Kreuzweingarten - inmitten historischer Nachbarn

Zusammenfassung aus

Über unsere Orts- und Flußnamen
(nach Gerh. Mürkens, Die Ortsnamen des Kreises Euskirchen), Ein Beitrag zur Siedlungsgeschichte des Kreises, Euskirchen 1958 *) **)

Inhaltsübersicht

Bachnamen - Erft Vey Steinbach ... (Belga) (Bliesheim)
Historische Verbundenheit - Weingarten Rheder Kalkar Billig (Belgica) Broicherhof Haus Broich Hardtburg
Unmittelbare Nachbarn - Arloff Antweiler Kirspenich Iversheim Kirchheim Hockenbroich Stotzheim Wachendorf
Hardtwaldnähe - Flamersheim Burg Ringsheim Schweinheim Kloster Schweinheim Kastenholz
Historische Umgebung - Kuchenheim Palmersheim Roitzheim Münstereifel Wisskirchen Euskirchen Euenheim
Ergänzend - Augenbroich Im Auel

Erft (S. 15)

Der Hauptwasserlauf des Kreises Euskirchen ist die Erft, die südlich von Münstereifel bei Holzmülheim entspringt. Sie erscheint zuerst 796 als Arnapa (Lacomblet I, Nr. 5). Weitere Namensformen sind Arnafa und Arlafa: beide finden sich im Prümer Güterverzeichnis vom Jahre 893. Der Bach heißt 1028 und 1051 Arnefe, 1166 Arlefe (Lacomblet I, Nr. 164, 184; 423). Im ersten Bestandteil von Arn-apa steckt die indogermanische Wurzel ar = eilen. Eine Weiterbildung der Wurzel ist zunächst Ar-a, die Grundform für die benachbarte Ahr, deren eigentliche Bedeutung somit "die Eilende" wäre. Auch die mit n-Suffix erweiterte Namensform Ar-n-a dürfte dieselbe Bedeutung haben. Doch ist es wahrscheinlich, daß Ara und Arna zu Grundwörtern für fließendes Wasser, also zu Hauptwörtern mit der Bedeutung "Bach, Fluß" geworden sind. Der zweite Bestandteil unserer mittelalterlichen Arnapa ist apa, die germanische Bezeichnung 1) für fließendes Wasser (hd. affa, afa), die ehemals ähnlich wie unser heutiges -bach gebraucht wurde (vgl. Asch-aff "Eschenbach", Dorn-ap "Dornbach" u.a.), oft auch, wie in unserem Falle, zur Verdeutlichung an einen vordeutschen Bachnamen angehängt wurde. Ursprünglich hieß nämlich die Erft bloß Arna, und diesen Namen erhielt sie bereits im dritten Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung von einem indogermanischen Bauernvolk der Jungsteinzeit. Man vergleiche den von den Lateinern mit männlicher Endung versehenen Fluß Arnus, jetzt Arno, im alten Italien sowie einen Fluß Arna, später Orna, der in Gallien floß. Die Kelten haben dann den Bachnamen durch ihr auch bei Flußnamen sehr beliebtes Suffix -ava erweitert, haben also aus Arna "Arnava" gemacht; denn mit Recht erblickt man in der Namensform Arn-efa, die uns der Geograph von Ravenna auf seiner Karte des 5. Jahrhunderts überliefert, das von den Kelten gebrauchte Arnava. Eine Arnava gab es ehemals auch im Kreise Trier, denn der Ort Orenhoven heißt 720 Ornava (Holder III, 647), hat also seinen Namen von einem Bache Arnava. Was den heutigen Namen Erft angeht, so kommt er von der mit dem germanischen -apa gebildeten Form Arnapa. Letztere heißt nach der hochdeutschen Lautverschiebung Arnafa, woraus sich über Arnifa durch Umlaut Ernefe, Erf und mit unechtem t der heutige Name Erft ergab.

Von der Erft haben bei Orte Arloff, Bliesheim, Schönau und wohl auch Rheder den Namen erhalten.


Bliesheim (S. 15) Besondere Orts- und Flußnamen *)

Bliesheim - Blisena (1059), Blisna (1075), Blissene (um 1170), keltischen Ursprunges, belo = glänzend, Belisama = die sehr Glänzende,


Arloff (S. 15)

heißt im Prümer Güterverzeichnis von 893 Arlafa (Beyer I, Nr. 135). Im Jahre 1278 heißt der Ort Alofe (Lacamblet II, Nr. 718). Auf den ersten Blick erweist der Ort sich als eine Siedlung an der Erft, der Arnapa, die, wie oben erwähnt wurde, im Jahre 893 Arnafa und Arlafa lautet. Der Wechsel von n und l sowie die Verdumpfung des a zu offenem o sind häufige Erscheinungen. Die Zusammenziehung von Arnafa ohne Umlaut ist Arve (= Arfe), wie die Erft im 14. Jahrhundert heißt, und von dieser Namensform erhielt der Ort Harff im Kreise Bergheim den Namen (1346 Harve). Das anlautende H wurde ohne Grund hinzugesetzt, wie dies auch sonst, besonders bei Wörtern nichtdeutschen Ursprungs, nicht selten der Fall ist.


Rheder (S. 17 u. 18)

ist deutschen oder keltischen Ursprungs.

Die Herleitung des Namens von einem keltischen Rigodurum "Königsfeste, Königsburg", das sprachlich einwandfrei wäre, scheint mir aus sachlichen Gründen unwahrscheinlich zu sein. Nicolaus Reinartz meint in seiner Studie über Rheder (Euskirchener Volksblatt, Jg. 1934, Nr. 98), eine doppelte Ableitung des Namens sei möglich, entweder vom altdeutschen hreot, hriot, riot "Rietgras" oder von einer keltischen Wurzel rid (?) = Furt. Auch ich glaube, daß beide Möglichkeiten bestehen. Doch ist mit der Andeutung dieser beiden Deutungsmöglichkeiten noch keine eigentliche Erklärung des Namens gegeben, und ich möchte daher versuchen, darzulegen, wie ich mir die Entstehung des Namens im einzelnen denke.

Zunächst kann also Rheder deutscher Herkunft sein und als Bestimmungswort das deutsche Wort Ried "Schilfrohr" enthalten. Die älteste erreichbare Namensform ist Reydorre in einer Urkunde des Jahres 1240 (Lacomblet II, Nr. 252), und von dieser Form haben wir auszugehen. In dieser Urkunde bekannt die Äbtissin des nahen Klosters Schweinheim, daß sie von dem Stifte Münstereifel alle die Güter erhalten habe, die vorher Sifrid von Reydorre von dem genannten Stift innegehabt. Weitere Namensformen finden sich nach Reinartz in einer Urkunde vom Jahr 1453, die sich auf einen Rentenkauf eines Johann van "Redere" bezieht, der in "Reder" die Jutten Hoestat van "Rieder" besitzt. Reydorre ist nach meiner Meinung als Reyd-orre aufzufassen, und dies steht für ursprüngliches *Red- oder Reid-arna; arna bezeichnet die Erft, die die Franken mit ihrem verdeutlichten apa gewöhnlich Arpana nannten; das Grundwort ist, wie angenommen wird, das Wort "Ried", das mhd. ebenfalls ried, aber mndd. red. reid. oder reyd lautet. Red- oder Reidarna bedeutet also "Ried-Erft", die mit Ried oder Schilfrohr bewachsene Erft. Wie konnte aber unser Bach, die Arna, hier bei Rheder zu solchem Namen kommen? Bei unserem Orte, etwa gegenüber der Liersmühle, führte einerseits eine von Zülpich-Enzen kommende Römerstraße, andererseits der bekannte Römerkanal über die Erft. Zum Schutz dieser wichtigen Anlagen lag hier, wie wir annehmen dürfen, ein römischer Militärposten, der im Hinblick auf den über dem Wasserspiegel verlaufenden Kanal besonders für normale Wasserverhältnisse hier zu sorgen hatte. Wie hier der Kanal wahrscheinlich über dem Wasser der Erft gebaut war, so führte er in gleicher Weise auch über die Swist und die Vey. Östlich vom Dorfe Vussem hat man Reste von Pfeilern der römischen Wasserleitung gefunden, die beweisen, daß die Leitung in dem 120 Fuß breiten Veytale auf Bogenstellungen geführt war (Wackenroder, Kunstd. d. Kreises Schleiden, S. 446). Als aber die Römer vor dem Ansturm der Franken ihre Tätigkeit hier bei Rheder einstellen mußten, zeigte der Bach allmählich ein ganz anderes Aussehen. Sich selbst überlassen, trat der sonst in einem geregelten Bett gehegte Bach über die Ufer und bot das Bild eines weiten sumpfigen Wassergeländes, wo Ried oder Schilfrohr zu wachsen anfing. Dies war sicherlich noch mehr der Fall, als im 9. Jahrhundert die Karolinger zur Förderung des Ackerbaues und des dabei so wichtigen Mühlenbetriebes oberhalb Rheder die bekannte Erftableitung, heute Erftmühlenbach genannt, anlegten, die den Aufschwung der an ihm liegenden Orte Stotzheim, Roitzheim, Kuchenheim und Büllesheim wesentlich förderte. Um diese Zeit also wird man, denke ich, in einem gewissen Gegensatz zu dem klarflutenden Nebenarm, der Mühlen-Erft, die alte Erft bei Rheder "Red- oder Reydarna, d.i. Ried-Erft" genannt haben, und diesen Namen übertrug man dann auf die Niederlassung, die man hier gründete. Aus Red- oder Reydarna konnte über Re(i)dorne leicht Reydorre werden. Durch Abschwächung der Endung entstand zunächst Redere, dann Reder. Die Schreibung Rheder mit h nach dem R entspricht altertümlichem Brauch. Im 16. Jahrhundert verwendete man gern, anstatt des niederdeutschen Reder, die hochdeutsche Lautform Rieder.

