Forstamt Bad
Münstereifel
Forstgeschichtliches
zum Hardtwald bei Stotzheim, Kreis Euskirchen
Von Gerhard Naumann
Der
Hardtwald im 2. Weltkrieg
Seit 1933 wohnte Förster Olberg auf der Hardtburg als zuständiger Betriebsbeamter für den Hardtwald und die verschiedenen Kommunalwälder. Er erlebte die Kriegszeiten und ersten Nachkriegsjahre selbst in der Hardtburg, und hat hierüber 1953 in einem Bericht an das Forstamt Ville in Brühl (Archiv Forstamt Bad Münstereifel) so lebhaft geschrieben, daß wir ihn nachfolgend selbst zu Wort kommen lassen wollen:
Im Rahmen einer autarken
Wirtschaft wurden seit den Vorkriegsjahren 150 - 200 % des
normalen Zuwachses (850 fm) eingeschlagen. 1941 begannen die Feindflieger mit dem Abwurf von Spreng- und Brandbomben im hiesigen Bezirk. Im Sommer 1941 fielen abends die ersten Sprengbomben, 3 Stück auf das Dienstland und schlugen die Splitter einzelne Fenster durch. In den nächsten Tagen fielen quer durch das Revier Phosphorbomben - Distr. 23 a in Richtung 26 b. Diese Bomben verursachten lediglich Bodenbrände, welche jedoch tagelang anhielten, da bei Sonneneinwirkung der Phosphor sich neu entzündete. Der herbstliche Rückzug aus Frankreich 1944 brachte der Hardtburg neue Einquartierung. 25 deutsche Soldaten und 20 russische Kriegsgefangene. Die Aufgabe dieser Leute bestand darin, ein Benzin- und Oellager einzurichten. Diesmal wurden die Fässer in die Erde versenkt und mit Tarnmaterial überspannt. Die Erdauswürfe in den Distrikten 18b und c, 21 a, 22 b, 23 a und b und 25 a stammen daher. Zu gleicher Zeit rückt ein Kommando freiwilliger Ungarn hier an (lagen in Stotzheim in Quartier) und hauten Generatorenhölzer. Es wurden viele Bestände stark durchforstet und alle Feldränder auf 10 - 20 m Breite abgetrieben. Rund 3000 fm kamen zum Einschlag. Diese ganzen Arbeiten, sowie das nächtliche Ein und Ausfahren der Kraftwagen, welche Benzin und Oel brachten oder holten, war den Feindfliegern nicht unbekannt geblieben. Der Erfolg war, dass laufend Bomben in der Hardt fielen. Besonders die Jäger warfen über Tag die sogen. Splitterbomben, welche in den Baumkronen detonierten und grosse Löcher in die Bestände von 23 a, 23 b, 24 a und 25 a rissen. Das Holz wurde dann gleich wieder zu Generatorenholz verarbeitet. Dazu kamen die laufenden Anforderungen der Wehrmacht an Stangen usw., welche im Wege der Durchforstung entnommen wurden. Einige Zeit lagen die Truppen
der V-Waffen in der Hardt und wurden tagsüber ständig
von den Feindjägern beschossen. Hierdurch sind die Hölzer
in bald allen Beständen mit Splittern versehen. Am Montag, den 5. April 1945 konnte ich des nachmittags vom Torbogen aus den Anmarsch der amerik. Panzer aus dem Stadtwald Euskirchen in Richtung Roitzheim beobachten, wo sich eine Kompanie Fallschirmjäger festgesetzt hatte und bis zum nächsten Morgen ausheilt. Gegen abend wurde Stotzheim besetzt, es fielen dort noch 9 deutsche Soldaten beim Kampf um den Bahnhof. 2 Amerikaner fielen ebenfalls. Kurz vor 7 Uhr abends rückten die Amerikaner von 28 aus über das Dienstland in Richtung Hardtburg vor. Ein deutscher Leutnant mit 2 Mann nahmen diese anrückenden Truppen und Panzer, von hier aus, unter Feuer mit 3 Infanteriegewehren. Dieser Unsinn verletzte einen Amerikaner und zogen sich diese daraufhin nach Stotzheim zurück. Der Erfolg war, dass in den Erftwiesen 15 cm Geschütze aufgefahren wurden und die ganze Nacht hindurch mit Pausen die Hardtburg und der umliegende Wald beschossen wurde. Ich selber sass im Keller der Hardtburg und zählte mit monotoner Gleichgültigkeit die Einschläge, etwa 400. 1 Schuss traf in das Fenster im linken Zimmer der 1. Etage, riss ein grosses Loch und zerschlug ein Schlafzimmer. Ein zweiter Schuss traf den Giebel der Scheune und der Rückstoss der Luft und Splitter zerstörten in der Küche alles Porzellan. Trotzdem ich am Abend fast alle Fenster im Hause weit geöffnet hatte, wurden sie dennoch zerstört, da der Luftdruck diese hin und her riss. Weitere Schüsse trafen die Umfassungsmauer. Im inneren der Burg zählte ich später 29 Einschläge. In der Morgendämmerung
