Es ist damit zu rechnen, daß in Kürze der Unterricht im Kreisgebiet wieder aufgenommen wird." Die Schulchronik der Volksschule Frauenberg 50 enthält einen Zeitungsausschnitt folgenden Inhalts: "Nach Kriegsende begann der Unterricht am 1. Oktober 1945 in 52 Volksschulen mit 117 Klassen, 117 Lehrern und 4978 Schülern. Die Zahlen erhöhten sich dauernd, wurden jedoch am 31. Juli 1946 durch die Entlassung von 44 Lehrern und die Schließung von 10 einklassigen Schulen, weil deren Lehrer noch nicht zugelassen waren, unterbrochen." Möglicherweise erstreckte sich der Schulbeginn auch zunächst nur auf die Unterstufen. Dies geht aus dem Text in den Euskirchener Mitteilungen Nr.1 vom 15.10. 1945 (Stadtarchiv Euskirchen) hervor, wonach in den Landgemeinden des Kreises Euskirchen am Montag, dem 1. Oktober 1945, in 51 Ortschaften der Unterricht für die Unterstufen begann. In Arloff wurde die Schule (nur Unterstufe) am 1. 10. 1945 wieder eröffnet. Die Schuljahre 5-8 folgten später.

Das Schulgebäude in Kreuzweingarten war nicht beschädigt. Die Unterstufe wurde wieder von Frl. Franziska Schmitt unterrichtet. Da Lehrer Heinrich Gasch noch in Kriegsgefangenschaft war, unterrichtete der Volksschullehrer Heinrich Lott aus Rheder die Oberstufe. Den Religionsunterricht erteilte Kaplan Ernst Weyer. Heinrich Lott war am 31. 3. 1883 in Friedrich-Wilhelms-Hütte geboren. Er war unverheiratet und lebte mit den ebenfalls unverheirateten Geschwistern Katharina Lott (gest. 1969) und Johann Lott (gest. 1957) in Rheder in dem Haus Rheder Str. Nr. 15. Heinrich Lott war als Volksschullehrer an einer Hilfsschule in Köln tätig und verbrachte das Wochenende in Rheder. Ab September 1944 hatte er wegen Ausfalls des Schienenverkehrs keine Fahrmöglichkeit nach Köln und wurde weitestgehend im Rahmen des bereits eingeschränkten Schulbetriebs in Kreuzweingarten beschäftigt. Die Entlassungszeugnisse des Schuljahres 1944/45 der Oberstufe hat Lehrer Lott den in Betracht kommenden Kindern später zugestellt. Als Einheitszensuren galten "Gut" und "Sehr Gut". 51 Die Tätigkeit von Heinrich Lott an der Volksschule Kreuzweingarten endete mit der Rückkehr des Lehrers Heinrich Gasch.

Nach Kriegsdienst, amerikanischer Gefangenschaft und Entnazifizierung durch die britische Militärregierung nahm Heinrich Gasch am 12. 12. 1946 den Schuldienst an der Volksschule Kreuzweingarten wieder auf. Schon nach kurzer Zeit setzte er seine früheren besonderen Tätigkeiten fort. Er betätigte sich durch Mitarbeit im Volksbildungswerk Euskirchen und mit Sondervorträgen über die "Neuere deutsche Lyrik" und "Hauptwerke der europäischen Literatur" .Die neugegründete Laienspielschar in Kreuzweingarten spielte als Wanderbühne in allen grüßen Orten des Kreises mit Erfolg "Die Kronenbraut" von Aug. Strindberg. 1949 und 1950 gründete Heinrich Gasch ein Lehrer-Orchester und hatte die Leitung der Goethe- und Bachfeier für den Kreis Euskirchen. 52

Zum 1. 6. 1949 wurde Heinrich Gasch mit der Ernennung zum Rektor an die Volksschule Kommern versetzt. Frl. Franziska Schmitt, Lehrer Friedrich Ramm aus Stotzheim und Lehrer Franz Feist (anschließend Volksschule Mahlberg) übernahmen in der vorgenannten Reihenfolge die Vertretung in der Oberstufe für etwa drei Monate. 53

