Ein Besuch bei Josef Hermes *) und Keldenicher Eindrücke
von Heinrich Klein




Im Rahmen der geschichtlichen Betrachtungen zur Dorfchronik Kreuzweingarten-Rheder taucht der Name Dechant Wolfgarten immer häufiger auf, je mehr man sich mit mit Rheder und der Geschichte der Kapelle zu Rheder selbst befaßt. Wer war also Jakob Hubert Wolfgarten aus Rheder und wo lebte und wirkte er? Zu seinem Lebensweg finden sich auf den Editionen dieser Seiten zahlreiche Hinweise. Eine Zusammenfassung, hier nur sehr verkürzt dargestellt, ergibt:

Jakob Hubert Wolfgarten Keldenich

aus Rheder stammend verließ während seiner Ausbildung zum Priester aufgrund der Kulturrevolution seine rheinische Heimat und ging nach Frankreich, wo er seine Priesterweihe erhielt und seine erste Pfarrstelle antrat. Schließlich kehrte er nach Deutschland zurück und wurde letzendlich Pfarrer in Keldenich bei Kall, wo er seine neue Heimat fand. Hier drückte er seine Liebe zu Gott im Wirken für die kleine Pfarrgemeinde aus und widmete neben seinem geistlichen Amte sich insbesondere der Restauration der Kirche, der Grundsanierung der Marienkapelle und Neubau eines Bilderstockes. Seine Liebe zur alten Heimat Rheder bekundete Jakob Hubert Wolfgarten durch seine Unterstützung beim Bau der Kapelle in Rheder. Jakob Hubert Wolfgarten war bekannt als Marienverehrer.


Josef Hermes Keldenich

Bei Recherchen im Euskirchener Stadtarchiv fanden sich aus den Jahren 1927 bis 1932 zahlreiche Artikel, die von der Pfarre Keldenich, vom Ehrendechanten Wolfgarten, seinem Jubiläum und seinem Ruhestand berichteten. Ein weiterer Anlaß also, die Stätten seines ehemaligen Wirkens aufzusuchen und etwas in der Dorfgeschichte Keldenichs zu blättern. Somit kam es zu einem Kontakt am 12. November 2010 mit dem ehemaligen Küster Josef Hermes, welcher über viele Dorfereignisse, Geschichten, Sagen und Berichten über Keldenich nicht nur Bescheid wußte, sondern diese auch in mehreren Heften als Reihe „Ehe die Erinnerungen verblaßt sind“ niederschrieb. Der 88jährige zeigte sich rüstig und war bereit, eine kleine Rundfahrt durch den Ort und die Fluren Keldenichs mit zu unternehmen.

Im Folgenden also einiger Fotos mit Beschreibungen, Ergänzungen und Besonderheiten Keldenichs, die das gewonnene Bild des Verfassers darstellen. Hier spiegeln sich einige Gedanken auch von Josef Hermes und dreier hier an dieser Stelle nicht erwähnter Heimatforscher wieder, mit denen bereits in der Vergangenheit die Religiösistät der Steinfelder Umgebung und die frühe Besiedlung zur Kelten-, Römer und Frankenzeit der Umgebung Keldenichs und Königsfelds angesprochen wurde.

Keldenich ein uralter Ort

Die Geschichtsforschung nennt Keldenich als römisches Caldinius und führt die Silbe „CAL“ auf einen Namensbestandteil der vacallinaehischen Matronen zurück, die im Pescher Matronentempel und Umgebung (Wachendorf, Antweiler) verehrt wurden. 1) Die Silbe CAL, CALL oder KAL, KALL bedeutet jedoch gleichzeitig eine uralte Bezeichnung für ein Tal, ein Durchlaß, ein Paß, eine Kehle, eine Rinne usw. Wer den alten Weg von Keldenich nach Kall unweit der kleinen Marienkapelle kennt und die heutige Brigidastraße zwischen beiden Orten befährt, befindet sich in einer rinnenartigen Vertiefung. Kall im großen Tal gelegen an einem großen Durchlaß, Keldenich bergan gelegen, zu erreichen durch die Kehle zwischen beiden Orten. Örtlich zu bezeichnen als „Kehl an der Kall“.