Rheder, alt Reydorre, könnte auch - und dies ist die zweite mögliche Erklärung des Namens - aus einem keltischen *Ritodurum entstanden sein: Bestimmungswort ist keltisches riton = Furt, Übergang, das mit unserem "Furt" stammverwandt ist; Grundwort ist keltisches duron, latinisiert durum, = Festung. Ritodurum wäre demnach = "Furtbefestigung, Festung bei der Furt". Eine ähnliche Bildung wie unser Ritodurum ist das auf römischen Wegekarten verzeichnete Brivodurum "Brückenbefestigung", zu keltischem briva "Brücke"; es ist das heutige Briare an der Loire. Nach Nicolaus Reinartz könnte der ehedem in der Nähe der Furt gelegene Rittersitz, heute die "Schäfferei" ganannt, und nach ihm jedenfalls der Ausgangspunkt der späteren Siedlung Rheder, ganz gut auf eine alte Befestigungsanlage zurückgehen.

Bei der "Rickefuhr" an der Urft lagen die Verhältnisse zur Römerzeit ähnlich wie bei Rheder. Auch hier führten über den Bach sowohl eine römische Straße, als auch der Römerkanal. Zum Schutze des Flußübergangs befand sich auch hier ein Militärposten. Reinartz hält in dem oben erwähnten Aufsatze die bisher übliche Lesart "Rickefuhr" für unrichtig und liest mit Recht "Ridderfurth", eine Bezeichnung, wie ich sie auch in einem Steinfelder Weistum von 1503 finde (s. Annalen 18, S. 93). Hier ist nämlich die Rede von den "Ridderfurtzputzgeren", womit die bekannten "kleinen Quellen der Ridderfurth" gemeint sind. Vielleicht steckt in Ridderfurth auch ein *Ritodurum, wie wir es für Rheder als möglich angenommen haben. Doch könnte es auch für Riedefurth stehen, zur Bezeichnung der Übergangsstelle über die Urft, die sich nach dem Aufhören der Römerherrschaft, ähnlich wie bei Rheder, weithin mit Schilfrohr und Sumpfgras bedeckte. Eine mit Ried bewachsene Furt ist z.B. Rietvoorde in Holland, nördlich von Gent, das 1122 und 1140 Rithvorth lautet.


Belgica - Billig (S. 19)

eine Siedlung am keltischen Bach *Belga.

Von einem bei Rheder in die Erft fließenden Bächlein hat der Ort Billig den Namen erhalten. Billig lautet nach einer römischen Wegekarte, im Itinerarium Antonini, "Belgica vicus" und ist einer der wenigen aus dem Altertum überlieferten Namen. Da das Iteneriarium die Namen in ziemlich ursprünglicher Form gibt, so kann als Grundform keltisches Billiacum bzw. Villiacum, woher sich Willich bei Krefeld, Wasserbillig bei Luxemburg und Welschbillig bei Trier ableiten, zur Erklärung unseres Namens nicht in Betracht kommen. An ein von dem Volksnamen Belga abgeleitetes lateinisches Adjektiv zu denken, geht ebenfalls nicht an, denn sonst hieße der Ort vicus Belgicus (vergl. Cramer ON., S. 25).

Das alte Belgica lag nicht an der Stelle des heutigen Billig, sondern ungefähr in der Mitte zwischen Billig und Rheder. Die noch heute über viele Äcker verstreuten zahlreichen Ziegelreste kennzeichnen deutlich die Lage des ehemaligen römisch-keltischen vicus. Hier vorbei fließt ein klares Bächlein, das heute Flutgraben heißt. Es kommt von den früher bewaldeten Höhen hinter dem Orte Billig und fließt vor Rheder in die Erft. Früher, vor den vielfachen, modernen Umgestaltungen und Veränderungen der Feldflur, floß dieses Wasser reichlicher und hatte den Charakter eines richtigen Baches. Dies bestätigte mir ein Herr Pohl aus Billig noch für die Zeit der in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in Belgica vorgenommenen Ausgrabungen, bei denen er als junger Mann unter Leitung in Belgica vorgenommenen Ausgrabungen, bei denen er als junger Mann unter Leitung seines Oheims, des Münstereifeler Gymnasialdirektors Pohl mitgearbeitet habe. Oft habe er, so erzählte er u.a., zur Löschung seines Durstes das klare Wasser dieses Bächleins getrunken. Das Bächlein war den keltischen Dorfbewohnern, den Vicani, wie ich annehme, als die "Belga" bekannt, die wahrscheinlich "die Glänzende" bedeutet: europäische Wurzel bhalg, keltisch balg = leuchten, brennen, mit Bezug auf das Wasser etwa "glänzen". Der Stamm Balg ist in vielen Flußnamen enthalten, so z.B. in Balg-ach im Kreise St. Gallen und in Belgenbach im Kreise Monschau. Bei Ausonius (Pertz X 145, Gesta Trevirorum) heißt im 4. Jahrhundert die Kyll bei Trier Belgis, hat also denselben Stamm wie unsere Belga. Zeuß stellte in seiner keltischen Grammatik den Volksnamen Belgae zur Wurzel bhelg "schwellen" und deutet die Belgae als "die Aufgeblasenen, die Stolzen". Wenn nun die Bachnamen Belg-is und Belg-a, wie anzunehmen ist, dieselbe Wurzel enthielten, wie sie in dem Volksnamen der Belgae steckt, so würde ihre Bedeutung "die Anschwellende" sein. Für unsere Belg-a, die, wie oben gesagt wurde, von den früher bewaldeten Höhen hinter dem Orte Billig herunterfloß, würde auch diese Bedeutung passen. Nach dem Bache Belga nannten nun die Kelten mit dem Ableitungssuffix -ic- die daran liegende Siedlung "Belg-ic-a". Solche von Flußnamen mit dem Suffix -ic- abgeleiteten Ortsbezeichnungen findet man in Gallien nicht selten. Sie erscheinen in weiblicher oder sächlicher Form. So heißt ein Nebenfluß der Dordogne in Südfrankreich in alter Zeit Visera, jetzt Vézère, und der daran liegende Ort Uzwerche geht zurück auf ein Userica, das für Viserica steht (Gröheler, französ. ON. I, S. 348). Das bei Caeser erwähnte Avaricum ist "die an der Avara (jetzt Auron) gelegene Siedlung", und am Flusse Autura, der jetzigen Eure, lag ehemals der Ort Autricum. Den Namen Belg-ic-a fanden die Franken vor und übertrugen ihn auf ihre Siedlung, die sie in der Nähe anlegten. Aus Belgica ist dann das heutige Billig geworden. Die sprachliche Entwicklung denkt man sich am besten so, daß Belgica zunächst verkürzt zu Belga, Belg wurde, woraus sich dann durch mundartliche Zerdehnung Bellig (Bellich) und schließlich durch Umlaut Billig (Billich) entwickelte.

Beim Dorf hat eine Burg gestanden, an die noch eine Flur "auf der alten Burg" erinnert. Sie war der Sitz eines nach dem Orte benannten Rittergeschlechtes. Im Jahre 1337 kaufte Graf Wilhelm von Jülich Dorf und Burg Billich vom Abte von Korvey und dessen Bruder. Im Jahre 1367 wird ein Heinrich von Billig, genannt Smegge, erwähnt. Vor Billig lag nach Ausweis des Flurnamens "Lützelbillig" (= Klein-Billig), ein Weiler gleichen Namens.


Vey (S. 20)

Die Vey ist vermutlich eine jungsteinzeitliche *Bacina.

Unterhalb Euskirchen fließt die Vey oder der Veybach in die Erft. Auf den ursprünglichen Namen für den Bach führen die in Euskirchen und Zingsheim gefundenen Matronensteine mit den Matronae Fachinehae (Fachinehiae). Diese Gottheiten sind ohne Zweifel nach dem Veybach benannt, doch wahrscheinlich nicht unmittelbar, sondern sie waren die aus schützenden Ortsgottheiten einer nach dem Veybach benannten Siedlung. Der aus Euskirchen stammende Matronenstein wurde bezeichnenderweise vor der Stadt links von der nach Kommern führenden Landstraße, also in der Nähe des Veybaches gefunden. Nun hat hier vor der Stadt, ungefähr in der Mitte zwischen der Ruhrschen Fabrik und dem früheren Rüdesheimer Hofe, auf dem linken Ufer der Vey, eine römische Siedlung bestanden. Noch jetzt finden sich zahlreiche römische Ziegelreste auf den Äckern verstreut. Ein Herr Rath von Euskirchen sagte seiner Zeit aus, er habe mehrere Karren von diesen Ziegeln weggefahren, auch habe er sonst große, seltsame Steine gefunden. Man wird nicht fehlgehen in der Annahme, daß hier vor Euskirchen auf Euenheim zu, auf dem vom linken Veyufer leicht zur Kommernerstraße ansteigenden Gelände, die Matronae Fachinehae von den keltischen Bauern verehrt wurden.

Die aus Fachinhae, dem Beinamen der Matronen, zu erschließende Namensform für die Vey ist *Fachina, doch ist diese nicht die ursprüngliche Form des Baches. Fachina, dessen verschärftes -F- für -V- steht, steht zunächst für Vachina, und bei dem bekannten Wechsle von -b- zu -v- zur römischen Kaiserzeit ist Vachina aus Bachina entstanden. Grundform wird *Bacina gewesen sein, dessen -c- natürlich wie -k- zu sprechen ist. Zugrunde liegt die europäische Wurzel begh "sich wohinwenden, eilen, laufen". Bacina bedeutet eigentlich "die Eilende", ist aber vielleicht schon zu einem Wassergrundwort im Sinne von "Fluß, Bach" geworden. Eine Bachina ist z. B. auch die elsässische Béchine, Nbf. der Weiß, im Schnierlacher Tal (Schwaederle, Vorgermanische Fluß- und Bachnamen im Elsaß, S. 76. Straßburg 1912). Die Fecht, Nbfl. der Straßburger Ill, geht 772 genau wie unsere Vey "Fachina", 817 jedoch Vachonna (Bach II 1, S. 209) und geht auf dieselbe Grundform *Bacina zurück, worauf auch die 865 überlieferte Form Pachina hinzudeuten scheint. Bacina ist nicht keltisch, sondern vorkeltisch und rührt wahrscheinlich von den sogen. Bandkeramikern her, einem indogermanischen Bauernvolke der Jungsteinzeit, das im 3. Jahrtausend vor Chr. vom Donauraum nach Westen vordrang und hier siedelte. Vor etwa 25 Jahren entdeckte man eine Siedlung dieses Volkes in Köln-Lindenthal und neuerdings, 1957, eine solche bei Müddersheim im Kreise Düren. Auch scheinen noch einige andere Bachnamen auf dieses Volk zurückzugehen. Auch Vachina (= Fachina) entstand durch Kürzung zunächst Vacha, und daraus wurden die späteren Formen Veja (geschrieben auch Vega), Veya, Veia, Feia.