Heinrich Gasch wurde am 15.5. 1954 als Rektor an die kath. Volksschule Bornheim versetzt. Er starb am 21. 4. 1965 in Schlettstadt (Frankreich). Zu diesem Zeitpunkt war er noch im Dienst. 54


Sammeln von Eichenlaub, Kartoffelkäfern und Brombeerblättern

Während der beiden Weltkriege nahmen Material- und Rohstoffsammlungen einen breiten Raum ein. Die Schulkinder haben während des 1. Weltkrieges für das Militär Laub gesammelt, das als Pferdefutter Verwendung fand. 55 Sie gingen zu diesem Zweck in die nahen Wälder - Pfaffenhardt und Hardtwald - und streiften oder schnitten junges frisches Eichenlaub von den Bäumen, steckten es in die mitgeführten Säcke, breiteten es zu Hause zum Trocknen aus und nahmen es dann mit zur Schule. Während des 2. Weltkrieges und noch einige Jahre danach galten die besonderen Aktivitäten der Schulkinder der Bekämpfung von Kartoffelkäfern und deren Larven und Eiern. Nach den Amtlichen Verordnungen für den Kreis Euskirchen vom 9. 6. 1945 und 20. 6. 1945 wurde der Kartoffelkäfer als schlimmster Feind der Kartoffeln bezeichnet und die regeImäßige Absuche der Felder nach Kartoffelkäfern und deren Larven und Eiern zur Pflicht gemacht. Die Beteiligung der Schulkinder wurde als "Schulpflicht" bezeichnet. Die Felder wurden von den Schulkindern einmal in der Woche abgesucht. Erwähnenswert ist auch die Sammlung von Brombeerblättern, die als Viehfutter Verwendung fanden. Zu diesem Zweck wurden die Säcke dem Ortsbauernführer Ludes in Rheder abgeliefert.


Die Notlage der Schulkinder und Lehrpersonen nach dem 2. Weltkrieg

Es gibt eine Statistik aus dem Monat November 1946 über die Notlage der Schüler und Lehrer an den Schulen im Kreis Euskirchen. Danach kamen 17 v. H. der Kinder täglich nüchtern zur Schule. 23 v. H. erhielten täglich nur eine warme Mahlzeit. 55 v. H. fehlte das notwendige Schuhwerk überhaupt; 30 v. H. des restlichen Schuhwerks war entliehen oder nicht mehr reparaturfähig. 80 v. H. der Lehrenden hatten nur ein Paar gebrauchsfähige Schuhe. 90 v. H. der Schulen des Kreises waren mehr oder weniger beschädigt, zerstört oder lagen ganz am Boden. Der strenge Winter 1946/47 verschlechterte die Verhältnisse noch mehr. 56

In Kreuzweingarten war das Schulhaus unbeschädigt geblieben; jedoch reichten die 6 Ztr. Briketts, die im Monat zugeteilt wurden, bei weitem nicht zu einer ordentlichen Beheizung der Klassenzimmer aus. Es fehlten Lehr- und Lernmittel; die Zahl der Schulversäumnisse war sehr hoch. Das traf besonders auf die Kinder von KaIkar zu, die auf dem Schulweg bei schlechtem Schuhwerk auch noch auf einen nicht ausgebauten Feldweg angewiesen waren.


Fritz Müller wird Nachfolger von Heinrich Gasch

Fritz Müller wurde am 29. 12. 1911 in Olef bei SchIeiden (Eifel) geboren, besuchte vom 1. 4. 1918 - 31. 3. 1925 die Kath Seminar-Übungsschule in Euskirchen und anschließend bis 4. 3. 1931 die Wolfram v. Eschenbach-Schule (Staatliche Deutsche Aufbauschule in Aufbauform) Euskirchen. Abgang mit dem Reifezeugnis.

