Peter H. Irrgang

Pfarrkirche Heilig Kreuz zu Kreuzweingarten

Kirchenführer und Meditation











Der Vier-Sterne-Altar











Romantisches Empfinden kann noch vom Sternenhimmel schwärmen; manch ein Teenager schwärmt von einem Star (Stern), der bald verblassen wird. Darüber hinaus wirkt schwärmerisches Empfinden für Sterne eher befremdend (Sternenbanner, Sterne auf den Schulterklappen der Offiziere etc.), es sei denn, man pflegt die Sternenkunde.

Der Stern als Symbol für etwas Göttliches, für göttliche Begleitung oder gar Vergöttlichung eines Sterblichen ist uns nicht mehr geläufig. Wir kennen aber den Matthäusbericht über den besonderen Stern, dem die Weisen aus dem Morgenland gefolgt sind, sowie den Kranz von zwölf Sternen, um das Haupt der Frau aus der Apokalypse des Johannes. Wir kennen diesbezüglich auch viele bildliche oder plastische Darstellungen.

Manch einer kennt auch die symbolische Darstellung Jesu Christi oder Mariens durch den Morgenstern (Stella matutina). Von Jesus Christus, dem Morgenstern, singt das berühmte Osterlob (Exultet).

Ganz und gar marianisch ist aber das Symbol des Meersterns (stella maris), wohl als Übersetzungsversuch des Namens Maria. Siehe hierzu auch den uralten Marienhymnus "Ave Maris Stella" und andere. Beliebte deutsche Variante dazu: "Meerstern, ich dich grüße".











Als "Sternstunden" könnte man sicherlich verschiedene Situationen im Leben Mariens bezeichnen. Es kommt ganz auf den Blickwinkel an, unter dem man alles betrachtet. Kardinal Meisner hat bei einem Priestereinkehrtag in Maria Rast von den fünf Tätigkeitswörtern, den fünf Verben, gesprochen, die wie Schnitte im Leben Mariens gedacht werden könnten. Daraus sind im restaurierten Marienaltar vier Sterne und eine Krone geworden.

Die ersten beiden Verben (oberer und unterer Stern der linken Säule des Marienaltares) stammen aus dem Mund Marias. Die zwei weiteren Verben werden über sie gesagt (Sterne der rechten Säule). Das fünfte Verb steht schon als Passiv, als Ergebnis der ersten vier, symbolisiert als Krone in der Mitte:

fiat, magnificat, conservabat, stabat und assumpta/coronata.


FIAT

Als der Engel zu dem jungen Mädchen, der Jungfrau Maria, kommt, gibt sie ihm ihre Antwort auf die Anfrage Gottes: "Fiat mihi secundum verbum tuum - mir geschehe nach deinem Wort".











Entscheidend für ein Leben als Tochter oder Sohn Gottes ist die Erfüllung des göttlichen Willens. Nur Gottes Wille führt zum Heil - unfehlbar. Wenn sich der Wille des Menschen mit dem Willen Gottes verwebt, sich also dem Willen Gottes anpaßt, ja wenn der Mensch den göttlichen zum eigenen menschlichen Willen zu machen versucht, wird er nicht fremdbestimmt, sondern er wird seiner eigenen Wesenheit gemäß ganz vollendet.

Jedenfalls beten wir dieses fiat täglich oft, weil es uns der Herr so gelehrt hat. Jesus nimmt dieses Wort Marias auf in das "Vater unser" und lehrt uns beten: "Dein Wille geschehe." Es geschehe der Wille Gottes - nicht morgen, nicht bei anderen, auch nicht: wenn der Wille Gottes mit meinem Willen übereinstimmt, sondern hier und jetzt: "Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden" -also bei mir, jetzt und immer.











Für dieses Verb, das Maria spricht, steht also der linke obere Stern, siebenstrahlig, entsprechend den sieben Gaben des Hl. Geistes: Fülle der göttlichen Weisheit und Gnade - sonst könnte man das fiat nicht ohne Wenn und Aber beten, nicht so sprechen wie Maria.











MAGNIFICAT

Ein weiteres Verb, das als Sternstunde Mariens betrachtet werden kann. Maria geht zu Elisabeth. Diese erfaßt im Hl. Geist den "prophetischen Hüpfer" des Kindes in ihrem Schoß und redet Maria als Mutter Gottes an. Maria bricht in einen großen Jubel aus, der noch heute nachklingt im tausendfachen Echo des täglichen Lobpreises Gottes durch Seine Kirche: "Meine Seele preist die Größe des Herrn. "

M a g n i f i c a t - mit Maria bricht die ganze Schöpfung in den Hochgesang aus: "Meine Seele preist die Größe des Herrn, und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter. Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter! Denn der Mächtige hat Großes an mir getan, und sein Name ist heilig. "...











Wozu sind wir denn auf Erden, ja wozu existiert denn die Schöpfung, wenn nicht zum Lob der Herrlichkeit Gottes?

Gott zu verherrlichen und an seiner Herrlichkeit Anteil zu nehmen, ist der Sinn unserer Existenz, auch wenn uns als Folge der Erbsünde und unserer eigenen, persönlichen Sünden der Sinn dafür abhanden gekommen sein sollte.

