Forstamt Bad Münstereifel
Forstgeschichtliches zum Hardtwald bei Stotzheim, Kreis Euskirchen

Von Gerhard Naumann


1907 Kahlschlag und Fichte im Plan

1907 wird die nächste Forsteinrichtung durchgeführt.
Der Forsteinrichter, Forstassessor Baumug, ist ein besonderer Freund des Nadelholzes und wird darin auch von der forstlichen Mittelinstanz, der Regierung in Köln, unterstützt.

Nach seiner Planung für den gesamten Kottenforst ist in der folgenden Periode auch nicht mit steigenden einnahmen zu rechnen, was ihn zu nachfolgender kritischen Bemerkung hinreißen läßt: „Der Grund für diesen scheinbaren Stillstand im Reinertrag, ist ... in der Änderung der Wirtschaft zu suchen, die früher als ausgesprochene Plenterwirtschaft die besten Eichen des Reviers auszog und unter dem Mantel einer natürlichen Verjüngung die Kulturkosten ersparte ...“. Dies ist eine für den Forstmann ehrenrührige Kritik, enthält sie doch den Vorwurf, nicht nachhaltig gewirtschaftet zu haben. Zwar ist der Endnutzungshiebsatz der letzten Forsteinrichtung, also die Nutzung in den Altbeständen, im wesentlichen mengenmäßig eingehalten worden, jedoch sind dafür die Vornutzungen, also die Durchforstungen, mengenmäßig stark überzogen worden.

Planungsänderungen ergäben sich aufgrund der Holzmarktsituation, auf die sich die Bewirtschaftung einrichten müsse:
Der Brennholzbedarf ist weiter rückläufig, ein Absatz nur noch zu Schleuderpreisen möglich. Dagegen ist die Nachfrage nach Nutzholz groß. Ziel der Forsteinrichtungsplanung müsse es daher sein, die Nutzholzanteile der Holzproduktion zu erhöhen. Daraus ergeben sich für den Forsteinrichter folgende Grundsätze für die Bewirtschaftung der einzelnen Baumarten:

Die Eiche soll in Umtriebszeiten von 140 Jahren (bei Stockausschlag von 80 Jahren) mit dem Ziel der Starkholzzucht erzogen werden. Gute Vorräte an wertvollen Althölzern und vielversprechende mittelalte Eichenbestände seien vorhanden, jedoch sähen die jungen Bestände ungepflegt aus. Hier bedrängen vor allem Hainbuche und Weichhölzer die Eichen. Die Jungwuchspflege müsse daher intensiviert werden. „Dabei ist der Anbau dieser Holzart auf die besten Lehm- und Tonböden, die ihr am meisten zusagen, zu beschränken“ und die Saat zu bevorzugen. Die bisherigen Methoden der natürlichen Verjüngung der Eiche „unter Beihilfe von Handsaat und Lärchenpflanzungen teils in reinen Samenschlägen, teils in Kulissenschlägen“ wird kritisiert. „Seit dem Jahr 1903 ist man zur flächenweisen künstlichen Verjüngung und zwar durch Streifensaat mit gutem Erfolg übergegangen“.

Zur Buche heißt es zwar, Starkholz sei gesucht, auch Schwellen- und Grubenholz. Ziel sei die Starkholzzucht vor allem dort, wo die Naturverjügung läuft,. Die vorhandenen Buchenbestände werden zwar wegen ihrer guten Qualität gelobt, dennoch sollen sie in Fichtenreinbestände umgewandelt werden, wenn ihre Ertragsleistung schlechter als die III. Ertragsklasse ist.
Daher sind im gesamten Kottenforst für die nächsten 20 Jahre 134 ha Buchenfläche in Fichte umzuwandeln. Vorgesehene Umtriebszeit der Buche: 120 Jahre. Stockausschlagbestände: 80 jahre.

Die Fichte ist seit etwa 60 Jahren im Revier angebaut und zwar zuerst als Füllholz lückiger Mittelwald- und Eichenbestände, dann in Mischung mit Kiefer und Lärche und schließlich in kleinen und großen reinen Beständen. Als Bodenschutzholz unter Eichen hat sie sich nicht bewährt. Völlig ungeeignet hat sich die reihenweise Mischung von Fichte und Eiche erwiesen. „... Wenn mehrfach auch der Anbau in reinen Beständen den gehegten Erwartungen nicht entsprochen hat, so ist daran die Art und Weise des Anbaues und die Unterlassung der nötigen Kulturpflege schuld. Auf feuchten und nassen Tonböden ist die Hügelpflanzung am Platze. Die Pflanzhügel und Pflanzplatten sind spätestens im Herbst vor Ausführung der Kultur, nicht während der Frühjahrskulturzeit zu fertigen, und die Pflanzen sind in bester Qualität in den Kämpen des Reviers zu erzielen ...“. In Frostlagen und bei der Umwandlung niederwaldartiger Bestände müsse ein Schirm erhalten bleiben.
Der Fichte „... sind in Zukunft alle Örtlichkeiten zuzuweisen, wo die Eiche und Buche mit Aussicht auf Erfolg nicht mehr nachgezogen werden können ... Mit der Umwandlung der wenig einträglichen Stockausschlagbestände in vollbestockte und wuchsfreudige Nadelholzanlagen darf nicht gezaudert werden ...“. Der Fichtenanbau soll im reinbestand erfolgen. „... So wird planmäßig sich der Fichtenanteil im Revier nach Ablauf von 20 Jahren verdoppelt haben ...“. Vorgesehene Umtriebszeit der Fichte: 80 Jahre.

