200 Jahre Pfarrei Hl. Kreuz - „Kreuz“-Weingarten - 1804 - 2004
Chronik und Kirchenführer - von Hermann Josef Kesternich













Altes durch Neues bereichern
Zum Geleit - Pastor Nobert Prümm
“Kreuz“-Weingarten - Relikt aus der Franzosenzeit
Zur Geschichte und Ausstattung der Pfarrkirche Hl.Kreuz
Das Ensemble des Hochaltars
Das Langhaus
Das Seitenschiff
Glasmalerei
Glocken
Liste der Pfarrer von Kreuzweingarten
Nutzung des Pfarrhauses seit 2003
Situation der Pfarrei im Jahre 2004
Priester aus der Familie Everhard Schmitz und Barbara geb. Kessels
Kreuzweingartener Anekdoten
Literatur und Anmerkungen





Das Ensemble des Hochaltars




Der thematische Schwerpunkt der Bilder und figürlichen Darstellungen der Kirche gründet in ihrem Patrozinium und bekundet sich am augenfälligsten in Aufbau und Bildinhalten des barocken Hochaltares, zu dem die Kreuzwegstationen als Wegweiser hinführen.



Gottvaterbild mit der Taube

Auf dem von vier Rundsäulen mit vergoldetem Blatt- und Volutenkapitell getragenen Architrav befindet sich zwischen zwei gesprengten Giebeln in der gleichen Anordnung wie der Altar unter einem Strahlenkranz ein in Wolken schwebendes Gottvaterbild auf goldfarbenem, sich strahlenförmig ausbreitendem Untergrund mit einer durch ein Kreuz bekrönten Kugel in der Rechten und einer darunter schwebenden weißen Taube, dem Symbol des Hl. Geistes.

Dieses Bild unbekannter Herkunft ist erst Ende der fünfziger Jahre in das Altarensemble eingefügt worden, eine Maßnahme, die nicht ohne Folgen war: Zwischen Architrav und Deckengewölbe war nicht genügend Abstand, um das neu zu integrierende Bild einzufügen, so dass die vier Altarsäulen gekürzt werden mussten, was wiederum die Verkleinerung des Altarblattes zur Folge hatte und das vorhandene Gemälde „Christus am Kreuz" nicht mehr passte.

Seitdem hing dieses Bild, mehr oder weniger unbeachtet, halb verdeckt von der Orgelbühne, an der Südmauer des Hauptschiffes, bis die staatliche und kirchliche Denkmalpflege anlässlich einer Kirchenbegehung auf das Kunstwerk aufmerksam wurden und eine Restaurierung dringend anrieten. Nachdem die Finanzierung gesichert war, konnte der Auftrag erteilt werden.

Nach erfolgter Restaurierungsmaßnahme wurde das Gemälde wieder im Hochaltar angebracht, wegen der verkürzten Säulen des Altars allerdings nicht mehr im, sondern, perspektivisch verlängert, hinter dem Altarblatt.

Der Drehtabernakel

Möglich wurde die Hineinnahme des angestammten Altarbildes erst durch den Verzicht auf den Tabernakeltresor. In der neuen Altarfassung steht an seiner Stelle „ein [verschließbarer] Drehtabernakel mit drei farblich unterschiedlich gefassten Nischen (entsprechend der liturgischen Zeiten) um 1750. Beide wurden barockisierend eingehaust, wobei der Drehtabernakel von je zwei gedrehten marmorierten Säulen mit vergoldeten Kapitellen eingerahmt wird. Die Säulen tragen ein mehrfach profiliertes Abschlussgesims.“ 15)

Wieder am angestammten Ort: Das Gemälde „Christus am Kreuz"

Kunsthistoriker sind der Meinung, dass diese barocke Bildkomposition eigens für die Kirche angefertigt wurde, also die Auftragsarbeit eines Pfarrers, des Münstereifeler Stiftes oder eines oder mehrerer Wohltäter der Pfarrei gewesen ist. Der Maler hat seinen Namen und die Entstehungszeit auf dem Bild leider nicht hinterlassen, wohl hat er sich an die Vorgabe gehalten, nämlich eine Bildkomposition abzuliefern, die der Kirche „Hl. Kreuz" entsprach. Die Art und Weise, wie er seinen Auftrag umsetzte, verrät auch einiges über die Datierung und über den Wirkungskreis, aus dem er stammte. Experten setzen die Entstehung um 1700 an, eine Zeit, in der der hiesige Landstrich durch die Auswirkungen des Spanischen Erbfolgekrieges (1701-1714) stark in Mitleidenschaft gezogen worden war. Erst nach dem Friedensschluss kehrte für zweieinhalb Jahrzehnte Friede ein, der den Bürgern relativen Wohlstand bescherte, wie auch aus der Chronik der Stadt Münstereifel ersichtlich wird. Mögen auch alle Überlegungen nicht zu dem erhofften Ziel einer genauen Datierung führen, den Gläubigen ist das Bild Trost, Hoffnung und Zuversicht auf eine andere Welt.