Nicht das Klagen und Betteln ist das eigentliche Beten der Kinder Gottes, sondern das Loben und Danken! Wir beten zu wenig im Geiste des Magnificat. Wir betteln in unseren Gebetsstunden um tausend Dinge, von deren Notwendigkeiten wir Gott gar nicht zu überzeugen bräuchten. Das Gloria ist unserer Geschöpflichkeit gemäß, so wie das ora pro nobis (bitte für uns) unserer Bedürftigkeit gemäß ist. Unser Leben als Kinder Gottes, als seine Geschöpfe, sollte ein einziges Magnificat sein, dann beten wir mit einem frohen Herzen trotz der oft traurigen Bedürftigkeit dieser Welt.











CONSERVABAT

Welch ein verfängliches Wort: konservativ, vielleicht gar erzkonservativ, wie unmodern! Aber von Maria heißt es: "Sie bewahrte alle seine Worte und erwog sie in ihrem Herzen."

Was also? Doch wieder ein Zug hin zum Konservativen? Wir wollten doch sehr fortschrittlich sein.
Maria war es in höchstem Maße!

Das Dilemma löst sich schnell: Der Kopf eilt voraus, entdeckt, erobert, prüft und bleibt so frisch; das Herz aber "wägt ab", behält das Gute, liebt es und bleibt deswegen jung und frisch! Wie ein Echo gibt das Herz dem Kopf jene tiefen Gründe an, die das Handeln des Menschen bestimmen. Und wehe, wenn das Herz Böses bewahrt oder geteilt ist...!











Es kommt also darauf an, was man bewahrt - oder was nicht. Den Thessalonichern schreibt der Apostel Paulus ins Buch: "Prüft alles, das Gute bewahrt!"

Was aber ist das Gute? Welch eine Frage! Sie klingt ja schlimmer als die des Pilatus: "Was ist Wahrheit?" Der alte Opportunist und Justizmörder Pilatus geistert immer noch durch die Köpfe und Herzen der Menschen und schreit seinen bequemen Zweifel heraus, um sich vor der Verantwortung zu drücken (vor der Verantwortung der Geschichte findet er freilich kein Schlupfloch - außer bei seinesgleichen).

Aber damit keiner mehr diese dumme Frage stellt, heißt es von Maria, daß sie die Worte des Gottessohnes bewahrte. Das ist es. Das Wort Gottes bewahren im Herzen, im Verstand, in all unserem Tun und Lassen. Dann gelingt das Leben. Aber nicht automatisch. Es fehlt noch etwas...











STABAT

So steht es unter dem vierten Stern über der rechten Säule. "Iuxta crucem autem stabat mater - am Kreuze Jesu aber stand seine Mutter".

Welch ein Wort: Sie steht! Sie fällt nicht. Sie flieht nicht. Sie steht am Kreuz und harrt aus. Hier sollten Worte schweigen. Betrachte Maria unter dem Kreuz und halte diesen Anblick aus! Dann triffst du den Nerv deiner Berufung als Jünger Christi. Wundert es uns, daß auch Papst Johannes Paul II. in seinem Papstwappen das M unter das Kreuz gezeichnet hat? - Ein "Märtyrerpapst", ohne zu sterben.

Jeder Christ legt Zeugnis ab (martyrein = Zeugnis ablegen) und muß versuchen, in dieser Nachfolge Christi auszuharren. Stehvermögen zeigen, auch wenn man meint, daß man nicht mehr kann: Christus triumphiert am Kreuz!











Davon legt der Papst - genau so wie der letzte, gerade erst getaufte Christ - Zeugnis ab.

Weil der Christ sich darin übt, beharrlich und standhaft zu sein, kann er auch wie ein Bollwerk in der Sturmflut allgemeiner Fahnenflucht von Christus und seiner Kirche ausharren.

Genauer: Er kann es, weil er eine Mutter hat, die ihn hält (wie damals am Kreuz mit Johannes). Denn bei ihr stand nicht nur Johannes, sondern dort steht ein jeder von uns als der Lieblingsjünger Jesu....











CORONATA EST

Nimmt man diese vier Sterne um die Marienfigur unseres Marienalters - wo fast das ganze Jahr über die Pietá steht- als Eckpunkte, dann ergibt sich ein Quadrat (oder fast ein Quadrat). Es ist wie das Planquadrat eines gelungenen Lebens:
fiat - magnificat - conservat - stabat.
Was das Ergebnis eines solchen Lebens ist? Der Himmel!

Deswegen halten zwei Engelchen eine Krone über Maria. Weil sie dieses Leben lebte, wird sie aufgenommen in den Himmel und gekrönt. Statt eines Wortes steht diesmal einfach nur das Symbol der Krone über Maria. Worte brauchen wir jetzt nicht mehr. Jeder versteht das Bild. Dieses letzte Verb (nach den vier soeben in diesem Artikel beschriebenen) steht aber schon im Passiv: Der Himmel ist immer ein Geschenk. Er wird denen sicherlich zuteil, die in diesem "Viereck", in diesem "Planquadrat", ihr Leben gestaltet haben.











... Komm, wenn du liebst











Religion und Kirche in der Kirchengemeinde Kreuzweingarten-Rheder ©
Texte und Veröffentlichungen Kreuzweingartens ©

Zurück zur Indexseite
© Copyright woengede