Im Anschluß an das Abitur war Herr Müller bis März 1932 beim Kreisjugendamt mit Bürotätigkeiten befaßt. Da seine Bewerbung zum Studium an der Hochschule für Lehrerbildung zu Bonn 1932 nicht berücksichtigt wurde, nahm er eine Gärtnerlehre bei der Gärtnerei Adam Breuer in Zülpich auf. Seine erneute Bewerbung zum


Schuljahr 1957/58 mit Frl. Franziska Schmitt und Lehrer Fritz Müller


Studium wurde auch 1933 abgelehnt. Daraufhin brach er seine Gärtnerlehre ab und meldete sich zum Freiwilligen Arbeitsdienst, den er von August 1933 bis Februar 1934 ableistete. Anschließend studierte er vom 12. 5. 1934 bis zum 20. 3. 1936 an der Hochschule für Lehrerbildung zu Bonn und erhielt das Zeugnis über die 1. Prüfung für das lehramt an Volksschulen.

Mit Unterbrechungen war Fritz Müller anschließend an der Höheren Schule Lechenich, im Bürodienst an der Städt. Berufsschule Euskirchen, an der Volksschule Sinzenich und der Volksschule Schwerfen vertretungsweise tägig. Mit Urkunde vom 16. 8. 1938 wurde der Schulamtsbewerber Müller zum Volksschullehrer in den Schulverband Schwerfen berufen. Zum 3. 4. 1940 wurde Lehrer Müller zum Infanterie-Ersatzbtl. 473 nach Graudenz einberufen und war anschließend beim Infanterie-Rgt. 39 im besetzten Frankreich eingesetzt. Mit dieser Einheit machte er den Vormarsch in Rußland bis vor Moskau mit. Er erlitt durch ein Infanterie-Geschoß in den linken Oberarm und in das Schulterblatt am 13. 1. 1942 eine schwere Verwundung und wurde aus diesem Grunde mit Ausmusterungsschein vom 5. 2. 1943 aus dem Dienst der Wehrmacht entlassen. Bereits vor dieser offiziellen Ausmusterung hatte er den Dienst an der Volksschule in Schwerfen wieder aufgenommen.

Am 16. 8. 1949 erhielt Lehrer Müller als Ersatz für den Lehrer Heinrich Gasch die Versetzung von Schwerfen nach Kreuzweingarten; am 3. 9. 1949 übernahm er dort die Oberstufe. Am 13. 3. 1961 erhielt Fritz Müller die Ernennungsurkunde zum Hauptlehrer und beging am 4. 5. 1965 sein 25jähriges Dienstjubiläum.

Bei Auflösung der Volksschule Kreuzweingarten am 31. 7. 1968 war Fritz Müller erkrankt. Er übernahm erst am 9. 8. 1969 die Grundschule Stotzheim. Am 8. 9. 1971 erkrankte Hptl. Müller erneut und mußte das Krankenhaus aufsuchen. Er nahm den Dienst nicht wieder auf und ging als Rektor der Grundschule Stotzheim am 1. 10. 1972 in den Ruhestand.

Fritz Müller starb am 24. 12. 1974. 57


Besondere Aktivitäten im Schulleben

Im Jahre 1955 verzeichnete die Schulchronik der Volksschule Kreuzweingarten folgende besondere Aktivitäten:

25.5.: Wandertag nach Wachendorf, Leßenich und Rißdorf,
9. 6.: Pockenschutzimpfung,
10.6.: Berufsaufklärung der Schulabgänger durch das Arbeitsamt,
18.8.: Schulsportfest in Wißkirchen,
26.9.: Kreisschulsportfest in Euskirchen
12.10.- Wochenaufenthalt im Schullandheim an der Steinbachtalsperre
16.10.: (5.-8. Schuljahr zusammen mit anderen Schulen),
Programm: Besuch der Hohensteiner Puppenspielbühne in der Euskirchener Realschule, Halbtagswanderung, Vortrag Stadtjugendpfleger, andere Vorträge, Halbtagswanderung,
10.11.: Martinszug,
30.11. : Besuch einer Tierschau und
21.12. : Adventsfeier.