Nach der Vey sind mehrere Siedlungen benannt. ... (Burg Veynau, Satzvey, Katzvey, Burgvey, Urfey, Eiservey) ...


Antweiler (S. 26)

Der Ort Antweiler, entweder vordeutsches *Andaweiler oder deutsches *Amtweiler, erscheint zuerst 1002 als Antwilre (Lacomblet I, Nr. 138). In diesem Jahre werden die Höfe zu Antwilre und Eschweiler von Erzbischof Heribert der von ihm gestifteten Abtei Deutz überwiesen. Erzbischof Konrad inkorporierte 1250 die Pfarrei Antweiler dem Stift Dietkirchen bei Bonn. Vorher, 1019, wird die Kirche als Schenkung des Grafen Baldericus an die Abtei Deutz genannt. Der Ort liegt an einem zum Wachenbach fließenden Bächlein, das heute Krebsbach heißt, oft austrocknet und mehr den Charakter eines Flutgrabens hat. Nach der Lage an diesem Bach heißt die eine der zwei Antweiler Burgen die "Oberburg", die andere die "Unterburg". Eine mögliche Annahme ist es nun, daß von diesem früher stärker fließenden Wasser der Ort Antweiler seinen Namen hat. Zugrunde läge dann der indogermanische, "Wasser" bedeutende Stamm ad-, nasaliert and-, ant-. Der Bach wäre dann früher eine Anda gewesen, die wie die Inde, alt Inda (Nbfl. der Rur), enfach "Wasser" bedeutet. Antweiler wäre demnach als *Andaweiler, als "villare oder Gutshof an der Anda, d.i. am Wasser" zu erklären. Über weiler < mittellat. villare vgl. II. Teil. Den zu ant- verschobenen Stamm zeigen z.B. die Antia, jetzt Anza bei Mailand, der Ant in Norfolk in England, mit Suffix versehen die And-ura, ältester Name für die Eure in Frankreich, die Ant-eine (zur Charente), die Ant-one (zur Oise), in England das zum Kanal fließende Flüßchen Anton, woran eine Stadt gleichen Namens liegt, die Antisina, jetzt die zum Inn fließende Antisse.

Doch sei hier auch eine andere, aus dem Deutschen genommene Erklärung angeführt. Die älteste Namensform von Antweiler im Kreise Ahrweiler heißt ein Menschenalter früher Ametwilre (Förstemann ON. I, 146 u. II, 1487), das sich über Amtweiler zu Antweiler entwickelte. Zugrunde liegt hier das unserem "Amt" entsprechende, aus dem Keltischen entlehnte ahd. ambacht, mhd. ambet, ammet, das als männliches Wort "Diener", als sächliches Wort "Dienst, Amt" bedeutet. Am(m)etwilre ist also das villare oder Gehöft, später auch das kleine Dorf, wo der behördliche Diener, der Amtmann, oder die verwaltende oder rechtssprechende Behörde ihren Sitz hatte. Auch für unseren Ort halte ich die Deutung "Amtweiler" nicht nur für durchaus möglich, sondern für die wahrscheinlichere. Westlich der Erft unterstanden die Kirchen von Antweiler und Satzvey der Bonner Dietkirche (eigentlich "Volkskirche"), die wie St. Peter in Zülpich den Rang einer Urpfarre hatte. Wenn wir nun wissen, daß Satzvey eine Filiale von Antweiler war (vgl. Fabricius, Erläuterungen V. 1, S. 215 und 231), so ergibt sich ohne weiteres, daß Antweiler als der damals bedeutendere Ort gegenüber Satzvey als Filialort den Sitz der Verwaltung innehatte und so als "Amtweiler" bezeichnet werden konnte. Bei dieser Deutung gehört Antweiler in den dritten Teil. Hier sei noch erwähnt, daß man Anda-, Antweiler auch als "Gegenweiler" deuten wollte, zu der ahd. Präposition anda "gegen" (vergl. nhd. Antwort = Gegenwort). Doch zu der Lage unseres Ortes paßt diese Deutung nicht.

Steinbach, Kloster Schweinheim (S. 28)

Der Steinbach, dessen Quelle im Flamersheimer Wald liegt, erhielt seinen Namen nach dem steinigen Bachbett; er ist bekannt geworden durch die nach ihm benannte Talsperre, den Jugendhof und die Jugendherberge. Am Ufer des Steinbaches liegt Kloster Schweinheim.


Kirspenich (S. 35)

In der Nähe von Weiler a. B. zweigte von der Billigerstraße eine Verbindungsstraße ab, die über Haus Wachendorf - Arloff (Bahnhof) - Kirspenich - Oberkastenholz - Flamersheim - Odendorf - Miel nach Buschhoven führte. An dieser Straße liegt Kirspenich:

*Crispiniacum "Gut des Römers Crispinius". Der Ort heißt im Prümer Güterverzeichnis vn 893 Chrispinihe (Beyer I, Nr. 135), 105 Krispenich (Knipping Reg. II, Nr. 34), im Liber valoris vor 1300 aber schon Kirspenich. Die Kirche gehörte in älterer Zeit der Abtei Prüm, doch kam sie nach der Urkunde des Abtes Jofrid 1266 an das Stift in Münstereifel.


Flamersheim (S. 39)

lautet 870 villa regia Flamersheim. Zu diesem Jahre berichtet Regino von Prüm in seiner Chronik von einem merkwürdigen Vorfalle. König Ludwig der Deutsche (843-876), der gelegentlich eines Zuges durch die hiesige Gegend auf dem Königshof weite, habe beim Zusammensturz des Söllers zwei Rippen gebrochen. Andere Namensformen: 991 Flaumaresheim und Flammerosheim (Oesterley S. 182), 1059 und 1075 Flammersheim und Vlamersheim (Lacomblet I, Nr. 195 und 220). Auch die Form Flammaresheim kommt vor (Förstemann ON. I, 902). Die Grundform des Namens ist wohl *Flademaresheim, und dieses bedeutet "Heim des Flademar = Sauberkeit + berühmt: Stamm Fladi, mhd. Vlat = Sauberkeit, Glanz, jetzt noch in "Unflat" erhalten. Einen mit demselben Stamme Fladi gebildeten PN. Fladirad, Fladrad enthalten die ON. Flerzheim im Kreise Bonn sowie Flörsheim am Main. Der letztere Ort lautet "Flarad", das Sauberkeit + Rat bedeutet. Möglich, vielleicht noch vorzuziehen ist für unseren Ort die Annahme eines fränkischen Personennamens Flavomar. Nachweisbar wurden von den Westfranken Mannsnamen mit dem lateinischen flavus gebildet. Im frühen Mittelalter erscheinen damit gebildete Vollnamen wie Flavibert = blond + glänzend und Flavohard = blond + stark. Dem nicht allzuweit entfernten Floisdorf im Kreise Schleiden liegt ein PN. Flavohad = blond + Kampf zugrunde. Mit lat. Endung ist uns der Vollname Flaochadus (= Flavohadus) überliefert. Mit gutem Grunde kann man daher Flamersheim auch als Flavomaresheim deuten, d. i. "Heim des Flavomar" = Blonder + berühmt. Die Form Flaumaresheim vom Jahre 991 könnte diese Annahme noch stützen.

Der jetzige Ort Flamersheim ist nach den überzeugenden Ausführungen Deckers (s. Annalen 24, S. 126) erst gegen Ende des 9. Jahrh. entstanden, als die Normannen das westlich auf der Höhe bei Kirchheim gelegene Hofgut "regia villa nomine Flameresheim" zerstört hatten. Das Insgesinde und ein Teil der dort angesiedelten Bevölkerung zog, den alten Ortsnamen mit sich nehmend, der Ebene zu und baute sich hier von neuem an. Das neue Flamersheim nahm einen raschen Aufschwung, da die Pfalzgrafen nach der oben erwähnten Zerstörung ihren Sitz auf den Tomberg bei Rheinland verlegten und nun Flamersheim als ihren Hauptort betrachteten. Um die Mitte des 11. Jahrh. schenkte Erzbischof Hermann II. von Köln, ein Sohn des Pfalzgrafen Ezzo, das castrum (Burg) Tomberg mit Zubehör an die Kölnische Kirche. Sein Nachfolger Anno II. übertrug dann Flamersheim dem Kölner Kollegiatstift Maria ad gradus. Um diese Zeit wurde Flamersheim eine eigene Pfarrei, und es fand auch die Errichtung der Kirche statt. Ein jetzt verputzter Stein an der Südseite des Turmes soll die Jahreszahl 1058 tragen. Der Name des von Kirchheim kommenden Flemmersbaches (aus Flamerbach) ist, wie mir scheint, nicht ursprünglich, sondern später nach dem Ortsnamen gebildet worden.


