Die Gemeinde
Heilig Kreuz zu Weingarten |
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Die
Taufen |
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c) Patenschaft und Namengebung |
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Im Taufregister steht vor dem Namen des Täuflings, hinter dem Datum, immer: "nata (-us) et renata(-us)"... "Am 5. Jan. z.B., ist geboren und (durch die Taufe) wiedergeboren ..." als ob der Tag der Geburt und der Taufe derselbe wäre. Erst vom Jahre 1812 an werden das Datum der Geburt und der Taufe besonders angegeben, meistens sind es zwei aufeinander folgende Tage, was der Wirklichkeit gewiß eher entsprach. Es ist nämlich kaum anzunehmen, daß, wenn das Kind etwa am Nachmittag geboren wurde, noch am Abend, vor allem im Winter, wenn es früh dunkel wird, die Taufpaten zusammengerufen und das Kind in die Kirche zur Taufe gebracht werden konnte; zumal man mit den Kindern aus Rheder und Billig ja noch ein ganzes Stück Weges zurückzulegen hatte. Die Paten kamen, wie nachgewiesen werden konnte, oft auch aus anderen, entfernteren Dörfern, so daß die Taufe nicht noch am Tage der Geburt vollzogen werden konnte. Alle Entfernungen mußten ja auch bei der Benachrichtigung zu Fuß zurückgelegt werden; wenn aber ein Pate bei der Taufe nicht anwesend sein konnte, so ist das im Register immer ausdrücklich vermerkt. In solchem Falle nahm ein anderer anstelle des vorgesehenen Paten an der heiligen Handlung teil, und im Register werden die Namen beider aufgeschrieben. Daß auch entfernt wohnenden Verwandten oder Freunden, etwa aus dem Heimatort eines in die Gemeinde eingeheirateten Elternteils, die Patenschaft übertragen wurde, beweist, daß die Patenschaft vorher abgesprochen, also von den Eltern überlegt und wichtig genommen wurde. Weil man dadurch etwas Einblick in das Gesellschaftsverhalten der damaligen Zeit gewinnen kann, wurden bei der Familienrekonstitution auf der Karteikarte nicht nur die Namen der Paten eingetragen, sondern auch das Verwandtschaftsverhältnis zum Täufling. Außerdem wurde auch jeweils auf den Karten der Paten vermerkt, wann, wie oft und wo sie Pate gestanden haben. Im Register ist nicht angegeben, woher ortsfremde Paten stammen, daher ist es nicht möglich, den Einzugsbereich der Paten statistisch zu untersuchen und die Entfernung der Herkunftsorte von Weingarten zu ermitteln, wie Roedel für Mainz. 7 Es sind immer zwei Paten eingetragen, daran hat sich nie etwas geändert, eine Frau und ein Mann, und je nachdem ob das Kind ein Mädchen oder ein Junge war, erhielt es den Namen des einen Paten, der dann im Register an erster Stelle steht. Erst ab 1817 wird es allmählich üblich, den Namen des männlichen Paten immer an die erste Stelle zu setzen. Die Namengebung hing also, anders als heute, unmittelbar von der Wahl der Paten ab. Unter den Paten nehmen den größten Teil nähere und entferntere Verwandte ein. Von 1370 für diese Untersuchung ausgezählten Paten waren 687 nachweislich Verwandte, das entspricht 50,1 %. Da aber in vielen Familien ein Elternteil nicht aus dem Dorf stammte, läßt sich wegen der fehlenden Unterlagen bei über der Hälfte der Taufen gar nicht feststellen, ob ortsfremde Paten nicht auch zu den Verwandten zu zählen sind. Der Anteil der Verwandten an den Patenschaften liegt also mit Sicherheit höher, als mit dieser Untersuchung ermittelt werden konnte. Durch die Übertragung des Namens auf das Kind sollte ein bevorzugter Verwandter oder Freund oder auch eine angesehene Person geehrt und das Kind durch diesen Namen in seiner Stellung gehoben werden. Da die geistliche Wiedergeburt des Kindes durch die Taufe für seine Menschwerdung wichtiger zu nehmen ist als die leibliche Geburt, stehen im geistlich religiösen Verständnis die Taufpaten im Rang über den natürlichen Eltern. Und der Glaube, daß Eigenschaften des Paten auf das Kind übergehen, ist bis heute weit verbreitet. 8 In dem einen oder anderen Falle war mit der Übertragung der Patenschaft wohl auch die Hoffnung auf einen Vorteil für das Kind verbunden, auf eine Erbschaft etwa oder eine Stellung, weshalb auch hier in der Gemeinde die Schöffen und Pächter besonders häufig als Paten gebeten wurden. 