Kölner Stadtanzeiger vom 23./224. Juni 1990

Paradies für Kröten, Molche und Schwalben

Die Tongrube “Toni” – oder wie aus einem stillgelegten Bergwerk eine vollendete Öko-Landschaft entsteht




Binsen gepflanzt, Bio-Station geplant

Von unserem Redakteur Günter Hochgürtel


Bad Münstereifel-Kalkar - Wenn Bergwerke stillgelegt oder Industriebetriebe dichtgemacht werden, dann bleibt oft genug eine zerstörte Landschaft zurück, die sich nur manchmal mit großem finanziellen Aufwand wieder reparieren lässt. Das frühere Bergwerksgelände bei Mechernich ist dafür das beste Beispiel. In ganz seltenen Fällen erledigt die Natur die Rekultivierung fast im Alleingang, wie man auf der Stadtgrenze zwischen Bad Münstereifel und Mechernich besichtigen kann.

An der Verbindungsstraße zwischen Kalkar und Antweiler liegt die ehemalige Tongrube “Toni”, in der bis 1974 Ton abgebaut wurde. Die Stadt Bad Münstereifel plant dort zusammen mit einem noch zu gründenden Verein, eine biologisches Station einzurichten. Das Projekt – man hofft auf Zuschüsse der Nordrhein-Westfalen-Stiftung – wurde kürzlich vom Umweltausschuß abgesegnet.

Die ausgebeutete Tongrube war damals nicht – wie heute allgemein üblich – wieder verfüllt worden. Stattdessen blieb das Loch auf und lief im Laufe der Zeit mit Wasser voll. Wenig später stellten Naturschützer fest, dass sich rund um den kleinen See allerhand seltenes Getier und Gewächs angesiedelt hatte. Der Kreisverband Natur- und Umweltschutz (KNU) nahm sich dieses Gebietes an und startete zahlreiche Aktionen, um die Lebensbedingungen speziell für Kröten und Molche, aber auch für Vögel zu verbessern.

Die Bewohner der umliegenden Ortschaften hatten den See zwischenzeitlich als “Strandbad” entdeckt, was allerdings nicht im Sinne der Naturschützer war. Deshalb zogen die KNU-Mitglieder, finanziell unterstützt von der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises, einen Zaun um das gesamte Terrain, um allzu grobe menschliche Eingriffe in dieses idyllische Stück Natur zu verhindern.

Doch damit ließ man es keineswegs bewenden. Am Zaun wurde eine Bepflanzung angelegt, die Seeufer mit allerlei Binsen und Rohrkolben ausgestattet. Damit die hierzulande raren Uferschwalben in der Grube “Toni” brüten können, schuf man die dazu nötigen Steilufer. Aus einer Halbinsel wurde durch einen breiten Wassergraben eine richtige Insel, die der Vogelwelt ein ungestörtes Brutgeschäft garantiert.


Ein unberührtes Stück Natur ist die ehemalige Tongrube bei Kalkar, seit Naturschützer einen Zaun um das Refugium für seltene Amphibien und Vögel gezogen haben. Zeitweise wurde der See von den Bewohnern der umliegenden Ortschaften zum Baden genutzt.

In Planung ist augenblicklich noch eine Verbindung mit dem Kalkarer Moor, einem der ältesten Naturschutzgebiete im Kreis. Durch die Abgrabungsaktivitäten sank der Wasserspiegel in diesem Bereich so stark, dass die typische Flora zu verschwinden drohte. Durch einen Brunnen, der für eine künstliche Bewässerung sorgte, wurde ein Austrocknen des Moorgebietes zwar aufgehalten. Aber erst ein Verbindungsgraben von der Grube “Toni” zum Moor würde das Problem auf Dauer lösen.

Damit wären gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Der gelegentlich zu hohe Wasserstand des Sees, der das Brüten der Uferschwalben bedroht, würde zugunsten des zu geringen Pegels im Kalkarer Moor abgesenkt und eben dort für ausreichende Feuchtigkeit für Orchideen und fleischfressende Pflanzen sorgen. “Biotop-Vernetzung” nennt sich so etwas unter Fachleuten.

Auch die Stadt Bad Münstereifel engagierte sich für das Naturschutzgebiet und beließ es keineswegs bei einer ideellen Unterstützung der KNU-Ortsgruppe. So gelang es der Verwaltung, das schützenswerte Areal durch Grundstückstausch im Flurbereinigungsverfahren komplett in Besitz zu nehmen. Sogar angrenzende Ackerflächen erwarb die Stadt, um zu verhindern, dass das Gewässer durch zu intensive landwirtschaftliche Düngung auf Dauer in seiner Qualität beeinträchtigt wird.

Da es besonders für Wissenschaftler und Schülergruppen rund um die ehemalige Grube Interessantes zu sehen und zu erforschen gibt, kam man auf die Idee, im früheren Betriebsgebäude der Tongrube eine biologische Station einzurichten. Die Gemeinde Nettersheim hat ähnliches schon vorgemacht und war bei Zuteilung der Landeszuschüsse zuerst bedacht worden. Für die Stadt Bad Münstereifel blieb nichts mehr übrig. Stadtdirektor Ahrendt, der immer weiß, wo man welche Zuschüsse für welche Projekte bekommt, schlug vor, einen Verein zu gründen, der sich nur um das Naturschutzgebiet Grube “Toni” kümmern sollte. Dieser Verein könnte bei der Nordrhein-Westfalen-Stiftung entsprechende Zuschüsse für die Einrichtung und Unterhaltung der biologischen Station beantragen. Im Umweltausschuß stand u.a. die Satzung dieses Vereins zur Diskussion, der nach den Sommerferien aus der Taufe gehoben werden soll.



Im früheren Betriebsgebäude der Grube Toni soll eine biologische Station eingerichtet werden. Noch fehlen allerdings die Zuschüsse

Bilder: Karsten Karbaum




Sammlung Schulte






Texte und Veröffentlichungen Kreuzweingartens ©

Zurück zur Indexseite
© Copyright woengede