Kuchenheim (S. 40)

lautet 1197 Kukinheim (Lacomblet I, Nr. 558), im Liber valoris vor 1300 bereits wie heute Cuchenheim. Daß unser Name nichts mit "Kuh, Kühe" zu tun hat, wie der Volksmund will, geht schon aus dem heutigen Namen mit seinem aus k entstandenen ch deutlich hervor. Eine Beziehung zu ahd. kuo "Kuh" kann unmöglich bestanden haben. Was nun die Herkunft angeht, so habe ich früher in meiner Schrift über die Bach- und Ortsnamen es Kreises Euskirchen angenommen, daß eine keltische Bezeichnung für den durch den Ort fließenden Mühlenbach zugrunde liege: nämlich Cucina, das "die Leuchtende", oder, aus Cuc-arna Curcina entstandenen, "leuchtendes Wasser" bedeutet. Es würde nun daraus folgen, daß die bekannte bei Rheder beginnende Ableitung aus der Erft, die in deutscher Zeit, und zwar unter einem besonderen Namen, vorhanden gewesen sei. Auch hatte ich angenommen, daß die Matronae Cuchinehae auf einem in Zülpich gefundenen Matronensteine zu diesem Wasser oder vielmehr zu einer nach dem Wasser benannten Siedlung gehörten. Trotz der an sich möglichen Deutung möchte ich mich doch jetzt für eine deutsche Herkunft des Namens entscheiden. Da ein Name Kuko als altdeutscher Personenname vorkommt, so wird Kuchenheim, das 1197 Kukinheim lautet, doch wohl "Heim des Kuko" bedeuten. Der PN. Kuko kommt von lat. coquus "Koch" und ist einer von den Namen, die schon in römisch-keltischer Zeit, also noch während des Bestehens der Römerherrschaft, von germanischen Ansiedlern als Personennamen angenommen worden sind. Namen wie Kock, Kocks, Kox, Koch, Kochs, Kuck, wie sie im Rheinland heute zahlreich vorkommen, sind also nicht etwa später aus dem Französischen (frz. le coq "der Hahn") zu uns gekommen. Auch bei dieser Deutung können die Matronae Cuchinehae zu unserem Orte gehören. Die ursprünglich keltischen Schutzgottheiten wurden in der römischen Kaiserzeit nicht nur von Kelten und Römern, sondern auch von hier ansässigen Germanen gern verehrt. Ich nehme nun an, daß ein Germane namens Cuco (Kuko), der wohl ein romanisierter Ubier war, nach seinem Namen, dem allgemeinen Brauche entsprechend, sein Gut Cucinacum nannte und daß dann die hier verehrten örtlichen Schutzgöttinnen eben die kukinischen Matronen, die Matronae Cucinacae waren. In fränkischer Zeit hat man das Zugehörigkeitsverhältnis durch -heim ausgedrückt, und so ist aus Cucinacum das deutsche Kukinheim, heutiges Kuchenheim, entstanden. Collator der Kirche St. Nikolaus war 1488 einer der Stiftsherren zu St. Kunibert in Köln. Damals wurde sie dem Stift Kerpen inkorporiert. Die Lambertskirche in Kuchenheim gehörte zu der dortigen Grundherrschaft der Herzöge von Jülich.


Iversheim (S. 40)

erscheint zuerst 865 als Ivernesheim (Beyer I Nr. 104), dann im Prümer Güterverzeichnis von 893 als Ivernesheym, Yvernesheim und (mit unechtem H) Hivernesheym; 1311 lautet es Evernsheim (Kisky Reg. IV, Nr. 602). Das alte Ivernesheim war anfänglich Wirtschafts- und Verkehrszentrum für den ausgedehnten Besitz der Abtei Prüm in der Vordereifel. Später tritt es hinter Münstereifel zurück. Die Deutung des Namens "castra hiberna" = "Winterlager" scheidet schon deshalb aus, weil sich dort keine Spur eines solchen römischen Lagers nachweisen läßt. In meiner Schrift, Orts- und Bachnamen des Kreises Euskirchen, 1913, hatte ich den Namen mit der Eft, Arnava, in Verbindung gebracht, doch so, daß ich nicht Arn-ava, sondern die Umkehrung Av-arna als Grundlage für Iversheim, aus Avarnesheim, annahm. Doch scheint mir jetzt diese Deutung zu gewagt, von dem mit ahd. ebur "Eber" gebildeten PN. Eburin ab. Neben Eburin, der mit n-Suffix erweiterten Namensform des einfachen Kurznamens Eburo "der Eber", steht eine Umlautsform Iburin. Als Grundform unseres Namens haben wir daher, statt des ursprünglichen *Eburinesheim, hier die umgelautete Namensform *Iburinesheim anzusetzen, woraus dann, unter Berücksichtigung des fränkischen Wechsels von b zu v. überliefertes Ivernesheim und schließlich das heutige Iversheim entstand, das, wie gesagt, "Heim des Eburin oder Iburin", d.i. "des Ebers" bedeutet. Vielleicht deutet die Namensform Evernsheim sowie auch der in hiesiger Gegen häufige FN. Eversheim auf die noch unumgelautete Grundform Eburinesheim hin. Die gleiche Herkunft wie unser fränkisches Iversheim, das für Ibersheim steht, hat z.B. der ON. Ibersheim im Krs. Worms, das im 8. Jahrh. Ibernesheim lautet: auch hier liegt statt des ursprüngl. Kurznamens Eburin die umgelautete Namensform Iburin zugrunde.


Palmersheim (S. 42)

war ehemals der Sitz eines adligen Ministerialiengeschlechts. Im Jahre 1135 erscheint in einer Urkunde der Ministeriale Lambertus von Palmeresheim (Lacomblet I, Nr. 321); 1287 heißt der Ort Palmersheym. Wie sonst oft in Ortsnamen beginnt auch unser Name, anstatt mit einem stimmhaften B, mit einem stimmlosen P. Palmersheim geht zurück auf ein Baldamaresheim, d. i. "Heim des Baldamar". Der altdeutsche PN. Baldamar bedeutet "kühn + berühmt, der wegen seiner Kühnheit berühmte Mann". Ballinghausen bei Schweinfurt in Bayern hieß früher Baldamareshusen, enthält also denselben Namen.


Burg Ringsheim (S. 43).

Das ehemalige, eine eigene Pfarrei bildende Dorf ist ganz verschwunden, die noch erhaltene Pfarrkirche ist unbenutzt oder dient profanen Zwecken. Zur Pfarre Ringsheim gehörte Schweinheim (Kapelle). Das Patronatsrecht war ursprünglich zwischen den Besitzern der Burgen Ringsheim und Schweinheim strittig (Fabricius, Erläuterungen V 1, S. 230). Für Ringsheim ist eine doppelte Erklärung möglich, eine deutsche und eine vordeutsche. Da im Zweifelsfalle eine deutsche Deutung des Namens den Vorrang verdient, so soll Ringsheim als deutsche Gründung des Namens den Vorrang verdient, so soll Ringsheim als deutsche Gründung hier zuerst besprochen werden. Eine alte Namensform für unseren Ort ist Rimenzheim vom Jahre 1278. In einer Urkunde dieses Jahres, die die Herren von Milendonk betrifft, wird ein Adulphus von Rimenzheim genannt. Rimenzheim ist natürlich eine ungenaue Schreibung für Rimensheim. In einer Urkunde von 1240 (Knipping Reg. III, Nr. 1503), nach der die "Feste Ringsheim" von Erzbischof Conrad von Hochstaden erobert und zerstört wurde, heißt der Ort Rimirsheim, für Rimensheim. Doch ist diese Namensform nicht durchgedrungen. In der Urkunde von 1251 (Lacomblet II, S. 200), wo auf dasselbe Ereignis angespielt wird, heißt er Rimetzheim, das nur aus Rimensheim entstanden sein kann. Um nun die Namensform richtig zu deuten, muß man beachten, daß der Umlaut von u nicht selten i oder y ist. So lautet z. B. der ON. Vilvenich im Kreis Düren im 16.Jahrh. neben Fulvenich (= Fulviniacum) umgelautet auch Vylvenich. Unser Rimensheim steht daher für Rümensheim und dieses für ursrpüngl. Ruminsheim, das "Heim des Rumin, d. i. des Sohnes des Rumo" bedeutet. Der zum germ. Stamme Hroma, ahd. ruom "Ruhm" gehörende Kurzname Rumo, etwa "der Ruhmvolle", steckt z. B. im ON. Rondorf im Landkrs Köln: 922 Rumenthorp "Dorf des Rumo". Die weitere Entwicklung von Rimensheim zum heutigen Ringsheim ist wieder ein Beispiel für die manchmal weitgehende Veränderung ursprüngl. Ortsnamen. Ringsheim heißt, wie gesagt, 1251 Rynsheim, 1674 verhochdeutscht Reinzheim: in diesem Jahr wurde Joes Franciscus Lützenkirchen, Pastor in Reinzheim und Schweinheim, in die Euskirchener Priesterbruderschaft aufgenommen. Aus Ryns- oder Rinsheim entstand durch mundartliche Nasalierung Ringsheim. Der Volksmund deutet Ringsheim als "Rindsheim", eine Deutung, die angesicht der alten Namensformen ganz unmöglich ist. Das fränkische Rumensheim, das spätere Rimens- oder Rymezheim, kam zunächst an die Herren von der Tomburg, dann an die Erzbischöfe von Köln. Letztere gaben es einem Geschlechte zu Lehen, das sich nach dem Orte nannte und die erste Burg baute. Erbauer der Burg ist der oben genannte Adulphus von Rimensheim. Bekannter ist sein Sohn Reimarus von Ringsheim, dessen Töchter Gertrud und Jutta 1298 in das Kloster Schweinheim eintraten. Mit einem anderen Reimarus erlosch im Jahre 1413 der Mannesstamm derer von Ringsheim. Nach diesem Reimarus wurde die Burg auch Reimersheim, villa Reimari, genannt.

In der obengenannten Abhandlung über die "Heim-Orte um den Köngishof Flamersheim" (Euskirchener Volksblatt, Jg. 1937) habe ich im Anschluß an die Matronae Romanehae auf je einem Stein aus Lommersum und Euskirchen, Ringsheim auf ein Romanacum "Gut eines Römers, eines Romanus" zurückgeführt, zumal da sich im Bezirk von Ringsheim bemerkenswerte Spuren einer römischen Siedlung nachweisen lassen. Aus Romanacum machten die Franken, wie ich annahm, zunächst Rumans-heim, dann entstand auch hier durch Umlaut das 1278 überlieferte Rimenzheim, das für Rimesheim steht. Die weitere Entwicklung über Rymtzheim (1327), Rynsheim (1492) bis zu dem heutigen nasalierten Ringsheim ist die gleiche, wie wir sie oben bei der Namensbildung mit dem altdeutschen PN. Rumo feststellten.

Die zweite Deutung würde an Wahrscheinlichkeit gewinnen, wenn man die Matronae Romanhae in Ringsheim selbst gefunden hätte. Das ist nicht der Fall, deshalb halte ich die erste, aus dem Deutschen gewonnene Erklärung für richtiger. Ein den Matronis Rumanehabus geweihter Matronenstein wurde auch in Altdorf im Kreise Jülich gefunden.


