Kreuzweingarten, 4. Dezember 1988

Festschrift zur Glockenweihe

Herausg. Kath. Kirchengemeinde Heilig Kreuz zu Kreuzweingarten











Gedanken zum Geläute der Kreuzweingartener Glocken




Von Dr. Peter H. Irrgang














Heilig Kreuz heißt unsere Pfarrei. Und das Kreuz hat den Ort seinen Namen gegeben: Kreuzweingarten.

Als es noch die Wallfahrten zu unserer Kreuzreliquie gab (13. bis 19. Jhd.), da haben wohl abertausende von Pilgern unsere Glocken gehört. Neuerdings werden diese drei Denkmalglocken (Kreuz-, Marien- und Friedensglocke) ihren historischen Klang - also ohne die beiden neueren Glocken - hören lassen an den Sonntagen in der Fastenzeit (in Abänderung der in der Festschrift veröffentlichten Läuteordnung). Die Fastenzeit war ja historisch gesehen die große Wallfahrtszeit Kreuzweingartens.

An den Sonntagen in der Fastenzeit werden wir auch dann das für diese Denkmalglocken so typische „Schweben“ und die eigenartigerweise sich gut vertragenden, fast „wohlklingenden“ Dissonanzen im Teiltonbereich besonders der Friedensglocke zu hören bekommen, die von den Experten als „Querstände“ bezeichnet werden. Sie sind keineswegs unangenehm zu hören, dennoch würde man solche Dissonanzen bei neugegossenen Glocken nicht zulassen.

Die Querstände sind da - für jeden hörbar. Es klingt etwas von Passion an. Wenigstens angedeutet - mehr wäre schon zu viel - wird Leid, Schmerz, Kreuz.

Glückliche Fügung, daß dies alles, von uns Menschen ungeplant, sich so ergeben hat. Unsere drei historischen Glocken deuten also in ihrem Klanggebilde an, was der Name aussagt: Heilig Kreuz, Kreuzweingarten.

Aber der Christ bleibt nicht am Karfreitag stehen. Der Christ ist ein „österlicher Mensch“! Diese Wahrheit kann nicht laut genug verkündet werden - auch vom Glockenturm her nicht. Der Karfreitag ist nicht das letzte Wort - sondern Ostern ... Gott verliebt keine Schlachten. Nie!

Um uns eine ganz starke Glaubenszuversicht zu geben, daß wir wirklich am Kreuz erlöst wurden, daß wir also allen Grund zum Jubel haben - weil es eben stimmt mit der Erlösung und mit dem Erlöser -, ist Christus von den Toten auferstanden. Wäre er nicht auferstanden, wäre eitel und nichtig unser Glaube, so predigen die Apostel.

Könnte dieser Gedanke auf die Glocken übertragen werden? Nicht nur das. Die Inspiration kommt vom Geläute her. Neben den drei historischen läuten noch zwei neuere Glocken. Sie zusammen ergeben ein seltenes Klangbild. Die unteren vier Glocken formen den „phrygischen Tetrachord“ (Vierklang) - seltsam genug. Die Tonfolge aller fünf Glocken nenne ich getrost „Kreuzweingartener Pentachord“ (Fünfklang), weil ich davon ausgehe, daß er in dieser Art sonst in keinem Geläute verwirklicht ist.

Nun sind technische Bezeichnungen recht kalt, auch wenn hier exotisch anmutende Begriffe vorliegen. Daher nennt man das jeweilige Geläute nach dem Motiv, das sich in den Schlagtönen der Glocken verbirgt. So sind z. B. das „Präfationsgeläute“, das „Gloriamotiv“, das „Cibavit-eos-Geläute“ oder das „Te-Deum-Geläute“ usw. dankbare und klangvolle Motive. Sie kommen dementsprechend häufig vor. *)

So schön das Westminster-Motiv auch ist; da jede dritte Standuhr und nunmehr auch Haustüren mit diesem Geläute ausgestattet werden, ist der besondere Reiz des Klanges nicht mehr gegeben.