Die wichtigste Quelle, aus der der Künstler geschöpft hat, ist in den Evangelien zu suchen, die alle vier über die Kreuzigung Jesu berichten. So reiht sich das Werk ein in die unermessliche Vielzahl von Darstellungen des Opfertodes Christi als dem Höhepunkt der Heilsgeschichte. Bis auf den heutigen Tag setzen sich Maler und Zeichner, Bildhauer und Goldschmiede mit der Thematik auseinander, um durch immer wieder neue bildliche Deutungen diesem Geheimnis näher zu kommen.

In der Frühzeit christlicher Kunst war das Kreuz Zeichen des Sieges Christi über den Tod, die Darstellung einer Kreuzigungsszene hätte die Vorstellung der Menschen von Christus als dem Erlöser überfordert. Das 10. Jahrhundert kannte sowohl den toten Christus mit gesenktem Haupt wie auch den lebenden Gekreuzigten, nicht selten mit einer Krone hoch und erhaben als Herrscher dargestellt. Später sind auf Bildern des Gekreuzigten weitere Personen aus der Passionsgeschichte zu sehen. Bilder, in die die Landschaft und die Stadt Jerusalem mit einbezogen sind, lassen sich ab dem 15. Jahrhundert feststellen. Der als friedlich Entschlafene und von schöner Gestalt dargestellte Gekreuzigte findet sich neben dem grausam gemarterten, vom Tod gezeichneten Christus, wie er im Kreuzigungsbild des Isenheimer Altars von Matthias Grünewald zu sehen ist.

Im 16. und 17. Jahrhundert kommt Christi Verlassenheit besonders im „Einsamen Kruzifixus" zum Ausdruck, bei dein das Kreuz allein vor einem dunklen Landschaftshintergrund steht, wie ihn Tizian, Velazquez, Rubens, Rembrandt und van Dyck gemalt haben.

Sicherlich stammt das Kreuzweingartener Altarbild nicht von einem der berühmten Meister und es wurde auch nicht von einem Meisterschüler gemalt. Der Kreuzweingartener Maler hat sich an einem seit längerem bekannten Bildtypus orientiert und ein Gemälde entworfen, wie es seiner Zeit, seinem Können und der Vorstellung seines Auftraggebers entsprach.

Wer sich auf das Bild einlässt, ist beeindruckt von seiner Aussagekraft. In der Vertikalen wächst der Kreuzesstamm grob und kantig aus der Mitte des Bildrahmens vor zwei Hügeln empor und reicht bis zum oberen Rand, wo er mit dem unproportional kurzen Querbalken verfügt ist. Die Verbindungsstelle wird verdeckt durch den in gelblich-weiß gehaltenen Titulus mit der Inschrift INRI, die lateinische Abkürzung der von Pilatus veranlassten lateinischen Version der Aufschrift „Jesus von Nazareth, König der Juden" (Joh 19,19ff).

In seiner Einsamkeit richtet der Gekreuzigte die Augen in leidvoller Verzweiflung nach oben und betet mit dem Psalmisten „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" (Ps 22,2). Der himmelwärts gerichtete Blick wird verstärkt durch die eng zusammen gerückten Arme des Gekreuzigten, die fast senkrecht emporragen. Hände und Füße sind von Nägeln durchbohrt. Auf dem nach rechts geneigten Haupt trägt Jesus die Dornenkrone, die von einem schmalen Nimbus begleitet wird. Der S-förmig gekrümmte Körper ist Ausdruck größter Schmerzen und Torturen. Das unirdische Weiß des Gekreuzigten hat seine Lichtquelle von oben rechts außerhalb des Bildes und wird durch den düster wolkendräuenden Himmel verstärkt. Die durch den Mond im rechten oberen Bildeck verdunkelte Sonne gibt nur ein schwaches Licht ab, das gerade ausreicht, um den angedeuteten Heiligenschein über der Dornenkrone Jesu zu beleuchten: Selbst der Kosmos, in dessen Zentrum das Kreuz steht, kündet von der Trauer um den Tod Jesu (Mt 27,45). Die schroffe Berglandschaft am unteren rechten Bildrand ist von kärglichem, dem Sturm ausgesetzten und der Erosion preisgegebenem Baum- und Strauchwerk bewachsen. Sowohl die unbelebte als auch die belebte Natur sind mit einbezogen in das Geschehen auf Golgota. Vom linken unteren Bildrand bis zur Berglandschaft sind die Zinnen und Türme einer Stadt zu erkennen, die in das Dämmerlicht der Sonnenfinsternis eingebettet ist. Links und rechts vom Kreuzesstamm wird die Helligkeit intensiver, wechselt am Horizont von einem irdischen Feuerrot nach oben hin zu einem goldgelben Farbton, wie er vom Dornennimbus schon bekannt ist: Zeichen der Hoffnung im Zeichen des Kreuzes.