Roitzheim (S. 44)

an der Erft, hat nicht, wie ich früher ohne Beleg annahm, denselben Ursprung wie das ehemalige zur früheren Georgskirche gehörende Rüdesheim bei Euskirchen, das 1247 Rudensheym (Annalen 23, S. 164), 1316 hof Rudensheim, 1334 hof te Rudesheim lautet und "Heim des Hrodin, des Rodin oder Rudin, d. i. des Sohnes des Hrodo, des Rodo oder Rudo" bedeutet; Rodo, Rudo, etwa "der Ruhmvolle", zum germ. Stamme Hrod, Hruod "Ruhm". Dieses Rüdesheim kommt in kontrahierter Form später als Ruitzheim, in niederdeutscher Lautgebung auch als Roitzheim (oi = langes o) vor. Um 1210 schenkte Walram von Limburg Herr zu Montjoie (Monschau) den Hof Reutzheim (= Rüdesheim) mit dem Patronatsrecht zu Euskirchen und Kuchenheim an das Prämonstratenserkloster Reichenstein, dem, nach Hugos Annalen dieses Klosters, durch den Kölner Erzbischof Dietrich (1208-1212) der Besitz der Kirche Roitzheim (= Rüdesheim) bestätigt wurde. Ganz verschieden von diesem ehemaligen Hof- und Dorfnamen lautet Roitzheim an der Erft um das Jahr 1075 in der den Bannwald des Kölner Erzbischofs näher bestimmenden Urkunde "Ruckesheim" (juxta flumen Arnafa), d. i. "Heim des Roko (Rocko) oder Ruko (Rucko)". Der Name Roko, Ruko ist die einstämmige Kurzform wahrscheinlich zu dem Vollnamen Hroc-hard (daraus der Name "Rückert"), = Kampfruf + stark. Der germ. Stamm Hroc bezieht sich auf den Kampfruf, den barditus der Germanen: vgl. mhd. rohen = brüllen, lärmen. Dem heutigen Roitzheim liegt, statt Rukesheim, die mehr niederdeutsche Namensform Rokesheim zugrunde.

Dies wurde zunächst zu Roksheim, und dieses infolge eines eigentümlichen Artikulationswechsels in hiesiger Mundart zu Rotzheim und gedehnt zu Roitzheim, wobei nämlich nachgesetztes i als Längszeichen die Länge des o ausdrückt. Das einstige Rukesheim war der Name der Burg, welche die Grundlage des Ortes bildete. Sie lag neben der alten Kirche, wo eine Flur, "in der Höstert" heißt. Höstert, für älteres Hostert, ist bekanntlich = Hofstatt, ahd. hovastat, hovestat. Letzteres bedeutet zunächst den Grund und Boden, auf dem der Hof steht, dann aber, wie hier, die Wohnung des Herrn. Auf solche frühere Wohnstellen weisen im Kreise Euskirchen noch folgende Flurnamen hin: Aufm Hostert, Gemeinde Billig; Hostert, Gemeinde Weingarten-Rheder; im Höstert, Gemeinde Schwerfen; aufm Höstert, Gemeinde Lommersum; im Hostert, Gemeinde Satzvey; Höstert, Gemeinde Obergartzem; auf dem Höstert, Gemeinde Antweiler; aufm Tierhostert, Gemeinde Weiler a. B.; am Hoesterd, Gemeinde Metternich; auf dem Hostert, Gemeinde Weilerswist. Im Jahre 1337 kaufte Graf Wilhelm von Jülich Dorf und Burg Overbulisheym (= Klein-Büllesheim), Ruychsheim (= Roitzheim) und Billich vom Abte von Korvey und dessen Bruder. Ursprünglich besaßen das Collationsrecht über die Kirche die Besitzer der Burg und Unterherrschaft Ruechsheim (= Roitzheim), hernach viele andere. Zu ursprünglichem Rukesheim paßt auch Ruechsheim vom Jahre 1525 (Annalen 57, Nr. 1008). Doch hat sich die aus Ruckesheim richtig entwickelte Namensform Ruychs- oder Ruechsheim nicht durchgesetzt.


Kirchheim (S. 52)

ist natürlich "Heim bei der Kirche". Doch da es sich bei Kirchheim und seiner Umgebung um ganz besondere Verhältnisse handelt, muß von diesen sowie auch vom Ortsnamen Hockenbur (Hockenbroich) im einzelnen gesprochen werden. Vor dem Normanneneinbruch am Ende des 9. Jahrh. hat es wahrscheinlich noch kein Kirchheim gegeben. Bis zu diesem Einfall hat, wie man mit gutem Grunde annimmt, der Aachener Pfalzgraf auf dem nahe beim heutigen Kirchheim gelegenen Köngishof Flamersheim gewohnt. Aus einer römischen villa war hier, wie mir scheint, bereits in der merowingischen Zeit ein fränkisches villare, Wiler oder Weiler entstanden, das dann später, vielleicht im 8. Jahrh. unter Karl dem Großen, durch einen gewissen Flademar oder Flavomar im Auftrage seines Königs zu einem königlichen Hofgut eingerichtet wurde. Daher der Name villa regia (Köngishof) Flamersheim aus dem Jahre 870. Zu diesem Jahre berichtete Regino von Prüm von jenem bekannten Unfalle, bei dem König Ludwig der Deutsche bei einem Aufenthalt in hiesiger Gegend bei dem Zusammensturz eines Söllers zwei Rippen gebrochen habe. Vermutlich wird sich dieses Unglück bei der Besichtigung des fruchtbeschwerten Söllers des nahen Wirtschaftshofes, der Hockebur, ereignet haben. Ahd. bur (= nhd. das Bauer) = kleines, einräumiges Haus, Vorratsraum: mhd. Winterbur = Gebäude zur winterlichen Aufbewahrung von Früchten (Bach II 2 Flur "Am Weiler". Andere Flurnamen, die daran erinnern, sind "In den Wielerbenden, Wielergarten, Am Wielerpütz". Einige hundert Schritte entfernt liegt in der "Honshecke" (d.i. "des Hunno Gebüsch") die Flur Hockebur. Diese wird von Becker, Dekanat Münstereifel, fälschlich als "hohe Burg" gedeutet. Zunächst ist bur kein herrschaftliches Haus, keine Burg, sondern ein einfaches Bauernhaus. Dann kann das Bestimmungsswort Hocke mit einem ck unmöglich zu dem Worte "hoch" gehören. Ich erblicke darin das ältere ndd. hok (hukil, hukal) = "Höhe". Hockebur, auch die Formen Hocken-, Hokkinbur kommen vor, bedeutet daher "Bauernhaus auf der Höhe". Dieses Bauernhaus war, wie schon gesagt wurde, der Guts- oder Wirtschaftshof, der zu dem ein paar hundert Meter entfernten Herrenhofe, der villa regia Flameresheim, gehörte. Beide Anlagen mit der nahen Hofkapelle sind der Zerstörung durch die Normannen anheimgefallen, haben aber beide ihren Namen gerettet: der Gutsname Hockebur ist an der gleichen Stelle zum Flurnamen geworden, dagegen sind die Insassen des zerstörten Königshofes Flamersheim bachabwärts gezogen und haben in der Ebene ein neues, das heutige Flamersheim gegründet, indem sie den alten Namen auf die neue Siedlung übertrugen. Das neue Flamersheim nahm einen raschen Aufschwung, da die Pfalzgrafen nach der oben erwähnten Zerstörung durch die Normannen ihren Sitz auf die Tomburg bei Rheinbach verlegten (s. Flamersheim im zweiten Teil). Die Leute, die beim Gutshofe Hockebur gewohnt hatten, blieben auch nach der Zerstörung dort wohnen und bildeten später, in Anlehnung an die früher zum Köngishof gehörende Kapelle oder Hofkirche, die Pfarrei Hockebur. Diese bestand ein paar hundert Jahre, und erst seit dem Ende des 13. Jahrh. wird an ihrer Stelle die Pfarrei Kirchheim genannt: so im Liber valoris vor 1300. Zu dieser Pfarre Hockebur gehörten der aus dem Gutshofe entstandene Ort Hockenbur, ferner das "Dorf" (d.i. das jetzige, eigentliche Kirchheim) sowie das etwas entfernt liegende Oberkastenholz. Der Ort Hockenbur dehnte sich allmählich immer mehr in dem nach Süden zu sich senkenden Gelände aus, wo noch heute der Flurname "Im Broich" vorkommt. In Übereinstimmung mit diesem Geländecharakter ersetzte man daher später das nicht mehr verstandene -bur durch -broich, und so entstand der heutige Ortsname Hockenbroich. Einmal, im Jahre 1473, wird der Ort auch Hockheim genannt. Wie wir eben erwähnten, begründete nach dem zerstörenden Einfall der Normannen ein Teil der zurückgebliebenen Bevölkerung Ort und Pfarrei Hockebur, ein anderer Teil siedelte sich in immer stärkerem Maße näher der wiederhergestellten Hofkapelle an. Diese wurde in besonderer Weise ihre Martinskirche, und das schnell wachsende "Dorf", wie die Ansiedlung bisher hieß, nannte sich schließlich Kirchheim "Heim bei der Kirche". Eine Folge dieser Umbenennung war es, daß man, wie schon oben gesagt wurde, anstatt wie bisher von einer Pfarre Hockenbur, jetzt gegen Ende des 13. Jahrh., offiziell von einer Pfarre Kirchheim sprach.


