Die Gemeinde Heilig Kreuz zu Weingarten
im Spiegel der Kirchenbücher des 18. Jahrhunderts
Von Friederike Kuhl


Die Ehen
a) Trauungen und Trauzeugen
b) Die Wahl des Hochzeitstermins
c) Zuzug und Abwanderung durch Heirat
d) Herkunftsangaben bei Eheschließungen
e) Das Heiratsalter
f) Witwer- und Witwenschaft, Wiederverheiratung
g) Demographische Untersuchungen hinsichtlich Kinderzahl, Geburtenabstände und Alter der Mütter bei der letzten Geburt
h) Zusammenfassung der durch die Untersuchung gewonnenen Ergebnisse über Taufen, Eheschließungen und Familie


a) Trauungen und Trauzeugen



Die Überlieferung der Eheschließungen beginnt in den Kirchenbüchern im Jahre 1715 mit dem Beginn der Amtszeit des Pfarrers Tillmann Hoffschlag. Wie aus der Kurve der Vitalstatistik ersichtlich, (s. Graphik 1), erreicht der Zehnjahresdurchschnitt der Trauungen in dem Jahrzehnt von 1721 bis 1730 sogleich den höchsten Stand des Jahrhunderts mit 4,4 Trauungen pro Jahr, um bis 1790 abzusinken auf 1,8. Von 1721-1800 wurden 294 Trauungen eingetragen, von denen 175 mehr oder weniger in Einzeluntersuchungen mit einbezogen werden konnten.

Bei den Trauungen, die in der Pfarrkirche Heilig Kreuz stattgefunden haben, ist bei den Namen der Brautleute vermerkt, ob sie ledig oder verwitwet sind. Die Namen der Eltern der Eheschließenden sind nur selten angegeben. Da es in den weitverzweigten Familien aber durchaus vorkommt, daß mehrere Personen genau dieselben Namen haben, wäre die Kenntnis des Namens der Eltern für die Familienrekonstitution oft hilfreich, um das Geburtsdatum feststellen zu können.

In der Regel sind zwei Trauzeugen genannt, es handelt sich dabei immer um Männer. In den Jahren von 1747 bis 1765 werden mitunter drei oder vier Zeugen angegeben. Dann handelt es sich bei den Eheschließenden und den Trauzeugen meistens um Angehörige der Familien der Schöffen und Pächter, wie bei Peter Krupp und Apollonia Melders 1763. Vom Jahre 1765 an nennt Pastor Tillmann Wieler immer sich, den Pastor, als dritten Trauzeugen, während mit Beginn der Amtszeit von Pastor Ignaz Cazzuola von 1774 an immer nur zwei Trauzeugen aufgezeichnet sind.

Um etwas über das gesellschaftliche Verhalten der Zeit zu erfahren, sind die Trauzeugen auf den Karteikarten vermerkt worden und auch, wo und wie oft jemand Trauzeuge war.

Der Anteil der Familienangehörigen unter den Trauzeugen ist sehr groß. Der Vater der Braut oder des Bräutigams ist oft unter den Zeugen, ebenso Brüder, Brüder der Eltern oder Schwäger. Zu bemerken ist hier, daß bei Witwen und Witwern auch die Angehörigen der früheren Ehepartner oft als Zeugen auftreten, ebenso wie HalbbrÜder aus früheren Ehen der Eltern. Nicht selten sind Zeugen nur aus der Familie eines der beiden Partner genommen.

Einen weiteren großen Anteil unter den Zeugen nehmen, wie bei den Taufpaten, die Angehörigen der Pächterfamilien und die Schöffen ein. - Einige Männer müssen als Trauzeuge besonders beliebt gewesen sein. Johannes EIsig war von 1732 bis 1756 neunmal Trauzeuge. Sein Vater und sein Sohn waren Schöffen, es ist sehr wahrscheinlich, daß er selbst es auch war und nur der Vermerk beim Begräbnis fehlt. Auch Caspar Lersch und der Schöffe Aegidius Schorn gehören zu den Männern, die häufig Zeuge waren.

Am beliebtesten aber waren offenbar die Küster als Trauzeugen. Von den 34 Jahren, die, nach Angabe von Pfarrer Tillmann Hoffschlag, Theodor Görtz als Küster und Lehrer in der Gemeinde tätig war 1, sind nur für die letzten 12 Jahre, von 1715 bis 1727, die Trauungsaufzeichnungen überliefert; in diesen 12 Jahren, die nur ein Drittel seiner Amtszeit umfassen, war Theodor Görtz zwölfmal Trauzeuge. Ob die Küster als Zeugen genommen wurden, weil sie sowieso anwesend waren, ist nicht zu erkennen, nicht bei jeder Trauung sind sie eingetragen. Daß man so oft nicht beizeiten für andere Zeugen gesorgt hätte und darum auf den Küster zurückgreifen mußte, ist kaum anzunehmen, zumal, wenn er als dritter oder vierter Zeuge aufgeführt wird oder wenn Angehörige der Pächter - und Schöffenfamilien heirateten, die genug Anhang hatten, für den es eine Ehre gewesen wäre, diesen Dienst zu übernehmen.

Sehr viele Fälle beweisen, daß die Auswahl der Trauzeugen nicht dem Zufall überlassen, sondern sehr wohl überlegt wurde; ein großer Teil der Trauzeugen wurde später nämlich auch Pate bei einem oder mehreren Kindern des Ehepaares. Der Schöffe Philipp Schmitz aus Weingarten war Trauzeuge und dreimal Pate bei dem Schöffen Peter Krupp und seiner Ehefrau Johanna Catharina Ritter, und Matthias Eicks war Trauzeuge bei seiner Schwester Margarethe und später Pate bei deren beiden ersten Kindern, um nur einige Beispiele zu nennen. Häufig war der Vater eines der Brautleute Trauzeuge und dann Pate bei einem der ersten Kinder des jungen Paares. Auch leistete man sich diesen Ehren und Vertrauensdienst als Trauzeuge unter Geschwistern und Freunden gegenseitig. - Bei den Trauungen, die zwar hier aufgezeichnet sind, aber in einer anderen Gemeinde, aus der einer der Ehepartner stammte, vollzogen wurden, sind Zeugen nicht vermerkt.


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Entnommen: „1100 Jahre Wingarden“ - Kreuzweingarten 893-1993 - Mai 1993


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