9 Auffallend häufig ist zu beobachten, daß dieselbe Person zwei und dreimal in einer Familie Pate gestanden hat. Maria Sybilla (der Name wird immer mit "y" in der ersten Silbe geschrieben) Biertz stand als Großmutter bei den Kindern ihres Sohnes Heinrich Baedorf und seiner Ehefrau Maria Catharina Wirz dreimal Pate, bis als fünftes Kind ein Mädchen geboren wurde, das den Namen Maria Sybilla erhalten konnte. Das ist kein Einzelfall. Der Junggeselle Franz Schaffer war bei den acht Kindern seines Bruders Lambert viermal Pate, aber nur einmal wurde ein Junge geboren, so daß der Name Franz weiter in der Familie bestehen konnte, das Kind starb jedoch dann nach einem Jahr . Paten wurden vor allem wiederholt um eine Patenschaft gebeten, wenn das erste Kind, das ihren Namen trug, gestorben war, wohl damit in der Familie wieder eine Agnes, ein Hubertus, eine Getrudis oder ein Henricus - im Register stehen immer die lateinischen Namensformen - den geschätzten Freund oder Verwandten durch den Fortbestand ihres Namens ehrten; aber nicht nur dann. So hießen die beiden ältesten Söhne des Jacob Strang Matthias nach dem offenbar bevorzugten Bruder der Mutter, ohne daß der Tod des ersten Kindes Matthias eingetragen ist. Und Hermann Hündgen hatte unter seinen 11 Kindern vier Söhne, die Johannes hießen. Drei von ihnen hatten Johannes Hündgen, vermutlich den Bruder des Vaters, zum Paten. Von keinem dieser vier Söhne ist zu entnehmen, daß er im Kindesalter gestorben wäre. Daher kam es in den Familien häufig vor, daß mehrere Geschwister denselben Vornamen hatten. Wrede, der in seinem Buch Eifeler Volkskunde auch auf diese Frage eingeht, schreibt dazu: "Ein Bauer hat Jungen mit dem Namen Jacob, ,Gäb'; er ruft den ältesten ,Gruß Gäb', den mittleren ,Gäb' und den jüngsten ,Klä (klein) Gäb' ... Man ändert auch wohl den gleichlautenden Tauf oder Rufnamen der Kinder durch Kurz oder Koseformen; ...bei Mädchen etwa Barbara durch ,Barbel', ,Bärbel', ,Bap', ,Bäp', ,Bäbche(n)' ". 10 Unserer auf Individualität und Originalität bedachten Zeit liegt es sehr fern, Geschwistern dieselben Namen zu geben, oder gar ein Kind wie ein bereits verstorbenes Kind der Familie zu nennen. Den ältesten Kindern gibt man gern die Taufnamen der GroßeItern. Daher finden sich unter den ersten Paten in den Familien Großväter und Großmütter, sowohl väterlicher wie mütterlicherseits, sofern sie noch am Leben sind. Während die Paten vorwiegend aus der Generation der Eltern des Kindes genommen wurden, so trifft man doch auch sehr junge Paten, dazu gehören etwa nicht selten die Stiefgeschwister aus einer früheren Ehe des Vaters oder der Mutter. Jacob Strang und Margarethe Eicks, die bei der Taufe ihres 12. Kindes beide schon über 50 Jahre waren, wählten als Paten für dieses Kind den 18jährigen Heinrich Mertens und die 16jährige Maria Franziska Fortuner. Da auf den Karteikarten auch festgehalten wurde, wie oft, wann und bei wem jemand eine Patenschaft übernommen hat, konnte festgestellt werden, daß einige Personen besonders häufig als Pate gebeten wurden. Dabei handelt es sich bei Männern vorwiegend um diejenigen, die Schöffen waren, "scabini", und um solche, bei denen im Kirchenbuch, meistens bei ihrem Begräbnis, vermerkt ist, daß sie "vilicus", Verwalter, oder "colonus", Pächter waren, die also einen größeren Hof bewirtschafteten; auch deren Angehörige hatten oft besonders viele Patenkinder. Sie gehörten vielfach den Familien EIsig, Emonds, Krupp, Münster, Roggendorf, Schiffmann, Schmitz, Schorn und Zingsheim an und waren meistens nicht nur mehrfache Paten, sondern treten in den Registern auch oft als Trauzeuge in Erscheinung. Sie genossen Ansehen und Einfluß im dörflichen Bereich, und die Verbindung mit ihnen durch eine Patenschaft zeigte einerseits die Anerkennung für sie von seiten der Eltern des Kindes und bedeutete andererseits eine Ehre für die Familie des Kindes, wenn sie angenommen wurde. Einige von ihnen müssen besonders beliebt gewesen sein, so z. B. Johannes EIsig und Werner Pütz und deren Ehefrauen. Bei Johannes EIsig ist zwar nicht vermerkt, daß er Schöffe oder "colonus" gewesen sei, aber sein Vater Paul und sein Sohn Johannes waren Schöffen; er war von 1738-1758 siebenmal Taufpate und neunmal Trauzeuge; seine Frau Beatrix Münster hatte von 1726 bis 1754 sogar 14 Patenkinder. Der Vorname Beatrix war daher damals recht beliebt und relativ häufig in der Gemeinde vertreten, in zwei Familien gab es sogar zwei Töchter mit diesem Taufnamen, weil Beatrix Münster mehrfach Pate gestanden hatte. Der Schöffe Werner Pütz war von 1732 bis 1758 siebenmal Pate und seine Frau Elisabeth Schiffmann hatte sechs Patenkinder. Es ließen sich noch viele Beispiele dieser Art aufführen. Die häufige Wahl bestimmter Paten führte dazu, daß in den Dörfern gewisse Vornamen besonders häufig vorkamen, denn sie wurden auf dem Weg der Patenschaft später immer wieder weitergegeben. |
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Entnommen: 1100 Jahre Wingarden - Kreuzweingarten 893-1993 - Mai 1993 |
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