Einweihung

der restaurierten „Klagemauer“ und der „Madonna in der Klagemauer“ am 21. November 1989











MARIA LACTANS - Urtypus einer Mariendarstellung














Im Jahre 432 definierte das oekumenische Konzil zu Ephesus, daß Maria Theotokos, Gottesgebärerin, ist. Der Sohn, den sie zur Welt gebracht hat, ist nicht irgendwer, sondern der Sohn Gottes von Ewigkeit.











Mit einem Mal entstand eine Fülle von Mariendarstellungen, die erst in der Bildersturmzeit der Alten (Ikonoklasmus) einer harten Prüfung unterzogen wurden. Der älteste Typus einer Mariendarstellung ist die „Thronende Madonna“, wobei das Kind auf Marias Schoß sitzt.

Dabei ist die ältere, strengere Linie die Darstellung im Typ des Pantokrators, des Allherrschers, Maria und das Kind schauen geradeaus in gestrenger Segenshaltung. Abgewandelte Formen sind die beiden Urtypen Hodogetria und Elëusa, aus denen wiederum die Sonderform der stillenden Madonna, der Maria lactans hervorgegangen ist. Älteste Urformen finden sich aus dem 5. bis 6. Jahrhundert, Spuren davon noch in Ägypten. Spätere Ausformungen breiten sich in der Ostkirche aus mit der Typenbezeichnung in griechischer Sprache: Galaktotrophusa.

Die thronende Madonna ist schon Hinweis auf Maria als Herrscherin, der Westen hat diese Darstellungsweise sehr benutzt und verbreitet. Die stillende Madonna nimmt viel weg von der kräftigen Aussage des Pantokrators, der Darstellung, die wir sonst aus dieser Zeit her kenne. Unabhängig von anderen Aussagen, ist der Bezug zu Lk. 11,12 deutlich: „Selig die Brust, die dich genährt hat“. Dieses Motiv ist dann sehr beliebt geworden in der mittelalterlichen Malerei des Ostens wie des Westens.

Digitalfoto 13. Januar 2003 - 14.41 Uhr











Zu einem Höhepunkt bringen im 15. Jahrhundert die niederländischen bzw. mittelrheinischen Meister die Maria-lactans-Darstellungen. Man denke an Jan van Eyck, an Dirk Bouts, vor allem an Rogier van der Weyden, auch an den Meister des Marienlebens und den des Bartolomäusaltares. Seitdem kommen diese Darstellungen erst wieder im Barock häufiger vor.

Unsere Madonna in der Klagemauer ist ein einfacher schlichter Steinabguß, von dem es vermutlich recht viele gibt. Sie hat jetzt eine dem ländlichen Barock nachempfundene Farbfassung (Polychromierung) erhalten und somit eine gewisse Individualität. Noch kennen wir das Original nicht. Es mag sich um eine barocke Mariendarstellung um 1650 etwa handeln, vielleicht aus unseren Breitengraden sogar. Auch wenn es kein Museumsstück ist, wurde die Madonna in der Klagemauer einbetoniert.












Gangolf Minn

















Festschrift zur Einweihung der restaurierten „Klagemauer“
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