Forstamt Bad Münstereifel
Forstgeschichtliches zum Hardtwald bei Stotzheim, Kreis Euskirchen

Von Gerhard Naumann


Die Taxation 1879 und Jahre intensivster Kulturmaßnahmen

Die privaten und kommunalen Wälder des südlichen Rheinlandes, die flächenmäßig viel größer waren als der Staatswald, waren inzwischen weitgehend zu Niederwald umgeformt worden. 1877 wird geschätzt, „daß höchstens 1/5 der ganzen Waldfläche des Bezirks auf den Hochwald gerechnet werden kann“. Die Staatswälder wie der Hardtwald ragten daher wegen des Vorhandenseins von relativ viel Altholz in den ehemaligen Mittelwaldungen wie Inseln aus dem Meer an Jungwald der Umgebung hervor. An anderer Stelle wird sogar von „rauhen Einflüssen der von der entwaldeten Eifel herüberwehenden Winde“ gesprochen und beklagt, daß in den letzten 20 Jahren in 11 Jahren Spätfröste aufgetreten sind, die das Laub zerstörten. „... Diese regelmäßigen Maifröste bilden Momente, welche allein schon für eine dunkle Stellung der Samenschläge und für die plenterweise Verjüngungsmethode sprechen ...“.

Schließlich war man auch aufgeschreckt durch einen gewaltigen Sturmwurf in der Nacht vom 12. auf den 13. Februar 1869, wie man ihn noch nicht erlebt hatte. Allein im Kottenforst waren 10.000 fm Nadelholz umgefallen. Erneut überfiel am 12. und 13. März 1876 ein gewaltiger Orkan den Kottenforst, der alle nicht besonders geschütz liegenden Nadelholzbestände umwarf und auch im Laubholz vielfach Einzelwürfe veranlaßte: „... Der Sturm kam aus West-Süd-West und hatte den nachteiligen Erfolg bezüglich der Kiefern und des Laubholzes vorzugsweise deshalb, weil der Boden vorher durch anhaltendes Regenwetter vollständig aufgeweicht war. Eigentlicher Bruch ist deshalb auch nur wenig erfolgt, vielmehr fast durchgängig Wurf; derselbe zeigt in auffälliger Weise, daß die Kiefer auf den hiesigen nassen, schweren Boden eine eigentliche Pfahlwurzel nicht ausbildet und da auch die Seitenwurzeln, die weniger befestigten wie die Fichte, unter hiesigen Verhältnissen durch Stürme mindestens ebenso, vielleicht mehr gefährdet ist als die Fichte ...“. Erneut seien 10.000 fm Nadelholz umgefallen, auch 20 - 30-jährige Kieferndickungen flächig niedergedrückt, die heute, 3 Jahre später, immer noch vielfach unaufgearbeitet herumliegen. Der Holzmarkt war zusammengebrochen, Grubenholz nur noch zu Brennholzpreisen absetzbar. Man ärgert sich: „... die Nadelhölzer, welche hier zum Häuserbau Verwendung finden, werden meist durch Wassertransport (Flößerei) aus dem Schwarzwald und der Pfalz und, durch die günstigen Tarife veranlaßt, per Bahn aus Österreich bezogen ...“. Im Kottenforst gab es kein Nadel-Starkholz.

Diese Ergebnisse veranlaßten die Einleitung der neuen Taxation. Es sollte der weitere Nadelholzanbau und ferner überprüft werden, welche derzeitigen Hoch- oder Mittelwaldbestände wieder zu Eichenniederwald mit der wirtschaftlich lukrativen Lohenutzung zu überführen sind.

Als Taxator waren unter Leitung von Oberforstmeister von Kalitsch zunächst Oberförster Candidat Hüffler und danach Oberförster Knorr eingesetzt.

