Forstamt Bad Münstereifel
Forstgeschichtliches zum Hardtwald bei Stotzheim, Kreis Euskirchen

Von Gerhard Naumann


Besichtigungen des Hardtwaldes im 18. Jahrhundert

Die enormen Bautätigkeiten und die aufwendige Lebensführung der barocken Kurfürsten im 18. Jahrhundert verschlangen sehr viel Geld und Holz. Zwar besaßen die Kurkölner Landesherren großen Waldbesitz, weit verteilt von der Nürburg, Altenahr, Linz, Kottenforst, Ville bis an den Niederrhein und in Westfalen, jedoch reichten die hier getätigten Holzeinschläge noch nicht einmal aus, um den Brennholzbedarf für die Hofhaltung in Brühl und Bonn zu befriedigen.

Mit großem Aufwand wurde Brennholz aus entfernten kurfürstlichen Waldungen auf der Wied und der Ahr getriftet („Wildflößerei“) wozu am Oberlauf Klausen (Schleusenwehre zur Regulierung der Wassermenge nach Bedarf) und am Unterlauf „Holzfänge“ (Holzrechen) eingerichtet werden mußten. Trotz aller Bemühungen kam nicht genug Brennholz in die Magazine in Brühl und Bonn aus den landesherrlichen Waldungen zusammen, und es mußte jahrelang für einige tausend Taler Brennholz zugekauft werden. Dies wiederum wollten die Kurfürsten nicht einsehen, denn sie steckten immer in Geldnöten. So kam bei Ihnen der Verdacht auf, die Forstleute vor Ort „mauerten“ und die Leistungskraft der landesherrlichen Wälder würde nicht richtig ausgeschöpft. Andererseits bestand die Sorge vor Übernutzungen, die die Holzlieferungen für die Zukunft in Frage stellten. Mangels Inventur und Planung gab es noch keine Möglichkeit, einen objektiv nachhaltigen jährlichen Hiebsatz zu entwickeln, ja man kannte noch nicht einmal die Flächengröße der landesherrlichen Waldungen, da diese noch nicht vermessen waren.

Also schickten die Kurfürsten bewußt nicht das eigene Forstpersonal, sondern ausgewählte „neutrale“ Hofräte ihrer Hofkammer (in der für forstliche Fragen speziell eine „Buschkommission“ gebildet worden war) zur Bereisung und Berichterstattung über den Zustand der landesherrlichen Wälder und die Höhe des möglichen nachhaltigen Brennholzbezuges aus diesen. Dabei wurde auch der Hardtwald mehrfach bereist. Die Bereisungsprotokolle sind erhalten und für das Verständnis der Entwicklung des Hardtwaldes im 18. Jahrhundert z.T. aufschlußreich.

1716 bereiste Hofrat Philippe de Noiseux, Berater der Hofkammer, wahrscheinlich ein Belgier, unterstütz vom „Buschinspektor“ Nicolas Claiße (auch Clesse) u.a. den Hardtwald (Staatsarchiv Düsseldorf, Kurköln II, Nr. 1355, nach einer Übersetzung aus dem Französischen von Christiane Neubauer). Er schätzt den Hardtwald auf 700 Morgen, wovon 480 Morgen als Hochwald mit Schlagholz im Unterstand und 220 Morgen als Hochwald ohne Schlagholz im Unterstand (wegen der Viehweide) ausmachen. Das Schlagholz sei in gutem Stand und sollte in 20-jährigem Umtrieb bewirtschaftet werden. Er kritisiert, daß Eichen aus dem Oberstand gefällt worden sind, ohne gleichzeitig das Schlagholz (Stockausschlag) im Unterstand zu schlagen. Das sei für den Wald verheerend, das nenne man „die Ochsen hinter den Pflug spannen“. Diese Kritik gründet sich in der damalig gängigen Zielvorstellung des zweischichtigen Mittelwaldes und der Sorge, es könnte sich ein einschichtiger Hochwaldbestand aufbauen. Bestände ohne Schlagholz im Unterstand sollten nach und nach mit einer jährlichen Fläche von 3 - 4 Morgen geerntet und danach Eicheln gesät und „... Bäume aller Art hier und dort ...“ gepflanzt werden, denn „... der Boden ist nämlich sehr gut ...“.

1720 bereits erfolgte die nächste Bereisung durch ein zahlreiches Gremium der Hofkammer (Staatsarchiv Düsseldorf Kurköln IV Nr. 403), das, von Mißtrauen gegen die wahrheitsgemäße Holzbuchführung geprägt, sich mehr um die Holzeinschlagsnachweisung kümmerte. „... was die heutige besichtigung ergeben ist anzumerken, daß auß denen zwischen den schlagholtz stehenden Eichen alzuviel ... gehauen worden, indem an vielen örthern keine alte genugsame Eich obhanden, welche des nötig Saamen zu Neuerung beybringen können ...“. Die Kommission beanstandet die fehlende Einschränkung der Weingartner Viehweide im hardtwald und die schlechte Qualität der von den Stotzheimer Bürgern gepflanzten Eichen. Auch müsse der Hardtwald vermessen werden, womit der Bonner Landmesser Adolph Mülhens beauftragt worden sei, und mußten die Alteichen gezählt und bonitiert und die jährlichen Schläge im Unterholz eingemessen werden. Das Schlagholz sei aber in gutem Stand.

