100 Jahre Kapelle Rheder - 1902-2002
Von Friederike Kuhl









Grußworte

100 Jahre Kapelle der Mutter vom Guten Rat in Rheder

1. Vorgeschichte
2. Die Bewohner von Rheder planen ihre Kapelle, Voraussetzungen
3. Jakob Wolfgarten
4. Die Bewohner von Rheder leiten ihre Neubaupläne ein
5. Die Bewohner von Rheder errichten ihre Kapelle
6. Titelbild und Thematik
7. Die schöne, reiche Ausstattung der Kapelle wird vervollständigt
8. Die Glocken
9. Reparatur- und Installationsarbeiten, Veränderungen

Quellennachweis und Anmerkungen









Grußwort

Das Jahr 2002 ist für die Stadt Euskirchen ein wichtiges Jahr, denn vor 700 Jahren erhielt sie von Walram VIII. von Monschau-Falkenburg die Stadtrechte. Der Ortsteil Rheder gehörte vor 700 Jahren zwar noch nicht zu Euskirchen, dennoch feiert Rheder, ebenso wie alle anderen Ortsteile, gemeinsam mit der Kernstadt dieses Jubiläum.

Rheder hat jedoch auch ein eigenes Jubiläum zu feiern. Vor genau 100 Jahren. Am 29.06.1902, wurde die Kapelle der Mutter Gottes vom Guten Rat in einem feierlichen Gottesdienst eingeweiht. Diesen Geburtstag feiert die Kirchengemeinde Heilig Kreuz Kreuzweingarten, zu der Rheder gehört, vom 22.-29.06.2002 mit einer Jubiläumsoktav in der Marienkapelle.

Ich freue mich, dass Herr Weihbischof Norbert Trelle zugesagt hat, zum Ende der Oktav am 29.06.2002 die heilige Messe mit der Kirchengemeinde zu feiern. Der Höhepunkt der Festlichkeiten erhält hierdurch eine besondere Bedeutung.

Für die Jubiläumsfeierlichkeiten in der Marienkapelle wünsche ich der Kirchengemeinde Gottes Segen.


Dr. Uwe Friedl
Bürgermeister




Ein lieber Gruß

Wenn etwas von der Stelle gerückt wird, dann bewegt sich etwas. Mitunter verursacht solch ein " Verrücken" auch Kopfschütteln. So kommt es, dass man leicht etwas für "verrückt" hält, was nicht nach gewohnter Art abläuft oder eben nicht mehr ganz an seiner gewohnten Stelle steht. Mutige Herzen haben es schon immer irgendwie fertig gebracht, gewohntes Einerlei zu durchbrechen und Neues zu wagen. Manchmal kam es sogar vor, dass solche " verrückten" Menschen heilig gesprochen wurden.

Einer der ganz großen Söhne des kleinen Eifeldorfes Rheder, Jakob Wolfgarten, war vielleicht kein Heiliger, verrückt war er erst recht nicht, wohl aber voller Energie und liebenswerter Sturheit, wie sie manchen Eifelern eigen ist, die beharrlich weitermachen, auch wenn "kluge" Besserwisser anfangen zu lächeln. Er war aber ein mutiger Seelsorger, ein Mann mit großem Herzen und unerschrocken trotz der Widerstände, die man seinen Plänen entgegenbrachte, mitten in Rheder eine Kapelle zu bauen. "Natürlich" hielt man ihn für verrückt. Da aber vor allem die kirchlichen Behörden keine Ausgaben zu tätigen hatten, konnte der Plan des "Doms zu Rheder" gelingen. Verrücktheiten lässt man ja gerne gönnerhaft zu, wenn sie einen nichts kosten und man sich anschließend im Glanz großer Leistungen mitsonnen darf.