Zur Kiefer heißt es, sie sei meist aus Saat entstanden, oft in Mischung mit Fichte, zeige ein rasches Jugendwachstum „... das aber bald nachläßt und nach Abflachung der Krone in völliger Wuchsstockung endet ...“, soweit sie auf trockenen und flachgründigen Standorten angebaut wurde. „Langschaftig und vollholzig wird die Kiefer jedoch da, wo sie auf besseren Böden, an tiefgründigen Hängen oder zerstreut in Laubholzbeständen vorkommt.“ Aber selbst schlechte Bestände ließen sich gut als Grubenholz verwerten, weshalb sie in 60jährigem Umtrieb zu bewirtschaften sind. Dennoch heißt es an anderer Stelle, daß die Kiefer künftig wegen ihrer Massenleistung und Heideverdrängung in Reinbestände anzubauen sei und zwar durch Saat.

Noch nie hat ein Forsteinrichter im Kottenforst sich bisher so eindeutig für den Nadelholzanbau ausgesprochen. Die riesigen Sturmwürfe im Kottenforst 1869 und 1876, bei der vor allem das Nadelholz auf staunassen Böden gelitten hatte, waren sie denn ganz in Vergessenheit geraten? Nach Meinung des Forsteinrichters genüge es, auf eine gute Hiebsfolge, auf Trennung der Nadelholzkomplexe durch Laubholzbestände und –streifen und auf Loshiebe zu achten, um die Nadelholzbestände widerstandsfähiger zu machen und in ihnen unabhängiger wirtschaften zu können. Außerdem sollen ab dem 21. Lebensjahr alle 10 Jahre Durchforstungen durchgeführt werden.

Die Radikalität der waldbaulichen Vorstellungen des Forsteinrichters kommt insbesondere auch darin zum Ausdruck, daß er als Verjügungsmethode weitgehend auf den Kahlschlag setzte, obwohl das in seinen Ausführungen nur indirekt angesprochen wird: Bei der Behandlung des Jagdertrages heißt es, der Damwild- und Rehwildbestand habe in den letzten Jahren abgenommen, da die Bestände im Übergang vom Mittelwald- zur Hochwaldwirtschaft recht dunkel stehen und wenig Äsung für das Wild böten: „Der Übergang zur Kahlschlagwirtschaft kann darin erst allmählich Wandel schaffen.“

Die schon 1894 eingeleitete Umwandlung vieler Stockausschlagflächen im Hochwald soll auch in der nächsten Periode konsequent fortgesetzt werden. Im Revierteil Hardt ist nur deswegen weniger Eichen-Schälwaldfläche zur Umwandlung geplant worden „... um die Feuergefahr nicht übermäßig zu erhöhen ...“. Wahrscheinlich ging der Forsteinrichter davon aus, daß die Umwandlung der Eichenschälwälder nicht durch Überführung in Eichen-Hochwald, sondern durch Umwandlung in Kiefer, die im Jugendalter besonders brandgefährdet ist, geschehen solle.

Es drängt sich der Eindruck auf, dieser Forsteinrichter sei ein sehr rational denkender Mensch gewesen, der für die Natur- und Romantik wenig übrig hatte. Aber damit tut man ihm wahrscheinlich unrecht, da auch er dem Zeitgeist zu folgen hatte.

Daher einige versöhnliche Worte zur Hardtburg von ihm: „... Schließlich fesseln in der lieblich gelegenen Hardtburg zwei Bäume das Auge des Naturfreundes; die „alte Fichte“ im Burggraben, die nur deswegen nicht zur vollen Geltung kommt, da sie tief steht, und ein baumartig gewachsener Kreuzdorn. Erwähnenswert ist dort ebenfalls der baumartige Wuchs eines durch die Burgmauer gewachsenen Efeus ...“.


Abbildung 4: Die “alte Fichte“ im Burggarten der Hardtburg, Foto von 1907 oder davor (Quelle: Archiv Forstamt Kottenforst).

Diese Fichte lebt heute noch, obwohl sie ihren Wipfeltrieb 1906 durch Blitzschlag verlor und dann mehrarmig weiterwuchs. Sie ist bereits Mitte des 19. Jahrhunderts auf einem Ölgemälde als großer Baum dargestellt (*Anm. Wisoveg: Siehe 19. Jahrhundert: Die Hardtburg beginnt, Naherholungsziel zu werden). Außerdem gibt es von ihr ein Foto aus der Zeit vor 1906, nach dem man in etwa das heutige Alter auf ca. 180 - 200 Jahre schätzen kann. Sie ist als Naturdenkmal ausgewiesen. Vom baumartig gewachsenen Kreuzdorn ist nichts mehr bekannt. Der genannte durch die Mauer gewachsene Efeu der 1953 einen Durchmesser von 31,6 cm (!) hatte, existiert ebenfalls nicht mehr, dafür aber starke Efeus hinter dem Bergfried. Die so bemerkenswerten sicher auch schon über 140 Jahre alten und heute sehr starken Eiben wurden nicht als Besonderheit genannt, obwohl sie auf den Fotos von 1907 oder davor auch schon abgebildet wurden.

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