hörte ich die Panzer anrücken. Bald wurde ich von
Amerikanern aus dem Keller geholt und 4 Soldaten mit
angeschlagener Maschinenpistole bewachten mich gefährlichen
Menschen. An der dicken Eiche wurde ich verhört, da die
Soldaten im Hause meine Forstmütze mit den Silberschnüren
fanden, glaubte man ich sei Offizier. Geld, Bleistift, Füllhalter
und Messer wurden mir abgenommen. Von dort brachte man mich zur
Kirche nach Stotzheim, in welcher die zivile Bevölkerung
zusammengetrieben war. Ich musste mich dann 8 Tage in Stotzheim
aufhalten unter Angabe meiner Adresse. Der Forstbeamte war halt
ein gefährlicher Mann. |
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Im Herbst 1945 bis 48 wurden
die zerschossenen Bestände 18 a, b und c, 19a, 21 a und b, 22
c, 23 a und b, 24 a, 25 a und b, 26 a und 28 c, teilweise oder
ganz abgetrieben. Mit diesen Hölzern konnte der
Brennholzbedarf der, fast ohne Kohle sitzenden Bevölkerung
gedeckt werden unter gleichzeitiger Durchforstung aller nur
möglichen Brennholz liefernden Bestände. Hierdurch
entstanden große Nutzholzausfälle. Kahlflächen
entstanden durch diese Kriegseinwirkung: 32,75 ha. |
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Stadtwald Euskirchen |
14,2 ha |
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Dazu Staat |
32,75 ha |
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54,95 ha |
Kahlflächen durch Kriegseinwirkung entstanden |
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Die Aufforstung dieser Flächen wurde bis 1952 beendet .... |
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Es ist Olberg als besonderer Verdienst anzurechnen, daß er mit Erfolg versuchte, den enormen Holzbedarf, der befriedigt werden mußte, vor allem in den splitterverseuchten Beständen zu erfüllen und damit den Schaden für den Hardtwald zu begrenzen, soweit es ging. Nach Olbergs Feststellungen waren 35 % der Hardtwaldbestände nicht beschädigt durch Splitter, 53 % teilweise, 8 % stark und 4 % total vernichtet.
Als dann 1947/48 extrem trockene Jahre folgten, die zu einer Massenvermehrung der Borkenkäfer führten, die die in der Vitalität stark geschwächten noch verbliebenen Fichtenbestände angriffen und auf einer Fläche von 10,4 ha abtöteten, war der Hardtwald mit insgesamt 43 ha Kahlflächen aus den Brennholzhieben und Borkenkäferschäden versehen, das sind ca. 25 % der gesamten Waldfläche des Hardtwaldes oder das 10 bis 15 fache der normalen Hiebsfläche pro Jahr. Die Wiederaufforstung war weitgehend nur mit Nadelholz möglich, weil andere Pflanzen in den Baumschulen, die gerade erst wiederaufgebaut wurden, kaum zur Verfügung standen und auch gar nicht bezahlbar waren. Dies veränderte den Hardtwald stark: Der Nadelholzanstieg stieg von 1946 bis 1962 von 45 auf 78 ha an und die Altersklassenverhältnisse verschoben sich deutlich. Logischerweise mußten auch die Hiebsätze ab 1962 deutlich reduziert werden, und es dauerte über 40 Jahre nach Kriegsende, bis sich die Holznutzungsmöglichkeiten im Hardtwald wieder normalisierten. Viele ältere Laubholzbestände sind heute von Nadelholztrupps durchsetzt, keine waldbauliche Spielerei oder wirtschaftliche Aufwertung, sondern schlicht Zwangsblößenaufforstungen mit Pflanzen, die man bekommen konnte. Noch in weiteren mindestens 50 Jahren werden die Kriegsfolgen im Hardtwald die Wirtschaftsweise spürbar mitbestimmen.
1953 war die Försterei
Hardtburg mit 525 ha Gemeindewald von 29 Gemeinden, über den
ganzen Altkreis Euskirchen verteilt, und den 190 ha Staatswald
ausgestattet. Immer mehr verlagerte sich die Aufgabe des
Revierbeamten auf die Betreuung, während die Bewirtschaftung des
Hardtwaldes nebenbei zu erledigen ist.
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22.10.2003 Forstamt Bad Münstereifel
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