Kreuzweingarten - Die gröne Au am Eefelrangk

Dörfliches Leben der 50er Jahre an der Erft - Streifzug durch ein Familienalbum

Von Heinrich Klein


„Frollein“ Franziska Schmitt und Lehrer Müller 1957


Mit dem Eintritt in die dörfliche Volksschule beginnt für die Jugend ein neuer Lebensabschnitt. Direkt neben dem Jugendheim der St. Hubertus Schützenbruderschaft Kreuzweingarten - Rheder steht heute noch das ehemalige Schulgebäude der Katholischen Volksschule Kreuzweingarten.

Hier wurde die Dorfjugend in das soziale Wesen der Gemeinde integriert. Lehrer und Pfarrer spielten neben Bürgermeister und Dorfpolizist noch eine bedeutende Rolle für das Sozialgefüge eines Ortes. Bis zu diesen Zeiten wurde auch noch die Prügelstrafe als Erziehungsmaßnahme praktiziert. Damaliger Geistlicher war Pfarrer Wammers, der von seiner Haushälterin Frau Schwamborn versorgt wurde, die für die Meßdiener stets eine freundliches Wort und für die Austräger des Liborius-Blattes stets ein Anis- oder Honigbonbon hatte. Später übernahm Studienrat (Prälat) Weyer die Pfarrei.

Um 1958 gab es die Gaststätte „Zum alten Brauhaus“, das Gasthaus Josef Wolfgarten (Stolze Jupp) und das Café Schneider (bei Plüsch). Der leichte s-förmige Verlauf der B 51 war bis Anfang der 60er Jahre an dieser Stelle noch eine schärfere Doppelkurve, bis der Begradigung die Gaststätte Wolfgarten und das Eckhaus Trimborn zum Opfer fielen.

Sonntagmorgens wurde beim Plüisch im Café Schneider zum Frühschoppen noch der Hauswein, der „Spezial“ ausgeschenkt, denn wie es sich für einen Ahr-Rhein-Mosel Anwohner noch geziemte, wurde in den 50er Jahren noch mehr Wein als heute getrunken, bis sich das Bier immer mehr durchsetzte. Im Zuge des Nachkriegszeit, des beginnendem Wohlstand und aufstrebender Autofahrergesellschaft war das Milch-Speiseeis von Schneider-Plüisch sogar bei Nürburgring-Touristen ein Begriff und so sah man von Ostern bis September an sonnigen Tagen Scharen von Menschen auf dem Parkplatz des Cafés-Restaurants.

Der schönste Zeit des Jahres war der Mai und der Juni, auch wenn der Autoverkehr sonntags eher als belebend denn als störend empfunden wurde. Für den Kölner Autofahrer zeigte sich der Ort in seiner ganzen Pracht und am Ortseingang präsentierte sich gegenüber der Schmiede Franz Spilles, der auch ein Kolonialwarengeschäft betrieb, eine Obstwiese mit einem Hinweisschild auf die Gaststätte „Zum alten Brauhaus“. Vom Gebertz-Haus, an der Ecke Weingartentraße / Bahnhofstraße aus erhalt man einen Blick auf die Kirche „Zum Heiligen Kreuz“. Von hier aus startete die Fronleichnamsprozession, die von den Vereinen und Musikkapellen begleitet wurde, vorbei an altargeschmückten Häusern nach Rheder, wo man dem Allerheiligsten und der Prozession mit bunten Sägemehl- und Blumenteppichen einen besonders feierlichen Empfang bereitete. Zurück ging es durch „die Benden“ an der unbebauten Bahnhofstraße vorbei die Erftbrücke und durchs Unterdorf, welches an Überschwemmungstagen öfters unter Wasser stand, wie es eine Markierung am alten Brauhaus zeigt.

Die Oberdorfer waren davon am wenigsten berührt. Direkt an der Kirchhofsmauer standen schmucke Fachwerkhäuser, mit fruchtbaren Gärten links und rechts des Mersbaches, den man „bei Bendens“ überqueren mußte, um zum Römerkanal zu gelangen, der ehemaligen römischen Wasserleitung die Wasser aus der Eifel nach Köln führte. Von dort konnte man vorbei am Sportplatz einen Spazierpfad hinunter zurück ins Dorf nehmen und kam zurück zum Dorfmittelpunkt.

