Forstamt Bad Münstereifel
Forstgeschichtliches zum Hardtwald bei Stotzheim, Kreis Euskirchen

Von Gerhard Naumann


1860: Völlige Abkehr vom Mittel- und Niederwald

Die Taxations-Revision von 1860, erstellt durch Oberförster Schön, ist ein ungeheuer umfangreiches Werk mit 45 Beilagen, in dem einerseits lehrbuchmäßiger praktischer Waldbauunterricht bis ins kleinste Detail gegeben wird, andererseits wird sie aber auch in penibelster Weise als Kontroll-Instrument genutzt, in dem die Betriebsführung der abgelaufenen Forsteinrichtungsperiode überprüft wird. Man spürt den Taxator als selbst- und machtbewußten Menschen, der mit erhobenem Zeigefinger den Forstleuten des Kottenforstes die Leviten liest. Der Forsteinrichter meinte auch allen Anlaß zur Kritik zu haben, denn sein Ziel war es, möglichst gleichförmige Bestände zu erzielen. Und was war in den letzten 10 Jahren geschehen? Überall war in den Beständen geplentert worden und waren die entstandenen Lücken mit Nadelholz aufgefüllt worden.

Der Taxator war ein Laubholzfreund und kritisiert: „... indem namentlich das Einsprengen von Nadelhölzern in den allermeisten Fällen hätte unterbleiben und statt derer die Eiche und Buche gewählt werden können ...“. Er beschreibt, daß in den bisherigen Mittel-Waldbeständen: „..., in denen meistens übrigens schon vor dem Jahre 1845 Kahlhiebe geführt worden sind, (in) welchen ... der Anbau der Kiefer, Fichten und Lärche in gemischten Saaten, teils in gemengten Pflanzbüscheln folgte ...“. Der Forsteinrichter fordert regelmäßige Läuterungen und Durchforstungen anstelle des Ausschneidens von Ästen: „... wiewohl die durchgreifend vorgenommene Entastung und Schneidelung aller Kiefern ohne Unterschied, so wie der Laubholzwüchse nicht gebilligt werden kann, da bekanntlich die Kiefer diese Behandlung ... nicht verträgt ...“. Zur Förderung der Verjüngung von Eiche und Buche sollen Saaten auf Plätzen nach Mast dieser Baumarten ausgeführt werden, aber nicht ohne 20 - 25 cm (!) tiefe Bodenverwundungen. Die Saaten müßten dann mit Laub oder Ginsterbüscheln abgedeckt werden. Um den Eichenanteil zu erhalten ist „... unter die zu verjügenden Buchenbestände möglichst frühzeitig einen der Buchenverjügung vorauseilenden horstweisen Eichenaufschlag zu schaffen ...“. Bisher seien die Nadelholzsaaten besser gelungen als die Laubholzsaaten.

Dabei sei zu kritisieren, daß beim Nadelholz Mischsaaten gemacht worden seien, „... wo die eine Holzart notwendigerweise zu Grunde gehen muß und wo in der Regel diesem Schicksal die Fichte verfällt ...“. Nicht nur seien „... Nadelholzkulturen auf Kosten des Laubholzes in kaum zu rechtfertigender Weise begünstigt worden ...“. Die Kiefer sei hier schlecht und passe nicht in den Kottenforst. Die Weißtanne müsse mehr angebaut werden, jedoch sollen Nadelhölzer im Pflanzkamp als 4-5jährige Einzelpflanzen oder büscheln mit nur 3 Pflanzen herangezogen und mit „Dammerde“ vorbereiteten Pflanzlöchern ausgebracht werden. Auch Eichen sollen aus dem Pflanzkamp genommen und nicht mehr wie bisher als hohe Heister, sondern als 3-4jährige „Loden“ zur Auspflanzung kommen.

Die Kritik war sicher nicht unberechtigt:
Im Hardtwald war die Fläche der Bestände mit Nadelholz von 1850 bis 1860, also in 10 Jahren, um das 3fache angestiegen und umfaßte 1860 schon 35 % der gesamten Waldfläche.

Erstmals setzte ein Einrichter auch auf die von Natur aus eigentlich dominierende Baumart Buche: „Die Buche bleibt überall die treue Begleiterin der Eiche und verläßt sie nur auf den ganz nassen, sauren Böden, bildet dagegen auf dem Grauwackeboden der Forste Wormersdorf und Hardt, wo das Nadelholz sie schon verdrängt hat,, ... den herrschenden Bestand.“. Die mittleren Altersklassen fehlen bei Buche und Eiche. Mehr als die Hälfte der Buchenfläche ist noch keine 40 Jahre alt. Hauptziel sei die Erziehung der Eiche in angemessener Mischung mit der Buche und mit möglichst hohem Nutzholzanteil. Eiche erreiche mit 100 Jahren nutzbare Stärke, habe aber erst mit 150 Jahren ihre Kulmination. Um auch Eichen-Starkholz vorrätig zu haben, sollten Eichen-Übelhälter mit 200jähriger Umtriebszeit herangezogen werden. Die Buche habe schon mit 100 Jahren (!) ihre natürliche Reife, Fichte und Tanne sollten 70-80 Jahre alt werden, während Kiefer schon mit 40-60 Jahren hiebsreif sei. Der Holzabsatz aller Sortimente sei bestens gesichert und würde kein Problem bereiten.

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