Stotzheim (S. 54)

heißt 1242 wie heute villa Stotzheim. Es könnte dem Ortsnamen, wie ich früher annahm, das mit "Stoß" verwandte Wort "der Stotz oder Stotzen" zugrunde liegen. Es bedeutet "Baumstumpf", stark abgestumpfter Baum". Der älteste Teil des Ortes, worauf es hier ankommt, liegt am Fuße des noch mit Hochstämmen bestandenen Hardtwaldes, und der Ort würde an die Zeit erinnern, wo nach Abholzung eines Teiles dieses Waldes sich infolge mangelhafter Rodung hier und da noch niedrig wachsendes Holz, Baustümpfe und dergl. als Reste ehemaligen Hochwaldes erhalten hatten. Stotzheim wäre dann das "Heim bei den Baumstümpfen". Dieselbe Bedeutung haben ja auch die mit "stock" zusammengesetzten Ortsnamen, wie z. B. Stockheim im Kreise Düren (8. Jahrh. Stoccheim) oder Stuckum (= Stockheim) bei Ruhrrot u.a. Auch in Flurnamen findet sich das Wort, so z.B. verhochdeutscht eine Flur in der Gemeinde Lommersum "an der oder im Stutz". Das Stotzrott bei Jägersweiler im Kreise Schleiden erinnert eine andere Erklärung zu sein. Beim heutigen Stotzheim, am Fuße des Hardtwaldes, fand die karolingische Verwaltung, wie ich vermutete, eine passende Örtlichkeit zur Errichtung einer königlichen Pferdezuchtstätte. Die älteste, dem jetzigen Namen gleiche Namensform geht bei dieser Deutung auf ein Stotesheim zurück, und dieses bedeutet "Heim bei dem Pferdegestüt; man vgl. auch engl. stud "Gestüt". Für diese Erklärung spricht besonders der Umstand, daß für Stotzheim im Kreise Schlettstatt die Namensform "Stotesheim" im Jahre 1066 bezeugt ist. Das Kirchenpatronat besaßen früher die Besitzer des Burghofes zu Stotzheim: Beissel von Gymnich, von Bolandt (Fabricius, Erläuterungen V 1, S. 233).


Schweinheim (S. 54)

das 1330 Zwenheim lautet und offenbar für Swenheim steht, hat denselben Ursprung wie Schweinheim im Kreise Bonn (1156 Swenheim). Da das lange niederdeutsche für hochdeutsches ei, ursprüngliches ai, steht, kann eine unmittelbare Beziehung zu "Schwein", das ahd. swin lautet, nicht in Frage kommen. Es liegt ahd. und mdh. swein, ndd. sween zugrunde, das "Schweinehirt" bedeutet. Schweinheim ist also ein "Schweinehirten-Heim". Noch heute ist hessisch der Schwein für Schweinehirt gebräuchlich. Auch liest man in unserer Gegend in einer Urkunde "von Sweenen, Schweinehirten, die die swyn, die Schweine, hoeden soelen". In der Karolingerzeit wird im nahen Flamersheimer Walde eine ausgedehnte apscua porcorum, eine Weidetrift für Schweine, bestanden haben, und am östlichen Abhange, im heutigen Schweinheim, befanden sich die Stallungen und Wohnungen der Aufseher und Schweinehirten.


Wachendorf (S. 55),

das urkundlich zuerst im Prümer Urbar als Wachendorph (Beyer I, Nr. 135), mit germanischem k statt ch im 12. Jahrh. Wakendorf erscheint, ist man geneigt als "Dorf des Wako oder Wacho" zu erklären. Den PN. Wacho, etwa "der Wachsame" (vgl. den FN. Wach), trug z. B. im 6. Jahrh. ein Langobardenkönig. Doch ist diese Erklärung sehr fraglich. Offenbar gehören zu unserem Orte die vier Steine der Matronae Vacallinehae aus dem ganz nahen Antweiler. Hier wurden diese Steine beim Abbruch der alten Pfarrkirche im Jahre 1852 gefunden. Von der Bedeutung des Matronenbeinamens wird die Deutung des Ortsnamens abhängen. Ohne unseren ON. zu kennen, kommt W. Kaspers in seiner Schrift über die ON. des Kreises Düren (1949), S. 48, auf den Ort Pesch im Kreise Schleiden zu sprechen und bringt ihn wegen seiner vermeintlichen Deutung "ad pascua" = "bei den Weiden" (in Wirklichkeit ist das an der Verbindungsstraße Zingsheim - Münstereifel - Rheder liegende Pesch, 893 Bessyche, ein keltisches Bessiacum "Gut des Kelten Bessius") mit den hier zahlreich aufgestellten Weihesteinen der Matronae Vacallinehae in Verbindung. Nach ihm liegt dem bisher nicht befriedigend erklärten Matronennamen die Ortsbezeichnung *Vacalla "Kuhort" zugrunde: vorlat. vaca (lat. vacca) mit dem gallischen Suffix -all-, das nicht nur persönlich, sondern auch örtlich verwendet wird. Bedeutungsvoll ist auch sein Hinweis, daß in der gallischen Toponymie die Kuh als göttliches Wesen eine große Rolle spielte. Kaspers schließt dann folgendermaßen: "Daß aus den örtlichen Matronen allgemein Verehrte wurden, hängt wohl mit dem in bäuerlichen Kreisen großes Verständnis findenden Namen zusammen. Ich nehme eine ortsgebundene Gottheit an, weil 51 von 62 Weihungen in Pesch gefunden wurden". Kehren wir nun zu unserem Ortsnamen Wachendorf zurück. Die in der Nähe gefundenen Steine der Matronae Vacallinehae berechtigen uns, Wachendorf auch in diesem Sinne zu erklären. Unter der Bezeichnung *Vacalla "Kuhort" wurde hier wahrscheinlich eine ortsgebundene keltische Gottheit verehrt. Aus dem Vacallinehae Matronae, urspr. "Kuhort-Matronen", waren "Kuhgottheit-Matronen" geworden. Als später die Franken kamen, hängten sie ihr -dorf an, und so entstand aus dem Matronenbeinamen Vacallin-ehae zunächst Wakallindorf, dann Wachlendorf und verkürzt Wachendorf. Für die mit dem Kuhkult verbundene Viehzucht war auch ein hier fließender Bach nicht unwichtig: aus urspr. Wakallinbach, eigentlich "Kuhort-Bach", wurde ebenfalls über Wachlenbach der heutige Wachenbach. Nach Nicolaus Reinartz (vgl. Flurnamen in der Gemarkung Antweiler, in Eusk. Volksblatt, Jahrg. 1952, Nr. 60) sind die aus Antweiler und Lessenich stammenden Matronae Vacallinehae, im Gegensatz zu Kaspers Angabe, ebenso zahlreich wie die im Tempelbezirk von Pesch aufgestellten, und Reinartz meint dann, vielleicht mit Recht, der urspr. Standort dieser Matronen könnte zwischen Antweiler und Lessenich bei Wachendorf die eigentümliche Flur "am Heid(n)köppel gewesen sein. Wenn das Zahlenverhältnis wirklich stimmten sollte, so hätte diese Annahme viel für sich. Man könnte sich vorstellen, daß die um die Orte Wachendorf, Antweiler, Lessenich wohnenden Kelten viele ihrer bisher hier mehr lokal verehrten Matronen in einer gewissen Zeit, vielleicht in Anbetracht der immer zahlreicher werdenden germanischen Bevölkerung, nach der ruhigeren und geschützteren keltischen Siedlung Bessiacum, dem heutigen Pesch, gebracht und sich hier ein gemeinsames Stammesheiligtum geschaffen haben. - Schon 1190 war Wachendorf eine Vogtei, und deren Inhaber nannten sich von Wachendorf und waren Lehnsträger der Grafen von Jülich. Ausdrücklich als Ritter von Wachendorf treten sie urkundlich zuerst 1278 auf und bleiben als eingeborene adlige Familien bis 1434 im Besitze des Lehens. Von da ab kommt Wachendorf in den Besitz anderer Familien, jetzt ist das Schloß im Besitze der Familie von Mallinckrodt.


Broicherhof (S. 56)

Der Broicherhof in der Gemeinde Antweiler hat seinen Namen von dem Flurnamen "im Broich" = im Sumpfe.


Hardtburg (S. 59)

Die Hardtburg, nahe bei Stotzheim, ist eine "Burg im Bergwald". Diese erscheint schon 1166 als "munitio quae dicitur Hart", 1205 als castrum (Burg) Hart, das durch Erzbischof Bruno erstürmt wurde.


Kastenholz (S. 59)

ist meiner Meinung einst bei den Römern ein lateinisches castanetum gewesen. Das fränkische Volk, das die Endung -etum nicht verstand, hängte dafür -holz (=Gebüsch, Wald) an, und so entstand Kastenholz. Man vgl. Kestenholz im Elsaß bei Schlettstadt, das um 679 Castinetum, ferner Kesten bei Bernkastel, das 987 Casteneith lautet. Das in Urkunden von Nieder-Kastenholz genannte Castellum in silva ("Kastell im Walde") ist eine willkürlich gelehrte Umschreibung des Namens Kastenholz. Trotz der vielen Spuren römischer Besiedlung bracht dort kein Kastell gestanden zu haben.

Übrigens würde lat. castellum (= befestigter Ort, Fort) eher den Namen Kastel oder Kassel ergeben haben. Der von Hockenbroich über Oberkastenholz nach Nieder-Kastenholz sich hinziehende Bergrücken, der heute ganz der Ackerkultur erschlossen ist, war also zur Römerzeit ein Kastanienwald. Der mehr in der Ebene sich nähernde Ort heißt heute Niederkastenholz, im Gegensatz zu Oberkastenholz, das höher, und zwar in unmittelbarer Nähe des ehemaligen villa regia Flameresheim und der Hockebure lag.


Weingarten (S. 60)

erscheint im Prümer Urbar von 893 als Wingarden. Es wird 1222 bzw. 1266 als eine der acht Mutterpfarreien genannt, die Kloster Münstereifel von Prüm besaß. Der Ort ist nach einem Weingarten benannt, den man dort anlegte und der bis in 17. Jahrh. bestanden hat. In der Gemeinde Weingarten-Rheder heißt noch heute eine Flur "im Weingarten-Acker". Was für eine große Rolle der Weinbau im Mittelalter auch in unserer Gegend gespielt hat, zeigen deutlich zahlreiche Flurnamen. Aus dem Katasterbezirk Euskirchen sind es folgende: Auf'm Weingarten und in Kelterfsfeldchen (Gemeinde Billig), am Weingartspfad (Gemeinde Kalkar), im Weingarten (Gemeinde Ülpenich), im Weingartsberg, im Weingartsfeld, auf'm Treder, d.i. "auf der Kelter" (Gemeinde Oberelvenich), im Weingarten (Gemeinde Lessenich-Rißdorf), in den Weingärten und am Weingartsgäßchen (Gemeinde Zülpich), Wienhecke (Gemeinde Wachendorf und Gemeinde Kommern), auf'm Weingarten (Gemeinde Schwerfen), auf'm Weingartsberg (Gemeinde Nemmenich). Weingarten heißt seit 1926 Kreuzweingarten.