Für unsere fünf Glocken gibt es ein Motiv, das wir wiederum einer glücklichen Fügung verdanken - oder waren es die Engel, die sich für den Guß einer Glocke ihres Namens bedankten?

Der Triumph des Kreuzes heißt Ostern! So lautet denn das Motiv unseres Geläutes nach einem in unserer Gegend sehr verbreiteten Osterlied:

„Freu dich, erlöste Christenheit!“


Ankunft der Friedens- und Engelglocke am 1. Dezember 1988


Da vier Glocken bereits vorhanden waren bei der Bestimmung des Schlagtones der neu zu gießenden Glocke (die zu restaurierende Friedensglocke hatte ja ihren Schlagton), waren es hauptsächlich musikalische Erwägungen, die den Sachverständigen Hoffs dazu bewogen haben, den Ton dieser kleinen Glocke auf des'' festzulegen. Aber erst durch diese Entscheidung kam es dann in der Tonfolge zum österlichen Lied. Da weiter die gute Lösung des Glockenbildes mit der komplizierten und sehr gewagten Vorgabe der vier unteren Glocken, also von dieser fünften, der Engelglocke, abhing, und die Lösung als geglückt bezeichnet werden muß, sind wir den Engeln zu Dank verpflichtet, nicht nur weil sie die ersten Boten der Auferstehung waren, sondern weil sie von jetzt an unüberhörbar mit ihrer Glocke die Auferstehungsfreude und –zuversicht in unserer Doppelgemeinde hineintragen werden.

Wer immer unsere Glocken kennenlernt, hat viel Freude am Geläute. Die helle Engelglocke hat zwar nur die Phonstärke der historischen Glocken - die Bruderschaftsglocke von 1978 freilich ist die lautstärkste aller fünf - sie überhellt und „harmonisiert“ aber ganz vernehmlich das „Kreuz“, das man aus der alten Glocke heraushört und verwandelt es in Freude, ja in Triumph. Ohne die Querstände der drei historischen Glocken von 1398, 1477 und 1649 wäre die kraftvolle Überhöhung durch die Engelglocke wie ein wunderschönes Gefäß mit einem gewöhnlichen Inhalt. Erst Karfreitag macht Ostern zu dem, was es ist. Der „österliche Mensch“ bliebe nur ein Phantasma, eine interessante Sprachschöpfung, ohne Karfreitag ... : „durch ihn bist du mit Gott versöhnt, freu dich und singe!“

Freu dich, erlöste Christenheit, freu dich und singe!
Der Heiland ist erstanden heut. Halleluja!
Sing fröhlich: Halleluja!

Drei Tage nur hielt ihn das Grab, freu dich und singe!
Er warf des Todes Fesseln ab, Halleluja!
Sing fröhlich: Halleluja!

Lebt Christus, was bist du betrübt? Freu dich und singe!
Du weißt, daß er dich herzlich liebt. Halleluja!
Sing fröhlich: Halleluja!

Durch ihn bist du mit Gott versöhnt, freu dich und singe!
Durch ihn mit Gottes Huld gekrönt, Halleluja!
Sing fröhlich: Halleluja!

Abschließend sei noch erwähnt, daß wir in der Zeit der Planung, die Friedensglocke zu restaurieren und eine kleine Glocke dazugießen zu lassen, immer von unserem „Glockenabenteuer“ sprachen. Die Sache mit dem halben Ton über der Bruderschaftsglocke schien sogar unseren besten Musikern ein gewagtes Unternehmen. Und es ist „geglückt“ ... Gott sei es gedankt!


Montage der Friedens- und Engelglocke am 13. Dezember 1988


*) Nach Gerhard Hoffs, Glockenmusik katholischer Kirchen Kölns, 1986, finden sich unter den erfaßten Geläuten der katholischen Kirchen Kölns unter den Geläutemotiven: Cibavit-cos: 16 mal, Gloria-Motiv: 10 mal, Präfationsgeläute: 10 mal, Te Deum: 9 mal.











Festschrift zur Glockenweihe vom 4. Dezember 1988
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