Das vorstehende Programm des Jahres 1955 steht als Beispiel für vorhergehende und nachfolgende Jahre. 58


Errichtung eines neuen Schulgebäudes

Am 1. 9. 1965 wurde das neue Schulhaus in Kreuzweingarten am " Wiesenweg" (heute Josef-Gebertz-Straße ) in Betrieb genommen. Der Pfarrverweser, OStR Ernst Weyer, nahm die Einsegnung der Räume, Pausenhalle usw. vor. Es war die 13. neue Schule, die im Kreis Euskirchen im Jahre 1965 eingeweiht wurde. Bereits im Jahre 1954 hatte sich der Schulverband Kreuzweingarten/Rheder-Kalkar bemüht, die baulichen Verhältnisse der Volksschule Kreuzweingarten zu verbessern. Damals sollten an dem vorhandenen Gebäude in der Dorfmitte umfangreiche Reparaturen und Veränderungen durchgeführt werden. Alle Überlegungen scheiterten jedoch an den hohen Kosten. Im Laufe späterer Jahre setzte sich bei den für den Schulverband verantwortlichen Personen immer mehr die Erkenntnis durch, daß ein neues Schulgebäude an einer günstiger gelegenen Stelle die bessere Lösung wäre. Der Straßenlärm, die mangelnde Belüftungsmöglichkeit der Klassenräume, das Fehlen eines Gruppenraumes, eines Lehrmittelraumes, eines Lehrerzimmers und einer Pausenhalle waren die wichtigsten Punkte, die für einen Schulneubau mit einer Lehrerdienstwohnung sprachen. Das Gerangel um den besten Standort erstreckte sich über mehrere Jahre, weil a) der Standort Münsterberg einen längeren Weg für die Kinder aus Rheder und b) der Standort am Wiesenweg für die Kinder aus KaIkar ungünstiger war. Aus diesem Grunde glaubte der Rat der Gemeinde Kreuzweingarten/ Rheder mit einem Kompromiß dieses Thema aus der Welt schaffen zu können. Er beschloß in einer Sitzung am 7. 3. 1958, auf dem Münsterberg in Kreuzweingarten ein neues Schulgebäude mit 2 Klassen und "später" in Rheder ein neues Gebäude für eine einklassige Schule zu errichten. Glücklicherweise wurden diese Pläne nicht verwirklicht, da mittlerweile die Gemeinde KaIkar bemüht war, eine eigene Volksschule zu errichten und aus dem Schulverband auszutreten.

Damit verringerte sich die Schülerzahl an der Volksschule in Kreuzweingarten auf 61 Kinder. Für das neue Schulgebäude in Kreuzweingarten wurde nach der Entscheidung über den Austritt der Gemeinde KaIkar aus dem gemeinsamen Schulverband der Standort "Wiesenweg" festgelegt. Die Bauzeit erstreckte sich auf den Zeitraum von Ende 1963 bis 31. August 1965. Zu ihren längeren Ausführungen in einem Artikel vom 2.9. 1965 über die Inbetriebnahme des neuen Schulgebäudes wählte die Kölnische Rundschau in einem weiteren Beitrag vom 25.9. 1965 die Überschrift „Gemeindevertreter mit bedenklichen Mienen“ und wies darauf hin, daß das neue Schulgebäude statt der veranschlagten 254.000 DM nunmehr 430.000 DM und die Lehrerdienstwohnung statt 66.000 DM letztendlich 85.000 DM gekostet hätten. Die Mienen der Gemeindevertreter hätten sich jedoch bald aufgehellt, als sich die Möglichkeit zur Deckung der Mehrkosten durch die Inanspruchnahme von Rücklagen ergab. 59


Das Ende der Volksschulen am 31. 7. 1968

Im allgemeinen Wirtschaftsaufschwung am Ende der 50er Jahre wurde besonders seitens der Industrie und Wirtschaft Kritik am Volksschulwesen geübt. Der Vorwurf bezog sich vor allem darauf, daß die Volksschulen den vielfältigen Anforderungen der moderneren Gesellschaft nicht mehr gewachsen seien. Am 28. 10. 1964 beschlossen die Ministerpräsidenten der deutschen Bundesländer ein Abkommen zur Vereinheitlichung auf dem Gebiet des Schulwesens. Auf folgende gemeinsame wesentliche Punkte legte man sich fest:

1. Die Schulpflicht endet nach 9 Schuljahren.
2. Das Schuljahr beginnt am 1. August.
3. Die für alle gemeinsame Unterstufe trägt die Bezeichnung „Grundschule“.
4. Das 5. und 6. Schuljahr kann als Beobachtungsstufe eingerichtet werden.
5. Die Hauptschule schließt als aufbauende Schule an die Grundschule an und umfaßt die Schuljahre 5 bis 9 bzw. 7 bis 9. Ein 10. Schuljahr ist zulässig.
6. Ab der 5. Klasse wird eine Fremdsprache, in der Regel Englisch, gelehrt. 60