So kommt es denn, dass bis auf den heutigen Tag eine ganze Bundesstraße eigens eine Kurve machen muss, um der Kapelle der "Mutter vom Guten Rat" in Rheder den Vortritt zu lassen. Und Dechant Wolfgarten wurde gelobt und geehrt. Schließlich hatte er nicht nur ein Kleinod an das Tor zur Eifel gesetzt - denn geographisch exakt hier beginnt die Eifel! - er war auch eine reiche Persönlichkeit voller Wärme und seelsorgerischem Eifer. Sein Andenken lebt also nicht nur fort als Erbauer eines denkmalwürdigen KirchIeins, sondern auch als vielgeliebter Sohn Rheders, der seine Heimat über alles liebte, auch wenn er wegen des heftig tobenden Kulturkampfes in Frankreich Theologie studieren musste.

Solche Umwege geht der glaubensstarke Mensch ohne Grollen. Er weiß, dass in allem Gottes gütige Hand wirkt. Wie zum Beweis brachte Wolfgarten aus Frankreich das mit, was nun den besonderen Reiz dieser Kapelle ausmacht: Die Verehrung der Mutter Gottes vom Guten Rat. Bei ihrem Bild, das in der Kapelle in Rheder hängt, handelt es sich um eine Kopie eines französischen Originals, eine besondere Variante eines Ikonentyps, die man hierzulande nicht kennt. So ist das Bild ein kleines Original innerhalb einer sonst sehr fest gefügten Darstellungstradition, wie dies treffend erklärt und dargestellt wurde in der Festschrift zur 750 Jahrfeier Rheders und in dem Jubiläumspfarrbrief 750 Jahre Rheder.

Wenn ich durch Bayerns Straßen nach Wörth an der Isar wallfahre, wo die Mutter Gottes vom Guten Rat ihr größtes Heiligtum in Deutschland hat und dort inmitten vieler Kerzen, Andachtsbildchen und Votivtafeln gerne vor dem vertrauten Bild bete, dann geschieht es leicht, dass in den rheinischen Klang der besonderen Anbetung "Mutter vom Guten Rat, steh uns bei mit Rat und Tat!" in meiner Erinnerung wachrufe und ebenso den Klang der Glocken von Rheder, derweil ich in Gedanken mit den Pilgern bei der stürmischen Römerfahrt oder der frühsommerlich warmen Flurprozession am dritten Bittag dem Kapellchen von Rheder entgegeneile. Dann wird alles ganz wach in mir und mit einem kecken Anflug von Übermut sage ich fast laut: Aber die von Rheder ist schöner. ...


Mit den besten Grüßen
Euer Peter H. Irrgang




Das Geheimnis der Kirche !

Warum feiern wir katholischen Christen das Jubiläum unserer Kirche in Rheder, der Kapelle der "Mutter vom Guten Rat"? Warum ist uns dieser Bau so wichtig? Zum einen hat das damit zu tun, dass dieser Bau unseren Vorfahren so wichtig war, dass sie ihn ohne jede Unterstützung durch das Erzbischöfliche Generalvikariat und gegen manche Einwände unter nicht geringen Opfern erbaut haben. Selbst der zuständige Ortspfarrer von Kreuzweingarten war nicht gerade begeistert von dieser Idee. Das wird an anderer Stelle in dieser Schrift detailliert nachgezeichnet. Wir sind, was wir heute sind, nur weil und insoweit wir auf dem Erbe unserer Vorfahren weiterbauen.

Dann aber ist mit diesem Bau der Kirche auch das grundlegende Geheimnis der Kirche dargestellt, wie es vom zweiten vatikanischen Konzil von 1961 bis 1965, insbesondere in der dogmatischen Konstitution "Lumen gentium", "das Licht der Völker", verbindlich neu ausgesagt worden ist, das ein wenig bewusst zu machen, ist das Ziel dieses Textes.

