Die Gemeinde Heilig Kreuz zu Weingarten
im Spiegel der Kirchenbücher des 18. Jahrhunderts
Von Friederike Kuhl


Die Lebensdaten der Gemeinde im 18. Jahrhundert - eine Vitalstatistik
a) Anlaß und Ziel der Arbeit
b) Die Kirchenbücher
c) Zeitraum und Methode der Untersuchung
d) Mortalitätsmaxima 1730 und 1734
e) Die Pocken, der Österreichische Erbfolgekrieg, Flecktyphus und Überschwemmung, die Mortalitätsmaxima 1739-1749
f) Der Siebenjährige Krieg und Naturkatastrophen
g) Das letzte Jahrzehnt im 18. Jahrhundert, die Franzosenzeit
h) Zusammenfassung der Ergebnisse


h) Zusammenfassung der Ergebnisse


Abschließend läßt sich über die Untersuchungen an der Vitalstatistik folgendes sagen:

  1. Der Zehnjahresdurchschnittswert der Taufen sinkt von 1730 bis 1800 fast kontinuierlich von 15,2 auf 10,3; nur in den 20 Jahren von 1760 bis 1780 ist ein leichter Anstieg von 12,1 auf 12,7 zu beobachten, gefolgt von einem steileren Abfall im nächsten Jahrzehnt. Der Verlust beträgt 32 % in 70 Jahren.

  2. Die Zahl der Begräbnisse nimmt im Verlauf desselben Zeitraumes um 8,5 % ab, sie sinkt von 11,9 auf 10,9.

  3. Die durchschnittliche Zahl der Eheschließungen geht von 4,4, nach der Überwindung des Tiefpunktes von 1,8 in dem Jahrzehnt von 1780 bis 1790, auf 3,6 zurück.

Alle drei Zehnjahreskurven haben am Ende des Jahrhunderts also einen niedrigeren Stand als zu Beginn des untersuchten Zeitraumes. Die vorhandenen Unterlagen lassen es nicht zu, eindeutig auf eine Abnahme der Bevölkerungszahl zu schließen. Denn wenn man eine durchschnittliche Geburtenzahl je 100 Einwohner zugrunde legen würde, so wäre sie für Krisenzeiten, in denen sich die Gemeinde vor allem am Ende des Jahrhunderts zweifellos befand, auch kein sicherer Maßstab. Ein Rückgang der Bevölkerungszahl ist aber wohl eher anzunehmen als das Gegenteil.

Die Mortalitätskurve zeigt in den einzelnen Jahren sehr starke Schwankungen und übersteigt mehrfach die Kurve der Taufen. Es konnte nachgewiesen werden, daß die Maxima zurückzuführen sind auf:

  1. Seuchen: Pocken und Infektionen durch fremde Truppen -1730, 1734, 1743

  2. Krieg, Hunger: ständig wechselnde Besatzungen mit hohen Forderungen jeder Art, was die Lebensgrundlage der Bevölkerung stark in Mitleidenschaft zog 1741, 1743, 1760/61, 1795/97

  3. Naturkatastrophen, Hunger: Trockenheit, Überschwemmungen, Fischsterben, Viehseuche 1762, 1795, 1797

  4. Das Zusammentreffen mehrerer Negativfaktoren führte zu besonders hoher Sterblichkeit: 1743, 1758/62, 1795/97.

Am Ende des Jahrhunderts überschneidet die Zehnjahresdurchschnittskurve der Begräbnisse die der Taufen, ein auffallender und alarmierender Befund in einer Vitalstatistik.

An diesem Befund und an anderen Mortalitätsmaxima konnte nachgewiesen werden, daß die Werte der Vitalstatistik in unmittelbarem Zusammenhang stehen mit den politischen, kriegerischen Ereignissen, daß die kleine Voreifelgemeinde also mit hineingezogen wurde in den Ablauf der deutschen und der europäischen Geschichte. Im Verlauf der Untersuchung hat sich gezeigt, daß auch gering scheinende Schwankungen in den Zehnjahresdurchschnittswerten der Vitalstatistik schwerwiegende Krisensituationen zur Ursache haben.

Die hier genannten Ursachen werden in der wissenschaftlichen demographischen Literatur als klassische Verursacher von Krisen im Bevölkerungsstand benannt. 29


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Entnommen: „1100 Jahre Wingarden“ - Kreuzweingarten 893-1993 - Mai 1993


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