Das Kreuzweingartener Gewerbeleben beschränkte sich in den 50er Jahren neben den genannten Gaststätten auf ein Lebensmittelgeschäft im Hause Gebertz, das Lebensmittelgeschäft „Schorn's Therese“ an der ehemaligen Mühle Schorn, die Bäckerei Schneider, das Lebensmittelgeschäft von „Frau Rousseau“, die auch Kohlen und Brikett verkaufte, der genannten Schmiede Franz Spilles, der Mühle Klein, dem Stellmacher Emonds neben dem Pfarrhaus, der Schmiede Müller und dem Schuster Hack am südlichen Ende des Dorfes. Bei Franz Lepartz konnte man auch seine Schuhe besohlen lassen, bei „Straßers Schang auf der Münsterstroß“ gab es Honig zu kaufen, in Trimborns Eck wohnte ein Holzschnitzer, bei Kronenburg auf dem Münsterberg konnte man Schuhe kaufen. Nach Aufgabe des Geschäftes Rosseaux wurde dort später ein Imbiß mit Ausschank betrieben. Für Garten und Blumen war Gärtnerei Jonas oder „Gebertze Hubert“ zuständig, der sich um die Dorfbestattungen kümmerte.

Ein beliebter Dorfbewohner war Josef Maus (Bildmitte) der gelernter Müller und jahrelang in der Kirche zum Heiligen Kreuz als Küster tätig war. Sein Haus lag neben dem von Meiers Josef, der neben seiner Arbeitnehmertätigkeit Hühner und Eier verkaufte.

Es kam die Hühnerfarm Jonen hinzu, die zwischen dem Feuerwehrhaus und der Schreinerei Gebertz lag, diesem gegenüber ein Transportunternehmer Peter Schmitz, der wie der Sand- und Tongrubenbetreiber Jakob Bohnen im Unterdorf für die Arloffer Tonwerke Ton und Tonwaren fuhr.

Dann kam die größte Gruppe, die der Landwirte, von denen damals nur einige hauptgewerblich existieren konnten. Wohl nur wenige werden sich noch an den Bauer Ippen erinnern, der noch nach dem Kriege mit Ochsenkarren durchs Dorf fuhr. Zu der Zeit fuhren Bohnen, Spilles und Klein mit Pferdekarren, die später durch Traktoren verdrängt wurden. Viele hielten Schweine zur Mast und Hühner. Milchwirtschaft wurde bei Bohnen, Spilles und Gebertz noch am längsten betrieben.

Es gab auch sonstige Persönlichkeiten, die das Dorfleben abrundeten. Oftmals waren es Unverheiratete, Verwitwete oder ältere Personen, die jedermann im Dorfe ein Begriff waren, wie Hack's Marie, Küstertraut, Pitzens Fritz, der Taubstumme Christoph Klein und Ruhr's Marieche waren im Dorf ein Begriff.

Mit der Geschichte Kreuzweingartens ist ein Name besonders verbunden: Pastor Nikola Reinartz, der sich erfolgreich gegen Nazis zur Wehr setzte. Sehr beliebt in den 50er und 60er Jahren war der Bürgermeister Josef Gebertz, der im ältesten Fachwerkhaus der Gemeinde wohnte. Mit der Gemeindereform wurde ein Bürgermeister für Kreuzweingarten überflüssig. Neu Hinzugezogene, die in der nahegelegenen Stadt Euskirchen, oder in Köln bzw. Bonn arbeiteten, drangen ins Dorfleben vor und beeinflußten die Sozialstrukturen. Nach dem Tode von Prälat Weyer wurde das Dorf mehrmals kirchlich umorganisiert.

Neue Wohngebiete mit neuen Häusern entstanden und neue Menschen zogen nach Kreuzweingarten.

Auf dem folgenden Foto finden sich Schüler der ungefähren Jahrgänge 1945 bis 1952.

Rechts stehend: Lehrer Fritz Müller und „Frollein“ Franziska Schmitt

Unten 1. Reihe: Matthias Bohnen, Hubert Straßer, N. Feuser, Annelie Schmitz, Johannes Spilles, NN, Manfred Bell
Unten 2. Reihe: Helmut Krämer, Jakob Gilles, N.N., Wolfgang Krebs, Rest unbekannt
Unten 3. Reihe: Heiner Lott, Georg Spilles, rechts dahinter Hubert Flink, Rest weitgehend unbekannt
In der Bildmitte: Albert Lott mit Brille, links daneben Udo Jonas und rechts neben ihm Peter Schmitz, Rest weitgehend unbekannt, vor Frl. Schmitt: Elsbeth Klein


Die historischen Bilder dieser Serie entstammen, wenn nichts anders vermerkt, der Sammlung Familie Klein (Heinrich Klein, Marlene Nußbaum, Elisabeth Husten, Margret Preuschoff).

Digitalfotos vom 24. und 27. Mai 2001


Texte und Veröffentlichungen Kreuzweingartens ©

Zurück zur Indexseite
© Copyright woengede