Forstamt Bad
Münstereifel
Forstgeschichtliches
zum Hardtwald bei Stotzheim, Kreis Euskirchen
Von Gerhard Naumann
Romantik an der Hardtburg
Abbildung
5: Die älteste bekannte Postkarte der Hardtburg von 1897
(Quelle: Stadtarchiv Euskirchen, Sammlung Mertens).
... Die trotzige Veste an
der Hardtburg ... erscheint dem Auge in einem überaus
malerischen Gewande. Vor allem wirkungsvoll ragt der mächtige
viereckige Bergfried aus dem wilden Strauchwerk und dunklen Föhren
empor, die wie eine Ehrenwache zu seinen Füßen stehen. Von
Epheu prächtig überwuchert zieht sich die Ringmauer hin mit
ihrem zum Teil noch gut erhaltenen Eckertürmchen .... So
romantisch schildert Joseph Pesch in seinem Bändchen Die
Vordereifel von 1901 (Quelle: Pesch J.) die Burganlage, und er
trifft damit sicher auch die Stimmung in der Bevölkerung gut.
Wandern in Gruppen zum Ziel Hardtburg war in. Hubertus
Lückerath (Quelle Stadtarchiv Euskirchen 187/2) schildert 1971
aus eigener Erinnerung, daß Schulklassen gern ihren Ausflug in
die Hardt machten. Sie marschierten in Reih und Glied, voran die
preußische Fahne. Die Westschule von Euskirchen hatte sogar
einen Trommler und einen Flötisten als Marschtaktangeber. Von
Stotzheim eilte dann eine Bäckersfrau mit einem Korb voller
Knipplätz und Rollkuchen heran, um sie an die Pänz für
5 Pfennige zu verkaufen. ... Der Euskirchener
Männergesangverein hielt mit dem ihm befreundeten Gesangverein
Frohsinn Stotzheim fast alljährlich ein schönes
Sommerfest auf der Burg ab. Mit Sang und Klang ging es vom Bahnhof
Stotzheim durch das Dorf zur Burg .... In den 1880er Jahren
weiß Lückerath zu berichten, fanden im Sommer auf der
Hardtburg Vokal- und Instrumentalkonzerte statt, zu denen
die Gäste zu Fuß und mit dem Wagen anreisten. Hier wurden
sicherlich vaterländische und romantische Lieder gesungen. Pesch
trägt in seinem Wanderbüchlein noch mit einem eigenen
Gedicht Die Hardtburg dazu bei, das die Stimmung gut
wiedergibt:
Abbildung
4; Die alte Fichte im Burggarten der Hardtburg, Foto von
1907 oder davor
(Quelle: Archiv Forstamt Kottenforst).
Die Hardtburg
Dort, wo die Erft in leichten,
krausen Bogen Und durch der alten Föhren
duft'ge Kronen Doch ist entschwunden ganz
nicht dieses Leben, Und wir, die uns der Ortsgrupp'
Band umschlungen Daß unser Streben
herrlich mög' gelingen |
Abbildung
6: Postkarte 1910 von der Hardtburg
(Quelle: Sammlung Halbekann).
Abbildung
7: Postkarte von 1912 mit der alten Eiche am Wegekreuz vor dem großen
Burgweiher (1951 durch Blitzeinschlag zerstört)
(Quelle:
Sammlung Halbekann).
