Eine hartgesottene Kirmes |
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Artikel Kölnische Rundschau vom Mai 1955
(R)-Foto: Elbem
Eine hartgesottene Kirmes Mit Ach und Krach und viel gutem Zureden ließ sie sich drei Tage abringen |
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Kreuzweingarten. Es herrschte vorsonntägliche Stimmung im Dorf. Die Arbeit der Woche ist getan, nur Mutter in der Küche wirkt und werkt noch, daß zur Kirmes nur ja alles bis zum I-Tüpfelchen geregelt ist. Eine Schießbude in der Dormitte zeigt, daß das Dorf sich zur Kirchweih rüstet. Aus dem Saal des alten Brauhauses erklingt "Klöppelchesmusik". Endlich kreuzt auch der Fähnrich mit der zusammngerollten Fahne auf. Ein dumpfes Wummern des Kalbfelles, ein paar verlorene Töne auf der Trompete, dann übertönt das "Nängeln" der Glocken vom hohen Turm jedes andere Geräusch. Ein paar Männer aus dem Dorf beiern die Kirmes ein. Kaum sind die letzten Töne verhallt, setzt die Musik ein. Um die Ecke marschieren die Vereinsangehörigen mit ihren Fahnen, halten vor dem Haus des Gemeindebürgermeisters. Die beiden Fähnriche lassen ihm zu Ehren ihre Fahnen zur altbekannten Weise der vier Euskirchener Musikanten kreisen. Ein herzliches Dankeschön und eine "flüssige Belohnung" im Hofe des 300jährigen Hauses, und der Zug wendet sich der Wohnung des Sportvereinsvorsitzenden und später der Maikönigin zu, um dort die gleiche Ovation zu wiederholen. Mittlerweile hat sich viel junges Volk angesammelt. Mit frohen Klängen führt die Musikkapelle sie zum Dorf hinaus auf Arloff zu, biegt aber am Münsterberg rechts in einen Feldweg ab. Die Musik setzt zum Tusch an. Sonst Stille ringsum. Gespenstisch leuchten glimmende Zigaretten in der Dunkelheit. "Kirmes, wo bist du?" ruft's plötzlich aus der Mitte der Menge. Stille, keine Antwort. Nochmals der Ruf. Wieder nichts. Endlich, beim drittenmal krächzt es aus dem Gebüsch. "Was woll ihr?" Beifall und Gelächter. "Wir wollen ein ganzes Jahr Kirmes!" - "Gar nichts kriegt ihr, macht, daß ihr nach Hause kommt! Voriges Jahr habt ihr mich nicht einmal richtig begraben. Regnen muß es auch erst, bevor ihr Kirmes kriegt! Schert euch fort!" Enttäuschung, Protest. Lange Verhandlungen hin und her. Der Sprecher des Dorfes, will sich zunächst mit einem halben Jahr, und als auch das nichts fruchtet, mit einem Monat, mit acht Tagen und schließlich mit drei Tagen zufrieden geben. Die Kirmers aber ist hartgesotten. Bis 12 Uhr am Samstag soll das Dorf feiern können, dann müsse Schluß sein. Schließlich werden die Burschen rabiat. "Kirmes, wenn du nicht gewährst, was wir wollen, fragen wir dich überhaupt nicht mehr!" Wie zum Beweis haben währenddessen andere Burschen in der Böschung angefangen zu graben. In nicht allzu großer Tiefe stoßen sie auf den Kirmesknochen. Mit Halloh wird er vorgezeigt, und da läßt sich auch die Kirmes im Hang erweichen. "Also bis Dienstagnacht und dann ein anständiges Begräbnis für mich!" Die Burschen haben, was sie wollen, einen Tusch für die Kirmes. Die aber ist immer noch nicht zufrieden: "Erst müßt ihr mir noch eins singen! Ein Lied, zwei drei! Mein Lieblingslied!" Die Burschen am Weg kennen's, scheint es, denn sie setzen sofort ein, erst zaghaft, dann mit dem vollen Chor und mit Musik: "Unrasiert und fern der Heimat!" Nun wendet sich die ganze frohe Gesellschaft dorfwärts. Eingehakt und schön rechts, damit der Verkehr auf der Bundesstraße nicht behindert wird, maschieren sie ins Dorf zurück. Im alten Brauhaus-Saal ist viel Platz: zum Sitzen, zum Feiern - und zum Tanzen. Aber die Kirmes hat's gesagt, um 11 Uhr ist Schluß! Und an das Abkommen hält man sich. Drei Tage genügen ja auch schließlich. Während die festfreudigen Kreuzweingartener in der nächtlichen Dunkelheit ihrer Behausung zustreben, leuchtet hoch oben vom Berg das Wahrzeichen des Dorfes im milden Schein. Strahlend verkündet es weiterhin, daß über aller Festesfreude nicht vergessen werden soll, daß die Kirmes ein kirchlicher Gedenktag an den Tag der Kirchweihe ist. |
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