Im ersten Kapitel dieses Textes wird als grundlegende Definition von Kirche so formuliert: "Die Kirche ist ja in Christus gleichsam das Sakrament, das heisst Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit". Das bedeutet, dass die Kirche eben nicht eine Zugabe zur Erlösung ist, die man annehmen, in der man sich engagieren kann oder eben nicht, je nachdem, wie man es möchte, sondern dass sie einen unverzichtbaren Bestandteil der Erlösungswirklichkeit hier auf Erden selbst ausmacht. Sie zeigt dieses Erlöstsein an, und sie ist ein Werkzeug, Gottes Erlösung Wirklichkeit werden zu lassen. Im vierten Kapitel wird das dann näher ausgeführt: "Als das Werk vollendet war, das der Vater dem Sohn auf Erden zu tun aufgetragen hatte, wurde am Pfingsttag der Heilige Geist gesandt, auf dass er die Kirche immerfort heilige und die Gläubigen so durch Christus in einem Geiste Zugang hätten zum Vater So erscheint die Kirche als das von der Einheit des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes her geeinte Volk." Erlösung ist eben nicht einfach nur das Kommen in den Himmel am Ende meines Lebens oder am Ende der Welt, Erlösung ist die Einheit aller Menschen miteinander und mit Gott, die nur möglich ist in und durch die Einheit Gottes in den drei Personen des einen göttlichen Wesens. Das ist der Himmel. In der Menschwerdung des Sohnes in Jesus ist diese innergöttliche Einheit gewissermaßen auf die von Gott getrennte Schöpfung ausgedehnt worden. Durch den Geist wird diese innergöttliche Einheit durch Raum und Zeit in der Schöpfung gegenwärtig gehalten. Der Teil der Schöpfung, der sich von diesem Geist erfüllen lässt, wird in diese innergöttliche Einheit hinein genommen, ist somit gleichsam schon erlöst, auch wenn diese Erlösung noch nicht vollendet ist. Und gleichzeitig soll dieser Teil dann dieses schon Erlöst-sein sichtbar machen und sich Gott zur Verfügung stellen, damit er durch ihn die Einheit der Menschen untereinander und mit Gott weiter bewirken kann. Genau so wird der einzelne Mensch dann erlöst, wie er geschaffen ist. Das ist das neue Leben, das neue Geschöpf, zu dem Gottes Sohn den erlösten Menschen umgestaltet, wie es das fünfte Kapitel formuliert.

Jedes Sakrament, also auch die Kirche, hat eine äußere Wirklichkeit und eine innere, wobei die äußere bezeichnend für die innere ist. So fährt das Konzil dann im achten Kapitel fort: "Die mit hierarchischen Organen ausgestattete Gesellschaft und der geheimnisvolle Leib Christi, die sichtbare Versammlung und die geistliche Gemeinschaft, die irdische Kirche und die mit himmlischen Gaben beschenkte Kirche sind nicht als zwei verschiedene Größen zu betrachten, sondern bilden eine einzige komplexe Wirklichkeit, die aus menschlichem und göttlichem Element zusammenwächst".

So ist dann auch der Kirchbau mehr als nur ein Ort, wo sich die Christen versammeln, um Gottesdienst zu feiern, sondern er ist ein Ort der Gegenwart Gottes, verdeutlicht durch das vom "ewigen Licht" angezeigte Gegenwärtigsein Christi in der Gestalt des verwandelten Brotes im Tabernakel. Darum bin ich auch so froh, dass wir seit einiger Zeit schon unsere Kapelle in Rheder tagsüber offen halten können. Jeder kann so in die Gegenwart Jesu Christi eintauchen, die Gemeinschaft, die er mit sich schenkt, erfahren und sich so befähigen lassen, zur Gemeinschaft mit den Menschen, mit denen er zusammen lebt oder arbeitet, gerade auch mit denen, mit denen er sich vielleicht im Moment schwer tut. Hier ist die Quelle und die Mitte des Erlöstseins gegenwärtig.

Darum ist uns unsere Kapelle so wichtig. Darum feiern wir ihren Geburtstag auch so, dass wir sie, die das Geheimnis der Kirche in unserem Ortsbild sichtbar werden lässt, als den Ort erleben, von dem aus alle einzelnen Sakramente gespendet werden. Möge sie das auch in den nächsten hundert Jahren bleiben, möge sie vielen ein Ort werden, wo sie erfahren und spüren können, dass Gott ihnen seine Gemeinschaft schenkt, und sie so befähigt, wieder oder neu Gemeinschaft mit anderen Menschen zu leben.


Ihr Pastor
Norbert Prümm


Kirchenbauverein Kreuzweingarten-Rheder


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