Altartisch und Antependium




Gesamtansicht des Hochaltars


Christus am Kreuz,
Bildnis aus dem Hochaltar
Details aus dem Bildnis
„Christus am Kreuz“:
Sonnenfinsternis,
Stadtansicht,
Stadtansicht mit Landschaft


Anlässlich der Namensumbenennung der Zivilgemeinde Weingarten in „Kreuz"Weingarten und der damit vollzogenen Gleichsetzung mit der seit 1804 unter Kreuzweingarten geführten Kirchenpfarrei, veranstaltete die Dorfbevölkerung am 29. Mai 1927 eine „Namens- und Weihefeier", die nicht nur ein weltliches Fest vorsah, sondern auch stark kirchlich geprägt war. Als Höhepunkt der seit 1923 laufenden Renovierungsarbeiten an der Pfarrkirche wurde durch Weihbischof Hermann Joseph Sträter ein neuer Altartisch konsekriert, dessen Mensa aus einer Eifeler Buntsandsteinplatte besteht. Josef Menzen aus Bonn fasste die Altarweihe in seinem Weihespruch zur „Namens- und Weihefeier der Pfarre Kreuz-Weingarten" in Verse:

Schon heute in der Frühe sah'n wir mit Dank und Freud,
Wie durch das Wort des Bischofs ward der Altar geweiht,
Den wir dem Herrn errichtet aus heimatlichem Stein,
dem ja die Hand des Künstlers konnt' schönen Ausdruck leih'n.16)

Eine polierte Kalksinterplatte aus dem Römerkanal mit dem ranken- und kreuz geschmückten Christusmonogramm IHS und drei eingravierten Nägeln, die auf den Kreuzestod Jesu hinweisen, ersetzte das frühere Antependium, eine Darstellung der Kreuzauffindung, die seit 2002 wieder am alten Ort ist.


Antipendium:

links: Auffindung des Hl. Kreuzes,
oben: Detail des Antipendiums

Das Antependium: Auffindung des HI. Kreuzes durch die Kaiserin Helena

Der Künstler des in die Mitte des 18. Jahrhunderts datierten Ölgemäldes auf Leinwand ist unbekannt. Eigentümlich bei diesem Werk ist die Darstellung „Arme Seelen im Fegefeuer" auf der Rückseite des Bildes, die in der neuen Fassung aus Gründen der Stabilisierung des Gesamtwerkes und wegen der Rückführung an den ursprünglichen Ort nicht mehr sichtbar sein wird.

Das Antependium zeigt, umrahmt von reicher Ornamentik und Blumenranken - vornehmlich Rosen und Lilien - die Auffindung des Heiligen Kreuzes durch die Kaiserin Helena, die das 'Zentrum des Gemäldes beherrscht: ausgestattet mit den Insignien der Macht, Krone und Szepter, gekleidet in einen mit Hermelin besetzten Mantel über kostbaren, faltenreichen Gewändern, hält sie in der linken Hand drei Nägel, Attribute der hl. Helena und Marterwerkzeuge der Kreuzigung Jesu. Die Kaiserin wird begleitet von zwei Männern in bischöflichem Ornat sowie zwei weiteren Gefolgsleuten. Die Darstellung schildert das Wunder der Entdeckung des Kreuzes Jesu, das - so die Legende - nach der Grablegung mit den beiden Kreuzen der beiden Schächer auf Golgota vergraben worden war. Durch ein Wunder wird das Kreuz, an dem Jesus gestorben ist, entdeckt: ein Kranker, in anderen Überlieferungen ein Toter, wird durch Auflegen auf des wahre Kreuz gesund bzw. zum Leben erweckt. Die zu neuem Leben gekommene Gestalt ist zu Füßen der Begleitpersonen der Kaiserin zu sehen, während zwei Engel das wiedergefundene Kreuz aufrichten.

Antependium und Altarbild ergänzen einander in der Thematik des Altaraufbaus: Die gläubig gewordene frühere Magd und Kellnerin aus Bithynien in Kleinasien, die durch ihren Sohn Konstantin zur Kaiserwürde gelangt war, hat sich als Pilgerin auf den Weg gemacht und das Kreuz als Zeichen der Erlösung gefunden.

Chorgestühl, Zelebrationsaltar und Ambo

Älteste Teile des 1985 restaurierten Chorgestühls stammen aus dem Ende des 17. Jahrhunderts. Der Zelebrationsaltar von 1998 wurde dem Stil des Hochaltars angepasst. Der Ambo mit seinem barocken Vorsatz der Ansichtsseite dient seit 1987 der Verkündigung des Wortes Gottes.











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