Wiederum stellte man fest, daß die bisherigen Vermessungs- und Kartenunterlagen, die alle noch auf der „Urvermessung“ von Roesen 1825-27 basierten, mangelhaft waren. Da aber Kataster-Neuvermessungen im Gange waren, einigte man sich darauf, deren Ergebnisse abzuwarten und auf deren Grundlage Innenvermessungen vornehmen zu lassen, wodurch man von den Inselkarten loskäme und die Forstvermessung in die Katastervermessung einbinden könne.

Die Stellungnahme der Forsteinrichter zum Wirtschaftsbetrieb der letzten 20 Jahre fällt recht unterschiedlich aus: Die Wirtschaftsregeln der Forsteinrichtung von 1860 seien eingehalten worden. So sei man ein gutes Stück bei der Überführung von Mittelwald in Hochwald vorangekommen, allerdings gefördert durch übertriebenen Nadelholzanbau im Kottenforst „... wird man auf fast allen jetzt mit Nadelholz bestandenen oder zum Nadelholzanbau bestimmten Böden ... in letzter Linie gleichfalls die Erziehung der Eiche wieder ins Auge fassen müssen...“, womit man aber keine Eile habe.

Die 1860 geübte Kritik am Anbau der Kiefer sei falsch gewesen, da diese Baumart die „beste Vertilgerin der Heide“ sei, und unter ihr und unter Lärche vorzüglich Eiche nachgebaut werden könne. Die Lärche solle im übrigen entlang der Wege gepflanzt werden, damit diese im Frühjahr schneller abtrocknen könnten.

Dagegen sei die Buche und die Fichte durch die Forsteinrichtung von 1860 zu sehr befördert worden. Die Tanne habe sich gar nicht bewährt, da sei zu stark dem Wildverbiß ausgesetzt sei. Die Zusammenstellung der von 1860 bis 1879 in der gesamten Oberförsterei durchgeführten Kulturen gibt einen guten Überblick über das Geschehen.

Baumart

Saat
Hektar

Pflanzung
Hektar

Gesamt
Hektar





Eiche
Buche
Birke
Ahorn

208
33
-
-

75
2
7
2

283
35
7
2

Zus. Laubholz

241

66

327





Fichte
Kiefer
Tanne
Lärche

1
61
3
-

213
40
18
24

214
101
21
24

Zus. Nadelholz

65

295

360





Zus. Laub- und Nadelholz

.
306

.
381

.
687

Tabelle 1: Von 1860 - 1879 in der Oberförsterei Kottenforst durchgeführte Kulturen

Zu diesen „künstlichen Kulturen“ kommen noch nicht näher quantifizierte Naturverjüngungen: „Insbesondere sind auf ausgedehnten Flächen natürliche Verjüngung von Eiche-Altholzbeständen gelungen, so daß Eichen- und Buchenbaumholzbestände im „plenterweisen Schlagbetrieb“ verjüngt werden. Hauptziel sei die Nachzucht der Eiche. Bei Mastjahren soll die Verjüngung durch Bodenverwundungen unterstützt werden und, wenn die Verjüngung aufläuft, soll innerhalb von 15 Jahren der Altbestand geräumt werden. Alle Lücken im Bestand sollen mit Eichen ausgepflanzt werden. Jungbestandspflege und Durchforstungen sind zu intensivieren. Zu der Forsteinrichtung von 1860 war die Durchforstungsmasse mit nur 1/9 der Gesamtnutzung angesetzt gewesen. Diese ist „in der praktischen Handhabung mit Recht erheblich überschritten worden, ohne daß das Maß des Wünschenswerthen ganz erreicht wäre.“

Durch gesonderten Ministererlaß wurden im Hardtwald die Distrikte 18, 22, 23, 24 und 27 zum Umbau zu Eichenschälwald bestimmt, weil hier der Unterwuchs überwiegend aus Eiche bestehe und die Standortverhältnisse karg seien.

