Ausgewählte Artikel aus:
650 Jahre Stadt Euskirchen
1302 - 1952
Festschrift zum Stadtjubiläum


Reiner Keller
I. Zur Erdgeschichte des Euskirchener Landes


Die Eifel ist eine großlandschaftliche Einheit, die sich zusammensetzt aus vielen Kleinlandschaften. Sie ist als Ganzes ein Glied des alten variskisch gefaltenen, Mitteldeutschen Gebirges.

Im Altertum der Erdgeschichte war nicht nur das heutige Tiefland, sondern auch der Bereich der Eifel von Meer bedeckt. Die Küsten und das Festland müssen sehr weit von hier entfernt gewesen sein, denn am Boden des Eifelmeeres lagerten sich nur feinste Sedimente, feinste Tone und Sande ab. Große Gerölle und Schotter gelangten nicht hierher. Im Mitteldevon bildeten sich auch mächtige Kalkablagerungen. Bei Münstereifel und im Billiger Wald beträgt die Mächtigkeit der zur Devonzeit abgelagerten Sedimente heute noch rund 1500 m. Vielleicht ist das Meer niemals so tief gewesen; aber der Meeresboden senkte sich langsam, und so konnten die Sedimente immer mächtiger werden. Noch während der Devonzeit begann sich der Meeresboden zu heben. Dabei wurden die Sedimente zusammengeschoben, aufgebogen, gefalten und in Schollen zerlegt. Es entstand ein Festland. Die Formen dieses Festlandes sind heute nicht mehr zu sehen, denn die Erdgeschichte modellierte weiter. Am Rande des gebirgigen Festlandes konnten in einer Randsenke unter einem warmen, feuchten Klima üppige Wälder während vieler Jahrtausende hindurch gedeihen (Karbonzeit). Die pflanzlichen Reste wurden aus diesem randlichen Senkungsfeld nicht abgeschwemmt, sondern blieben erhalten und wuchsen zu großer Mächtigkeit an. Das Anwachsen dieser karbonischen Schichten wurde gefördert durch tektonische Senkungen, wie sie bei der devonischen Sedimentation schon beschrieben wurden.

Die Vegetation der Karbonzeit ist die Grundlage für die Entstehung der Steinkohle, die heute überall am Nordrande des Rheinischen Schiefergebirges, an Ruhr und Emscher, bei Aachen und auch nach Belgien, Frankreich und England hinein abgehaut wird. Nur im Düren-Euskirchener Eifelvorland fehlen diese Ablagerungen, da der Gebirgsrand damals viel weiter nördlich gelegen war.

Das feucht-warme Klima, übrigens häufiger durch Meeresüberflutungen variiert, wurde in der Permzeit abgelöst durch trockenere Klimate. Das Rheinische Schiefergebirge, in dem sich die marinen Tone und Kalke durch das große Gewicht der übereinanderlagernden Erdmassen, durch die hohen Temperaturen in großer Erdtiefe und durch Verfestigung bei der Gebirgsfaltung zu festen Schiefern, Grauwacken und Kalken umgewandelt hatten, wurde weithin abgetragen. Die Permzeit hinterließ in der Umgebung von Euskirchen keine Ablagerungen. Der Gebirgsschutt wurde weiter nordwärts verfrachtet. Das Zechsteinmeer dieses Zeitalters reichte nur bis zum unteren Niederrhein; es trocknete aber mehr und mehr aus und ließ die Salzlagerstätten zurück, die heute dort abgebaut werden. Erst die nachfolgende Triaszeit gab der Eifel südlich Euskirchen eine besondere Note, die sich im heutigen Landschaftsbild noch entscheidend auswirkt. Die roten, jetzt meist bewaldeten Sandsteine bei Mechernich, die als Eifelschutt hier abgelagert wurden (Hauptbuntsandstein = mittlerer Buntsandstein), die roten Ackerböden im Vlattener Hügelland (oberer Buntsandstein) und die vielgliedrigen und vielgestaltigen Formen des Wollersheimer Stufenländchens (Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper) verdanken den Gesteinen der Trias ihr Dasein. In keinem anderen Gebiet der Nordeifel findet man diese Landschaftstypen. Man muß schon bis zum äußersten Nordosten des Rheinischen Schiefergebirges oder in die Trier-Luxemburger Bucht reisen, um die gleiche Gesteinsform anzutreffen.