Damit war der Rahmen gegeben, wie das Schulwesen endgültig geregelt werden sollte. Für Nordrhein-Westfalen wurden am 23. Februar 1966 neue Richtlinien zur Einrichtung von Mittelpunktschulen erlassen; die Standorte für die neuen Hauptschulen wurden überall festgelegt. Unter Einschaltung zweier Kurzschuljahre wurde der Schuljahrsbeginn auf den 1. August (vorher Ostern) verlegt.

Nach einer Besprechung mit den Schulräten beim Regierungspräsidenten in Köln am 5. 3. 1968 über die Neuordnung des Volksschulwesens im Kreis Euskirchen sollten im Hinblick auf die kommende kommunale Neuordnung die Schulbezirke die künftigen Gemeindegrenzen grundsätzlich nicht überschneiden. Am 11. 4. 1968 beschloß die Vertretung der Gemeinde Stotzheim die Einrichtung einer Grundschule für das Gebiet der Gemeinde Stotzheim und der Gemeinde Kreuzweingarten/Rheder. Die Gemeinde Kreuzweingarten/Rheder beantragte am 24. 4. 1968 beim Regierungspräsidenten in Köln, die Jahrgänge 1-4 der kath. Volksschule Kreuzweingarten als selbständige Grundschule fortzuführen. Nach einer zweimaligen Ablehnung durch den Regierungspräsidenten wurde als Ausnahmeregelung eine zweistufige Grundschule in dem erst 3 Jahre alten Schulgebäude in Kreuzweingarten zugelassen. 61 Diese Grundschule hatte jedoch nur Bestand vom 1. 8. 1968 bis 31. 7. 1972.

Am 31. 7. 1968 wurden im Kreis Euskirchen alle Volksschulen aufgelöst und am 1. 8. 1968 Grundschulen und Hauptschulen in Betrieb genommen. Die Kölnische Rundschau hatte in ihren Ausgaben vom 18. 7. 1968 und 27. 7. 1968 geschrieben: "Es ist müßig, sich darüber zu streiten, ob die schulische Neuordnung einem pädagogischen Fortschritt gleichzusetzen ist. Der pädagogische Fortschritt aber kostet 30-35 wenig gegliederten Schulen im Kreis Euskirchen ihre Selbständigkeit. Die Schule in Kreuzweingarten soll nach dem Willen der Verwaltung Grundschule bleiben (zweistufig als Sonderregelung); Schulgebäude in einem Wert von 6-7 Mio. DM stehen leer oder werden im günstigsten Falle für andere Zwecke, wie z. B. Kindergärten, genutzt." Rund 2500 Schulkinder aus dem Kreis Euskirchen wurden mit dem Beginn der Neuordnung durch Busse und Züge zu den Grund- und Hauptschulen gebracht.

Die Hauptschüler aus Kreuzweingarten und Rheder besuchten zunächst die Hauptschule Satzvey. Nach der kommunalen Neugliederung am 1. 7. 1969 besuchten sie dann die Südschule im ehemaligen Emil-Fischer-Gymnasium Euskirchen, Billiger Straße, später die Georgschule in Euskirchen, und heute besuchen sie die Städt. Gemeinschaftshauptschule Joseph -Emonds-Schule Kuchenheim.

Das ehemalige Schulgebäude am Wiesenweg in Kreuzweingarten wird seit dem 15. Januar 1973 als Kindergarten genutzt. 1974 war vorübergehend hier auch der Schulkindergarten der Grundschule Stotzheim untergebracht, der jedoch vom Schuljahr 1974/75 an nach Palmersheim verlegt wurde. 62


Die Lehrkräfte der Grundschule Kreuzweingarten

An der zweistufigen Grundschule Kreuzweingarten waren Frl. Helene Bartosch und Frau Erika Buch tätig.