Kalkar (S. 64)

ein kleiner Ort, doch im Liber valoris vor 1300 noch als Pfarrort "Kalken" (mit deutscher Endung) aufgeführt, in seinem Weistum richtig Calcker genannt, muß frühzeitig, vielleicht infolge verheerender Seuch, sehr zurückgegangen sein, so daß er später nur noch als Kapellenort erscheint. Im Jahre 1489 schenkt nämlich Herzog Wilhelm von Jülich die St. Lutger-Kapelle zu "Kalckar" dem Stift Münstereifel (Katzfey I, S. 110). Mit Calcare vom Jahre 1163, das Förstemann in seinem Namenbuch auf unseren Ort bezieht, ist nicht unser Ort, sondern Calcar bei Cleve gemeint, dessen älteste Namensform "Kalker" vom Jahre 815 ist. Nach meiner Meinung ist unser Ort römischen Ursprungs und geht auf lat. calcaria = Kalkofen, Kalkgrube zurück. Zwar findet sich unmittelbar beim heutigen Ort kein Kalk, doch stößt man in geringer Entfernung, zwischen Iversheim und Wachendorf, auf Kalkboden. In der Nähe von Wachendorf gibt es noch heute Kalkgruben.

Die Franken haben nun, wie mir scheint, etwas entfernt vom heutigen Orte, nach der Höhe zu, ein solch römisches Kalkwerk vorgefunden und dessen Namen, calcaria, auf ihre neue, etwas niedriger und darum geschützter liegende Siedlung übertragen. Weil man unmittelbar beim Ort keinen Kalk findet, kam Reinartz in seinem interessanten Aufsatze über Kalkar im Euskirchener Volksblatt auf den Gedanken, den Namen von Kolk abzuleiten, wie man auch früher Calkcar am Niederrhein mit Cole "Teich" erklären wollte.

Nach Grimmes Wörterbuch ist das ndd. Kolk ein Erdloch, das von Wasser ausgespült oder aufgerissen ist, z.B. an den Ufern und Deichen der Flüsse. Doch ist das Wort Kolk in hiesiger Gegend ungebräuchlich und paßt auch nicht zu der Örtlichkeit, vor allem aber ist diese Erklärung vom sprachlichen Standpunkt unmöglich. Auch Calcar bei Cleve geht nach meiner Meinung auf lat. calcaria zurück. Zwar fehlt hier jede Spur von Kalk, doch sicherlich wird von den Römern durch ihre Rheinflotte Kalk aus einer anderen Gegend hierher geschafft worden sein, um dann hier in Gruben oder Öfen zu baulichen Zwecken weiter verarbeitet zu werden.


Haus Broich, Hockenbroich, Augenbroich, Im Auel (S. 62)

Auf Flurnamen mit dem häufigen Wort der Bruch, ahd. bruoh, mit ndd. Vokal der Broich (oi = o) = Sumpf, Moorboden, Sumpfwiese, gehen viele Siedlungsnamen zurück. Auf solch brüchigem, sumpfigen Boden stehen Haus Broich und Hochenbroich (s. dieses unter Kirchheim). Die bereits genannte Flur Augenbroich zwischen Billig und Euenheim, nach der früher ein freiadeliges Hofgut benannt wurde, war urspr. ein Auwen- oder Aujenbroich = Schafbroich, zu ahd. ouwi, mhd. ouwe = Aue, Schaf; (S. Näheres darüber auch unter Euskirchen S. 68. Das mit Au "Wiesensteifen am Bach" verwandte Auel beruht auf einer Grundform avalo, die mittels der alten l-Ableitung eine Weiterbildung zu ahva "Wasser" ist. Nebenformen sind ol und ul. Auel bedeutet in der Eifel ein Wiesenstück, das von einem Bach halbkreisförmig oder inselartig umflossen wird. Das paßt auch auf die Flur "im Auel" bei Euskirchen, die dicht bei der Stadt von der Vey ungefähr halbkreisartig eingeschlossen wird. Hier im Auel lag früher die unbedeutende Auelsburg.


Münstereifel (S. 64)

geht bekanntlich auf die um 830 erfolgte Klostergründung zurück. Der Prümer Abt Markward, der hier im romantischen Erfttale eine Filiale seines berühmten Benediktinerklosters einrichtete, nannte das Kloster "novum Monasterium in Eiflia", d. h. "Neues Münster (d.i. = Kloster) in der Eifel". Daraus entstand der Name munsereiffel (1614), Münster Eyffel (1769), Münstereifel, der später von dem Kloster auch auf die um das Kloster entstehende Stadt übertragen wurde. Anfang 15. Jahrh. begegnen erstmalig die Namensformen ohne das Verhältniswort "in"; dieses war bedeutungsschwach und funktionsschwach geworden und schwand deshalb (Kaufmann I 113 ff.). Gelegentlich wurde der Ort auch Eiflia, Eifle genannt. Das Wort Monasterium, vulgärlat. monisterium unser heutiges "Münster", bedeutet zunächst nur Kloster, dann Klosterkirche, später auch Stiftskirche, Dom, weil in den meisten Kathedralkirchen ehemals nicht wie heute Kanoniker, sondern Mönche, monchi, den Gottesdienst versahen. Das Kloster erhielt von der Abtei Prüm die Pastoration von den folgenden 8 Mutterkirchen: Münstereifel, Kirspenich, Wichterich, Wissersheim, Rheinbach, Vischel, Kirchsahr (mit der Filiale Effelsberg) und Weingarten (mit der Filiale Billig). Im Anfange des 12. Jahrh. wurde das Kloster zu einem Collegiatstift von weltlichen Kanonikern umgewandelt. Zum Kirchspiel gehörten die vier Kapellen Iversheim (St. Laurentius), Eschweiler (St. Margaretha), Nöthen (St. Willibrord) und Buderath (St. Gertrud), außerdem auch die Ortschaften: Bergrath, Eicherscheid, Gilsdorf, Hohn, Kolvenbach, Roderath und Rodert (Fabricius, Erläuterungen V 1, S. 165).


Wisskirchen (S. 65)

heißt 1166 Wizinkirchin. In der Urkunde vom Jahre 1181 wird von Papst Lucius II. die Kirche in Wizenkirken der Abtei Siegburg bestätigt und 1255 inkorporiert. Im Liber valoris vor 1300 heißt der Ort Wizenkirgen. In einer Urkunde von 1279, in der die Abtei ihren Besitz in Ollheim, Gartzem sowie in Euenheim und Wisskirchen verkauft, lautet unser Ort Wissenkirchen. In späterer Zeit lautet er gelegentlich in hd. Form auch Weißkirchen. Noch heute heißt in der Gemeinde Elsig-Euenheim eine Flur "an der Weisskircher Heide", und in Liblar nennt sich eine Familie "Weisskirchen". Wisskirchen enthält als Bestimmungssort ahd. wiz (ndd. wit) = weiß und bedeutet daher in der Dativform "zur weißen Kirche". Mit unserer urspr. weiß gestrichenen Kirche vergleiche man Rodenkirchen bei Köln, das "zur roten Kirche", und Hochkirchen im Kreise Düren (1194 Hoynkirchen), das "zur hohen Kirche" bedeutet. Kirchenpatron in Wisskirchen ist der im merowingischen Westen, in Soissons, verehrte hl. Medardus. Ob direkter Einfluß von dorther anzunehmen ist, steht nicht fest. Medarduskirchen bestehen auch in Auenheim und Nörvenich (Annalen 155/156, S. 215).


Der Name der Stadt Euskirchen

Alte Namensformen (nach Franke, Annalen 159, S. 222 und Gissinger a.a.O. S. 109: Augstchirche (870), Oweskirike (1054), Owiskirchen (1190), Eustkirchen (1353), Oytstkirchen (1364), Oußkirchen (1438), Oeyskirchen (1440), Euskyrichen, Eusskirchen (16. Jh.) und so fort wie heute.

Man hat den Namen der Stadt Euskirchen auf verschiedene Weise zu erklären versucht. Man hat ihn als Außenkirchen, als eine außerhalb der Stadt gelegene Kirche deuten wollen und dachte dabei an die ehemals von der Stadt etwas entfernt, ungefähr an der früheren Kapelle an der Kommernerstraße gelegenen Georgskirche. Andere nahmen Euskirchen als ein sprachlich ganz unmögliches Ostkirchen, im Gegensatz zu Wißkirchen, das dann soviel wie Westkirchen sein sollte. Diese beiden Deutungen hat bereits Gissinger in seiner Geschichte der Stadt Euskirchen zurückgewiesen. Eine dritte Erklärung stützte sich auf die älteste Namensform Augstkirche vom Jahre 870, und man erklärte den Namen als Augustuskirche. Vielleicht dachte man an das nach Augustus benannte Augsburg (Augusta Videlicorum), August-, Augstburg, Augst (Augusta Rauracorum). Doch mußte eine solche Erklärung aus sachlichen Gründen als unmöglich abgewiesen werden, denn die ersten christlichen Ansiedler, die doch nichts weniger als duldsam gegen heidnisch- römisches Kultwesen waren, hätten sicherlich ihre Kirche nicht nach einem heidnischen Kaiser benannt. Eher wäre doch für sie der Name eines christlichen Heiligen oder eines einflußreichen Franken in Betracht gekommen. Die letztere Möglichkeit, die Benennung nach einem christlichen Franken, scheidet hier schon deshalb aus, weil ein bodenständiges Herrengeschlecht, womit die Kirchengründung hätte zusammenhängen können, allem Anscheine nach in Euskirchen nicht bestanden hat.

Früher hatte ich Euskirchen als "Kirche in der Aue" erklärt. Auch jetzt halte ich diese Erklärung für möglich, obwohl sich mir in letzter Zeit noch eine andere Erklärungsmöglichkeit aufdrängte. Beide Erklärungen mögen aber hier nebeneinandergestellt werden.

