Wie zwei Soldaten starben
Eine
traurige Episode aus dem großen Kriege
Die
Gräber der beiden standrechtlich erschossenen Soldaten an der
Bahnstrecke Rheder-Kreuzweingarten.
Foto: Heinze
Kreuzweingarten. - Wenn man am Fuße des Hardtwaldes den Bergpfad benutzt, der in der Nähe des Bahnhofes Kreuzweingarten in den Wald mündet, steht man unvermutet vor zwei Kriegergräbern, die von sorgenden Frauenhänden gerade im Allerseelenmonat liebevoll gepflegt werden.
Und das ist die Geschichte der Gräber und ihrer stillen Schläfer:
Am Nachmittag des 14. Dezembers 1944 sprach bei dem Pfarrer von Stotzheim ein Offizier vor, der sich als Kriegsgerichtsrat auswies, und bat den Pfarrer, zwei Soldaten auf ihrem letzten Gange das Geleit zu geben. Er erklärte sich sofort bereit und begab sich zur Verbandstoff-Fabrik, wo zwei junge Menschen auf den Tod warteten. Die beiden Achtzehnjährigen hatten sich von ihrer Truppe entfernt und mußten ihr Tun nun mit dem Tode büßen. Man ließ den Pfarrer mit den beiden Deliquenten allein. Allzuschnell rannen die Minuten einer armseligen halben Stunde dahin. Voller Dankbarkeit nahmen die Verurteilten die Versicherung entgegen, daß auch sie zur Herrlichkeit der Kinder Gottes berufen seien. Sie überreichten dem Geistlichen ihre letzte Habe, einige Zigaretten, zur Verteilung an die Kameraden, einen Brief an die Eltern mit der Bitte, denselben nicht vor Weihnachten abzusenden. Einer der beiden hatte in den Tagen der Untersuchungshaft Muße gefunden, sein kurzes Leben in Dichtung und Bild zu beschreiben. Dieses Büchlein, das eine über den Durchschnitt zeichnerische Begabung aufweist, ist für den Pfarrer eine bleibende Erinnerung an eine der schwersten, aber auch verheißungsvollsten Stunden schwerer Kriegsjahre. Dann schlug die Stunde. Um 16 Uhr betrat der Offizier, der die Exekution leitete, den Raum und forderte den einen der beiden Verurteilten auf zu folgen.
Auf dem kleinen Wiesengrundstück zwischen Wald und Schienenstrang stand das Exekutionskommando. Der Verurteilte wurde an den Pfahl geführt. Nach Verlesung des Todesurteils verließ der Geistliche den Platz. Eine Salve aus dreißig Gewehren durchpeitschte die Todesstille. Durchladen! ertönte das Kommando. Der zweite Delinquent wurde herbeigeführt. Auch bei ihm blieb der Geistliche bis zum letzten Augenblick und flüsterte ihm leise Trost und Mut zu.
Dann war alles zu Ende. Der Offizier zog den Revolver, zwei bellende Schüsse, dann stellte der Regimentsarzt den Tod der beiden Soldaten fest. Schweigend schaufelten Landser die Gräber zu. Es ist eine schlimme Zeit, seufzte einer der Arbeitssoldaten und ließ für Augenblicke die Schaufel ruhen. Erschüttert sprach der Geistliche den Segen über die beiden Grabhügel und ging müde in den sinkenden Abend.
Aus: Volksblatt für den Kreis Euskirchen, den 10. November 1951