Frl. Bartosch war Leiterin und unterrichtete das 3. und 4. Schuljahr. Sie wurde am 18. 12. 1927 in Castrop-Rauxel geboren, besuchte dort die Katholische Kaiserschule (später Schlageterschule), die Heriburg-Schule (Staat!. Oberschule für Mädchen in Aufbauform) in Coesfeld und anschließend bis zum Zusammenbruch die Aufbauschule in Rüthen. Ostern 1950 legte sie an der Mädchenoberschule in Castrop die Reifeprüfung ab. Es folgten eine halbjährige Bürotätigkeit bei den Fischer-Tropsch-Werken und nach 4 Semestern Studium 1952 die erste Prüfung für das Lehramt an der Volksschule. Über die Volksschule Flamersheim kam sie am 17.4. 1958 an die Unterstufe der kath. Volksschule Kreuzweingarten. Nach der Auflösung der Grundschule Kreuzweingarten zum 31. 7. 1972 ging Frl. Bartosch mit Frau Buch zur Grundschule Stotzheim und übernahm dort den Dienstposten der Konrektorin. In Stotzheim trat sie am 1. 8. 1987 in den Ruhestand.

Frau Erika Buch wurde am 2. 3. 1927 in Dortmund geboren, besuchte von 1933-1937 Volksschulen in Dortmund-Kirchlinde und Dortmund-Marten und ab 1937 das Schillergymnasium in Dortmund, das im Juni 1943 nach Freiburg verlegt wurde. Nach einem bescheinigten Notabitur folgten die Beschäftigung in einem Rüstungsbetrieb und die Betreuung nicht evakuierter Schulkinder. Ab März 1946 besuchte Frau Buch einen Sonderlehrgang zur Erlangung der Hochschulreife, studierte anschließend bis zum 27. 7. 1948 an der Pädagogischen Hochschule Dortmund, die nach Lünen/Lippe ausgelagert war, und legte dort die erste Prüfung zum Lehramt an Volksschulen ab. Es folgten folgende Lehrtätigkeiten: vom 1. 10. 1948 - 30. 9. 1959 an der Volksschule Dortmund-Rahm, dann Volksschule Dortmund-Kirchlinde und vom 2. 3. 1960 bis 14. 10. 1960 an der evangelischen Volksschule Rheinbach. Nach mehreren Aushilfstätigkeiten an der Volksschule Kreuzweingarten wurde Frau Buch an der Grundschule Kreuzweingarten mit deren Inbetriebnahme wiedereingestellt und trat am 1.8. 1991 an der Grundschule Stotzheim den Ruhestand an. 63


Anmerkungen

Die Chroniken der kath. Volksschule Weingarten/Kreuzweingarten für die Jahre 1849 -1914 und 1946-1968 befinden sich bei der Grundschule Euskirchen-Stotzheim.

