Peter H. Irrgang

Pfarrkirche Heilig Kreuz zu Kreuzweingarten

Kirchenführer und Meditation











Eine Viertelstunde für die Ewigkeit











Vielleicht befremdet es den unbekannten Besucher, wenn er plötzlich in die Stille der Kirche hinein den hellen Glockenschlag einer Zimmeruhr hört. Es wird sicherlich nicht das einzige sein, was er in unserer Kirche an Ungewöhnlichem entdeckt. Die Uhr wird jedenfalls nicht gegen eine moderne, genau gehende und dezent oder gar nicht schlagende Uhr ausgetauscht. Sie ist ein Relikt aus alter Zeit. Und die nennen wir ja gerne "die gute alte Zeit". Also, diese Uhr schlägt ihren Vierteltakt noch recht genau. Freilich sollte man nicht die eigene Uhr danach stellen wollen. Die Sakristeiuhr hat ja eine andere Funktion.











Früher wurden hier wie auch in vielen anderen Kirchen die nächtlichen Anbetungsstunden mehrmals im Jahr gehalten. Jede Stunde war eine andere Straße oder eine andere Gebetsgruppe aus dem Ober- und aus dem Unterdorf an der Reihe. Dabei konnte der Uhrenschlag brauchbare Dienste leisten für die nächtlichen Beter. So konnten sie sich die Zeit der Anbetungsstunde gut einteilen und wußten auch, wann die Zeit vorbei war. Schließlich hatte man im Dorf kaum Taschenuhren.

Schade, wird der Kirchbesucher denken, daß man die Uhr nur hören und nicht sehen kann. So will ich denn etwas über sie verraten. Das Uhrwerk wurde ganz in Handarbeit gefertigt und stammt aus Süddeutschland aus der Zeit zwischen 1790 und 1810. Es besteht aus Holzplatinen mit eingesetzten Messinglagerbüchsen und Messingräderwerk. Es hat eine kleine und eine große Glocke. Die Stundenzahl lassen wir aber nicht mehr anschlagen, weil es doch etwas stört. Vor allem im Gottesdienst. Manchmal hielt die Küsterin die Glocke noch schnell an, dann vergaß sie womöglich aber, sie nach der Messe wieder einzuschalten. Die Uhr hat aber auch schon in die schönsten Konzerte hineingeläutet. Also besser nur den Viertelstundentakt der kleinen Glocke.

Ein Kenner wird auf der nebenstehenden Abbildung sofort bemerken, daß Zifferblatt, Ketten, Zapfen und Pendel aus späterer Zeit sind (etwa 1880). 1985 wurde die Uhr auf dem Pfarrhausspeicher entdeckt. Man hatte sie Anfang der sechziger Jahre ausrangiert. Nun wurde sie generalüberholt. Viele Verschleißteile mußten sehr sorgfältig behandelt werden, damit die Uhr so original wie möglich erhalten bleibt. Seither wird sie immer wieder überholt und gepflegt, damit sie noch lange die Viertelstunden schlägt. Den Beter soll es nicht stören. Er weiß sich dann als Wächter für die Kirche und für die Welt draußen vor der Kirche. Denn die Uhren geben nicht nur die Zeit an. Sie mahnen auch die Vergänglichkeit dieser Zeit an:











"Mors certa - hora incerta."

Ja, die Zeit ist kurz, lieber Beter. Der Tod ist sicher, nur die Stunde nicht, so lautet die Übersetzung des lateinischen Satzes. "Seid also wachsam," sagt uns der Herr, "denn ihr kennt weder den Tag noch die Stunde." Es geht nicht darum, Angst zu schüren, sondern es geht darum, Verantwortung zu zeigen. Wie gehen wir mit den Viertelstunden unseres Tages um? Der Herr fragte sehr traurig: "Nicht einmal eine Stunde konntet ihr mit mir beten'?" Die Uhr mahnt uns, wenigsten ein Viertelstündchen am Tage zu beten. Eine Viertelstunde für die Ewigkeit.











... totus tuus - Altar mit drei Marienfiguren











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