Der staatliche Förster mit seiner Familie und Helfer betrieben im Forsthaus und im Garten auch etwa seit Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1933 eine Gastwirtschaft, zeitweise auch eine Pension. Pesch dazu: ... Der Förster führt auch Wirtschaft und nimmt auch Kurgäste in Pension (Pensionspreis 4 Mk., Kaffee 60 Pf.). Die herrliche Lage der Hardtburg (mitten im Walde), die ausgezeichnete Pension eignen sich vorzüglich zu einem nutzbringenden Aufenthalt. Für eine abwechslungsreiche Gestaltung desselben sorgen schöne Spaziergänge in der Hardt, in die nähere und weitere Umgebung. Der westliche Teil des Burggrabens ist mit Wasser angefüllt und mit einem Nachen befahrbar. Im Burggarten laden Lauben, theils in Mauernischen errichtet, teils frei stehend, zur Ruhe und köstlichem Thun ein. Zwischen diese hindurch führt ein Pfad an einer imposanten Fichte von hohem Alter vorbei zum Bergfried. Denselben besteigt man auf einer in seinem Inneren errichteten sicheren Holztreppe. Eine Seite seiner Zinne ist umzäunt. Man genießt bei klarem Wetter von dort eine herrliche Aussicht ....
Abbildung
8: Gartenwirtschaft der Hardtburg, Postkarte ca. 1910
(Quelle:
Stadtarchiv Euskirchen, Sammlung Mertens).
Abbildung 9; Gartenpartie an der
Hardtburg, Postkarte ca. 1910
(Quelle: Sammlung Halbekann)
Die meist schlecht besoldeten
Förster waren darauf angewiesen, sich ein Zubrot mit
landwirtschaftlicher Nutzung auf den ihnen verpachteten
Dienstländereien zu verdienen, und es lag auf der Hand, daß
man auch versuchte, die Romantik der Hardtburg gastronomisch für
sich zu versilbern, was natürlich auch den Bekanntheitsgrad der
Förster der Hardtburg steigerte. Ein wenig Reklame konnte da
auch nicht schaden (aus Pesch):
Abbildung
10: Anzeige aus: Pesch 1901
Der nördliche Burgweiher war schon mindestens seit 1860 trockengelegt und als Wiese Teil des Wirtschaftslandes des Försters. Die Wiederverfüllung des Weihers geschah vermutlich erst nach dem 2. Weltkrieg.
Die Zuwegung zur Burg und dem Försterhaus war ursprünglich eine Zugbrücke, später vermutlich eine feste Holzbrücke. Der jetzige Steindamm hat wohl schon vor der Mitte des 19. Jahrhunderts die Holzbrücke ersetzt. Von der ursprünglichen Holzbrücke liegt noch ein mächtiger Eichenbalken im oberen Weiher.
Am Kreuzungspunkt des Stotzheimer mit dem Kirchheimer Weg, links vor der Burg, stand eine uralt breit ausladende Eiche unter der Lückerath seine Wandergruppen ihre Butterbrote auspacken ließ. Diese alte Eiche mit 1,46 m Durchmesser war hohl, wurde am 24.5.1951 vom Blitzschlag getroffen und dabei gesprengt und mußte daraufhin weggenommen werden. Es wurden von ihr 22 rm Brennholz aufgearbeitet, so daß man sich in etwa vorstellen kann, welche Dimensionen dieser Baum einmal hatte. Noch heute sind Reste des Stumpfes im Boden zu erkennen. Förster Olberg zählte beim Fällen die Jahrringe aus und kam auf ein Alter von etwa 500 Jahren.
Eine weitere bemerkenswerte
mächtige Eiche steht in Abt. 215 B: die Prinz Oskar-Eiche.
Dieses Naturdenkmal ist 21 m hoch, hat mit 21 m Kronendurchmesser
eine gewaltige Krone und sieht sehr gesund aus. Bis auf 5,2 m Höhe
ist sie astfrei,und dort beginnen riesige bis zu 55 cm dicke Äste.
Der Brusthöhendurchmesser des Stammes wurde 1986 mit 102 cm,
1997 mit 107 cm bestimmt. Ihren namen soll diese Eiche nach Prinz
Oskar von Preußen, einem Sohn Kaiser Wilhelm dem II. Haben,
weil dieser vor 1914 in Bonn studierte und häufiger Jagdgast im
Hardtwald war. Vermutlich war die Eiche, die damals schon ein
mächtiger Baum war, bevorzugter Stand des Kronprinzen bei den
Niederwildjagden.
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22.10.2003 Forstamt Bad Münstereifel
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