Keldenich - Google-Earth Betrachtung vom 14. November 2010

Ähnliche Namensgebungen finden sich auch bei Kalkar, Kehl, Kehlheim, Kaldenkirchen, Kalenberg (bei Mechernich) Kalterherberg usw. Andere Namensforscher führen Kall auf frz. caillou = Stein zurück und bezeichnen Bäche in einer Steinrinne fließend, als KALL. 2) Wer das Wort im Zusammenhang mit Schöpfungslehren oder eines vermuteten Nibelungencodes etymologisch betrachtet, kommt nicht umhin, das englische Wort „to call“ zu untersuchen. Schließlich ergeben beispielsweise Orte am Feybach irgendeinen Feen-, Urfeen- oder Eisenfee bzw. Feienau-Sinn. (Veynau, Satzvey, Katzvey, Burgfey, Feyermühle, Eiserfey, Urfey, Weyer). Letztlich in Verbundenheit mit einer Kall kämen dann Wortbildungen wie, „Fee spricht“, „Feyen-Ort“ schließlich durch die Christianisierung zum Marienwort oder auch zum Wort selbst (URD = Urft). Alles Hinweise auf Urnamensbildungen und Urwörter, die in unseren heutigen Ortsnamen enthalten sind und im Falle von Keldenich an die Oberfläche dringen und dementsprechend gedeutet werden können.

Einstige Atlantikkultur

Über die Völker vor den Kelten und Römern ist eigentlich sehr wenig bekannt. Es ist anzunehmen, daß die Kelten im Bereich der Eifel als eine Art vorgermanisches Volk nur sehr gering vertreten waren und vorherige Völker auch in Betracht kommen, daß eine ähnlich heute in der Bretagne aufzufindende Stein- oder Megalith-Kultur mit ihren Dolmen, Menhiren und Grabanlagen auch in der Eifel vorhanden war. Die Zeugnisse dieser Kultur wurden bereits von den Frühfranken verachtet und auch von den späteren fränkischen Herrschern verboten. Es kam zu umfangreichen Zerstörungen und Eingrabungen von Matronensteinen und Menhiren in Germanien. Überlebt haben Matronensteine bekannterweise auch in Kirchenmauern. Ein erst jüngster Fund eines Bauern zeigt einen Menhir, wie er im einstigen Maar am Galgenkopf beim Pflügen an die Oberfläche kam.


Menhir von Dottel, heute im Innenhof eines landwirtschaftlichen Anwesens

Die bereits vor 10 Jahren aufgenommene Spur des Menhirs von Dottel führt zur urzeitlichen Betrachtung Keldenichs unter neuen Aspekten. An der Oberfläche liegendes Erzgestein brachte Glücksschürfer in dieses Gebiet, wo man relativ leicht zu Eisen und Waffen kam. Funde aus der Zeit von etwa 300 v. Chr. belegen diese Ansicht. 3) Später nutzte man das Bergwerk am Tanzberg zur Rohstoffgewinnung. Es ist anzunehmen, daß die Umgebung von Keldenich, Steinfeld und Uft genauso wie die Gegend um Stolberg-Atsch oder bei Nideggen von umherziehenden glücksuchenden Eisenschmelzern aufgesucht wurde, die das gewinnbringende Erz in Waffen und Werkzeuge umzusetzen wußten. In all diesen Gegenden berichten Sagen von Zwergen und Schmieden, den versunkenen Städten Gression und Badua und Schätzen aus der Vorzeit. Es wird auch von kleinwüchsigen Arbeitskelten (-Sklaven) berichtet, die kaum älter als 25 wurden und ihr Leben in Bergwerken verbrachten. Diese Zeit endete wie bekannt alsbald mit den Römern, die in mehreren Eroberungszügen die Kelten in ganz Europa besiegten, die vereinzelt noch lebenden Pikten auslöschten und den römischen Bergbau einführten.


