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Religion und Kirche in
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Zur Seligsprechung des Opus-Dei-Gründers Josemaria Escrivá







Selige als Wegbereiter
von Barbara Schellenberger




Die Seligsprechung des Opus-Dei-Gründers Josemaria Escrivá ist ein Anlaß, um den Wert von Glaubensvorbildern neu zu überdenken. Heilige und Selige werden oft süßlich stilisiert. Dabei sind sie normale Menschen mit Schwächen und Fehlern, die jedoch in ihrem Leben eine Rolle besonders gut gespielt haben: die Rolle des verlorenen Sohnes.

"Ganz unmißverständlich möchte ich sagen, daß ich mich nicht in der Rolle eines ältlichen Kindermädchens fühle, das brave Heiligengeschichtlein zum Besten gibt, damit der Leser wohlgestimmt einschläft. Im Gegenteil, ich berichte etwas vom Drama der Heiligkeit, das vielleicht den Leser beunruhigt und ihn aus dem sanften Schlummer eines allzu gemächlichen Christseins aufschreckt." Mit diesen Worten erklärte der reformierte Schweizer Theologe Walter Nigg, warum er einen Gutteil seines Lebens der Veröffentlichung von Heiligen Viten gewidmet hat.

Heilige, so pflegte er zu sagen, sind besonders deutlich lesbare Wegweiser zu Gott. Menschen, die wegen ihrer praktizierten Gottesnähe eine Art Leitbild christlichen Lebens darstellen. DaseIbe gilt für jene Personen, die die Kirche - normalerweise als letzte Stufe vor der Heiligsprechung - zu Seligen erklärt.

Mit dem frömmelndem Augenaufschlag irgendwelcher süßlich stilisierter Gipsfigürchen hat das alles zunächst einmal herzlich wenig zu tun. Selige haben nicht da Himbeersaft, wo bei anderen Blut fließt. Es sind vielmehr Menschen mit Schwächen und Fehlern, die freilich entschlossen sind, sich jeden Tag neu ernsthaft um ein gottgefälliges Leben zu bemühen. Kurzum: sie sind selig geworden, weil sie eine Rolle im Laufe ihres Lebens besonders gut gespielt haben - die Rolle des verlorenen Sohnes.

Wenn das so ist - gab es dann im Lauf der Geschichte nicht erheblich mehr Heilige und Selige als jene überschaubare Zahl von Personen, die Rom offiziell zur Ehre der Altäre erhoben hat? Davon dürfen wir allerdings ausgehen. Der Himmel ist voll von Heiligen. Nicht umsonst feiert die Kirche am 1. November das Fest "Allerheiligen", ein Tag, an dem all jener Menschen gedacht wird, die sich um die Christus-Nachfolge bemüht haben, ohne deswegen je irgendwo verzeichnet worden zu sein. Die Kanonisierung macht den Heiligen also nicht besser als er ohnehin schon ist. Sie ist aber eine gleichsam amtliche Empfehlung an alle Christgläubigen: Hier habt ihr einen Menschen, der das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe besonders ernst genommen hat.

Mit den Vorbildern ist es freilich eine zwiespältige Sache. Das ausgehende Jahrhundert hat uns einen gesunden Argwohn gegenüber Idolen gelehrt. Der Hang zur enthusiastischen Idealisierung ist, Gott sei Dank, einer ausgleichenden Nüchternheit gewichen. Man ist nicht mehr so leicht bereit, sich mit pathetischen Parolen über die gefallene Natur des Menschen hinwegzutäuschen. Die Glücksdiktate der säkularisierten "Hoffnungsträger" haben ihre Bannkraft weitgehend verloren und Skepsis gegenüber hochfliegenden Konzepten genährt. Sind, so könnte man fragen, Vorbilder überhaupt noch zeitgemäße Wegbegleiter?

Ein Seliger ist kein Idol, er wartet nicht mit irgendeinem ausgedachten Erlösungsprogramm auf, sondern verkörpert auf seine Weise die Frohe Botschaft Jesu Christi. Das unterscheidet ihn von all den ideologischen Proselytenmachern, die den "neuen Menschen" bereits am Horizont des Diesseits heraufdämmern sehen. Christsein ist auch ein Vorbehalt gegenüber trügerischen Gewißheiten, eine Lebensrichtung, die zutiefst geprägt ist von der Einsicht in die Vorläufigkeit des Daseins.

Nichts ist dem Seligen so fremd wie die Verheißung eines wie auch immer gearteten Paradieses auf Erden. Er durchschaut - sozusagen von Berufs wegen - die Heillosigkeit eines noch so emphatisch vorgetragenen innerweltlichen Heilsentwurfs. Auch wenn er mitten auf dieser Erde sein Wirkungsfeld sieht, wird er eine stille Reserve nicht aufgeben wollen. Sein soziales Engagement ist nicht von der Vision einer neuen Weltordnung getragen, sondern vom Glauben an das Reich Gottes, das - nach einem Wort der Bibel - auf der Erde zwar schon anbrechen soll, seine Vollendung aber erst im Jenseits erfahrt.

Vor diesem Hintergrund kann man womöglich sagen: Wer sich an Heilige bzw. Selige hält, sie als Fürsprecher in Anspruch nimmt, läuft weniger Gefahr, den falschen Propheten seiner Zeit auf den Leim zu gehen. Er ermöglicht sich und anderen eine Aufklärung, die das übernatürliche Ziel des Menschen nicht ignoriert, sondern zum Maßstab wirklicher Erkenntnis erhebt.




Quelle: Zur Selligsprechung des Opus-Dei-Gründers Josemaria Escrivá
© Copyright „Notizen“ Hrsg. Informationsbüro der Prälatur Opus Dei in Deutschland, Köln 1992
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