1) Zur Schulgeschichte der Euskirchener Gegend im 16. Jahrhundert, in "Unsere Heimat", Beilage zum Euskirchener Volksblatt 1927, Nr. 21
2) Becker, Thomas Paul, Konfessionalisierung in Kurköln, Bann 1989, S. 226 ff.
3) Pfarrer Corsten, Geschichtliche Landeskunde Nr. 2/1929 "Everhard Boßhammer/Ein rheinischer Landdechant (1594-1672)"
4) Hauptstaatsarchiv Düsseldorf (HStAD), Kurköln (KK) XII, Nr. 128
5) Pfarrer Corsten, a. a. 0.; Collatoren = Beitragszahler
6) Nachrichten über die früheren Pfarrer von Weingarten in "Kirchenzeitung der Erzdiözese Köln", 1935
7) HStAD, a. a. 0.
8) Pfarrarchiv Kreuzweingarten
9) Pfarrarchiv Kreuzweingarten, Akte Stiftung Boßhammer
10) HStAD, a. a. 0.; Deservitares = halten Gottesdienst
11) Pfarrarchiv Kreuzweingarten; 9ber = November
12) Ebd.
13) HStAD, a. a. 0.
14) HStAD, KK II, Nr. 1795
15) Zimmermann, W., Die Anfänge und der Aufbau des Lehrerbildungs- und Volksschulwesens am Rhein um die Wende des 18. Jahrhunderts. 1770-1826. Ein Beitrag zur Geschichte des rheinischen Schulwesens, Köln 1953-63
16) Das Schulwesen des Kreises Euskirchen am Ende der französischen Herrschaft (1814) in: "Unsere Heimat", Beiträge zum Euskirchener Volksblatt Nr. 1,3 und 4/1928
17) Landeshauptarchiv Koblenz, Bestand 256, Nr.6770
18) HStAD, Zweigarchiv Schloß Kalkum, Reg. Köln, Kataster, Nr. 14012
19) Amtsblatt der Königl. Regierung zu Köln, März 1837
20) Pfarrarchiv Kreuzweingarten, Kirchenvorstandsprotokoll
21) Arbeitskreis Eifeler Museen; Tafel, Griffel, Rutenstock, Meckenheim 1989, S. 51
22) Schulchronik Weingarten
23) Sammlung Hans Regh, Kreuzweingarten
24) Schulchronik Weingarten und Kreisarchiv Euskirchen, Akte 1/851
25) Ebd.
26) Kreisarchiv Euskirchen, Verwaltungsbericht des Kreises Euskirchen von 1898-1909, S. 223
27) Schulchronik Weingarten
28) Regierung, Abteilung für Kirchen- und Schulwesen, II B 1 Nr. 1323 vom 23.12. 1924
29) Sammlung Hans Regh, Kreuzweingarten
30) Schulchronik Weingarten
31) Arbeitskreis Eifeler Museen, a. a. 0., S. 194ff.
32) Schulchronik Weingarten
33) Ebd.
34) Arbeitskreis Eifeler Museen, a. a. 0., S. 174
35) Schulchronik Weingarten
36) Kreisarchiv Euskirchen, Akte 1/851
37) Pfarrarchiv Bad Münstereifel, "Festschrift zur Seminarerinnerungsfeier zu Münstereifel am 28. 5. 1926 "
38) Kreisarchiv Euskirchen, Akte 1/686
39) Schulchronik Weingarten
40) Stadt Mechernich, Standesamt Wachendorf
41) Amtliches Schulblatt für den Regierungsbezirk Köln vom 1.6. 1921, S.121
42) Stadtarchiv Euskirchen, Bestand Euskirchen V, Nr. 0037, Protokollbuch des Schulvorstands weingarten/Kreuzweingarten, 1880-1942
43) Frdl. Mitteilung von Winfried Lagier, Weilerswist-Lommersum
44) Sammlung Johann Trimborn, Kreuzweingarten
45) Pfarrarchiv Kreuzweingarten
46) Sammlung Ingrid A. Gasch, Bonn-Bad Godesberg
47) Stadtarchiv Bad Münstereifel, Schulchronik Arloff-Kirspenich
48) Frdl. Mitteilung von Stefan Barion, Euskirchen
49) Stadtarchiv Bad Münstereifel, Schulchronik Arloff-Kirspenich
50) Stadtarchiv Euskirchen, Bestand BIC
51) Frdl. Mitteilung von Arnold Lehser, Euskirchen-Rheder
52) Sammlung Ingrid A. Gasch, Bonn-Bad Godesberg
53) Schulchronik Kreuzweingarten
54) Sammlung Ingrid A. Gasch, Bonn-Bad Godesberg
55) Arbeitskreis Eifeler Museen, a. a. 0., S. 205 ff.
56) Kölnische Rundschau Nr. 19 vom 7.3. 1947
57) Sammlung Helmut Müller, Euskirchen-Kreuzweingarten; HStAD, Zweigarchiv Kalkum, Personalakte Fritz Müller; Schulchronik Kreuzweingarten
58) Schulchronik Kreuzweingarten
59) Kreisarchiv Euskirchen, Akte II/1016; Kölnische Rundschau vom 2.9. 65 und 25.9. 65; Kölner Stadt-Anzeiger vom 2.9.65
60) Arbeitskreis Eifeler Museen, a. a. 0., S. 249
61) Regierungspräsident Köln, Schulabteilung, Handakten
62) Kölnische Rundschau vom 12./13.5. 1973 und 25.1. 1974
63) Schulchronik Kreuzweingarten und frdl. Mitteilung von Frau Bartosch und Frau Buch


Entnommen: „1100 Jahre Wingarden“ - Kreuzweingarten 893-1993


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