Nachrichten
über die früheren Pfarrer von Weingarten
Aus der Kirchenzeitung 1935 A. ff.
R. I. P.
Die
Missionstätigkeit der Jesuiten und die Eifler Mission auf dem
Michelsberg
Jedenfalls war der damals schon in dem ehrwürdigen Alter von 75 Jahren stehende Pfarrer Tilmann Hoffschlag bemüht, seine Pfarrkinder nicht durch ernste Handhabung der Kirchenzucht, sondern auch durch heilsame Anregungen zum Guten zu bringen. Hier ist vor allem die Missionstätigkeit der Jesuiten zu erwähnen. Wie diese durch Frömmigkeit und Gelehrsamkeit ausgezeichneten Männer bereits seit der Gründung ihres Kollegs und Gymnasiums zu Münstereifel in der zeit des Dreißigjährigen Krieges sich um die Stadt und das Studium der gebildeten Stände die größten Verdienste erworben hatten, so haben sie durch die Begründung ihrer Eifler Mission auf dem Michelsberg nicht minder das ganze achtzehnte Jahrhundert hindurch segensreich an der religiösen Erziehung des Landvolkes gearbeitet. Die Eifler Mission verdankt ihre Entstehung der Stiftung einer adeligen Dame zur Sühne des Abfalls ihrer Vorfahren vom katholischen Glauben, welche zum Unterhalt der Mission dienen sollte, um diese unabhängig von den Spenden der Leute zu machen. Mit einem nicht mehr zu überbietenden heiligen Seeleneifer widmeten sich die Missionare ihrer Aufgabe.
Vom Michelsberg herab wanderten sie bei Regen und Kälte, in Hitze und Durst über Berg und Tal die weiten mühsamen Wege nach dem Ort ihrer Bestimmung, wo sie barfuß und barhaupt ankamen, an der Brust das Kruzifix, einen Bußstrick um den Hals, in der Hand den langen apostolischen Wanderstab. Hier wurden sie meist in feierlicher Prozession in Empfang genommen und zur Kirche geleitet; da diese aber allenthalben zu klein war, um die Mengen der stundenweit zur Mission herbeiströmenden Leute zu fassen, wurde unter freiem Himmel eine Bühne aufgeschlagen, wo die Missionare gleich ihre Predigttätigkeit aufnahmen. Sie predigten fünfmal am Tage, nicht unter einer Stunde, griffen selbst bei den Bußpredigten zur Geißel, sich angesichts der ergriffenen Menge blutig schlagend zur Sühne der Beleidigungen Gottes. Für sich selbst kannten sie keine Schonung; der Andrang der Beichtenden nahm sie oft so sehr in Anspruch, daß sie zu Nachtruhe kaum fünf, im Sommer nur drei oder vier Stunden hatten. Dabei nahmen sie mit dem Geringsten vorlieb: Unterkunft in einer zerfallenen Schule oder auch in einer Scheune, als Lager ein Bündel Stroh, als Erwärmung ein offenes Holzfeuer, als Beleuchtung ein Stück Docht in Öl getunkt, als Nahrung Kleienbrot, so und ähnlich lauten die Berichte, je nachdem die Armut des Dorfes aber der Kaltsinn der Bewohner sie aufnahm. Kein Wunder, daß, obwohl nur junge starke Kräfte in die Eifler Mission gesandt wurden, manche den Anstrengungen erlagen.
Andererseits war aber auch der Lohn solcher Opfer und Beschwerden ein überreicher: Gewohnheitssünder wurden bekehrt, ungerechte Besitzungen erstattet, Feindschaften getilgt, Ärgernisse behoben, sündhafte Verbindungen gelöst und sehr viel Gutes bewirkt, was Gott allein bekannt ist. Der Eindruck war ein ganz gewaltiger: bei den Predigten schlugen die Leute an die Brust, Schluchzen ertönte durch die Kirche, Tränen flossen nicht nur bei den Frauen, auch bei den Männern. Einen überwältigenden Ausdruck fand die Ergriffenheit und der Bußeifer in den Bußprozessionen. Aus dem Jahre der Weingartner Mission 1733 wird uns von Dernau berichtet: Die Bußprozession führte viele Geißler und solche, die schwere Lasten schleppten und stundenlang mit ausgebreiteten Armen beteten. Den Kühen wurden die Ketten und Stricke abgenommen, um sich damit zu geißeln; Mönche bekannten, nie ähnliches gesehen zu haben, unter Tränen stattete der Pfarrer den Missionaren seinen Dank ab. In Neunkirchen hatte man eine so große Volksmenge nie gesehen wie am Karfreitag 1733 bei der Bußprozession. Die Leute schleppten Kreuze, die sie zum Teil aus dem Holze, das am Kirchhof aufgestapelt lag, sich hergerichtet hatten; andere schleiften Balken; sie alle trugen Dornenkronen auf dem Haupte, Kreuze und Rosenkränze in der Hand. Der Missionar trug barfuß das Kreuz voran; die Leute waren in Schnee und Kälte drei Stunden weit zur Bußprozession gekommen. Der Pfarrer von Königsfeld trug 1733 trotz seiner Krankheit bei der Bußprozession eine sehr schwere Kette um den Leib und eine Dornenkrone; viele weinten bei seinem Anblicke. Ähnliches wird schon vom Jahre 1731 aus Münstereifel berichtet: Anfangs herrschte Kaltsinn, in wenigen Tagen aber Andachtsglut. So viele Bürger verlangten nach Bußinstrumenten, daß man deren nicht genug hatte. Vielen die schwächerer Natur waren, wurde aber ihr Gebraucht untersagt.
Mögen auch diese gewaltsamen Kundgebungen einer aufs höchste gesteigerten religiösen Ergriffenheit vorübergehende gewesen sein, manchem auch unverständlich und sonderbar vorkommen, soviel ist sicher, daß von hier aus starke religiöse Antriebe auf das Alltagsleben der Christen in den missionierten Pfarreien ausgegangen und auf Generationen hinaus die Glaubenstreue des katholischen Eifelvolkes gegenüber Protestantismus und Freigeisterei, Liberalismus und Sozialismus befestigt haben.
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