Neue Saat.
Von Max v. Mallinckrodt.

In Trümmer sank dereinst wohl Tor und Turm,
Um rauchgeschwärzte Mauern flog der Sturm,
Und doch, wie lange währt' es nur, da ging
Schon eine neue Saat empor im Burgbering.

Die Birke zwang sich aus dem engsten Spalt,
Der Epheu trotzte keck des Sturm's Gewalt,
Mit tausend farbebunten Blumen spielt
Der Wind längst dort, wo einst der Tod die Ernte hielt.

Nichts ist so grau, nichts ist so freudelos,
Kein Schmerz, kein Unheil ist so riesengroß,
Es keimt und sproßt auch dort, und segnend hält
Wacht an der jungen Hoffnungssaat der Geist der Welt.

Und wächst aus ihr denn auch kein Riesenbaum,
Entblüht vielleicht ihr nur ein Liebestraum,
Es birgt in sich des Lebens tiefsten Sinn:
Schau nie in Sehnsucht rückwärts, schau nur vor dich hin.

Vor dir liegt deines Daseins wahrer Wert,
Vor dir die Welt, die dir zu Recht gehört!
Und blühte dir nur noch ein Lebenstag,
Kläng dir nur einmal noch der traute Stundenschlag.

Mit heut und morgen ist's doch nicht getan,
Unendlich weiter noch geht deine Bahn.
Wie weit? Ermiß! Bis dir die flücht'ge Zeit,
Die dunkle ward zur rätsellosen Ewigkeit.




Entnommen: Eifelvereinsblatt 1920, Nr. 2, S. 17, Eifelverein Düren




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