Die Schorn-Orgel der Pfarrkirche Kreuzweingarten

Von Axel Wilberg, Augsburg / Dasing

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts betrieb Franz Josef Schorn (1834-1905) in Kuchenheim eine Orgelbauwerkstatt. Schorn erhielt seine Ausbildung bei der Firma Müller in Viersen, erste Kontakte knüpfte er vermutlich bei einem Umbau der Euskirchener Martinsorgel. Später arbeitete er bei Franz Wilhelm Sonreck in Köln. Sein - leider verlorenes - Meisterstück lieferte er nach Grosbous (L). 1869 verlässt das erste von insgesamt 21 Instrumenten die Kuchenheimer Werkstatt, es ist für die Pfarrkirche Kleinbüllesheim bestimmt. Der Kreis schließt sich mit der 1904 erbauten Orgel für die Kreuzweingartener Kirche, die Schorns letztes Werk ist. Die traditionell gefertigten, soliden wie klangschönen Instrumente haben größtenteils die Jahre überdauert und erfreuen noch heute die Gottesdienstbesucher in Kuchenheim, Kirchheim, Euenheim, Nemmenich, Schwerfen, Büttgen, Nettesheim (Gem. Dormagen), Zingsheim, Dom-Esch, Kierdorf, Frauwüllesheim und Gierath.

Die Disposition der Kreuzweingartener Orgel lautet:

1. Manual (C-f'''):

2. Manual (C-f'''):

Bordun 16'
Principal 8'
Gamba 8'
Oktave 4'
Progressio 1-3 fach

Gedeckt 8'
Salicional 8'
Flöte 4'
Flageolett 2'

Pedal (C-c') angehängt

Die Register des 2. Manuals erklingen als Transmissionen auch auf dem 1. Manual, durch diese Anlage wird ein liturgisch oft notwendiger Wechsel zwischen lautem und leisem Spiel erleichtert, obwohl die Grundkonzeption der Orgel einmalig ist. Das Register Flageolett wurde bei der Restaurierung durch die Firma Weimbs 1982 eingebaut, bis zu diesem Zeitpunkt existierte nur eine unbesetzte Schleife.


Der Orgelbauer Franz Joseph Schorn

Schorn wurde am 6. Januar 1834 in Kuchenheim geboren. Interessant ist in diesem Zusammenhang vielleicht noch, daß Schorns Großeltern mütterlicherseits die Urgroßeltern von Altbundeskanzler Dr. Konrad Adenauer waren. In den Kuchenheimer Kirchbüchern ist dann auch Franz Joseph Adenheuer (sic) aus Bonn als Pate Schorns verzeichnet.Franz Joseph Schorn wird erst wieder 1867 aktenkundig, als er der Kirchengemeinde in Grosbous (Luxemburg) ein Angebot zur Aufstellung und Überarbeitung einer alten Orgel aus Hosingen (Luxemburg) unterbreitet. Aus den Aufzeichnungen des Pfarrers geht hervor, daß Schorn als Mitarbeiter der Orgelbauwerkstatt Sonreck aus Köln in Hosingen mit dem Aufbau einer neuen Orgel betraut war. Schorn hat etwa ein Jahr bei Sonreck und zuvor zehn Jahre in Viersen gearbeitet. Die Angaben des Pfarrers scheinen durchaus verläßlich zu sein, wenn man bedenkt, daß der Orgelbauer Johann Müller aus Viersen in den Jahren 1856-1860 die Orgel in der Stadtpfarrkirche St. Martin in Euskirchen umbaute.

Dort dürfte Schorn zum ersten Mal mit dem Orgelbauerhandwerk in Berührung gekommen sein.Wir können annehmen, daß er zuvor in der Schreinerei seines Vaters gearbeitet hat. Nach Schorns Kostenanschlag zu urteilen, kamen die Arbeiten an der erwähnten Orgel in Grosbous fast einem Neubau gleich. Diese Orgel, die leider 1960 zugunsten eines neuen Instrumentes verschrottet wurde, war sein ,,Probe- und Meisterstück" und bildete den Auftakt zu einem Lebenswerk von insgesamt 22 Instrumenten nebst einigen Reparaturen. Durch seine Lehrmeister Müller und Sonreck stand Schorn in der großen rheinischen Orgelbauertradition, die sich bis zu der berühmten Familie König zurückverfolgen läßt.Diesem spezifisch rheinischen Stil blieb Schorn ein Leben lang treu, wenngleich seine Spätwerke gewisse Konzessionen an den Zeitgeschmack erkennen lassen. Schorns Orgeln sind vor allem im Hauptwerk durchweg klassisch disponiert, das zweite Manual ist als romantisches Echowerk konzipiert. Obwohl er auch mit pneumatischen Systemen experimentierte, scheinen ihn die Resultate nicht überzeugt zu haben, denn alle Orgeln Schorns besitzen Schleifladen und mechanische Traktur. Da Schorns Werktsatt in einem zeitgenössischen Bericht als größeres Wohnzimmer bezeichnet wird, und er den Betrieb weitgehend allein führte (gelegentlich halfen sein jüngerer Bruder Johann und sein Vetter Christian), ist anzunehmen, daß er Teile (vor allem Metallpfeifen, aber wohl auch Mechanikteile) von Zulieferfirmen kaufte. Um gegenüber "moderneren" Konkurrenten bestehen zu können, mußte Schorn sehr billig anbieten. Heute dürfen wir allerdings feststellen, daß die überragende handwerkliche und klangliche Qualität der Orgeln Schorns ihn aus der Masse der Orgelbauer im 19. Jahrhundert hinaushebt, und so manche Schorn-Orgel hat sich als dauerhafter erwiesen als vermeintlich "moderne" pneumatische Instrumente. Franz Joseph Schorn baute seine letzte Orgel 1904 für die Pfarrkirche in Kreuzweingarten (das Instrument ist erhalten). Er starb am 29. September 1905 "ledig und nach sittlichem Lebenswandel" in Kuchenheim.(A. W.)

Literatur:
Büser, W. und Vogt, F.-J.: Der Orgelbauer Franz Joseph Schorn, in: Acta Organologica Bd. 15, 1981
Dembski, H.: Leben und Werk des Orgelbauers Franz Joseph Schorn, Examensarbeit, Ms., Düsseldorf 1994
Forg, K.-L.: Die Schornorgel in der Katholischen Pfarrkirche zu Euskirchen-Kuchenheim, in: Ars Organi 1982/2
ders.: Der Orgelbauer Franz-Joseph Schorn, in: Cuchenheim 1084-1984 Bd. I, Euskirchen 1984
ders.: Die Orgeln in der St.-Nikolaus-Kirche zu Kuchenheim, in Cuchenheim 1084-1984 Bd. II, Euskirchen 1984
Beiträge in verschiedenen Festschriften zur Wiedereinweihung von Schornorgeln: E. Hönig
(Zingsheim), O. Heskamp und F.-J. Vogt (Nemmenich), H. Hulverscheidt (Kuchenheim)

Edition woenge.de 6. 5. 2003 - H.K.

Zu den historischen Kreuzweingartener Beiträgen

Zurück nach woenge.de
© Copyright 2003 Axel Wilberg
© Copyright 2001, woenge.de