Bei der Abnahme des Forsteinrichtungswerkes 1880 wurde dann bemängelt, daß die Umsetzung noch nicht erfolgt sei, wohl weil sich die forstleute vor Ort dagegen sperrten. Eine Überprüfung führte schließlich dazu, die Bestimmung zum Umbau zu Eichenschälwald auf die Distrikte 23, 24 und 27 zu begrenzen. 1894 erfahren wir, daß im Hardtwald neben dem schon „immer“ als Niederwald bewirtschafteten Distrikt 14 (Cornelimünsterbusch) lediglich die Distrikte 26 b und 28 b mit insgesamt 18,2 ha zu Eichenschälwald erzogen wurden.


Abb 3: Die Försterei Hardtburg. Kartendarstellung im Maßstab 1 : 25.000 von 1907
(Quelle: Archiv Forstamt Kottenforst).

Für die Jahre 1861 bis 1925 ist der Bezug von Holzsämereien im Taxationsnotizbuch Teil I exakt nachgehalten. Allerdings fehlen in der Regel Angaben darüber, ob das angekaufte Saatgut in die eigenen Forstkämpe zur Aufzucht von Pflanzen verwandt oder direkt (und wo?) im Wald ausgesät wurde. Die angegebenen Samenmengen sind jedenfalls ungeheuer hoch und verschlangen viel Geld. Aus heutiger Sicht würde man von einer unverantwortlichen Verschwendung sprechen. Heute interessiert auch sehr die Herkunft des Samens, die Wachstum und Qualität der Bestände stark beeinflußt. Eicheln und Bucheckern wurden überwiegend im eigenen Wald gesammelt, aber zu etwa 1/3 auch von außerhalb angekauft, wobei Bezüge von Lieferanten aus Darmstadt, Thüringen, Miltenberg, Griesheim und den benachbarten Oberförstereien Siebengebirge und Königsforst vorkommen. 1887 wird mit Enttäuschung vermerkt (Taxations-Notizbuch): „Die von Appel (Darmstadt) bezogenen Stieleichen, vielfach ungarischer Abkunft ... haben ... im Kurtenbuscher Aufforstungsgebiet die schlechtesten Resultate gehabt ...“. Kiefer und Fichtensamen wurde überwiegend aus Thüringen, Brandenburg und Sachsen bezogen (Darren in Falkenberg), Limlingerode, Hohenbucko), zu geringen Teil aus Hessen (Darren in Wolfgang und Darmstadt), Lärchen dagegen meistens aus Liebenthal „... wie bisher aus Waldungen, in denen die Lärche in Urwaldform vorkommt ...“. Der Fremdankauf von Pflanzen wird erstmals 1896 genannt und bekommt dann stetig steigende Bedeutung, während der Samenbezug im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts zurückgeht. Diese Kulturmaßnahmen müssen als überaus intensiv bezeichnet werden. Ständige Rückschläge durch ausbleibende Masten, fehlende Keimung des Saatgutes, Pilzbefall, Frost oder Trocknis mußten hingenommen werden, schreckten aber offensichtlich nicht vor mehrfachen Wiederholungen ab.

1914 heißt es (Taxations-Notizbuch): „... Die Samenjahre aller Baumarten werden immer seltener. Schon Cotta sagt von 100 Jahren: „der Wald wird immer unfruchtbarer und der Boden wird immer unempfänglicher.“ ..“. 1873 war eine derartige Dürre, daß der Hardtburger Ringgraben völlig ausgetrocknet war. 1893 herrschte in der Landwirtschaft eine große Not an Streu und Futter, was zu immensen Streu- und Grasnutzungen im Wald („An Streu kam zur Abgabe 29.501,75 Raummeter, für welche 383,35 Mark Einnahmen erfolgten“) führte. Dies geschah mit Sicheln, wobei jede Menge Kulturpflanzen mit abgehauen wurden. „So gehört das Jahr 1893 zu dem für den Kulturstand des Waldes verhängnisvollsten des Dezenniums.“

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