Der Hauptanlaß der Bereisungen, nämlich mehr Brennholz für die Hofhaltung aus den eigenen landesherrlichen Wäldern bereitzustellen, um weniger ankaufen zu müssen, blieb durch diese Besichtigungen ungelöst. Daher kam es schon 1732/ 33 zu nächsten Besichtigungsreise der kurfürstlichen Wälder. Damit wurden Hofkammerrat Behren und Oberjäger Schaaff aus Münster beauftragt (Staatsarchiv Düsseldorf, Kurköln IV Nr. 404). Die hiesigen Forstchefs Freiherr von Weichs und Jacob Ostler wurden bei dieser Bereisung also erneut übergangen. „... Dieser Harter Bruch ad 1000 biß 1100 morgen befindet sich mit schönem jungen Schlagholtz und Eichenstahlen wohl versehen ... Übrigens stehen in dießem Wald annoch vielle abständige, auch noch einige zum Bau dienliche eiche ...“. Jedes Jahr gingen zu den beiden Kalköfen 1200 Karren Holz zum Wert von 800 Reichstaler, es würde viel zu viel Holz gestohlen, zu Unzeiten gehauen und der Wald durch das unsachgemäße Fällen verdorben. Die Blöcher (Eichenbauholz) wurden zu den Schloßbauten nach Brühl gebracht, außerdem je 2 Klafter Brennholz in die Holzmagazine von Brühl und Bonn. Die Viehweide würde nicht ausreichend eingeschränkt und schade dem Aufwuchs im Wald, und die berechtigten Einsassen von Stotzheim wären so häufig und in so großer Zahl im Wald, daß eine ordentliche Aufsicht fast unmöglich sei. „... Wan nun aus dießem allem genugsamb erhellet, daß in mehrgenannten Harther Busch übel gehaußet, durch das Kalckholtzhawen die mehriste Gelegenheit gegeben, auch dadurch ohne Zweifel, wan es diesmahl nicht geändert und eingestellet werde, der büsch zum volligen Verderbe gebracht werden muß ...“. Die Gutachter schlagen vor, das Kalkbrennen im Hardtwald einzustellen und stattdessen den Kalk anzukaufen, womit in der Bilanz Geld gespart und die Hofhaltung künftig 100 Klafter Bau- und Brennholz geliefert werden könne. Ferner sollten Holztage zur besseren Aufsicht eingeführt, und die Viehweide konsequenter eingegrenzt, die nötige Bepflanzung mit Eichen betrieben und ein Eichelkampf angelegt werden.

Was erfolgte aus all diesen Vorschlägen? Vermutlich nichts. Auch vom Ergebnis der schon 1720 befohlenen Vermessung hören wir nichts. Aus einer anderen Akte (Staatsarchiv Düsseldorf Kurköln IV Nr. 405) erfahren wir, daß 1737 die so viel Holz verschlingende Kalkbrennerei im Hardtwald immer noch nicht beendet wurde. Die Hofkammer beanstandet, daß nach dem letzten Bereisungsprotokoll keine Entscheidungen durch den Kurfürsten ergangen seien. Aller Art Bäume, ob gesund oder abständig, alt oder jung, seien überhauen worden, zum Teil mit unverantwortlicher Verschwendung, indem Stöcke „in Mannes und Halbmanneshöhe“ belassen wurden. Bei dem üblichen Kompetenzgerangel zwischen der Hofkammer und der kurfürstlichen Forstverwaltung wird die Schuld für diese Entwicklung hin und her geschoben, und der Kurfürst entscheidet nichts.

1742 kommt es zur nächsten Bereisung der kurfürstlichen Waldungen durch eine Kommisssion aus („neutralen“) Hofräten und örtlichen Bediensteten. Dieses Mal aber nahm der kurfürstliche „Obrist Forst- und Jägermeister“ Freiherr von Weichs daran teil (Staatsarchiv Düsseldorf, Kurköln IV Nr. 406). Der Hardtwald „... befindet sich übrigens in ebenen sehr wachsbahren Grund, und soll dem ruff nach 1100 morgen außmachen ...“. Nach wie vor weiß man aber die genauere Flächengröße mangels Vermessung nicht. Wieder wird der Hardtwald als Mittelwald „... mit Schlagholz im Unterstand nur auf der Weingartener Seite fehlt, weil hier die Viehweide nicht ausreichend eingeschränkt sei. Die „durchgehende landstraßen“ (die Hauptverbindung von Münstereifel nach Euskirchen ging bis zum Bau der Erfttalstraße über Kirspenich und Stotzheim durch den Hardtwald) war mit alten Eichen besäumt, die abständig waren und genutzt werden sollten.

Zum übrigen Teil des Hardtwaldes heißt es „..., daß solcher mit vielen ansehendlichen mehreren theils alerhands und überflüßig aufgehenden eichen staahlen durch und durch sambt schönsten glatt- und haam-Buchen schlagholtz dick besetzet ist ...“. Es war also reichlich Stockausschlag und Naturverjüngung aus Eichen, Buchen und Hainbuchen vorhanden, jedoch waren diese Bestände noch zu jung zur Nutzung. Erst in 12 jahren könnten reguläre Hauungen im 20-jährigen Umtrieb für die Brennholzlieferung der Hofhaltung vorgenommen werden.“ ... Der sichere Anschlag, wie viel jährlichs auß diesem Wald herzunehmen seiye, kan dessentwegen nit determinieret werden, weilen die morgen Zahl keines theils bekannt ist, und ohne welche alß die vornehmbste richtschnur auch nichts festgestellet werden kann ...“. Offenbar war die Kalkbrennerei im Hardtwald inzwischen eingestellt worden, denn davon ist keine Rede mehr.

Wie gewohnt wurden dem Kurfürsten umfangreiche Bereisungsprotokolle mit Entscheidungsvorschlägen vorgelegt, jedoch erfahren wir nichts über möglicherweise getroffene Entscheidungen.

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