Im Laufe des Triaszeitalters drang das Meer von Norden mehrfach gegen die Eifel vor und suchte sich zu vereinigen mit einem Südmeer, das in die Trier-Luxemburger Bucht hineinreichte. Ob die Verbindung der Meere durch die Nordsüdsenke der Eifel gelang und wie weit die Meere damals erneut die Eifel überflutet haben, ist schwer zu sagen, denn die Ablagerungen wurden in späteren Zeiten weitgehend wieder abgetragen. Nur südlich Euskirchen und in der Eifelsenke blieben Buntsandsteinreste erhalten.

Diese Buntsandsteinreste (Hauptbuntsandstein), die sich im Mechernicher Bergland so bei Schmidtheim-Jünkerath-Gerolstein-Kyllburg finden, wurden größtenteils in einer Buntsandsteinwüste durch episodische Hochwasser abgelagert. Indessen zerbrach das starre Massiv des Rheinischen Schiefergebirges an vielen zum Teil schon alten Bruchlinien. Zahllose Verwerfungen zerrissen die alten Gesteinsschichten und versetzten sie gegeneinander. Die sich daraus ergebenden Senkungsfelder schützten viele Gesteine vor der Abtragung und erhielten in diesen Zonen einen raschen Wechsel der gesteinsgebundenen Landschaftsformen. Hier blieben die mitteldevonischen Kalke erhalten, die sich als altbesiedelte Ackerbaulandschaften scharf von der wald und ödlandreichen Schiefereifel abheben. Dort wo der Kalk dolomitisiert ist, was häufig im Zentrum der Eifelkalkmulden der Fall ist (Kernschichten), beleben felsenreiche Partien die Landschaft. Anderswo löste das Wasser den Kalk auf und schuf Höhlen. Entsprechend dem Gesteinswechsel lösen sich fruchtbare und unfruchtbare, waldreiche und waldarme Landschaften ab.


Abb1 Landschaftsprofil von der Roer zur Ville (Schema) entw. v. R. Keller

1 = schwere aluuviale Böden
2 = Diluvium
3 = Löss

4 = (miocäne) Braunkohle, nur im Bereich der Erftscholle und Ville dargestellt
5 = tertiäre Sande und Tone, sowie ältere Formationen

6 = Wald
7 = Grünland
8 = Siedlung


Die Erdbewegungen klangen nach der Triaszeit ab. Das Rheinische Schiefergebirge wurde wieder völlig eingeebnet. Die Jura- und Kreidezeit hat übrigens hier keine sichtbaren Spuren hinterlassen.

Als Mittelgebirge entstand das Rheinische Schiefergebirge in geologisch-junger Zeit neu, als sich im Tertiär (Oberoligozän) die rheinische Scholle wieder aus dem Meeresspiegel heraushob. Gleichzeitig bricht aber die Niederrheinische Bucht ab. Damit wird die heutige Grenze Eifel Tiefland, die auch das Stadtgebiet von Euskirchen durchzieht, geschaffen. Die alten Bruchlinien im Triasland und in der Zentraleifel leben wieder auf. Die jungtertiäre (miozäne) Gebirgshebung war im Rheinischen Schiefergebirge von heftigen vulkanischen Erscheinungen begleitet. (Gurlitt D. 1949). Die Niederrheinische Bucht sank an den Bruchlinien immer weiter ab, während sich gleichzeitig Schotter, Sande und Tone in dem Senkungsfeld absetzten. Auch die Braunkohle, die heute im nördlichen Teil des Kreises Euskirchen und im Bereich der nördlichen Ville und mittleren Erft abgebaut wird, entstand in der Miozänzeit, d. h. vor etwa 10 bis 20 Millionen Jahren. Zu den alten Störungslinien, an denen sich die Schollen der Erdkruste bewegen, treten neue hinzu. Im Tiefland wird zwischen Rhein und Erft die Ville als Horst herausgehoben; zwischen Erft und Roer bildet der Lommersumer Horst eine weitere nach NW verlaufende Bodenschwelle. Die Rurscholle und der Rurtalgraben sind die westlich anschließenden größeren tektonischen Bausteine des stark verworfenen südlichen niederrheinischen Tieflandes. (s. Abb. 1)

So war bis zum Beginn des Eiszeitalters (Diluvium) der Grundriß für die landschaftliche Großgliederung geschaffen. Bewegungen der Erdkruste an den Verwerfungslinien schufen die heutigen markanten Landschaftsgrenzen der Ville, der Eifel und des Tieflandes um Euskirchen.


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Edition H.K. September 2002


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