Postkarte von 1964

Mit den Franken kam das Christentum

Schon zu Zeiten der Kelten und Römer soll man auf zu Tage tretendes Wackenerz am Tanzberg Keldenichs gestoßen sein. Mit den Spätfranken kamen die ersten Christen ins Gebiet Keldenichs. Sie stießen auf Spuren des vergangenen Bergbaus. Es heißt daß sie nicht tief zu graben brauchten, um auf Erz zu stoßen. Bereits 1547 ist von einem Bergunglück berichtet, in dem zahlreiche Bergleute ihr Leben ließen. Im 18. Jahrhundert schließlich nutzte man die Dampfkraft. Eine heute noch stehende Dampfmaschinenhalle, ein Gedenkstein und zahlreiche kleine Abraumhalden im östlichen Teil des Ortes künden vom einstigen Erzbergbau in Keldenich am Tanzberg. Hier endete eine Devonschicht von Mechernich kommend und es wurde Blei gefunden. Man spricht von einem Bleigehalt von 3 bis 20 Prozent im Sandstein. 4) Weiterhin wird berichtet: Auf der Grube Nußbaum am Girzenberg bei Keldenich wurde 1855 ein Reservedampfkessel aufgestellt. 5)


Gedenkstein für die Opfer des Unglücks von 1547


Ehemaliges Dampfmaschinenhaus - Foto vom 12. November 2010

Dieser Einblick in die Wirtschaft und Geschichte Keldenichs soll an dieser Stelle genügen. Im zweiten Teil der Betrachtungen geht es in Bilderserien weiter: Auf den Spuren von Jakob Hubert Wolfgarten, Die Lourdeskapelle und der Bilderstock der Schmerzhaften Muttergottes in Kall-Keldenich.

Soweit also einige Gedanken zu Keldenich, welches auch zur Welt von Nikola Reinartz, dem langjährigen Pfarrer von Kreuzweingarten, gehört, der über den bei Keldenich gelegenen Hof Königsfeld einen Aufsatz schrieb und ganz in der Nähe in Heistert geboren wurde. Es findet sich also auch hier noch eine Verbundenheit Kreuzweingartens zu Keldenich, welches auf Bergeshöhe über dem Tale oberhalb Kalls liegt. Wer Keldenich besuchten möchte, dem sei ein Besuch bei der Schmerzensmutter am Friedhof empfohlen und ein Blick in die Umgebung des Höhenortes nach allen Seiten.

Zum Schluß der Betrachtung noch ein Foto vom Dechant, wie Josef Hermes aus Keldenich Monsignore Jakob Hubert Wolfgarten aus Rheder benennt.


Monsignore Jakob Hubert Wolfgarten - Originalfoto Sammlung Josef Hermes Keldenich


*) Josef Hermes, Jahrgang 1922, begann sein Leben als Diener der Kirche im Alter von 14 Jahren, als er seinen Vater in der Kirche als Küster vertrat. Später übernahm Josef Hermes neben dem Küsteramt die Leitung des Kirchenchores. Noch im gesegneten Alter von 88 Jahren spielt er aushilfsweise die Orgel. Was aber wichtig ist: Josef Hermes gibt sein Wissen und seine Erinnerungen an Interessierte weiter. Dies tat er zahlreich in Gesprächen und seinen Heimatheften. Vorbehaltlos signalisierte er bereits bei einem ersten Telefongespräch, daß er mit der Einstellung der Dechant-Wolfgarten-Themen ins Internet einverstanden ist.
Grafik Bernd Kehren Keldenich

1) Gudrun Nositschka: Gefährtinnen aus Stein, Namensdeutung der Matronen zwischen Antweiler und Pesch
2) Günter Breuer: Die Ortsnamen des Kreises Düren, Ein Beitrag zur Namens- und Siedlungsgeschichte
3) Nikolaus Kley und Hans-Georg Brunemann: Auf de Suche nach Eisenstein - Spuren Kaller Bergleute, 100 Jahre Ortsgruppe Kall, Festschrift der Ortsgruppe Kall des Eifelvereins aus Anlaß des 100jährigen Jubiläums.
4) Karl Abel: Der Mechernicher Erzbergbau, Heimatkalender Kreis Schleiden 1954
5) Paul Schroeder: Vom Wasserrad zur Dampfmaschine, Kreis Euskirchen, Jahrbuch 1976


Keldenich mit Tanzberg


Bergheim/Erft - Keldenich-Serie am 12., 13., 14., 15., 16. November 2010,




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