Erste Erklärung: Bestimmungswort Aue "Wiesenstreifen am Bache,"

Wegen der ältesten Namensform Augstkirche sei zunächst darauf hingewiesen, daß neben hochdeutschen ouwa, ouwe auch auga (mittellat. augia) gebräuchlich war. Augstkirche vom Jahre 870 enthält nach dieser Erklärung ein willkürlich eingeschobenes t. Ein solches t erscheint in alten Urkunden nicht selten, besonders nach s, wie z. B. Friesheim alt auch Friestheim heißt. Augstkirche steht daher für Augs-, Augeschirche, und dieses ist gleichwertig der Namensform Owes- oder Ouweskirike vom Jahre 1054. Doch können Augeschirche und Ouweskirike nicht die urspr. Namensform sein, denn da "Aue" ein zur schwachen Deklination gehöriges Wort ist, erwartet man doch als Grundformen Augenchirche und Ouwenkirike. Diese Schwierigkeit suchte ich zu beheben, indem ich annahm, daß, wie es nicht selten von niederdeutschen Abschreibern geschah, ein unorganisches s eingeschoben wurde, nahm also als Grundformen unseres Ortsnamens Augens-, bzw. Ouwenskirche an, aus denen leicht Auges- bzw. Ouweskirche entstehen konnte. Doch halte ich es jetzt für noch wahrscheinlicher, daß das mit latein. Endung gebildete Adjektiv Augensis, Auensis auf die Bildung unseres Stadtnamens eingewirkt hat. Die mit "Aue" gebildete Reichenau im Bodensee heißt neben Awa, Owa usw. oft Augensis (so 829). Au am Inn heißt neben Awa, Owa auch "auensis ecclesia" (so 1068). Könnte unsere Martinskirche, wenn auch darüber keine schriftliche Aufzeichnung vorliegt, nicht auch einmal Auensis oder Augensis ecclesia "Kirche in der Aue" gelautet haben? Aus dieser latein. Bezeichnung ergeben sich naturgemäß dann auch die Formen Augens- bzw. O(u)wenskirche, später Auges = O(u)weskirche. Aus Owes- oder Ouweskirche entstand durch Umlaut schon bis zum Jahre 1279 die heutige Namensform Euskirchen. Eine Übergangsform zum heutigen Namen finden wir 1273 in einer St. Maria im Capitol betreffenden Urkunde in dem Namen eines Priesters Jacobus von "Ewiskirchen". So steht also Augs(t)chirche vom Jahre 870 und Oweskirike vom Jahre 1054 für ursp. Augenskirche bzw. Owens-kirche und bedeutet, wie gesagt, "Kirche in der Aue oder im Wiesengelände der Vey". Dieses Wiesengelände, die Aue, war das wasserreiche Gelände, auf dem nach und nach das alte Euskirchen entstand und das in einer großen, von dem Veywasser gebildeten Schlinge gelegen ist, und die Kirche, der Ausgangspunkt der Siedlung, ist natürlich die alte Martinskirche und nicht etwa die ehemalige, zeitlich jüngere Georgskirche, die ja zum ehemaligen Rüdesheim gehörte, das neben Euskirchen, Kessenich, Disternich ursprünglich ein Dorf für sich war.

Zweite Erklärung: Bestimmungwort awist "Schafstall"

Wie von Königshöfen überhaupt, so gingen, wie wir ohne weiteres annehmen dürfen, auch von dem beim Orte Kirchheim gelegenen Königshof Flamersheim (villa regia Flameresheim) für unsere ländliche Heimat die vielfältigsten Anregungen aus. Von dort aus ließ man sich nicht nur die Pflege des Ackerbaues angelegen sein, sondern sorgte in gleicher Weise für eine rationelle Entwicklung der für den Landmann so wichtigen Tierzucht. In Betracht kamen vor allem die Pferde-, Schaf- und Schweinezucht. In der Gegend von Euskirchen, genauer im Dreieck, das von Euskirchen, Euenheim und Billig gebildet wird, glaubte die karolingische Verwaltung ein passendes Gelände für eine intensive Schafzucht gefunden zu haben. Diese Vermutung schöpfen wir aus dem Ortsnamen Euenheim, dem Flurnamen Augenbroich und dem Ortsnamen Euskirchen.


In Euskirchen,

in der Nähe der Martinskirche, richtete man, wie ich annehme, den großen königlichen Schafstall ein, der für die ganze Gegend den Mittelpunkt einer mustergültigen Schafzucht bilden sollte. Aus dem sich ansiedelnden Personal dieses wirtschaftlichen Großbetriebes sowie aus Bevölkerungsresten früherer Siedlungen entstand bald eine Ortschaft, und als die kirchliche Behörde zum Zwecke der religiösen Betreuung dieser hier wohnenden Menschen zum Bau der Martinskirche schritt, lag es nahe, diese Kirche nach dieser damals so wichtigen wirtschaftlichen Gründung zu benennen. Das althochdeutsche Wort für Schafstall ist awista, und so nannte man die Kirche "Awistkirche", d.i. "Kirche beim königlichen Schafstall". Der Name für die Kirche wurde dann auch der Name für das entstehende Dorf, die spätere Stadt. Für Awistkirche schrieb man im Mhd. meistens Owistkirchen, das man Ouwistkirchen sprach und zuweilen auch schrieb (mhd. ou = nhd. au). Beachtet man noch, daß von drei Konsonanten der mittlere gewöhnlich ausfällt, hier also das t, so erhalten wir die alten Namensformen Owiskirchen (1190) und Oweskirike (1054), woraus regelrecht durch Umlaut Euskirchen entstand. Der Umlaut mußte eintreten, weil in der Ausgangsform Awistkirche der Tonsilbe ein i folgte, und für den Umlaut von ou, au ist nicht äu, sondern eu das gewöhnliche Zeichen. Unsere Stadt heißt 1353 Eustkirchen, und diese Namensform mit ihrem erhaltenen t spiegelt die angenommene Grundform Awist-, Owistkirchen getreu wieder. Auch die älteste Namensform Augstkirchen vom Jahre 870, die wir bisher unberücksichtigt ließen und die zu der unsinnigen Deutung des Namens als Augustkirche Anlaß gegeben hat, widerspricht nicht der gegebenen Erklärung. Nur ist auch hier, wie oben bei Augenbroich, zu beachten, daß g als Spirans = j ist und als Gleitlaut im Wechsel mit w steht. Augstkirche steht daher für Augestkirche, das wie Aujestkirche gesprochen wurde, und entspricht einer Form Auwestkirche.


Euenheim

heißt in den Siegburger Urkunden des 11. und 12. Jahrh. Uwenheim, das für Owen-, Ouwenheim steht, daneben auch Oen-, Uenheim. In der Urkunde von 1279, in der die Abtei Siegburg ihre Güter in Ollheim, Euenheim, Wisskirchen und Obergartzem verkauft, heißt unser Ort Auenheim (Knipping Reg. III, Nr. 2774). Im Liber valoris vor 1300 lautet er Owynheim. Hier kann man mit größerem Recht den Namen als "Heim in der Aue, dem Wiesenstrefen der Vey" deuten, zumal der Begriff "Aue" bachaufwärts in Veynau zur Namensbildung verwendet wurde. Gegen diese Deutung spricht der Umlaut in Euenheim, der sonst bei ouwa, Aue, nicht eintritt. Ich neige zu der Erklärung des Namens als "Schafheim", Bestimmungswort ist ahd. ouwi, mhd. ouwe = Schaf. Das mit latein. ovis urverwandte Wort kommt als Aue (Plural Auen) noch in Mundarten vor, ist aber aus der Schriftsprache verschwunden. Der Name Euenheim besagt, daß die Schafe hier zur Weide getrieben wurden, daß sie gewissermaßen hier ihr Heim hatten. Die Ausläufer eines Teiles des Billiger Waldes wurden damals schon immer mehr abgeholzt, gerodet und zum Teil zu Grasflächen für die weidende Schafherde umgeschaffen. An der Kirche Euenheim wurde 1159 dem Ursulastift in Köln Gefälle bestätigt. Das Patronatsrecht hatten zunächst noch die Herren der Unterherrschaft, erst später ging es auf die Kölner Abtei über (Fabricius, Erläuterungen V 1, S. 218).

Die zur Gemarkung Euskirchen gehörende Flur Augenbroich zwischen Euenheim und Billig, nach welcher sich früher ein zur Gemarkung Euskirchen gehöriges freiadeliges Hofgut nannte, das 1684 durch Kauf an Veynau gelangte, und zu dem von Euskirchen die Augenbroicher Straße und der Augenbroicher Weg führten, bedeutet "Schafbruch". Sie ist durch ihren Namen gleichfalls ein Zeugnis für die in jenem Bezirk betriebene Schafzucht. Sprachlich ist zu beachten, daß man Augenbroich wie Aujenbroich aussprach, und dieses stand mit anderem Gleitlaute für Auwen-, Ouwenbroich. Die Gleitlaute -w- und -j- wechseln nicht selten. Würde man urspr. in Augenbroich hd. g gesprochen haben, so müßte man Augenbroich wohl eher als "Broich in der Aue" deuten, nach ahd. -mlat. augia für Aue. Doch ist die Deutung "Broich in der Aue" an sich schon widersinnig. Hier, weit vom Veybach entfernt, war und ist keine "Aue", und deshalb scheint mir die Deutung "Schafbroich" die richtige. Bis nach Euenheim werden sich einst Schafherden bewegt haben, und Euenheim selbst wird, wie gesagt, eher ein Schafheim als ein "Heim in der Aue" sein.

1) Neben anderen Forschern hat besonders H. Dittmaier: Das -apa-Problem, 1955, die germ. Herkunft von -apa mit Nachdruck vertreten. Etymologisch sieht Dittmaier das im Keltischen überlieferte "ab" als ursprünglich, ja als west-idg. an, da es nicht nur durch keltisch -ab (abn-), sondern auch durch lat. amnis < *abuis gestützt wurde. Jenes alte west-idg. -ab- wurde durch die germ. Lautverschiebung zu -ap-.

*) In dieser Betrachtung wurden bei woenge.de vorwiegend Orts- und Flußnamen in der näheren Lage um Kreuzweingarten aufgenommen. Als Ausnahme wegen der kulturellen Verknüpfungen in der Kelten- und Germanenforschung im Raume Flamersheim kamen Kuchenheim, Schweinheim, Burg Ringsheim und Flamersheim selbst hinzu. Einige Namen wie Bliesheim und Vey stehen in Beziehung zur Keltenwelt und Vorzeit und greifen auf jungsteinzeitliche Ursprünge zurück.

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